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Titelthema: Moosfrösche

TitelthemaFaunabox an

TitelthemaFaunabox an einer schattigen Fensterbank im Badezimmerauf. Hier fallen die Temperaturen, gerade bei gekipptemFenster, auch mal deutlich unter 15 °C, was allerdingskein Problem für die Tiere ist. Interessanterweise hatteich jedoch starke Ausfälle, als ich einmal Jungfrösche inderselben Faunabox im Wohnzimmer aufziehen wollte.Möglicherweise waren die zu trockene Raumluft und dasMikroklima die Ursache hierfür. Das Problem ließ sichdurch den neuen Standort im Badezimmer nämlich schnellin den Griff bekommen. Ansonsten können die Jungtiereauch bei den Eltern belassen werden. Die Kaulquappenvon T. laeve sind, verglichen mit verwandten Arten, relativklein und fast durchsichtig, was das Fangen sehr erschwert.Gia-Lai-Nebel-Rindenfrosch, Thelodermaaff. nebulosum Rowley et al., 2011Der Nebel-Rindenfrosch T. nebulosum, wurde zusammenmit dem Mantel-Rindenfrosch, T. palliatum, in derselbenPublikation von Rowley et al. (2011) beschrieben. Vondieser Art ist bisher kaum etwas bekannt, außer dass sieebenso wie T. palliatum im immergrünen Bergwald des zentralenHochlands vorkommt. Dort ist sie jedoch bisher nuraus der Provinz Kon Tum, Süd-Vietnam (2.000 m ü. NN),bekannt. Das Klima in dieser Region ist dauerfeucht undvon kühlen Temperaturen (< 20 °C) und stetigem Nebel geprägt,woher sich auch das Artepitheton nebulosum ableitet(für Details siehe Rowley et al. 2011). Daher sei an dieserStelle der deutsche Name Nebel-Rindenfrosch vorgeschlagen.Die Art wird von der IUCN als „endangered“ mit rückläufigemPopulationstrend (Stand 2016) eingestuft. Ihr geschätztesVerbreitungsgebiet liegt bei ca. 940 km². Da dieGegend für ihren hohen Grad an Endemismus bekannt ist,ist nicht auszuschließen, dass die Spezies auch ein deutlichkleineres Areal bewohnt.Im Jahr 2019 konnte ich in Hamm einige Jungtiere erwerben,die mir als T. nebulosum angeboten wurden. Anfänglichhabe ich versucht, die Tiere in einer kleinen Faunaboxim Badezimmer aufzuziehen, was jedoch schnell zu Ausfällenführte. Obwohl diese Haltungsform bereits bei anderenTheloderma-Arten (T. laeve, T. bicolor, T. vietnamense)hervorragend funktioniert hatte, waren die mikroklimatischenAnsprüche dieser Art wohl anders. So setzte ich dieverbliebenen zwei Tiere in ein kleines Falltürterrarium mitden Maßen 20 x 20 x 30 cm, wo sie sich bis heute gut machen.Eingerichtet ist das Becken mit einigen Korkstückensowie einer kleinen Efeutute. Die Rückwand des Terrariumswurde mit Kork verkleidet, und die Oberseite desBeckens ist zur Hälfte mit Gaze versehen. Das Terrariumweist im Vergleich zur Faunabox eine höhere Luftfeuchteauf, Stauluft wird durch die große Lüftungsfläche jedochverhindert. Obwohl es sich vermutlich um ein Pärchenhandelt und die Tiere eine hohe Rufbereitschaft zeigen, gabes bisher leider keinen Nachwuchs.Die erworbenen Tiere haben mittlerweile eine Endgrößevon ca. 2,5–3 cm erreicht. Da gerade kleine Theloderma-Artenmorphologisch nur schwer zu bestimmen sind, nutzteich die Gelegenheit, meine Tiere auch genetisch zu untersuchen.Das Ergebnis dieser Untersuchung ergab aller-Theloderma aff. nebulosum, eine noch unbeschriebene Art, die dem echten T. nebulosum sehr ähnelt Foto: P. Ginal22

TitelthemaTheloderma aff. nebulosum; der echte T. nebulosum giltlaut IUCN als „stark gefährdet“ Foto: I. Rechdings, dass es sich bei den als T. nebulosum angebotenenTieren nicht um diese Art, sondern um ein noch unbeschriebenesTaxon handelt, welches Poyarkov et al. (2018)in der Erstbeschreibung von T. auratum lediglich kurz ineinem phylogenetischen Stammbaum als Theloderma sp.Gia Lai erwähnen, ohne weitere Details zu nennen. Somitscheint dieses Taxon wohl aus dem Distrikt Mang Yangder Provinz Gia Lai und damit ebenfalls aus dem zentralenHochland im Süden Vietnams zu stammen. Aufgrundder starken Ähnlichkeit zu T. nebulosum möchte ich hierauch den deutschen Trivialnamen Gia-Lai-Nebel-Rindenfroschvorschlagen. Leider ist jedoch unklar, wo genau undin welchem Habitat diese kleinen Moosfrösche zu findensind. Weiterhin ist unklar, wie groß das Verbreitungsgebietist und ob dieses Taxon möglicherweise bereits vor seinerwissenschaftlichen Erstbeschreibung durch Habitatverlustbedroht ist.Mantel-Rindenfrosch, Thelodermapalliatum Rowley et al., 2011Der Mantel-Rindenfrosch, T. palliatum, ist ein Endemit desLangbian-Plateaus aus dem zentralen Hochland der ProvinzLam Dong, Süd-Vietnam, der im immergrünen Bergwaldzu finden ist. Das Typusexemplar wurde auf 1.650 mü. NN auf dem Berg Bidoup gefunden. Eine weitere Population,die ursprünglich als eigene Art, T. chuyangsinenseOrlov et al. 2012, vom Berg Chu Yang Sin aus der ProvinzDak Lak, Süd-Vietnam (nördliches Ende des Langbian-Plateaus,1.800 m ü. NN) beschrieben wurde, gilt aufgrundder sehr geringen genetischen und morphologischen Unterschiedemittlerweile als Synonym von T. palliatum (Poyarkovet al. 2015). Der wissenschaftliche sowie auch derenglische Name, Cloaked Moss Frog, beziehen sich dabeiauf das lateinische Wort „palliatus“, was soviel wie „Mantel“oder „verhüllt“ bedeutet und sich auf die Fähigkeit derArt bezieht, sehr schnell von einer einfarbig dunklen zuDorsalansicht von Theloderma palliatum Foto: I. Recheiner kontrastreichen Färbung zu wechseln. Auch wennT. palliatum dieses Merkmal mit vielen Vertretern der Gattungteilt, sei hier, um Verwirrung zu vermeiden, der deutscheTrivialname Mantel-Rindenfrosch vorgeschlagen.Aufgrund ihres relativ kleinen Verbreitungsgebiets vongeschätzten 1.440 km² wird die Art von der IUCN als „endangered“mit rückläufigem Populationstrend eingestuft(Stand 2017). Diese Schätzung beinhaltet jedoch auch Gebiete,in denen die Art nur vermutet, aber noch nicht nachgewiesenwurde. Zur Populationsgröße lassen sich bisherleider keine Aussagen treffen, da die Art, wie auch andereThelodermen, zwar möglicherweise nicht selten, aberdurch ihre Tarnung und die Anpassung auf Baumhöhlennur schwer zu finden ist.Die Frösche sind mit ca. 3 cm relativ klein und im Vergleichzu den anderen Theloderma-Arten eher plump und langsamin ihren Bewegungen; sie erscheinen dadurch etwas krötenhaft.Beim Herausfangen zeigen die Tiere häufig einenTotstell-Reflex, bei dem die Extremitäten nah an den Körperherangezogen werden und der Körper leicht gekrümmtwird. Man sollte sich hiervon jedoch nicht täuschen lassenund die Tiere stets kontrolliert händeln, da ein kurzer Momentder Unachtsamkeit gerne genutzt wird, um zu entkommen.Meine Zuchtgruppe, bestehend aus vier Tieren, habe ichin einem kleinen Terrarium mit den Maßen 20 x 20 x 40 cmgepflegt. Das Becken war sehr einfach eingerichtet undenthielt neben einigen Korkaufbauten lediglich eine Rankpflanze(Pilea sp.). Die Tiere vermehrten sich vor allem inden kühleren Frühlingswochen und produzierten dannauch nur einige wenige Jungtiere. Wie bereits erwähnt,ist T. palliatum eine Art aus dem immergrünen Bergwald,die langfristig unter 25 °C gepflegt werden muss, um Ausfällezu vermeiden. Leider verlor ich einen Großteil meinerZuchtgruppe während der heißen Sommermonate. Beihohen Temperaturen sollte man die Tiere daher unbedingtan einen kühleren Platz (z. B. in einen Kellerraum) stellen.23

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