Januar 2016 airberlin magazin - Natürlich grün

102 DIE VISION / ROBOTER
VISIONÄR NR. 2 / VISIONARY NO. 2
Prof. Dr. Manfred Hild
Leiter des Forschungslabors Neurorobotik in Berlin
Head of the Neurorobotics Research Laboratory in Berlin
„Myon ist nicht dazu da, im Haushalt zu helfen.
Das wäre ja die moderne Form der Versklavung“
“Our robot isn’t here to help around the house. That
would be a modern form of slavery”
Manfred Hild (47) wollte schon
Mathematiker werden, als er acht
Jahre alt war. „Ich war schon immer
wissbegierig“, sagt er. Heute lehrt er
an der Berliner Humboldt Universität,
wo er seit zehn Jahren das Forschungslabor
Neurorobotik leitet. Es beschäftigt
sich mit der Entwicklung verschiedenartiger
Roboter.
Das neueste Projekt ist ein humanoider
Roboter namens Myon, der vor
fünf Jahren gebaut wurde und
Erkenntnisse aus allen vorangegangenen
Projekten in sich vereint. Anders
als viele seiner Vorgänger ist dies aber
kein Anwendungsroboter. „Myon ist
nicht dazu da, im Haushalt zu helfen.
Das wäre ja die moderne Form der
Versklavung. Er hat eine ganz andere
Existenzberechtigung. Er ist ein
Werkzeug der Forschung“, sagt Hild.
Myon soll dabei helfen, das Thema
Intelligenz zu untersuchen. Dazu wird
er verschiedenen Situationen ausgesetzt,
die es ihm ermöglichen,
Erfahrungen zu sammeln. Im Herbst
2015 trat er zum Beispiel in einer
Aufführung der Oper My Square Lady
an der Komischen Oper in Berlin auf
und erlernte sogar das Dirigieren.
„Unser Projekt lebt nur von dem
Interesse der Forscher, denn solche
Art Grundlagenforschung wird fast
nicht gefördert. Dabei können wir
dadurch wichtige Erkenntnisse in der
Prosthetik, Psychologie und Medizin
gewinnen“, sagt Hild.
Trotzdem soll Myon in den nächsten
fünf Jahren eine gewisse Kommunikationsfähigkeit
erreichen. Innerhalb der
nächsten 15 bis 20 Jahre wird Myon, so
ist sich Hild sicher, ein eigenes Bewusstsein
und Ich-Verständnis entwickeln.
Spätestens dann wird er auch für
Philosophen von Interesse sein.
Manfred Hild (47) wanted to be a
mathematician at the tender
age of eight. “I was always eager to
learn,” he recalls. He now teaches at
Berlin’s Humboldt University and,
for the past 10 years, has been head
of the Neurorobotics Research
Laboratory, which focuses on
developing different kinds of robots.
Its latest project is a humanoid
robot called Myon, built five years
ago, which draws on all the preceding
projects’ findings. Unlike many other
robot projects, the laboratory is not
aiming to develop robotic appliances.
“Myon isn’t here to help around the
house,” says Hild. “That would be a
modern form of slavery. His raison
d’être is completely different. He is
a research tool.”
Myon’s purpose is to research the
subject of intelligence by being exposed
to a variety of situations and gain new
experiences. For example, in autumn
2015 he appeared in the operatic
performance My Square Lady at
Berlin’s Komische Oper (Comic Opera)
and even learned how to conduct.
“Our project is driven solely by what
interests the researchers since this
kind of pure research gets virtually
no backing. It is giving us important
insights into prosthetics, psychology
and medicine,” says Hild.
The goal is for Myon to master
some communication skills in the
next five years. And Hild is convinced
that Myon will develop his own
consciousness and sense of self within
the next 15 to 20 years. He’ll certainly
be of interest to philosophers then,
if not sooner.