8 FOTO RECHTS: DANIELE MATTIOLI/ANZENBERGER AGENCY, FOTOS OBEN, VON LINKS: CONTRASTO/LAIF, GREG ELMS, EIGHTFISH/GETTY IMAGES (2) > Luxus lernen: Reiche Chinesen testen hochwertige Handys, Digitalkameras und Autos; Schanghais Szene-Bar TMSK setzt im Design auf Chinas traditionelles Und der Wandel ist ohne Beispiel: Seit den von Deng Xiaoping eingeleiteten Reformen ist Chinas Wirtschaft jährlich um rund zehn Prozent gewachsen. Das Reich der Mitte, das Ende der 70er-Jahre nach Maos Misswirtschaft quasi vor dem Ruin stand, ist mittlerweile die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, wird Deutschland voraussichtlich 2009 als Exportweltmeister ablösen. MIT DENG BEGANN DIE AUFHOLJAGD Dabei hatte Chinas Öffnung vor 30 Jahren als Experiment angefangen. Unter der Regierung von Deng Xiaoping begann China 1979 eine eher zaghafte Abkehr von der sowjetisch orientierten Planwirtschaft, in der alle Produktionsentscheidungen nur durch den Staat gefällt wurden. Grund für das Umdenken der Führung in Peking war, dass Mao Zedong, der 1976 gestorben war, das große Reich völlig heruntergewirtschaftet hatte. Unter Deng Xiaoping kehrte sich alles um. Der kleine, energische Führer setzte auf eine gewagte Symbiose von Kommunismus und Kapitalismus. Und China setzte sich schon bald an die Spitze der asiatischen Wachstumsländer. „Einige sollen zuerst reich werden“, hatte der heute als Reformarchitekt gefeierte Deng als Parole ausgegeben und damit das Ende des sozialistischen Traums von der egalitären Gesellschaft besiegelt. China öffnete sich mit Sonderwirtschaftszonen für ausländische Investitionen. Die ersten entstanden in Hainan und Shenzhen, später kam auch Schanghai hinzu. In den gigantischen Industrieparks probte China, was in den 90er-Jahren als „sozialistische Marktwirtschaft“ zur neuen Staats ideologie wurde. Günstige Standort bedingungen, schnelle Genehmigungsverfahren, billige Energie, gute Infrastruktur sowie ein Heer von willigen und billigen Arbeitskräften – so wurde China innerhalb nur weniger Jahre zur Werkbank der Welt. China hat in den vergangenen Jahren stets die meisten ausländischen Direktinvestitionen angezogen – zuletzt 74 Milliarden US-$. Die Entfesselung der Produktiv kräfte, von der einst Karl Marx geträumt hatte, fing aber vor allem mit einfachen Industrien an, etwa in der Textilindustrie. Denn für die Herstellung von Kleidung braucht man nicht viel Kapital, aber viele Hände. Und davon hat das 1,3-Milliarden-Volk jede Menge. Es folgten Schuhe, Spielzeug, Elektrogeräte, Handys, Computer. Heute kommt fast jedes Einwegfeuerzeug, jeder Reißverschluss und jeder Elektrobohrer aus chinesischen Fabriken, die meist im „Speckgürtel“ an der Ostküste angesiedelt sind. Doch auch im armen Westen des Landes träumen immer noch Millionen von Landbewohnern vom bescheidenen Wohlstand, von einem Weg aus der Armut. Für sie ist der Job in einer der Fabriken im Süden und Osten oft der erste Schritt. In den kommenden 20 Jahren, so schätzen Experten, steht China erneut vor einer gewaltigen Völkerwanderung. Rund 300 Millionen Menschen werden vom Land in die neuen Städte drängen. Noch immer leben 800 Millionen Chinesen auf dem Lande, hängt ihre wirtschaftliche Existenz von der Landwirtschaft ab. Doch die trägt nur noch zwölf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. China steht damit noch immer vor einem gewaltigen Umbruch und vor gro ßen Aufgaben. Die kommunistische Regierung in Peking weiß dies und treibt darum die Politik der „gaige kaifang“ (Reform und Öff nung) auch gegen innerparteilichen Widerstand weiter voran. Denn die Indus tria li sierung und der damit wachsende Wohlstand von Millionen von Menschen ist für Chinas Führung der Garant für die Stabilität im Land – und damit auch Rechtfertigung für das Einparteiensystem. Denn die Hoffnung im Westen, dass der wirtschaftlichen Öffnung auch eine politische Öffnung folgt, wird bislang nicht erfüllt. Vor allem der Beitritt des Landes zur Welthandelsorganisation (WTO) Ende 2001 wurde nicht nur als eine umfassende Verpflichtungserklärung Chinas zur Eingliederung in das Weltwirtschaftssystem >
farbiges Liuli-Glas; ausgelassene Stimmung bei der After-Work-Party EVONIK-MAGAZIN 3/<strong>2008</strong> „Einige sollen zuerst reich werden“, sagte Deng Xiaoping Vor der Skyline fl anieren: Blick auf das Pudong-Viertel am Ufer des Huangpu mit Asiens höchstem Fernsehturm, dem Oriental Pearl Tower CHINA GESTALTEN 9