Hinz&Kunzt_353_Juli
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Stadtgespräch<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>353</strong>/JULI 2022<br />
„Wer von<br />
der Krise<br />
profitiert,<br />
muss sich auch<br />
an den<br />
Kosten<br />
beteiligen“<br />
Lebensmittel- und Energiepreise explodieren momentan regelrecht.<br />
Im Interview spricht der Ökonom Marcel Fratzscher über die<br />
sozialen Folgen der Inflation – und darüber, welche Maßnahmen jetzt helfen.<br />
INTERVIEW: LUKAS GILBERT<br />
FOTO: DIW BERLIN/B. DIETL; GRAFIK: GRAFIKDEERNS.DE<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>: Im Januar haben Sie<br />
vor einer Inflationspanik gewarnt.<br />
Heute herrscht Krieg in Europa, und<br />
viele Menschen haben zunehmend<br />
Angst vor der nächsten Nebenkostenabrechnung.<br />
Wie viel Panik<br />
ist mittlerweile angebracht?<br />
Marcel Fratzscher: Panik ist nie angebracht,<br />
aber die Sorge ist völlig berechtigt<br />
und die aktuelle Inflation ein großes<br />
Problem. Wir sprechen von einer<br />
Preisstabilität, wenn die Preise im<br />
Durchschnitt um 2 Prozent im Jahr<br />
steigen. 3 oder 4 Prozent sind gesamtwirtschaftlich<br />
auch okay. Problematisch<br />
wird es, wenn die Preissteigerungen<br />
über eine längere Zeit 8, 9 oder<br />
10 Prozent betragen. Also Zahlen, wie<br />
wir sie jetzt haben. Wenn das über<br />
zwei, drei Jahre geht, führt es dazu,<br />
dass Unternehmen weniger investieren,<br />
weil sie nicht mehr gut planen<br />
können. Dann gibt es weniger Jobs und<br />
geringere Einkommen.<br />
10<br />
Ab wann wird Inflation zum Problem<br />
für den Einzelnen, gerade für Menschen<br />
mit geringem Einkommen?<br />
Aus der individuellen Perspektive kann<br />
Inflation immer ein Problem sein. Das<br />
hängt vom Einkommen ab. Was in der<br />
aktuellen Diskussion gerne ignoriert<br />
wird: Es ist für einen Menschen nicht so<br />
schlimm, 5 Prozent Inflation zu haben,<br />
wenn er oder sie 10 Prozent mehr Lohn<br />
bekommt. Das ist aber das zentrale<br />
Problem im Augenblick: Wir haben