Prävention von Jugendgewalt - Eidgenössische Kommission für ...
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<strong>Prävention</strong> <strong>von</strong> <strong>Jugendgewalt</strong><br />
Bedürfnis- und<br />
Ressourcenanalyse<br />
Auswahl<br />
geeigneter<br />
<strong>Prävention</strong>sprogramme<br />
gearbeitet, die <strong>für</strong> eine erfolgreiche Umsetzung<br />
in die Praxis entscheidend sind (Mihalic<br />
und Irwin 2003). 3<br />
Kriterien <strong>für</strong> eine gute Umsetzung<br />
und kulturspezifische Faktoren<br />
Auch gut bewährte evidenzbasierte <strong>Prävention</strong>sprogramme<br />
sind keine Allerweltsrezepte,<br />
die unbesehen übernommen werden<br />
können. Jedem <strong>Prävention</strong>sprojekt muss eine<br />
Analyse der Problemsituation (vor allem Identifikation<br />
<strong>von</strong> Risikofaktoren und Schutzfaktoren),<br />
der bereits bestehenden Ressourcen<br />
und Massnahmen sowie der zu erwartenden<br />
Schwierigkeiten vorangehen.<br />
Eine solche Bedürfnis- und Ressourcenanalyse<br />
ist besonders <strong>für</strong> Programme, welche<br />
Gruppen mit Migrationshintergrund erreichen<br />
möchten, absolut entscheidend, da sich<br />
bestehende Kenntnisse und Erfahrungen aus<br />
der Mehrheitsgesellschaft nur bedingt übertragen<br />
lassen. Kenntnisse über kulturell verankerte<br />
Wertvorstellungen z.B. bezüglich der<br />
Rolle der Familie oder des Verhaltens <strong>von</strong><br />
männlichen Jugendlichen, über bestehende<br />
lokale Organisationen und Vereine sowie der<br />
sozialen und wirtschaftlichen Situation der<br />
Zielgruppen können helfen, <strong>Prävention</strong>sprogramme<br />
auf die Bedürfnisse der Zielgruppen<br />
anzupassen.<br />
Hierzu gehört auch die Auswahl geeigneter<br />
<strong>Prävention</strong>sprogramme: Ein kurzer Blick<br />
auf die obige Liste <strong>von</strong> Risikofaktoren genügt<br />
um zu erkennen, das Gewaltprävention<br />
Bereiche tangiert (z.B. Erziehung, Gewalt<br />
zwischen Ehepartnern, Regeln in der Schule,<br />
Zusammenleben in einer Gemeinschaft), in<br />
denen vielfältige kulturelle oder religiöse Vorstellungen<br />
verankert sind. Obwohl da<strong>von</strong> ausgegangen<br />
werden kann, dass <strong>Prävention</strong>sprogramme<br />
im Prinzip universelle Ziele verfolgen<br />
und wesentliche Risikofaktoren <strong>für</strong> Gewalt in<br />
allen menschlichen Gesellschaften gelten, sind<br />
kulturelle Besonderheiten in der Gewaltprävention<br />
zu beachten.<br />
Allerdings mangelt es weitherum an<br />
gesichertem Wissen darüber, welche evidenzbasierten<br />
Programme in unterschiedlichen<br />
kulturellen Kontexten gleichermassen wirksam<br />
sind und bei welchen Programmen die<br />
Wirkungen verschwinden (oder sich gar in<br />
negative Effekte umkehren). Und es fehlt an<br />
Erfahrungen darüber, wie viel kulturspezifi-<br />
3 Vgl. auch die Berichte unter: http://www.colorado.edu/cspv/publications/otherblueprints.html.<br />
evidenzbasierte gewaltprävention<br />
sche Anpassung etwa eines bewährten<br />
Elternbildungsprogramms notwendig und<br />
angebracht ist, um auch Eltern einer Minderheitengruppe<br />
anzusprechen und zum Mitdenken<br />
zu motivieren.<br />
<strong>Prävention</strong>smassnahmen müssen jene<br />
Personen und Gruppen zur Teilnahme bewegen,<br />
bei denen man eine Wirkung erzielen<br />
möchte. In der Praxis erweist sich dies oft als<br />
ein erhebliches Problem. Eine sorgfältige<br />
Abklärung der Frage, wie eine Zielpopulation<br />
erreicht werden kann, ist eine notwendige<br />
Voraussetzung <strong>für</strong> wirksame <strong>Prävention</strong>.<br />
Überall in Europa wird hierbei die Erfahrung<br />
gemacht, dass Zielgruppen umso weniger<br />
<strong>für</strong> <strong>Prävention</strong>sanliegen gewonnen werden<br />
können, je geringer ihre sozialen und wirtschaftlichen<br />
Ressourcen sind und je grösser die<br />
kulturelle Distanz zwischen der Migrantengruppe<br />
und ihrem gesellschaftlichem Umfeld ist.<br />
Die Frage, wie diese Hemmschwellen<br />
überwunden werden können, ist nicht gelöst.<br />
Ein vielversprechender Ansatz basiert auf dem<br />
Konzept der community readiness (vgl. z.B.<br />
Edwards et al. 2000). Gemeint ist damit der<br />
Grad, in dem eine (lokale oder kulturelle)<br />
Gemeinschaft da<strong>für</strong> vorbereitet ist, eine <strong>Prävention</strong>smassnahme<br />
zu akzeptieren und umzusetzen.<br />
Diese Bereitschaft (beispielsweise<br />
<strong>für</strong> Elternbildung) wurde in westlichen Gesellschaften<br />
über viele Jahrzehnte aufgebaut<br />
und verankert. In immigrierten Gemeinschaften<br />
mit durchschnittlich wenig Bildungsressourcen<br />
hingegen ist sie anfänglich kaum<br />
gegeben. Einige Gemeinschaften mögen etwa<br />
Gewaltprobleme völlig leugnen, einige mögen<br />
Probleme wahrnehmen, aber nicht zu Massnahmen<br />
bereit sein. Der Ansatz <strong>von</strong> community<br />
readiness geht da<strong>von</strong> aus, dass der Umsetzung<br />
einer <strong>Prävention</strong>smassnahme eine<br />
gute Abklärung der bestehenden Problemwahrnehmung<br />
vorausgehen muss (in der<br />
Regel durch Interviews mit Vertreterinnen<br />
oder Vertretern der Gemeinschaft), der dann<br />
zunächst Strategien folgen, mit denen ein<br />
Bewusstsein <strong>für</strong> das Problem geschaffen wird.<br />
<strong>Prävention</strong>sprojekte treffen auf ein Umfeld<br />
bereits bestehender Massnahmen, Institutionen<br />
und Akteure. Um Wirkung erzielen<br />
zu können, müssen Interventionen auf dieses<br />
Umfeld abgestimmt werden und <strong>von</strong> allen<br />
Beteiligten mitgetragen werden. Eine sorgfältige<br />
Vorbereitung und Information ist<br />
29<br />
Erreichen der<br />
Zielpopulation<br />
Vernetzung mit<br />
bestehenden<br />
Strukturen und<br />
Akteuren