Prävention von Jugendgewalt - Eidgenössische Kommission für ...
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<strong>Prävention</strong> <strong>von</strong> <strong>Jugendgewalt</strong><br />
5<br />
Schulische <strong>Prävention</strong><br />
Schulische<br />
Faktoren<br />
Gewalttätige<br />
Jugendliche<br />
gehen nicht<br />
gern zur Schule<br />
Schulprobleme<br />
und Gewalt<br />
haben gemeinsame<br />
Ursachen<br />
Die Schule ist aus vier Gründen ein zentraler<br />
Ort <strong>für</strong> Gewaltprävention: Erstens, weil<br />
Plagen, Drangsalieren und Gewalt auf allen<br />
Altersstufen negative Wirkungen auf das<br />
Schul- und Lernklima haben, die es zu verhindern<br />
gilt; zweitens, weil die Schule die Lebenschancen<br />
<strong>von</strong> Kindern prägt und ihr damit<br />
auch eine Verantwortung <strong>für</strong> die <strong>Prävention</strong><br />
<strong>von</strong> Problemverhalten zukommt; drittens,<br />
weil schulische Programme ausnahmslos alle<br />
Kinder und Jugendlichen erreichen, was<br />
heisst, dass sie als Schutzfaktoren gegen<br />
schwer beeinflussbare ausserschulische Risikofaktoren<br />
(Familie, Nachbarschaft etc.) wirken<br />
können; und viertens, weil <strong>von</strong> der Schule aus<br />
<strong>Prävention</strong>saktivitäten in Familie, Freizeit und<br />
Nachbarschaft angestossen und unterstützt<br />
werden können.<br />
Schulische Risikofaktoren<br />
Die Wahrscheinlichkeit <strong>von</strong> Gewalt<br />
korreliert mit schulischen Merkmalen <strong>von</strong><br />
Jugendlichen. Hierzu gehören SCHWACHE<br />
SCHULISCHE LEISTUNGEN, eine TIEFE<br />
LEISTUNGSMOTIVATION, eine GERINGE<br />
BINDUNG AN DIE SCHULE, HÄUFIGES<br />
SCHWÄNZEN und GERINGE BERUFLICHE<br />
ASPIRATIONEN. In nach Leistung abgestuften<br />
Schulsystemen (wie in Deutschland und<br />
der Schweiz) weisen daher die unteren Schulstufen<br />
einen erhöhten Anteil <strong>von</strong> gewalttätigen<br />
Jugendlichen auf. Allerdings haben<br />
aggressiv auffällige Kinder bereits in der<br />
Primarschule eher schulische Probleme.<br />
Drei Mechanismen sind <strong>für</strong> diesen Zusammenhang<br />
verantwortlich. Zum einen teilen<br />
Schulprobleme und aggressives Verhalten viele<br />
Ursachen. Zum Beispiel haben Persönlichkeitsmerkmale<br />
wie geringe Selbstkontrolle und familiäre<br />
Risikofaktoren wie inkonsistente Erziehung<br />
sowohl auf die schulische Leistung wie<br />
auch auf aggressives Verhalten Auswirkungen<br />
(vgl. z.B. Gottfredson und Hirschi 1990). Zweitens<br />
können schulische Probleme Stress auslösen<br />
und als Folge da<strong>von</strong> Gewalt und andere<br />
Formen <strong>von</strong> Delinquenz begünstigen (z.B.<br />
Agnew 1992). Engel und Hurrelmann (1998)<br />
etwa argumentieren, dass schulisches Versagen<br />
vor allem dann mit einem erhöhten Risiko <strong>für</strong><br />
Gewalt einher geht, wenn die Eltern hohe Leis-<br />
tungserwartungen haben, welche die Jugendlichen<br />
unter übermässigen Druck stellen.<br />
Schliesslich können Delinquenz und Gewalt<br />
ihrerseits eine Ursache <strong>für</strong> schulische Probleme<br />
sein (Thornberry 1996). Dies liegt nicht nur daran,<br />
dass Schwänzen, Prügeln und Disziplinarstrafen<br />
ganz direkt einer schulischen Karriere<br />
nicht dienlich sind. Vielmehr kann aggressives<br />
Verhalten bereits in der Primarschule zu einer<br />
Rückweisung durch sozial kompetente und<br />
oft schulisch überlegene Gleichaltrige und<br />
damit zu weniger Unterstützung im Lernprozess<br />
führen.<br />
Die Wahrscheinlichkeit <strong>von</strong> Gewalt korreliert<br />
ausserdem mit Merkmalen <strong>von</strong> Schulklassen<br />
oder Schulhäusern. Schulhäuser mit<br />
einem schlechten Schulklima, einem negativen<br />
Lehrer-Schüler-Verhältnis und unklarer oder<br />
als ungerecht empfundener Durchsetzung<br />
<strong>von</strong> Regeln haben oft überdurchschnittlich<br />
viele Probleme mit Gewalt. Zu einem grossen<br />
Teil hat dies mit den individuellen Merkmalen<br />
der Schülerinnen und Schüler zu tun, die ein<br />
bestimmtes Schulhaus besuchen. Wo viele<br />
schwierige Kinder in die Schule gehen, ist in<br />
der Regel auch das Schulklima schlecht und<br />
das Aggressionsniveau hoch.<br />
Jedoch sind Klassenverbände und Schulhäuser<br />
als soziale Einheiten auch URSÄCH-<br />
LICH an der Entstehung <strong>von</strong> Gewalt beteiligt<br />
(Gottfredson 2001; Meier 1997; Riedel und<br />
Welsh 2002; Welsh 2001). Mangelnde Klarheit<br />
über Verhaltensregeln und inkonsistente<br />
Durchsetzung <strong>von</strong> bestehenden Regeln beispielsweise<br />
sind Merkmale <strong>von</strong> Schulen (und<br />
Klassen), die mit einer höheren Wahrscheinlichkeit<br />
<strong>von</strong> Problemverhalten verschiedenster<br />
Art einhergehen. Ausserdem unterscheiden<br />
sich Schulen im Ausmass, in dem sie Kindern<br />
emotionale Unterstützung bieten und beispielsweise<br />
dem systematischen Ausschluss<br />
<strong>von</strong> einzelnen Kindern entgegenwirken.<br />
Schulen mit geringer emotionaler Unterstützung<br />
der Kinder und mangelnder Förderung<br />
<strong>von</strong> Zusammenhalt zwischen den Schülerinnen<br />
und Schülern laufen eher Gefahr, mit Gewaltproblemen<br />
konfrontiert zu sein. Und drittens<br />
haben Schulen eher mit Problemen zu<br />
kämpfen, welche Lernfreude und geistige<br />
Entwicklung nur unzureichend fördern. Bei<br />
schulische prävention<br />
Schulklima<br />
41<br />
Schlechtes<br />
Schulhausklima<br />
und unklare<br />
Regeln erhöhen<br />
Gewaltrisiko