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FINE ARTS

RICHARD KAPLENIG

R. Kaplenig, Atelier Faak am See, Foto: Gerhard Krispl STD 1, Richard Kaplenig, 2021, Öl auf Papier auf Leinwand, 120 x 170 cm PROTECTION MAX,

Richard Kaplenig, 2020, Öl auf

Papier auf Leinwand, 200 x 200 cm

kaum beachten oder bewusst wahrnehmen – sie alle erhalten in den

Bildern von Richard Kaplenig ihren großen Auftritt. Die Palette ist

reduziert auf wenige Farbtöne – zumeist Schwarz, Grau, Indigo, Blau

in allen nur erdenklichen Nuancen. Mit ihnen gelingt es dem Maler,

die Gegenstände nahezu fotografisch und technisch perfekt ins Bild

zu setzen. Diese werden – aufgeblasen zu monumentaler Größe – ohne

räumliche Details in den farbigen Bildraum gesetzt: kühl, nüchtern,

sachlich und exakt. Kaplenigs Gegenstände haben nicht nur längst

Kultstatus erreicht, sondern sich auch zum „signature style“ des Künstlers

entwickelt. Durch seine Malerei erscheinen sie in neuem Licht,

schlicht, schön und anmutig. Man glaubt ihm, dass die Dinge, die er

malt, keine tieferliegende Bedeutung haben und ihre Auswahl oft allein

durch den Zufall oder die Sympathie bestimmt wird: das Apothekerfläschchen,

das im Atelier stand, Kettenglieder oder Abflusssiebe,

die ihm bei einem Baumarkt aufgefallen sind und deren Form ihn

faszinierte. Diese Beiläufigkeit im Finden der Motive zeigt auch, dass

es letztlich nur um das Bild als eigentliche Instanz geht – nie um die

mimetische Darstellung der Wirklichkeit. Auch wenn er sich zuweilen

in der Meisterschaft ergeht – er kann es einfach – und ihm besonders

daran liegt, die Materialität von Glas, Wasser, Metall herauszuarbeiten,

so geht es stets um die Malerei per se – um die Darstellung von

Lichtstimmungen und Oberflächen. Mit Virtuosität malt er die Gegenstände

in der altmeisterlichen Technik der Ölmalerei und bleibt

dabei nie in einem eindimensionalen Hyperrealismus stecken. Im

Gegenteil: ausgehend von der Form und dem Material des Gegenstandes

entsteht, nicht zuletzt auch durch die extreme Vergrößerung der

Dinge, etwas völlig Neues, das nicht mehr der Realität entspricht – ja

ihr gar nicht mehr entsprechen soll. Die Gegenstände gewinnen nicht

nur an Monumentalität, sondern erscheinen zuweilen wie surreale Architekturen.

Wirken die Gegenstände aus der Ferne exakt gemalt, so wechselt der

Eindruck, je mehr man sich dem Bild nähert. Kaplenig setzt nicht nur

viele Schichten übereinander, auch der Duktus des Pinselstriches

bleibt sichtbar. „Es geht immer um die Qualität der Malerei. Den

Gegenstand zu malen, ist nicht wirklich schwierig, das Entscheiden-

de ist, dass es nicht dabei bleibt“, so Richard Kaplenig. In diesem

Dualismus liegt die Qualität und die Anziehungskraft seiner Bilder.

Dabei spielt jedoch noch eine weitere Bildebene eine entscheidende

Rolle: Fragmente von Landkarten und Telefonbüchern. Auf den Malgrund

affichiert, werden sie übermalt und bleiben nur an bestimmten

Stellen sichtbar. Doch wo sie sichtbar sind und was darauf zu lesen

ist, passiert nicht zufällig. Die Ortsnamen und topografischen Bezeichnungen

verweisen auf die politische und kulturelle Geschichte

des Dreiländerecks Kärnten, Italien und Slowenien – und sie sind

darüber hinaus auch eine Spur zur Biografie des Künstlers. Das Bilderlebnis

befindet sich also in steter Veränderung, so als wolle der

Künstler den Betrachter durch die Ambivalenz von Offenheit und

Strenge mit den Widersprüchen und Brüchen des Lebens bekannt

machen und unsere Sehgewohnheiten aufbrechen. Ist es ein Bemühen,

der gesehenen Wirklichkeit ihre Essenz abzuringen, oder vielmehr

die Lust an der Malerei per se? In jedem Fall sind die Bilder von

Richard Kaplenig eine beeindruckende, lustvolle und persönliche

Interpretation des Alltags.

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