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turrisbabel 60 Oktober Ottobre 2003 Politik, Wirtschaft und das Erscheinungsbild der Stadt – Interview 57<br />
als Stadt nach außen vermitteln möchte.<br />
Staffler Ich glaube, „gemeinsame Linie“<br />
kann man schwer sagen. Auf der einen<br />
Seite soll die Politik das umsetzen, was der<br />
Wähler sich grundsätzlich wünscht.<br />
Auf der anderen Seite muss gebremst werden,<br />
weil sonst Wildwüchse entstehen würden.<br />
Ich habe nicht das Gefühl, dass so viel<br />
an Gemeinsamkeit liegt. Mit der Bürgerschaft<br />
in Bozen ist nicht sehr viel diskutiert<br />
worden, wieviel Verkehr wir zulassen wollen,<br />
wie umfassend die Lizenzen vergeben<br />
werden oder eben wie groß die Fußgängerzone<br />
ist. Übrigens auch nicht über das,<br />
was die Wiedergewinnungszone anbelangt.<br />
TB Nach welchen Kriterien wird das bestimmt?<br />
Ist das mehr willkürlich festgesetzt<br />
oder abgeschaut worden?<br />
Staffler Ich glaube, das Land hat schon<br />
sehr große Bestimmungsgewalt. Vorbild ist<br />
bei uns sicher viel, was in Deutschland gemacht<br />
wird. Das wird dann umgesetzt und<br />
angepasst. Ob das richtig oder weniger<br />
richtig ist..., darüber lässt sich diskutieren.<br />
TB Uns geht es vorerst hauptsächlich um<br />
die Innenstadt. Da sind natürlich die Touristen<br />
ein wichtiger Punkt, auch was die Kaufkraft<br />
angeht. Gibt es die Möglichkeit, den<br />
Touristenstrom zu kanalisieren und wirtschaftlich<br />
zu nutzen oder sollten sich die<br />
Städte überhaupt anders präsentieren,<br />
einen anderen Touristentyp bewerben als<br />
der ländliche Teil Südtirols?<br />
Staffler Ich glaube nicht. Das Land ist viel<br />
zu klein als dass man es so segmentieren<br />
könnte. Publikum Land, Publikum Stadt.<br />
Wir haben 400.000 Einwohner, mit kleinen<br />
Städtchen, die einzige größere Stadt ist<br />
Bozen. Da zu segmentieren... also attraktiv<br />
müssen wir schon für alle sein. Ein Ding ist<br />
ja gelungen, dass die kleinen Zentren in<br />
Südtirol sehr gut gehende Geschäfte aufbauen<br />
konnten durch die Touristen.<br />
Dadurch konnte auch die sogenannte Nahversorgung<br />
gesichert, gefestigt oder zumindest<br />
in ihrem Verfall aufgehalten werden.<br />
Die Kaufkraft ist hier von der Stadt auf das<br />
Land übergegangen. Diese Aufteilung der<br />
Kaufkraft hat letztendlich für das ganze Land<br />
einen positiven Effekt gehabt. Aufteilung<br />
oder Segmentierung der Kunden halte ich<br />
nicht für richtig. Natürlich wird das Stadtzentrum<br />
weniger attraktiv durch flaches<br />
oder einheitliches Angebot wie im Kleiderbereich.<br />
Wenigstens für den Bewohner der<br />
Stadt. Für die Touristen nicht, weil die grundsätzlich<br />
den Handwerker vielleicht nicht<br />
brauchen. Aber ganz sicher passiert, dass<br />
die großen Ketten, die überall gleich sind<br />
und interessante Touristenmärkte sehen, die<br />
Preise irgendwo in die Höhe treiben und<br />
dadurch eine Geschäftsgründung unattraktiv<br />
machen. Das ist aber eine etwas unaufhaltsame<br />
Entwicklung. Gegen diese makroökonomischen<br />
Tendenzen kann weder die<br />
Wirtschaft noch die Politik lokal etwas tun.<br />
TB Wieso finden diese großen Firmen<br />
ein so kleines Städtchen wie Bozen überhaupt<br />
attraktiv?<br />
Staffler Ja, das wundert eigentlich auch<br />
für mich zum Teil. Ich habe mir darüber<br />
Gedanken gemacht, warum z.B. der Benetton<br />
unter den Lauben 2.500 m2 zu diesen<br />
Preisen anmietet, Megastore usw. Aber sie<br />
machen sich eine ganz einfache Rechnung.<br />
Sie sagen: Bozen hat einen enormen Touristenstrom.<br />
Tagestourismus, nicht über<br />
Nacht, wohlgemerkt. Wir haben hauptsächlich<br />
Binnentourismus, also Touristen die<br />
aus angrenzenden Orten herkommen.<br />
Aber es kommen schon sehr viele Touristen<br />
nach Bozen, ziehen zumindest einmal durch<br />
Bozen durch. Schlussendlich lassen sie<br />
anscheinend nicht so viel Geld liegen. Für<br />
Benetton und diese Ketten ist der Kontakt,<br />
der Markenkontakt, mit so und so viel Tou