Mit Bibel und Spaten? - Theologisches Studienjahr Jerusalem
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westlichen Gesellschaften. Den Rahmen<br />
für die frühesten wissenschaftlichen<br />
Expeditionen in den Nahen<br />
Osten bilden nicht selten militärische<br />
Interventionen wie die Napoleons<br />
I. (1798-1799) <strong>und</strong> Napoleons III.<br />
(1860).<br />
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
wird die Erforschung Palästinas<br />
von europäischen <strong>und</strong> amerikanischen<br />
Forschungsgesellschaften<br />
bestimmt, die nicht selten Offiziere<br />
ihrer Armeen als Forschungsreisende<br />
entsenden. Zu den wichtigsten Gesellschaften<br />
zählen der britische Palestine<br />
Exploration F<strong>und</strong> (gegründet<br />
1865), die American Palestine Exploration<br />
Society (gegründet 1870), der<br />
Deutsche Verein zur Erforschung<br />
Palästinas (gegründet 1877) <strong>und</strong> die<br />
American Schools of Oriental Research<br />
(gegründet 1900).<br />
Das Forschungsinteresse konzentrierte<br />
sich in dieser Zeit neben<br />
Ägypten <strong>und</strong> Mesopotamien deutlich<br />
auf Palästina. Das besondere<br />
Interesse des Westens an der ärmlichen<br />
Randprovinz Palästina muss<br />
in religiöser Motivation <strong>und</strong> in der<br />
gesellschaftlichen Bedeutung der biblischen<br />
Überlieferung für Europa<br />
<strong>und</strong> Amerika gesucht werden. Dementsprechend<br />
lesen sich Ausschnitte<br />
aus den Gr<strong>und</strong>satzerklärungen der<br />
Forschungs-Gesellschaften, deren<br />
Bindungen an Konfessionen <strong>und</strong><br />
Kirchen unterschiedlich stark ausgeprägt<br />
waren. Der Palestine Exploration<br />
F<strong>und</strong> hatte sich 1865 in<br />
seinem Programm darauf festgelegt:<br />
„1. Dass, was immer unternommen<br />
werden soll, auf wissenschaftlichen<br />
Cardo 9<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen basieren muss; 2. Dass<br />
die Gesellschaft als solche sich der<br />
Kontroversen enthalten soll; 3. Dass<br />
sie weder als religiöse Gesellschaft<br />
begonnen noch als solche geführt<br />
werden soll.“ <strong>Mit</strong> diesem Programm<br />
ist der Palestine Exploration F<strong>und</strong><br />
ein eher wertneutraler wissenschaftlicher<br />
Verein gewesen. Andere Forschungsvereine<br />
<strong>und</strong> Initiativen waren<br />
dagegen stärker von öffentlichen<br />
religiösen Interessen geleitet. Die<br />
amerikanische Palestine Exploration<br />
Society schreibt 1870 in ihrer ersten<br />
Veröffentlichung programmatisch:<br />
Das Ziel der Gesellschaft sei „die<br />
Illustration <strong>und</strong> Verteidigung der<br />
<strong>Bibel</strong>. ... Der moderne Skeptizismus<br />
stellt die [historische] Wirklichkeit<br />
der <strong>Bibel</strong> infrage. ... Was immer deshalb<br />
die biblische Geschichte in Bezug<br />
auf Zeit, Ort <strong>und</strong> Umstände als<br />
tatsächlich erweist, ist eine Zurückweisung<br />
des Unglaubens“.<br />
Während die amerikanische Palestine<br />
Exploration Society also klar zur<br />
Verteidigung von Glauben <strong>und</strong> Kirche<br />
aufruft, beschränkt sich der britische<br />
Palestine Exploration F<strong>und</strong> nur<br />
auf den ersten Blick auf ein säkular<br />
gehaltenes Programm, denn eine Illustration<br />
der <strong>Bibel</strong> <strong>und</strong> des Heiligen<br />
Landes durch Forschung dient den<br />
gesellschaftlichen Gr<strong>und</strong>lagen der<br />
anglikanischen Kirche objektiv nicht<br />
weniger.<br />
Bemerkenswert ist das breite<br />
landesk<strong>und</strong>liche Interesse der wissenschaftlichen<br />
Gesellschaften: Archäologie,<br />
Topographie, Geologie,<br />
physische Geographie, Sitten <strong>und</strong><br />
Gebräuche wurden erforscht. Der