Prävention von Jugendgewalt - Eidgenössische Kommission für ...
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<strong>Prävention</strong> <strong>von</strong> <strong>Jugendgewalt</strong><br />
prävention in nachbarschaft und freizeitbereich<br />
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<strong>Prävention</strong> in Nachbarschaft und<br />
Freizeitbereich<br />
Kollektive<br />
Wirksamkeit in<br />
Wohnquartieren<br />
In allen Schweizer Städten bestehen zwischen<br />
Wohnquartieren erhebliche Unterschiede<br />
in der Häufigkeit <strong>von</strong> <strong>Jugendgewalt</strong>. Sie<br />
sind mit einer Reihe <strong>von</strong> sozialen Merkmalen<br />
verknüpft. Hierzu gehören vor allem das Ausmass<br />
SOZIALER BENACHTEILIGUNG (z.B.<br />
gemessen durch Arbeitslosenquote, Sozialhilfeempfänger,<br />
unqualifizierte Berufe), eine<br />
HOHE ETHNISCHE HETEROGENITÄT (d.h.<br />
ein hoher Anteil verschiedener ethnisch-kultureller<br />
Gruppen) sowie eine HOHE FLUKTU-<br />
ATION DER WOHNBEVÖLKERUNG (d.h. eine<br />
hohe Frequenz <strong>von</strong> Umzugsbewegungen).<br />
Oft kommen in Quartieren mit einer hohen<br />
Gewalthäufigkeit mehrere belastende Risikofaktoren<br />
zusammen. Nachbarschaftsbasierte<br />
und multizentrische <strong>Prävention</strong> setzt bei dieser<br />
Ausgangslage an.<br />
Nachbarschaften und Gewalt<br />
Zu einem beträchtlichen Teil rührt die<br />
erhöhte Belastung da<strong>von</strong>, dass in diesen Quartieren<br />
mehr Familien wohnen, bei denen<br />
individuelle und familiäre Probleme bestehen.<br />
Das Quartier hat hier eigentlich keine direkte<br />
Bedeutung, es widerspiegelt bloss die Auswirkungen<br />
des Wohnungsmarktes. Viele Forschungsbefunde<br />
weisen aber darauf hin, dass<br />
Nachbarschaften auch als ursächliche Risikofaktoren<br />
eine Rolle spielen. Der wichtigste<br />
neuere Ansatz zur Erklärung dieses Zusammenhanges<br />
stammt <strong>von</strong> Sampson, Raudenbush<br />
und Earls (1997; 1999). Sie argumentieren,<br />
dass KOLLEKTIVE WIRKSAMKEIT im Sinne<br />
des gegenseitigen Vertrauens und der Bereitschaft,<br />
sich aktiv <strong>für</strong> geteilte Anliegen einzusetzen,<br />
der zentrale Mechanismus ist, der zu<br />
unterschiedlichen Raten <strong>von</strong> <strong>Jugendgewalt</strong> in<br />
städtischen Quartieren führt. Geringe kollektive<br />
Wirksamkeit eines Wohnviertels kann beispielsweise<br />
bedeuten, dass die Netzwerke<br />
zwischen Eltern weniger intensiv sind, dass<br />
sich Eltern weniger <strong>für</strong> schulische und quartierbezogene<br />
Aktivitäten einsetzen, dass Erwachsene<br />
Anzeichen <strong>von</strong> Problemverhalten<br />
weniger Beachtung schenken, oder dass das<br />
Vertrauen zwischen verschiedenen Gruppen<br />
einer Nachbarschaft gering ist. In der Regel<br />
sind solche Risikofaktoren heute in der Schweiz<br />
in Quartieren mit einem überdurchschnittlichen<br />
Ausländeranteil höher ausgeprägt.<br />
Nachbarschaftsorientierte <strong>Prävention</strong>sprogramme<br />
können zum einen darauf ausgerichtet<br />
sein, als MULTIZENTRISCHE PRO-<br />
GRAMME mehrere Ebenen <strong>von</strong> Risikofaktoren<br />
(Familie, Schule und Freizeit) gleichzeitig anzusprechen<br />
und derart die Entwicklung <strong>von</strong><br />
Kindern und Jugendlichen zu fördern. Zum<br />
anderen können <strong>Prävention</strong>sprogramme bemüht<br />
sein, KOLLEKTIVE WIRKSAMKEIT in<br />
einem Quartier zu stärken und Prozesse in<br />
Gang zu setzen, durch die eine effektivere<br />
Problemlösung ermöglicht wird.<br />
Typen nachbarschaftlicher<br />
<strong>Prävention</strong><br />
Das Feld <strong>von</strong> quartierbasierten <strong>Prävention</strong>smassnahmen<br />
ist ausserordentlich vielfältig.<br />
Gleichzeitig ist über die Wirksamkeit<br />
nachbarschaftlicher <strong>Prävention</strong> weniger gesichertes<br />
Wissen vorhanden als bei familiären<br />
oder schulischen Massnahmen. Im Folgenden<br />
werden fünf Programme beschrieben, welche<br />
relativ gut erforscht sind und <strong>für</strong> weitere<br />
Überlegungen in der Schweiz <strong>von</strong> Interesse<br />
sein könnten (Tabelle 12).<br />
Mobilisierungsmodelle –<br />
Communities that Care<br />
Wir haben im Kapitel «evidenzbasierte<br />
<strong>Prävention</strong>» die Grundprinzipien der Zusammenarbeit<br />
zwischen Forschung und Praxis<br />
bei der Auswahl und Realisierung <strong>von</strong> wirksamen<br />
<strong>Prävention</strong>sprogrammen beschrieben.<br />
Für Gemeinden, Quartiere oder Städte stellt<br />
sich das Problem, diese Ideen konkret umzusetzen<br />
und auf ihre Bedürfnisse anzupassen.<br />
Dies gilt vor allem in Quartieren mit einer hohen<br />
Belastung durch Risikofaktoren, wo eine<br />
Mobilisierung der Gemeinschaft <strong>für</strong> geteilte<br />
Anliegen oft sehr schwierig ist.<br />
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