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Titelthema: Moosfrösche

PanoramaGesichterder

PanoramaGesichterder DGHTAlain AegerterGeburtsdatum: 22.11.1968Wohnort: Vasilitsi, GriechenlandBeruf: ElektrokontrolleurBeitritt zur DGHT zwischen 1994 und1997Lieber Alain, wir kennen uns seit vielenJahren von den Jahrestagungen der DGHT,die Du als engagierter Terrarianer undlangjähriger Leiter der Stadtgruppe Berngenauso regelmäßig wie ich besucht hast.Seit wann bist Du denn Mitglied und wiekamst Du zur DGHT?Als junger Terrarianer lernte ichPaul-Heinrich Stettler kennen. Er nahmmich mit zu einem Treffen der StadtgruppeBern. Später hat mir Paul-Heinrichvon einem Treffen in Deutschlanderzählt, und dies war meine erste Jahrestagung,in Speyer. Leider konnte ichaus persönlichen Gründen für lange Zeitzu keinen Treffen mehr fahren und warsogar zeitweise nicht mehr Mitglied.Später wurde ich es erneut und besuchteauch wieder die Jahrestagungen.Im September 2015 hatten wir im kleinenSchweizer Städtchen Lyss in der Nähe vonBern unsere große DGHT-Jahrestagung,die Du damals so hervorragend mit DeinerStadtgruppe organisiert hast. Ich erinneremich noch mit großer Freude daran, welcheHighlights sind Dir denn im Gedächtnisgeblieben?Für mich waren zwei Sachen wichtig:Die Jahrestagung einmal inder Schweiz auszurichten und dieSchildkröten-InteressengemeinschaftSchweiz (SIGS) für einen Vortragsblockzu gewinnen.Du bist zwar Schweizer, aber seit einemOrtswechsel unser einziges Mitglied inGriechenland. Denn im Sommer 2021 bistDu mit Deiner Partnerin Anita auf dieHalbinsel Peloponnes ausgewandert. Wiekam es denn zu dieser Idee und warumhabt Ihr Euch speziell für Griechenlandentschieden?Bei einer Tagung haben wir Eric Egererkennengelernt. Er hat uns eingeladen,ihn in Griechenland zu besuchen. Wirhaben Eric dann diverse Male besuchtund jedes Mal sind uns Land und Leutemehr ans Herz gewachsen. Wir wurdenimmer und überall bei unseren Reptiliensuchtourennett mit Tipps und Offenheitunterstützt von den Einheimischen. Diegroßen unberührten Landschaften, diehohe Anzahl an Arten und die hoheIndividuenzahl der Reptilien und Amphibienhat uns von Anfang an fasziniert.Sicherlich wichtig war uns auch, denschweizerischen Wintern zu entfliehen.Eigentlich wollten wir unser Interviewschon vor einiger Zeit führen, aber dann hatsich nach Eurer Ankunft im Hitzesommer2021 eine persönliche Katastrophe ereignet,über die sogar im Schweizer Fernsehenberichtet wurde. Was ist passiert?Begonnen hat alles mit den Papierenfür die Tiere. Wir wollten im Maiauswandern. Leider waren die Einreisepapierebei der griechischen CI-TES-Behörde noch nicht ausgestellt.Somit reisten erst mal nur unsereMöbel nach Griechenland, und wirwarteten in der Schweiz auf die Dokumente.Im Juli beschlossen wirdann, ohne Tiere nach Griechenlandzu reisen, denn wir konnten sie allenoch bei den neuen Besitzern unseresHauses lassen. Nach zwei WochenAufenthalt kamen die Papiere dannendlich, und ich reiste zurück, um dieTiere zu holen. Meine Freundin undmeine Eltern blieben in Griechenland.Am 2. August brach ganz in der Näheunseres Hauses ein großer Waldbrandaus. Vorerst gut unter Kontrolle, wardas Feuer nach dem Aufkommenstarker Winde nicht mehr zu bändigenund erreichte am 3. August unserHaus. Da wir erst seit drei Wochenin Griechenland waren, waren wirauf diese Situation nicht vorbereitet.Auch hatten wir noch nicht die Zeitgefunden, um uns abschließend umden schon gestellten Versicherungsantragzu kümmern. Etwa eine Wochenach dem Brand hat mich der Versicherungsvertreterangerufen, umden Antrag zu genehmigen. Leiderzu spät für uns.Wirklich furchtbar, vor allem auch, dassso viele persönliche Erinnerungen und dieganze Büchersammlung verbrannt sind.Aber ein Glück, dass niemand verletztwurde und Ihr viele Freunde hattet, dieEuch auch in der schweren Zeit danachunterstützt haben, richtig?Die Bücher fehlen uns sehr. Es wirdnicht mehr möglich sein, so eine Büchersammlungaufzubauen. Wir hattenvor Ort viel Unterstützung durchLeute, die wir kaum kannten, die unsentweder eine Wohnung zur Verfügunggestellt, Kleider oder Möbelgeschenkt haben. Auch in der Schweizhaben viele Freunde vieles für unsgemacht. Bücher, Drucker, Bildschirm,Kleider, Möbel, Mäusekäfige usw.wurden uns geschenkt. Die Präsidentinder SIGS, Sylvia Aebischer,hat zusammen mit Tinu Berger eineSpendenaktion durchgeführt, die sehrerfolgreich war.36

PanoramaSind denn nun alle Tiere in Griechenlandoder hast Du auch welche abgebenmüssen?Wir haben in der Schweiz immer wiedervon den Behörden beschlagnahmteTiere aufgenommen. Da es über einJahr gedauert hat, bis wir die Einreisepapierehatten, mussten wir sämtlicheTiere, die zuletzt zu uns kamen, beiFreunden platzieren. Ich hatte auchdiverse Schlangen, die schon 20 Jahrealt waren, und diesen wollten wir denUmzugsstress nicht zumuten. UnserZiel war es, alle Tiere in Griechenlandin Außenanlagen zu halten. Somit habenwir die tropischen Tiere Freundengeschenkt. Hier haben wir nun Crotalusatrox, C. scutulatus salvini, C. cerastes, C.ruber, C. mitchelii, Vipera a. ammodytes,Centrochelys sulcata, Testudo marginata,T. greca, T. hermanni, Kinixys belliana,Trachemy scripta, Emys orbicularis, Graptemyspseudegeographica, Macrochelystemminckii, Chelydra serpentina, Cuoraamboinensis, Chelonodis carbonarius – diebeiden letzten als tropische Ausnahmen.Ihr habt nach dem Feuer nicht aufgegeben,sondern ganz neu begonnen – auch mitdem Bau von Terrarien und dem WiederaufbauEures Hauses. Wie geht es dennaktuell damit voran?Wir haben einen Wassertank gebaut,drei Teiche für die Wasserschildkröten,vier Außengehege für die Landschildkröten.Die Schlangen sind noch inprovisorischen Holzboxen, wobei diesevon der Fläche der schweizerischenTierschutzverordnung entsprechen.445 Tage nach dem Brand bekamenwir von den griechischen Behördendie Bewilligung zum Wiederaufbauunseres Hauses. Wir hoffen, im Frühlingin unser neues Haus einziehen zukönnen.Du bist ein sehr guter Kenner der Herpetofaunader Peloponnes, und Ihr habt dortschon letztes Jahr geführte Touren für Reptilien-und Amphibienfreunde angeboten.Auch in diesem Frühjahr bietet Ihr wiedersolche „Erlebniswochen mit Chelones“ an.Gibt es denn noch freie Plätze, und wasbedeutet „Chelones“?Die DGHT in Griechenland: Alain Aegerter und Anita Thomi Foto: privatChelones (χελώνες) heißt Schildkröten.Da wir durch den Brand noch nichtmit dem Bau unserer kleinen Ferienanlagebeginnen konnten, bieten wirdie Erlebniswochen mit einer externenUnterkunft im nahegelegenen Koronian. Ab nächstem Jahr hoffen wir, denAufenthalt bei uns anbieten zu können.Es gibt noch freie Plätze für dieses Jahr.Chelones haben wir als Namen ausgewählt,weil man, wenn die Anlagefertig ist, vom Sitzplatz am Bungalowunsere Schildkröten beobachten kann.Was erwartet Interessierte noch bei dieseneinwöchigen Touren, mit welchen besonderenArten können sie rechnen?Unsere Gäste werden am FlughafenKalamata von uns abgeholt. Die Erlebniswochekann beginnen! Nach demCheckin in der Unterkunft besprechenwir bei einem gemeinsamen Abendessenin einer gemütlichen Taverne die Wünscheund Anliegen unserer Abenteuergruppe.Maßgeschneidert soll es sein.Wir bieten Reisen in die unberührte undatemberaubende Natur der Peloponnes.Im zeitigen Frühling, vor Saisonbeginn,sind nur wenig Reisende unterwegs,jedoch ist es die beste Zeit, Reptiliensowie andere Tier- und Pflanzenartenin hoher Anzahl anzutreffen. Wir besuchenwunderbare, dem Mainstreamunbekannte Orte, erklimmen Burgenmit fantastischem Ausblick, verweilenan mystischen Wasserfällen und sehennach einem Sonnenuntergangsdinnerdie wunderschönen Chamäleons. Aucheine Wanderung in die Umgebung unseresHauses verspricht einiges. Bei unsrund ums Haus leben 14 Reptilienartenund eine Amphibienart, wild natürlich.Mitbringen sollte man: gutes Schuhwerk,Neugierde wie auch Liebe, Faszinationund Respekt für die Flora und Faunader Peloponnes.Vielen Dank, Alain! Ich wünsche Euchweiterhin viel Erfolg mit Chelones – undkomme als eingefleischter Griechenlandfansicher auch mal zu Besuch.[Anmerkung der Redaktion: die Adresseder neuen Homepage von Alain Aegerterlautet https://www.chelones.ch]Das Interview führte Axel Kwet37

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