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Hinz&Kunzt_353_Juli

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Rubrik<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>353</strong>/JULI 2022<br />

I<br />

st das Möwengekreisch nicht zu<br />

laut, zu plakativ? Die Zuschauer:innen<br />

sehen doch, dass es aus<br />

der Enge des Gängeviertels hinüber<br />

in den weitläufigen Hamburger<br />

Hafen geht, wenn auf der Leinwand<br />

vor ihnen plötzlich ein Segelschiff mit<br />

Rahen und Masten hoch aufragt. Toningenieur<br />

Enrico Wachtel nickt und<br />

dämpft das unterlegte Möwengeschrei.<br />

Er schiebt Regler hin und her, schaut<br />

auf die farbigen Linien, in die sich die<br />

48<br />

Töne und Geräusche verwandelt haben,<br />

in seinem Studio in einem ehemaligen<br />

Gewerbehof. Ihm zur Seite<br />

sitzt Andreas Karmers, der abwechselnd<br />

auf die Leinwand und die davor<br />

aufgestellten großen Monitore blickt.<br />

Was wohl Walter Wedstedt zu dieser<br />

Szenerie gesagt hätte?<br />

Andreas Karmers hat ihn nie persönlich<br />

kennengelernt: den Walter,<br />

seinen Großvater mütterlicherseits;<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts im Hamburger<br />

Gängeviertel geboren und dort<br />

vaterlos aufgewachsen. Er hat sich von<br />

seinen Angehörigen erzählen lassen,<br />

was diese über den Großvater und das<br />

Leben im Gängeviertel aus eigener Erfahrung<br />

wie aus Erzähltem noch wussten:<br />

„Meine ganze Sippe kommt ja von<br />

da her.“ Walters Mutter, also Karmers<br />

Urgroßmutter, betrieb in der Neustädter<br />

Straße einen Zeitungsladen. Das<br />

reichte nicht als Einkommen, deshalb<br />

musste sie die Küche der ohnehin

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