Mit Bibel und Spaten? - Theologisches Studienjahr Jerusalem
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<strong>und</strong> für die Religionsgeschichte Israels<br />
auszuwerten. Dabei sind Archäologie<br />
<strong>und</strong> Textexegese zunächst unabhängig<br />
voneinander zu betreiben:<br />
die Archäologie mit den <strong>Mit</strong>teln archäologischer<br />
Forschung, die <strong>Bibel</strong>-<br />
exegese mit den Methoden wissenschaftlicher<br />
Textinterpretation. Erst<br />
in einem dritten Schritt sind beide<br />
aufeinander zu beziehen. Dabei<br />
kann es geschehen, dass nicht nur<br />
die Archäologie zur Erhellung der<br />
<strong>Bibel</strong>, sondern dass die <strong>Bibel</strong> auch<br />
zur Erhellung archäologischer Tatbestände<br />
beiträgt. Biblische Archäologie<br />
beschränkt sich dabei nicht auf<br />
die Archäologie Palästinas/Israels,<br />
sondern bezieht, wo das nötig <strong>und</strong><br />
möglich ist, die Ergebnisse der Archäologie<br />
Syriens, Libanons, Mesopotamiens<br />
<strong>und</strong> Ägyptens mit ein.<br />
Die Ereignisse der Zeit Hiskias<br />
sind ein eindrückliches Beispiel für<br />
das Zusammenwirken von Archäologie<br />
Palästinas, der Ikonographie<br />
des Vorderen Orients sowie neuassyrischer<br />
<strong>und</strong> biblischer Texte. Biblische<br />
<strong>und</strong> assyrische Texte stimmen<br />
darin überein, dass <strong>Jerusalem</strong> 701 v.<br />
Chr. von Sanherib bedroht <strong>und</strong> belagert,<br />
aber nicht durch kriegerische<br />
Handlungen eingenommen oder<br />
zerstört wurde <strong>und</strong> dass Hiskia Tri-<br />
Cardo 33<br />
but zahlen musste, wenngleich die<br />
Höhe des Tributes unterschiedlich<br />
angegeben wird. Die Annalen Sanheribs<br />
(vgl. Kurt Galling, Textbuch<br />
zur Geschichte Israels, 2. Aufl. 1968,<br />
67ff, Nr. 39; neuerdings auch: M.<br />
Weippert, Historisches Textbuch<br />
zum Alten Testament [Gr<strong>und</strong>risse<br />
zum Alten Testament 10], Göttingen<br />
2010, 326-337, insbes. Feldzugsbericht<br />
Sanheribs, Text Nr. 181) <strong>und</strong><br />
biblische Texte (2 Kön 18,13; Jes<br />
1,7f) konstatieren die Einnahme aller<br />
judäischen Städte außer <strong>Jerusalem</strong>.<br />
Auf Reliefs im Palast von Ninive<br />
stellt Sanherib die Belagerung <strong>und</strong><br />
Eroberung von Lachisch bis in alle<br />
Einzelheiten dar, nicht jedoch die<br />
Eroberung <strong>Jerusalem</strong>s, was sicher<br />
der Fall gewesen wäre, wenn er <strong>Jerusalem</strong><br />
eingenommen hätte. In 2<br />
Kön 18,14.17 erscheint Lachisch als<br />
Standquartier Sanheribs. Sanheribs<br />
Darstellung der Eroberung von Lachisch<br />
lässt sich durch die Grabungsergebnisse<br />
auf dem Tell ed-Duwer/<br />
Lachisch erhärten. Dort ist die gegen<br />
Ende des 8. Jahrh<strong>und</strong>erts erfolgte<br />
Zerstörung archäologisch nachweisbar,<br />
darüber hinaus sind in Lachisch<br />
– einmalig in der Archäologie Palästinas<br />
– die assyrischen Belagerungsrampen<br />
erhalten.<br />
Martin Metzger ist emeritierter Professor für Altes Testament <strong>und</strong> Biblische<br />
Archäologie an der Universität Kiel <strong>und</strong> leitete die Libanon-Exkursion des<br />
Forum <strong>Studienjahr</strong> 2010/11.