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Titelthema: Moosfrösche

PanoramaDie Wandernde

PanoramaDie Wandernde Strumpfbandnatter (Thamnophis elegans vagrans)Von der Witterung „zerschnittene“ Felsenund verschwand schnell in der kargen Vegetation, die sichkilometerweit rechts und links neben der Straße ausdehnte.Der Dinosaur Provincial Park ist bekannt für viele Dinosaurierknochenfunde,die im nahegelegenen Royal Tyrrel Museumin Drumheller, einem winzigen Städtchen, ausgestelltsind. Die Landschaft weist Hügel oder sogenannte Hoodoosmit teilweise durch Erosion freigelegten Erdschichten ausunterschiedlicher Zeit auf, wobei die oberste Schicht diejüngste der Erdgeschichte darstellt.Dort fanden wir außerhalb eines kleinen Baus in Bodennäheeine juvenile Prärie-Klapperschlange (Crotalus viridis), diesich auf Wurzeln in der Sonne aufwärmte. In der aridenPrärie tarnen sich die braunen Vipern extrem gut, undgerade hier, wo der Boden uneben und übersät mit kleinenBauen oder anderen Vertiefungen ist, muss man aufpassen,wo man hintritt. Jungtiere haben nämlich noch nicht diewarnende Rassel voll ausgebildet, jedoch ein ähnlich starkesGift wie die ausgewachsenen Schlangen. Äußerlich sehenJuvenile fast genauso aus wie Adulte. Unser Exemplar warhellbraun und hatte dunklere Flecken auf der Rückenseite.Wie andere Vipern haben auch Klapperschlangen einendreieckigen Kopf und senkrecht stehende Pupillen.Typisch für diesen Lebensraum sind auch die WanderndenStrumpfbandnattern (Thamnophis elegans vagrans), die wirzufällig in einem sehr trockenem, leicht hügeligen Gebietbeim Suchen nach fossilen Muscheln gefunden haben. DasGras war an dem Ort sehr kurz gewachsen und fast großflächigausgetrocknet, der Boden rissig, und überall verteiltlagen im Durchmesser etwa 1,5 m große, runde, fast schonunnatürlich aussehende Steine, von denen manche wegender Witterung wie in der Mitte durchgeschnitten auseinandergefallenwaren. Bei unserer Strumpfbandnatter handeltees sich um ein etwa 20 cm großes Jungtier. Adulte könnenüber einen Meter Länge erreichen. Von der Musterungunterschied sie sich kaum von der Klapperschlange, hatteaber runde Pupillen, weshalb wir sie sofort bestimmenkonnten. Strumpfbandnattern sind ovovivipar, sie legenihre Eier also nicht ab, sondern brüten sie im Körper ausund weisen daher beide Eigenschaften auf, das Ei und dasLebendgebären (Russel & Bauer 2000). Unsere Schlange isteine Unterart der Berg-Strumpfbandnatter und fakultativparthenogenetisch. Es braucht dabei nur ein einzelnesIndividuum zur Fortpflanzung, da die Nachkommen sichaus der Verschmelzung zweier Keimzellen gleicher Abstammungentwickeln (Booth & Schuett 2016). Man könnte fastmeinen, diese Schlange wäre die heilige Mutter Maria ...Unter Paläontologen ist die Prärie für verschiedenste Fossilienbekannt. So fanden wir an einem ähnlichen Ort zwischenunzähligen Ammoniten unser Highlight des Tages, eineBerg-Kurzhornkrötenechse (Phrynosoma hernandesi). Es warwirklich faszinierend, dieses überaus seltene Tier zu sehen.Die Wahrscheinlichkeit, so eine Krötenechse überhaupt zufinden, ist verschwindend gering. Glücklicherweise hattenwir an diesem Tag einen Kollegen von der University Calgarydabei, dessen Forschung u. a. dieser Art gewidmet ist.Mit seinem Wissen und seiner Erfahrung haben wir nacheinigen Stunden intensiver Suche doch ein Individuumaufspüren und ausgiebig fotografieren können. Durch ihrgraubraunes Aussehen und ihre geringe Größe von etwa50 mm tarnen diese Echsen sich verflucht gut auf dem Untergrund.Beim Rückweg haben wir sogar noch zwei weitereExemplare davonhuschen sehen, die in ihren Versteckenverschwanden, als sie unsere Schritte wahrnahmen.Krötenechsen sind Nahrungsspezialisten und ernähren sichIm Dinosaur Provincial Park42

PanoramaLebensraum in den Rocky Mountainshauptsächlich von Käfern und Ameisen (Russel & Bauer2000). Dies ist auch der Grund, weshalb es schwierig ist, sieim Terrarium zu halten. Die wohl gruseligste Eigenschaftvon einigen Krötenechsen und auch „unserer“ Art ist, dasssie bei Bedrohung Blut aus ihren Augen spritzen können(Sherbrooke et al. 2001). Dieser Vorgang nennt sich Reflexblutenund erinnert an einen schlechten Zombie-Horrorfilm.Unser Exemplar nahm uns glücklicherweise nicht als all zugroße Bedrohung war, und so konnten wir das Blutspritzennicht beobachten.Wie es sich für einen echten Roadtrip gehört, verbrachtenwir viel Zeit im Auto und konnten die endlosen WeitenKanadas bestaunen. Hin und wieder sahen wir aus demFenster in den Weiten der Graslandschaft Gruppen vonGabelbock-Antilopen (Antilocapra americana), die durch ihrweißes Hinterteil auffielen, oder Greifvögel unterschiedlichsterArten. In ganz typischer Biologenmanier waren alledrei Autos unserer Kolonne mit Bestimmungsbüchern undWalkie-Talkies ausgestattet, um spontane Stopps einlegenzu können.Rocky MountainsAngekommen in den Bergen der Provinz British Columbia,konnten wir im Kokanee Glacier Provincial Park eines derwohl bekanntesten Naturschauspiele Nordamerikas beobachten:die Lachswanderung. Die Fische (Oncorhynchusnerka) waren vom Meer bis zum Ursprung ihrer Zeugunggewandert, was ihnen ihre gesamte Energie abverlangt hat –und das konnte man ihnen ansehen. Sie waren mittlerweilerötlich und vom harten Weg gezeichnet. Die Landschaft istdurch die verschiedenen humiden Habitate wie Bäche, Seenund Überschwemmungsgebiete ein perfekter Lebensraumfür Amphibien wie die Columbia-Kröte (Anaxyrus boreas)oder den Columbia-Frosch (Rana luteiventris), die typischeVertreter der westlichen nordamerikanischen Herpetofaunasind und die wir immer mal wieder zufällig entdeckt haben.Sowohl Anaxyrus boreas als auch Rana luteiventris konntenwir zahlreich in allen Entwicklungsstadien, von der Kaulquappebis zum adulten Tier, finden.Neben der faszinierenden Herpetofauna haben wir einigeandere interessante Tiere beobachten können. So sahen wirauf unserer Fahrt durch den Kootenay National Park einegroße Biberburg aus dem Autofenster und entschieden unsanzuhalten. Als wir mehrere Minuten auf ein Lebenszeichender Bewohner warteten, verlor mein Kollege die Geduld,packte all sein aufwendig aufgebautes KameraequipmentColumbia-Kröte (Anaxyrus boreas)43

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