JOURNAL ASMAC No 1 - février 2020
Régénération - A propos d’humains, de coraux et de déchets Diabète - Le scalpel remplace la pompe Immunologie - Immunothérapie – un aperçu Politique - 75 ans de l’asmac – au début était le salaire
Régénération - A propos d’humains, de coraux et de déchets
Diabète - Le scalpel remplace la pompe
Immunologie - Immunothérapie – un aperçu
Politique - 75 ans de l’asmac – au début était le salaire
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Perspectives<br />
Wie funktionieren<br />
Immuncheckpoint-Inhibitoren?<br />
Wie einleitend erwähnt, entstehen Krebserkrankungen<br />
durch eine schrittweise Akkumulation<br />
von genetischen Veränderungen<br />
(Mutationen). Mit jeder dieser Veränderungen<br />
entfernt sich eine Krebszelle<br />
genotypisch und phänotypisch weiter von<br />
einer normalen Körperzelle. Prinzipiell<br />
kann eine solche Mutation in jedem beliebigen<br />
Gen auftreten welches dann die Matrize<br />
für ein verändertes Protein in der Zelle<br />
liefert. Damit steigt die Chance, dass<br />
Krebszellen vom körpereigenen Immunsystem<br />
als fremd erkannt und aus dem<br />
Körper eliminiert werden. Wir gehen aktuell<br />
davon aus, dass eine erfolgreiche Anti-Tumor<br />
Immunantwort auf das Erkennen<br />
von mindestens drei verschiedenen<br />
Antigen-Klassen beruht:<br />
1. Sogenannte cancer-testis Antigene, welche<br />
normalerweise nur in Spermatozyten<br />
und während der Embryogenese<br />
auftreten, aber im Rahmen der De-<br />
Differen zierung auch von Krebszellen<br />
exprimiert werden können (z. B. NY-<br />
ESO-1).<br />
2. Differenzierungs-Antigene, welche nur<br />
in geringen Mengen in normalen Körperzellen<br />
vorkommen, jedoch in den<br />
korrespondierenden entarteten Krebszellen<br />
um ein Vielfaches exprimiert<br />
werden (z. B. Tyrosinase).<br />
3. Die wahrscheinlich relevanteste Klasse,<br />
die während der Krebsentwicklung neu<br />
entstehenden Antigene auf dem Boden<br />
von Mutationen [5].<br />
In diesem Zusammenhang suggerieren<br />
erste Daten aus klinischen Studien, dass<br />
die rein numerische Anzahl an Mutationen<br />
in einem Tumor mit dem Ansprechen<br />
auf ICI korreliert und damit als prädiktiver<br />
Marker für diese neuen Therapeutika<br />
genützt werden könnte: Die Dichte dieser<br />
Mutationen wird als tumor-mutational<br />
burden (TMB) in Anzahl Mutationen pro<br />
Megabase angegeben. Je höher die TMB,<br />
desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit<br />
für neu entstandene Antigene und damit<br />
die Möglichkeit, dass T-Lymphozyten<br />
spezifisch gegen diese Antigene eine effiziente<br />
Anti-Tumor Immunantwort auslösen<br />
können [6]. Diese Theorie wird durch<br />
Beobachtungen aus klinischen Studien<br />
unterstützt, in welchen Tumor-Entitäten<br />
mit einer durchschnittlich hohen TMB<br />
wie maligne Melanome, nicht-kleinzellige<br />
Bronchuskarzinome oder auch Blasenkarzinome<br />
besser auf ICI ansprechen als<br />
Tumoren am anderen Ende des Spekt-<br />
rums mit geringerer Muta tionslast wie<br />
Weichteil- und Knochentumoren, oder<br />
das Prostatakarzinom, für die sich eine<br />
breitere Anwendung mit ICI bisher nicht<br />
etablieren konnte [7]. Innerhalb der bis<br />
dato weniger immunogenen Tumorentitäten,<br />
finden sich aber auch Subtypen mit<br />
besonders hoher TMB, welche ebenfalls<br />
ein gutes Ansprechen auf ICI zeigen: Als<br />
prominenteste Vertreter gehören hierzu<br />
sogenannte Mikro satelliten-instabile Tumore<br />
mit einem Verlust der DNA-Reparaturproteine<br />
wie MLH1, MSH2, MSH6 oder<br />
PMS2 was eine verminderte Reparaturfähigkeit<br />
von DNA-Schäden verursacht und<br />
zu einer ausgesprochen hohen TMB der<br />
betroffenen Tumorzellen führt [8]. Basierend<br />
auf diesen Erkenntnissen hat 2017<br />
die amerikanische Gesundheitsbehörde<br />
FDA den ICI Pembrolizumab für alle soliden<br />
Tumore mit einer Mikrosatelliten-Instabilität<br />
zugelassen. Erstmals erfolgte<br />
hier die Zulassung unabhängig von einer<br />
spezifischen Tumorentität («Tumor agnostisch»),<br />
sondern rein auf Basis einer<br />
genetischen Eigenschaft (Mikrosatelliten-Instabilität)<br />
des Tumors. Exemplarisch<br />
für den prädiktiven Wert einer hohen<br />
Muta tionsrate bei Tumoren mit Mikrosatelliten-Instabilität<br />
sind die klinischen<br />
Daten für das Kolonkarzinoms:<br />
Während beim metastasierten Kolonkarzinom<br />
ohne Mikrosatelliten- Instabilität<br />
ICI unwirksam sind (objektive Ansprechraten<br />
bei 0 %), zeigen die Mikrosatelliten-Instabilen<br />
Kolonkar zinome Ansprechraten<br />
von rund 40 % [9, 10]. Dieses<br />
Beispiel zeigt aber auch, dass eine hohe<br />
Mutationsrate per se keine Garantie auf<br />
ein Ansprechen der Behandlung mit ICI<br />
darstellt. Andere prädiktive Biomarker<br />
wie z. B. die immunhistochemische Bestimmung<br />
von PD-L1 auf Tumorzellen<br />
und / oder tumorinfiltrierenden Immunzellen,<br />
die Quantifizierung und Lokalisation<br />
tumorinfiltrierender CD8 + T-Lymphozyten,<br />
oder auch der Nachweis einer<br />
spezifischen Gen-Expressions-Signatur<br />
am Tumorgewebe (Interferon-Gamma-Signatur)<br />
können mit einem Ansprechen<br />
korrelieren, das Fehlen dieser dynamischen<br />
Biomarker schliesst aber ein Ansprechen<br />
im Einzelfall nicht aus. Die inhärente<br />
Komplexität einer Immunantwort<br />
sowie der Tumorbiologie werden<br />
vielmehr einen holistischeren Ansatz als<br />
die Bestimmung eines einzelnen analytischen<br />
Markers benötigen, um diejenigen<br />
Patienten genauer zu definieren, die von<br />
einer ICI-Behandlung am ehesten profitieren<br />
werden [11].<br />
Tumorspezifische T-Lymphozyten<br />
und ihre Aktivierung<br />
Als Effektor-Zellen einer erfolgreichen anti-Tumor-Immunantwort<br />
im Rahmen einer<br />
Behandlung mit ICI werden die zytotoxischen<br />
CD8 + T-Lymphozyten angesehen<br />
– Vertreter des körpereigenen, erworbenen<br />
(adaptiven) Immunsystems.<br />
Daneben werden den CD4 + T Helfer-Lymphozyten<br />
eine wichtige Rolle in der Sekretion<br />
von Zytokinen zugeschrieben, die einerseits<br />
einer effizienten CD8 + T-Lymphozyten<br />
Funktionalität dienen und andererseits<br />
eine Optimierung des<br />
intratumoralen Gefäss systems ermöglichen,<br />
so dass die Einwanderung der zytotoxischen<br />
T-Lymphozyten in den Tumor<br />
erleichtert wird [5, 12].<br />
Wesentlich für unser funktionierendes<br />
Immunsystem ist die Unterscheidung<br />
zwischen «selbst» (Toleranz gegenüber<br />
dem eigenen Gewebe) und «fremd» (gegenüber<br />
Pathogenen). Dies ist ein einfaches<br />
Konzept, welches aber äusserst<br />
komplex in der Regulation ist, vor allem<br />
hinsichtlich der T-Zell Aktivierung, die<br />
dabei eine Schlüsselrolle einnimmt: Eine<br />
zentrale Rolle im Prozess der CD8 +<br />
T-Zell- Aktivierung spielt die Bindung des<br />
auf der Ober fläche der T-Zellen lokalisierten<br />
T-Zell-Rezeptors an ein Antigen / Tumorantigen,<br />
welches über den MHC-I-<br />
Komplex auf der Oberfläche einer spezialisierten,<br />
Antigen- präsentierenden Zelle<br />
(APZ) präsentiert wird. Die Balance zwischen<br />
co-stimulierenden (z. B. Cluster of<br />
Differentiation (CD28)) und co-inhibierenden<br />
Rezeptoren (z. B. CTLA-4 oder programmed<br />
cell death protein 1 (PD-1) / programmed<br />
cell death protein ligand 1<br />
(PD-L1)) auf der Oberfläche der T-Zellen,<br />
sogenannte Immuncheckpoints, bestimmen<br />
in der Folge, ob die T-Zelle aktiviert<br />
wird oder inaktiv (anerg) verbleibt. Diese<br />
Mechanismen können sich auch Tumorzellen<br />
zu Nutze machen, um der Zell-vermittelten<br />
Immunantwort zu entgehen<br />
(Abbildung 1A und 1C).<br />
In der onkologischen Routine werden<br />
bis dato nur blockierende Antikörper gegen<br />
zwei dieser physiologisch inhibierenden<br />
Immuncheckpoints eingesetzt: zum<br />
einen gegen CTLA-4, zum anderen gegen<br />
die PD-1 / PD-L1-Achse (Abbildung 1B und<br />
1D). Es wird in diesem Falle eine Aktivierung<br />
der T-Zellen durch Blockierung von<br />
inhibitorischen Signalen erzielt. Im Folgenden<br />
sollen die bisher therapeutisch<br />
genutzten Zielmoleküle und deren klinische<br />
Anwendung näher beschrieben werden.<br />
32<br />
1/20 VSAO /<strong>ASMAC</strong> Journal