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Titelthema: Moosfrösche

HerpetoramaReptilienSÄUGETIERE VÖGEL HAUSTIEREwww.jagdtrophaeentierpraeparation-petzold.deTIER-PRÄPARATION JÖRG PETZOLDZschortauer Str. 7404129 LeipzigTEL. 0176 / 554 173 50vorkamen, von denen zwei im Mittelalter,wenige Jahrhunderte nach derBesiedlung Madagaskars, ausgerottetwurden. Diese Arten sind nicht verwandtmit fünf weiteren Spezies, dieauf Mauritius, Réunion und Rodrigueslebten – den östlichen NachbarinselnMadagaskars, die durch den flugunfähigenDodo einige Berühmtheiterlangt haben. Wie auf Madagaskarverschwanden die Riesenschildkrötenauch hier nach der Ankunft der erstenMenschen, in diesem Fall allerdingserst vor etwa 200 Jahren.„Unsere Studie gehört zu einem neuenForschungsschwerpunkt von Senckenberg,der sich mit dem Einflussdes Menschen auf die Artenvielfaltbeschäftigt. Wir denken häufig, dassder Mensch erst in jüngerer Zeit Artenausgerottet hat. Tatsächlich ist es aberso, dass Menschen schon früh lokaleNahrungsressourcen ausgebeutetund ihre Umwelt verändert haben“,erläutert Professor Uwe Fritz und fährtfort: „Dadurch verschwanden weltweitviele große Tierarten, wie etwadie meisten Riesenschildkrötenartenim westlichen Indischen Ozean. Diesführte zu massiven Störungen des natürlichenGleichgewichts, denn die ursprünglichhäufigen und bis zu 200 kgschweren Riesenschildkröten vertratenauf den Inseln die großen Huftiere desFestlands. Beispielsweise sind mancheBaumarten auf diesen Inseln heuteDornteufelZitronen-WaranZu den intelligentesten Reptilien überhaupt zählen Warane.Über 80 Arten dieser Echsenfamilie sind bislang bekannt, allein einer einzigen Gattung (mit mehreren Untergattungen)vereint: Varanus. Der latinisierte Name des Taxonnamensleitet sich vom arabischen Wort waral (umgangssprachlichauch warar oder waran) ab, was so viel wie „Echsenbiest“bedeutet. Und wissenschaftlich mit V statt mit W geschrieben,weil im klassischen lateinischen Alphabet kein eigenerBuchstabe W existiert – der ist erst nachmittelalterlich auseiner Ligatur von zwei V entstanden (daher für W die heutigeBezeichnung „double v“ im französischen oder „double u“im englischen Sprachgebrauch).Während man sich im Deutschen keine Mühe gemachtund das Wort Waran einfach so übernommen hat, sind imEnglischen für diese Echsen die Begriffe Monitor oder MonitorLizard gebräuchlich – oderauch Goana. Letzterer Name gehtwohl zurück auf die ersten europäischenSiedler in Australien,die die dort lebenden Großechsenmit südamerikanischen Leguanenverglichen (Iguana, wobei derAnfangsvokal verlorenging unddas U zu einem O wurde). Dieenglische Bezeichnung Monitorwiederum bezieht sich auf dieVerhaltensweise der Warane, diesich oft auf die Hinterbeine stellen,um mit langem Hals und hoch aufgerichtetemKopf aufmerksam dieUmgebung zu beobachten (to monitor,überwachen; abgeleitet vomlateinischen monere für warnen).Eine durch die zitronengelbe Kehle der Männchen charakterisierteArt im Varanus-acanthurus-Komplex (Stachelschwanzwarane)wurde kürzlich aus dem nordaustralischenNorthern Territory unter dem passenden Namen Varanuscitrinus beschrieben (Pavón-Vázquez et al. 2022). DiesePopulation war bislang V. baritji zugeordnet worden, einerauch als Lemon-Throated Monitor (Gelbhalswaran)bezeichneten Art, die in derselben Arbeit mit V. insulanicussynonymisiert wurde – einer vormaligen Unterart vonV. acanthurus, die die Wissenschaftler aufgrund der genetischenBefunde wiederum in den Artrang erhoben haben(wie übrigens auch die Unterart V. storri ocreatus, die jetztV. ocreatus heißt). Komplexe Taxonomie und Systematik!Axel KwetLiteraturPavón-Vázquez, C.J., D. Esquerré, A.J. Fitch, B. Maryan, P. Doughty,S.C. Donnellan & J.S. Keogh (2022): Between a rock anda dry place: phylogenomics, biogeography, and systematics ofridge-tailed monitors (Squamata: Varanidae: Varanus acanthuruscomplex). – Mol. Phylogenet. Evol. 173: 107516.Neu beschrieben: Varanus citrinus Foto: Stephen Zozaya, mit Dank an C. Pavón & C. Koch10

Herpetoramavom Aussterben bedroht, weil die Riesenschildkrötenverschwunden sind.Die Baumsamen wurden früher nämlicherst keimfähig, wenn ihre harteSchale von den Schildkröten nach demFressen teilweise verdaut worden war.Seit die Schildkröten verschwundensind, können keine Jungpflanzen mehrkeimen. Das zeigt, dass der Verlusteiner Art einen fatalen Dominoeffektim Ökosystem auslösen kann.“Eine große Überraschung erlebte dasForschungsteam außerdem mit demKnochenmaterial aus Madagaskar. Dr.Christian Kehlmaier, wissenschaftlicherMitarbeiter im molekulargenetischenLabor der Senckenberg NaturhistorischenSammlungen Dresdenund Erstautor der Studie (Kehlmaier etal. 2023), berichtet: „Wir verwendetenfür unsere Arbeit oft kleine, für dieWissenschaft vermeintlich wertloseKnochenstücke. Aus einem solchenFragment konnten wir Erbgut isolieren,das beweist, dass es auf Madagaskareine weitere ausgerottete Landschildkrötenartgab, die eine Panzerlängevon etwa einem halben Meter erreichte.Eine Radiokarbondatierung des Knochenszeigte, dass diese Art noch imMittelalter auf Madagaskar lebte undgenau wie die Riesenschildkröten nachder Ankunft des Menschen verschwundensein muss. Ähnliche Entdeckungensind bestimmt noch bei weiteren Tiergruppenzu erwarten.“Katharina Decker, SenckenbergGesellschaft für NaturforschungDurch DNA-Sequenzierung konnten die Evolution und Ausrottung der Landschildkrötenartender Inseln im westlichen Indischen Ozean rekonstruiertwerden. Ausgerottete Arten, darunter die neu entdeckte Astrochelys rogerbouri,sind grau dargestellt, heute noch lebende Spezies farbig. Obere Reihe:Madagaskar (v. l. n. r.): †Aldabrachelys abrupta, †A. grandidieri, Pyxis planicauda,P. arachnoides, †Astrochelys rogerbouri sp. nov., A. yniphora, A. radiata.Mitte: Seychellen (dort ausgestorben) und Aldabra: Aldabrachelys gigantea, dieletzte heute noch lebende Riesenschildkröte im westlichen Indischen Ozean.Unten: Maskarenen (v. l. n. r.): †Cylindraspis indica (Réunion), †C. inepta, †C.triserrata (beide Mauritius), †C. vosmaeri, †C. peltastes (beide Rodrigues).Grafik: M. Rössler; Foto von A. gigantea: M. DelfinoKontaktProf. Dr. Uwe FritzSencken berg Naturhistorische SammlungenDresdenTel. 0351 7958414328uwe.fritz@senckenberg.deLiteraturKehlmaier, C., E. Graciá, J.R. Ali, P.D.Campbell, S.D. Chapman, V. Deepak,F. Ihlow, N.-E. Jalil, L. Pierre-Huyet,K.E. Samonds, M. Vences & U. Fritz(2023): Ancient DNA elucidates thelost world of western Indian Ocean gianttortoises and reveals a new speciesfrom Madagascar. – Science Advances9, eabq2574. https://doi.org/10.1126/sciadv.abq257411

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