Prävention von Jugendgewalt - Eidgenössische Kommission für ...
Prävention von Jugendgewalt - Eidgenössische Kommission für ...
Prävention von Jugendgewalt - Eidgenössische Kommission für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Prävention</strong> <strong>von</strong> <strong>Jugendgewalt</strong><br />
In der Jugendphase<br />
verändert<br />
sich der Charakter<br />
<strong>von</strong> Gewalt<br />
Wie bereits diskutiert, ist dieser Anstieg<br />
in der Jugendphase nicht so sehr eine Zunahme<br />
der Anzahl <strong>von</strong> Individuen, die Gewalt<br />
ausüben. Vielmehr signalisiert er eine Veränderung<br />
der Qualität <strong>von</strong> Gewalt und eine zunehmende<br />
staatliche Sanktion in dem Masse,<br />
in dem das Individuum <strong>für</strong> seine Taten verantwortlich<br />
gemacht wird.<br />
So steigt in diesen Lebensjahren das Risiko<br />
– teilweise infolge der zunehmenden körperlichen<br />
Kraft, teilweise infolge Zugang zu<br />
Waffen –, dass Gewalt auch massive Formen<br />
annimmt. Ausserdem verlagern sich Gewaltereignisse<br />
<strong>von</strong> der Schule, dem Schulweg und<br />
dem Umfeld des Zuhause in anonyme Räume<br />
(z.B. Jugendhaus, Stadtzentrum), wo eine Anzeige<br />
bei der Polizei wahrscheinlicher wird.<br />
Des weitern wird in diesem Alter Gewalt zu<br />
einem Gruppenphänomen, so dass Schlägereien<br />
zwischen verfeindeten Gruppen oder<br />
Raubüberfälle alterstypische Erscheinungsformen<br />
<strong>von</strong> Gewalt sind. Und schliesslich steigt<br />
nun das Gefälle zwischen den Geschlechtern<br />
an, so dass die weit meisten Gewaltakte <strong>von</strong><br />
männlichen Jugendlichen begangen werden.<br />
Und obwohl sich in der Jugend wie in der<br />
Kindheit die meiste Gewalt unter Angehörigen<br />
desselben Geschlechts abspielt, nimmt der<br />
Anteil <strong>von</strong> Gewalt zwischen Geschlechtern –<br />
vor allem sexuelle Gewalt <strong>von</strong> Knaben gegen<br />
Mädchen – zu.<br />
Abbildung 4: Mehrebenenmodell <strong>für</strong> Gewalt im Lebenslauf<br />
Familie<br />
Schule<br />
Gleichaltrige, Lebenslauf<br />
Familie<br />
Schule<br />
Gleichaltrige / Lebenslauf<br />
Nachbarschaft / Gemeinde<br />
Lebensalter<br />
Individuum<br />
Etwa ab dem 20. Altersjahr sinkt die<br />
Häufigkeit <strong>von</strong> Gewaltdelikten wieder allmählich<br />
ab. Dies darf allerdings nicht darüber<br />
hinwegtäuschen, dass die weit überwiegende<br />
Zahl <strong>von</strong> Delikten durch Erwachsene begangen<br />
wird. Beispielsweise sind Erwachsene <strong>für</strong><br />
rund 80 Prozent aller Delikte gegen Leib und<br />
Leben sowie rund 85 Prozent aller Vergewaltigungen<br />
verantwortlich.<br />
Die kriminologische Lebenslaufforschung<br />
hat mehrfach Zusammenhänge zwischen<br />
strafrechtlich relevanter Gewalt im<br />
Jugendalter und aggressivem Verhalten in der<br />
Kindheit untersucht. Die Ergebnisse zeigen,<br />
dass die Intensität <strong>von</strong> Gewalt im Jugendalter<br />
grösser ist, wenn während der Kindheit in<br />
erheblichem Umfang altersinadäquates aggressives<br />
Verhalten festgestellt wurde (vgl.<br />
z.B. Loeber und Hay 1997).<br />
Ursachen und Risikofaktoren<br />
Abbildung 4 zeigt ein <strong>für</strong> die <strong>Prävention</strong>sforschung<br />
hilfreiches Modell, um das Zusammenspiel<br />
verschiedener Wirkungsebenen<br />
bei der Entstehung <strong>von</strong> Gewalt zu veranschaulichen.<br />
Es hebt drei Dimensionen hervor:<br />
Erstens wird sichtbar gemacht, dass ein<br />
konkretes Gewaltereignis das Ergebnis des<br />
Zusammenspiels <strong>von</strong> Individuum und Situa-<br />
Gewalt<br />
lebenslauf und gewalt<br />
Soziale Kontrolle<br />
Gelegenheiten<br />
potentielle Opfer<br />
Streit / Provokation<br />
Situation<br />
Die meisten<br />
Gewaltdelikte<br />
werden <strong>von</strong><br />
Erwachsenen<br />
verübt<br />
Situation und<br />
Disposition<br />
19