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Titelthema: Moosfrösche

TitelthemaIm Terrarium

TitelthemaIm Terrarium aufgewachsene Kaulquappe von Thelodermalaeve Foto: I. RechKaulquappe von Theloderma laeve kurz vor der MetamorphoseFoto: I. RechElternbecken soll dieses Problem jedoch schnell beheben.Da die Elterntiere weder Quappen noch Jungfrösche behelligen,ist die Aufzucht im Terrarium deutlich zeitsparender.Wer dennoch Quappen separat aufziehen möchte, kanndies in einer Faunabox tun, ähnlich eingerichtet wie dasErwachsenenbecken. Ich habe bisher gute Erfahrungenmit beiden Aufzuchtvarianten gemacht. Die separierteAufzucht hat jedoch den Vorteil, dass man einen besserenÜberblick über die Jungtiere hat.Auch wenn die Kaulquappen ähnlich wie die Adulti rechttemperaturtolerant sind, habe ich die Erfahrung gemacht,dass kühlere Temperaturen (15–20 °C) zu weniger Ausfällenwährend der Metamorphose führen, auch wenn hierdie Entwicklung bis zur Metamorphose bis weit über einhalbes Jahr dauern kann. Ein weiterer Vorteil ist, dassdie Jungfrösche bereits relativ groß sind und so auch angrößere Futtertiere gehen.Falls die Temperaturen im Erwachsenenbecken auf Dauerzu hoch sein sollten, kann die separierte Aufzucht in einerFaunabox den Vorteil bringen, dass man diese einfacher alsein Terrarium an einem passenden Ort platzieren kann. Soziehe ich mittlerweile einen Großteil der Quappen in Faunaboxenim Badezimmer auf, da dieses auch im Sommer relativkühl ist und eine hohe Luftfeuchtigkeit aufweist.Während man die Quappen im Elternbecken nicht unbedingtoder nur bei hoher Besatzdichte zufüttern muss, dasie ertrunkene Futtertiere und den Kot der Eltern fressen,muss dies bei der separierten Aufzucht natürlich gemachtwerden. Die Kaulquappen lassen sich jedoch problemlosmit normalem Fischfutter großziehen. Damit sowohlPflanzliches als auch Tierisches im Futter enthalten ist, mischeich verschiedene Futtermittel wie Spirulina-Flocken,getrocknete Gammarus sowie proteinhaltiges Futter zusammen.Auf einen Filter kann sowohl im Elternbecken alsauch in einer Faunabox verzichtet werden. Da die Quappennaturgemäß an sehr sauerstoffarmes Wasser angepasst sindund auch in Baumhöhlen kaum bis keine Wasserbewegungherrscht, stellt dies kein Problem dar. Wer dennoch nichtauf einen Filter verzichten möchte, kann auf einen kleinenMattenfilter zurückgreifen.Weißpunkt-Flechtenfrosch, Thelodermaalbopunctatum (Liu & Hu, 1962)Bei dem Rauen Flechtenfrosch, T. asperum (Boulenger,1886), handelt es sich neben dem Vietnamesischen Moosfrosch,T. corticale (Boulenger, 1903), um die, zumindestvermeintlich, am weitesten in Terrarien verbreitete Moosfroschart.Theloderma asperum wurde zuerst wissenschaftlichals Ixalus asper Boulenger, 1886 aus Perak, Malaysia(3.300 Fuß, ca. 1.000 m ü. NN) beschrieben und später indie Gattung Theloderma transferiert. Einige Jahrzehnte späterwurde eine morphologisch sehr ähnliche Art unter demNamen Philautus albopunctatus Liu & Hu, 1962 (1.350 m ü.NN) aus der Guangxi-Provinz, China, benannt. Durch einigeUngenauigkeiten geriet das letztgenannte Taxonschließlich in die inoffizielle Synonymie von T. asperum,obwohl es bis dato nie einen Abgleich des Typusmaterialsder beiden Arten gab. Spätere Studien haben schließlichgezeigt, dass es sich bei den beiden äußerlich fast identischenTaxa tatsächlich um zwei verschiedene Arten handelt(Poyarkov et al. 2015). Diese Verwechslung hat wohlauch in die Terraristik Einzug gehalten, und so ist es sehrwahrscheinlich, dass ein Großteil der bei uns gehaltenenT. asperum eigentlich T. albopunctatum sind. Leider sindsich beide Arten morphologisch äußerst ähnlich, und dieTatsache, dass die Tiere zu einem starken Farbwechsel inder Lage sind, macht die Bestimmung nicht einfacher. Die18

TitelthemaEin Wasserspiegel auf dem Grund des Terrariums undKorkstücke als Versteckplätze haben sich bei der Haltungvon Theloderma albopunctatum bewährt Foto: I. Rechechten T. albopunctatum haben im Vergleich zu den echtenT. asperum jedoch einen deutlich höheren Weißanteil aufdem Rücken (für vergleichende Bilder siehe Kunz et al.2010 und Poyarkov et al. 2015).Nach Mian et al. (2017) soll sich T. asperum von T. albopunctatumund dem ebenfalls sehr ähnlichen T. baibungense(Jiang et al., 2009) durch folgende Merkmale unterscheiden:1) Das Tympanum von T. asperum ist etwa so großwie das Auge, wohingegen das Tympanum der anderenbeiden Arten lediglich etwa halb so groß wie der Augendurchmesserist; 2) die Männchen von T. asperum besitzenkeine Schallblase, während die beiden anderen Taxa überein Paar innerer Schallblasen verfügen, und 3) das Fußgelenkvon T. asperum reicht ausgestreckt bis zur Schnauzenspitze,während es bei den beiden anderen Taxa lediglichbis zum Auge geht.Die Unterscheidung von T. albopunctatum von T. baibungenseist leider noch etwas komplizierter und beruht hauptsächlichauf Größe und Färbung. Laut Fei et al. (2009) solldie Unterscheidung anhand von folgender Merkmalskombinationmöglich sein: 1) T. baibungense soll deutlich kleinersein. Zwei vermessene Männchen von T. baibungensemaßen 15,0 und 16,2 mm, während ein Männchen vonT. albopunctatum 32,5 mm maß. 2) T. baibungense: Kopfund vorderer Bereich des Rückens weiß; weiße Elementeauf den zentralem Rücken ziehen sich seitlich entlang derFlanken mit schwarzer dreieckiger Musterung auf demhinteren Rücken; bei überschlagenen Hinterbeinen überlappensich die weißen Zeichnungselemente der hinterenSchienbeine und des Körpers; T. albopunctatum: drei weißgefärbte Zeichnungselemente auf Hinterkopf und Rücken;gelbe Zeichnungselemente zwischen den weißen Zeichnungselementen(1. an Schnauzenspitze, 2. am hinterenRücken, 3. Bereich hinter den Augen); 3) glatte Haut undfehlende Warzen bei T. baibungense; kleine Warzen bei T.albopunctatum.Einfacher ist jedoch die Bestimmung über das Herkunftsland:Theloderma asperum ist laut aktuellem Wissensstandnur südlich des Isthmus von Kra in Thailand und Malaysia(möglicherweise auch auf Sumatra und Borneo) zu finden,während T. albopunctatum (oder zumindest der T.-albopunctatum-Artkomplex)nördlich des Isthmus von Kra imSüden Chinas, in Zentral- und Nord-Vietnam, Laos unddem Südosten Kambodschas verbreitet ist. Populationendes südöstlichen Himalayas werden aktuell zu T. baibungensegerechnet (Mian et al. 2017). Aus dem Norden undWesten Myanmars und aus China (westliches Yunnan)ist mittlerweile zudem eine weitere morphologisch fastidentische Art namens T. pyaukkya beschrieben worden,allerdings ist fraglich, ob diese nur ein Juniorsynonym vonT. baibungense darstellt. Sehr wahrscheinlich verbergensich unter T. albopunctatum, wie bereits erwähnt, aber nochmehrere kryptische Arten. So sind bisher zumindest vierverschiedene genetische Linien identifiziert worden. Esbleibt somit abzuwarten, wie zukünftige Forschung Lichtins Dunkel bringen wird. Zur besseren Unterscheidung seihier vorläufig als deutscher Trivialname neben dem bereitsexistierenden Namen Rauer Flechtenfrosch für T. asperumder Name Weißpunkt-Flechtenfrosch für T. albopunctatumvorgeschlagen, was der Übersetzung des lateinisierten Artnamensgerecht wird.Die Weltnaturschutzunion (IUCN) stuft den Bedrohungsstatusvon T. albopunctatum, T. asperum, T. baibungenseund T. pyaukkya als „least concern“ und damit als „nichtgefährdet“ ein, aber mit abnehmendem Populationstrend(Update 2022); allerdings sind die genauen Verbreitungsgrenzenund der Status kryptischer Arten noch völlig unklar.Somit bleibt abzuwarten, bis zukünftige Studien dietaxonomische Verwirrung in dieser Artengruppe klären.Da viele Tiere im Hobby aus Vietnam stammen und zumindestaktuell nur sehr wenige legale Importe aus Malaysiakommen, ist davon auszugehen, dass zumindest „neuere“Wildfänge in unseren Terrarien T. albopunctatum sind. Umeine Hybridisierung beider Arten zu vermeiden, sollte mannur Tiere mit dem gleichen Fundort (falls überhaupt bekannt)zusammenhalten.Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann seine Tiereauch in einem geeigneten genetischen Labor untersuchen19

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