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Titelthema: Moosfrösche

HerpetoramaKulturfolgerLeuchtende Frösche in derfranzösischen MetropoleIm Herzen von Paris liegen die Naturkundemuseender französischenHauptstadt. Für Herpetologen besondersinteressant ist die Galerie dePaléontologie et d’Anatomie comparée,welche mit einer großen Sammlungrezenter und fossiler Amphibien- undReptilienarten beeindruckt. Auch in derGrande Galerie de l‘Évolution sind herpetologischinteressante Exponate wieRiesensalamander und Blindwühlen zusehen. Im vergangenen Jahr gab es aberauch außerhalb der historischen Mauernder Museen für Froschfans Interessanteszu entdecken.Nachdem im Vorjahr Kreaturen derVorzeit präsentiert wurden, zeigte dieAusstellung Mini-Mondes en voie d’Illuminationin dieser Saison Tiere derGegenwart. So tummelten sich im Jardindes Plantes stark vergrößerte Bewohnervon Wiesen, Teichen und Wäldern. Geschaffenaus Stoffen und LED-Lichtern,entführten die Pilze, Spinnen, Insektenund Amphibien die Besucherinnen undBesucher des Parks nach Anbruch derDunkelheit in ihre bezaubernden kleinenWelten. Auf Tafeln informierten die Wesenüber sich, wodurch ein Abend in derMini-Mondes nicht nur ästhetisch ansprechend,sondern auch lehrreich war.Neben fleißigen Ameisen und Bienen,hübschen Schmetterlingen undRüsselkäfern zogen auch Laubfrösche(Hyla arborea) die Aufmerksamkeitder Betrachterinnen und Betrachterauf sich. Sie saßen auf Blättern vonUferpflanzen oder versteckt an denStängeln der Seerosen. Um die Fröscheherum konnte man auch ihre Kaul-Frosch-Illuminate in ParisFoto: L. Randelzhoferquappen entdecken, welche sich teilsallein, teils in Grüppchen durch dieNacht bewegten.Vielleicht dürfen wir in diesem Jahr aufeine rein herpetologische Ausstellunghoffen?Lina RandelzhoferZudem wird die Anwendung durch den Einsatz künstlicherIntelligenz bei Observation.org (derzeit für Europa) stetigverbessert. Neben der Erkennung von Arten anhand vonFotos werden für die automatische Validierung auch weitereInformationen (Ort, Lage und Zeitpunkt validierter Funde,Erfahrung des Melders) einbezogen. Die künstliche Intelligenzermöglicht es immer mehr Bürgern, zur Erfassungder Arten beizutragen. Dabei wird die Trefferquote der KIimmer besser. Das letzte Wort hat aber stets der Experte.Fazit: Helfen Sie mit als Bürgerwissenschaftler und vielleichtsogar als Experte bei der Validierung eingehender Beobachtungen!Die DGHT sollte überlegen, ob sie nicht gleichfallsPartner von Observation.org werden möchte.Martin SchlüpmannLiteraturRote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien (2020): Rote Listeund Gesamtartenliste der Reptilien (Reptilia) Deutschlands. –Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (3): 64 S. & Rote Listeund Gesamtartenliste der Amphibien (Amphibia) Deutschlands.– Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (4): 86 S.Screenshot einer selber generierten Karte mit den validiertenBeobachtungen der Zauneidechse seit dem17.11.2020Selbst generierte Statistik der Phänologie der Mauereidechse(Screenshot)8

Herpetorama1.200 Jahre alte DNA-Sequenzen aus Madagaskar führen zurEntdeckung einer ausgerotteten LandschildkröteEinem internationalen Forschungsteam unter Leitung desSenckenbergers Uwe Fritz ist es gelungen, das Erbgut vonbis zu 1.200 Jahre alten Schildkrötenfunden aus dem westlichenIndischen Ozean zu sequenzieren. Dabei wurde eineim Mittelalter ausgerottete Landschildkrötenart aus Madagaskarentdeckt und beschrieben, die eine Panzerlänge voneinem halben Meter erreichte: Astrochelys rogerbouri.Das Sequenzieren von DNA aus historischen Bodenfunden inden Tropen ist eine Herausforderung, die weltweit nur wenigeLabore meistern können. Die meisten DNA-Spuren, diesich in solchen Proben finden, sind Verunreinigungen durchPilze und Bakterien oder stammen von den Menschen, die dasMaterial ausgegraben haben. Das originale Erbgut ist dagegennur noch selten vorhanden und dann in verschwindend geringerKonzentration und in kleinste Fragmente zerbrochen.Nur durch aufwändige Verfahren, die mit Reinraumlaborenund „DNA-Ködern“ arbeiten, lässt sich in manchen Fällendie originale DNA finden und sequenzieren. Dem Team vonProfessor Uwe Fritz von den Senckenberg NaturhistorischenSammlungen Dresden ist es nun gelungen, aus Knochenfundenund Museumsexemplaren DNA von Riesenschildkrötenzu sequenzieren, die aus Madagaskar und von benachbartenNahe verwandt mit der neu beschriebenen, ausgerottetenArt Astrochelys rogerbouri ist die hier abgebildete, vom Aussterbenbedrohte A. yniphora aus Madagaskar Foto: G. KuchlingInseln stammen. So konnten die Evolution und Ausrottungdieser Tiere rekonstruiert werden.Dabei zeigte sich, dass auf Madagaskar, Aldabra und denSeychellen drei nahe verwandte RiesenschildkrötenartenBlattsteigerMonsterkröteDer Mensch, so ist nun einmal seineNatur, strebt nach Rekorden. Nichtnur im Sport, auch im Dudelsackweitwurf,Schaumkusswettessen oderbeim Menschen-mit-demselben-Vornamen-sitzen-in-einem-Raum-herum-Happening.Das „Guinnessbuchder Rekorde“, nicht umsonst von einenBierproduzenten ersonnen, zeugt davon.Und auch, wer sich mit Amphibienoder Reptilien beschäftigt, kennt dasPhänomen. Was ist die größte Echse?Welche die giftigste Schlange? Oderhalt: Welche Kröte ist am größten?Hier gibt es zwei Titelanwärterinnen,beide stammen aus Südamerika:Blombergkröte (Rhaebo blombergi)und Agakröte (Rhinella marina) liefernsich ein Parotoiddrüsenbesetzer-Kopf-an-Kopf-Rennen.Jetzt siehtes aber so aus, als habe die Agakrötedie stumpfe Schnauze vorn. Und esist eine bezeichnende Ironie der Naturgeschichte,dass die 2,7 kg schwere„Toadzilla“, wie das Tierchen hübschbenannt wurde, ausgerechnet weitentfernt vom ursprünglichen Verbreitungsgebietder Art gefunden wurde,nämlich im Conway National Park imnordostaustralischen Queensland.Agakröten breiten sich bekanntlich seitüber 150 Jahren in Australien aus undsind so etwas wie ein lebendes Mahnmalfür die Gefahr vom Menscheneingeführter invasiver Arten. Einstals biologische Schädlingsbekämpferinnenauf den ZuckerrohrplantagenQueensland ausgesetzt, haben sie sichrasend schnell vermehrt und Hüpferfür Hüpfer große Teile der Nordhälftedes Kontinents für sich erschlossen.Mit verheerenden Folgen für die heimischeTierwelt. Denn – eine weitereIronie des Falls – ausgerechnet imvor Gifttieren strotzenden Australienrechnet niemand mit einer ernsthaftgiftigen Kröte, weshalb reihenweisePrädatoren die vermeintlich harmlosefette Beute mit dem eigenen Lebenbezahlen, wodurch ganze Arten anden Rand der Ausrottung gebrachtwurden oder zumindest dramatischePopulationsrückgänge erlebten. Alsein markantes Beispiel aus der Herpetologiegilt Mertens‘ Wasserwaran(Varanus mertensi).Da passt am Ende also wirklich alleszusammen: Rekordmaß und Spitzname.Toadzilla ist standesgemäß natürlichein Weibchen, die bei Krötenoft deutlich größer werden, und misststolze 25 cm. Aus Perspektive vielerArten wahrhaftig ein Filmmonster.Hoffen wir dementsprechend mal darauf,dass irgendein verrückter Plot-Twist am Ende doch noch zu einemHappy End führt.Heiko Werning9

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