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Titelthema: Moosfrösche

HerpetoramaEin

HerpetoramaEin Onlinesystem für dieErfassung von Amphibien- undReptilienbeobachtungenDie Verbreitung vieler Amphibien undReptilien ist zwar in groben Zügenbekannt, aber das gilt nicht für alleArten und längst nicht für alle Regionender Welt. Ganz abgesehen davonwissen wir außerhalb weit entwickelterStaaten oft nur wenig über die tatsächlichenAreale und Bestände. Hier bleibtweltweit noch sehr viel zu tun. JederNachweis freilebender Arten ist vongroßer Bedeutung. Auch Mitgliederder DGHT tragen bei ihren Reisen oderExkursionen zur Erkenntnisgewinnungbei, wenn ihre Beobachtungenfestgehalten werden.In weiten Teilen Europas ist dieKenntnis der rezenten Verbreitunginzwischen zwar gut, aber die Erfassungder Amphibien und Reptilienist eine nie endende Aufgabe fürdie Feldherpetologie und den Naturschutz.Es bleibt die Aufgabe, Veränderungender Areale und Beständezu erfassen. Und da hat sich alleinin den letzten 50 Jahren, seit Beginnsystematischer Kartierungen in Mitteleuropa,vieles verändert. Nichtwenige Arten, z. B. Gelbbauchunkeund Kreuzotter, zeigen dramatischeEinbrüche und Arealverluste. EhemaligeAllerweltsarten, wie der Grasfroschoder die Waldeidechse, werdenimmer seltener. Umgekehrt breitensich Mauereidechsen immer mehr inganz Mitteleuropa aus.Eine etwa alle zehn bis zwölf Jahrewiederkehrende Aufgabe ist die Erstellungneuer Roten Listen gefährdeterArten. Die Erstellung der beidenletzten Listen (2009, 2020) deutscherObservation.org bietet neben der Internetseite auch zahlreiche Unterseitenund Apps an, aber alle Daten fließen in eine DatenbankKriechtiere und Lurche wurde federführendvon der DGHT organisiert.Für die Roten Listen, die 2020 erscheinensind (Rote-Liste-Gremium Amphibienund Reptilien 2020), musstendie Daten vieler Arbeitsgruppen undLandesämter aus ganz Deutschlandzusammengetragen werden. Dahinterstehen hunderte von Menschen, derenUntersuchungen und Beobachtungenhier eingeflossen sind. Das Ergebnisist über die Internetseite der AG Feldherpetologiein Form von Rasterverbreitungskartenmit Bearbeitungstandvon bestenfalls 2018 abrufbar (http://www.feldherpetologie.de/atlas). Heuteist bereits mehr möglich: InteraktivePlattformen ermöglichen es, eigeneDaten beizutragen und spezifischeAbfragen zu tätigen. Dabei wird stetsder aktuelle Stand geboten.Inzwischen gibt es tatsächlich eineReihe von Systemen, mit denen sichNaturbeobachtungen nicht nur onlineerfassen lassen, sondern auch perApp mit dem Mobiltelefon direkt vorOrt. Mit solchen Systemen hat jederBürger die Möglichkeit, Beobachtungenzu melden und damit der Wissenschaftund dem Naturschutz zurVerfügung zu stellen. Bei den meistenPlattformen können auch Fotos undTonaufnahmen hochgeladen werden.Dabei bekommt der Melder im bestenFall auch Rückmeldung von anderen,etwa wenn sie seine Beobachtungkommentieren oder wenn Expertendie Beobachtung bestätigen oder auchverwerfen. Citizen Science wird hiererlebbar, und der Experte ist ganz nah,selbst wenn er etwa in Portugal oderSüdamerika lebt. Ähnlich dem Erfolgdes Birdwatching sind auch hier anspornendeWettbewerbe untereinanderoder für bestimmte Regionen oderStädte („Bioblitze“) möglich.Viele dieser Systeme sind auf einzelneArtengruppen, Staaten oderRegionen beschränkt. Beachtenswerterscheinen aber vor allem solche Systeme,die es ermöglichen, nahezualle Beobachtungen unterschiedlicherPflanzen- und Tierarten weltweit zuerfassen. Vor allem zwei Systeme erfüllendies: Observation.org aus denNiederlanden (https://observation.org; Apps: ObsIdentify, ObsMapp,6

iObs) und iNaturalist aus den USA(https://www.inaturalist.org). Die Beobachtungensolcher Systeme werdenauch in die globale Biodiversitäts-DatenbankGBIF (Global BiodiversityInformation Facility, https://www.gbif.org) importiert, in der bereits mehr alszwei Milliarden Datensätze aus fast80.000 Datenbanken eingepflegt wurden.Beide Systeme setzen, anders alsdas deutsche System Naturgucker.de(https://naturgucker.de), auf eine Validierungder Beobachtungsdaten.Dabei erscheint die „demokratische“Validierung durch theoretisch jedenNutzer bei iNaturalist der von Artenkennerngetragenen Validierungbei Observation.org meines Eachtensdeutlich unterlegen. Observation.orgträgt mit etwa 63 Millionen validierterBeobachtungsdaten nach eBird (nurVögel) und Artportalen (nur Schweden)in GBIF den drittgrößten Einzeldatensatzbei. iNaturalist erreichtderzeit fast 49 Millionen und Naturgucker12,5 Millionen Datensätze, dieaber, da nicht validiert, nach meinemErachten eigentlich überhaupt nichthätten berücksichtigt werden dürfen.Der Vergleich in der praktischen Anwendungzeigt, dass Observation.orgfür Beobachter und vor allem Arbeitsgruppendeutlich mehr Möglichkeitenals etwa iNaturalist umfasst. DieNutzung des Systems ermöglicht einerasche Erfassung von Funden und istdaher ein Gewinn für jeden, der seineBeobachtungen in seiner Heimat oderauf Reisen festhalten will. Die Bedienungder Internetseite und der Appsfür Smartphone oder iPad ist denkbareinfach. Vorrausetzung ist allerdingsdie Einrichtung eines Nutzerkontos,über das dann ein eigenes Archiv anBeobachtungsdaten erstellt wird. Füreigene Zwecke oder für die Weiterleitungan Dritte, Arbeitsgruppen oderBehörden, die die Daten verwendenwollen, kann der Melder seine Beobachtungenjederzeit als Exceldatei mitallen Informationen herunterladen.Observation.org wird zudem von einergemeinnützigen Stiftung getragenund kann als nicht kommerzielle Plattformdaher klar für jeden Naturbeobachteruneingeschränkt empfohlenwerden.Screenshot der Eingabemaske der Internetseite (Auszug)Verwalten und Exportieren eigener Beobachtungen (Screenshot)In NRW hatte der Arbeitskreis Amphibienund Reptilien NRW 2016 begonnen,Observation.org zu nutzen,zunächst parallel zu einem bereits2012 eingeführten eigenen System,das aber seit Anfang 2022 eingestelltist. Inzwischen haben sich fastalle relevanten biologischen Arbeitsgruppen(Libellen, Heuschrecken,Schmetterlinge, Säugetiere, speziellauch Fledermäuse, Orchideen) imLande Observation.org offiziell angeschlossen.Auch für viele anderesystematische Gruppen wird dasSystem genutzt, und immer mehrFachleute unterschiedlichster Artengruppenhelfen auch bei derValidierung der eingehenden Beobachtungen.Als Nutzer muss ichdemnach weder die Internetseitenoch die App wechseln, wenn ichauch meine Libellen- oder Spinnenbeobachtungenfesthalten möchte.Finanziell unterstützt wird Observation.orgin NRW daher auch vomLWL-Museum für Naturkunde inMünster. Auch Schleswig-Holsteinund Österreich sowie eine Reiheanderer europäischer Länder setzeninzwischen auf dieses System.7

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