SMS Meer GmbH - Metall-web.de
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tiskalige Beschreibung von Werkstoffen<br />
von vornherein verinnerlicht haben. Sie<br />
studieren ein neues Fach namens Materials<br />
Science and Simulation.<br />
Beispiele: Umformverhalten,<br />
Wasserstoffdiffusion,<br />
Gefügeumwandlung<br />
Was man auf <strong>de</strong>m Wege <strong>de</strong>r Multiskalenmo<strong>de</strong>llierung<br />
untersuchen, simulieren<br />
und vorhersagen kann, ist unter an<strong>de</strong>rem<br />
die Bewegung <strong>de</strong>r Atome in einzelnen<br />
Kristallen, wenn auf die <strong>Metall</strong>e Druck<br />
ausgeübt wird. Mit <strong>de</strong>n Ergebnissen lässt<br />
sich das Umformverhalten von <strong>Metall</strong>en<br />
besser verstehen und vor allem <strong>de</strong>r unterschiedliche<br />
Einfluss, <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne<br />
Gefügebestandteile dabei ausüben. Dieser<br />
Frage am realen Material nachzugehen,<br />
ist auch möglich, aber vergleichsweise<br />
umständlich: Man benutzt dazu einen so<br />
genannten Nanoin<strong>de</strong>nter, das ist ein Prüfgerät<br />
mit einer Diamantspitze, das man<br />
an einzelne <strong>de</strong>r nur Mikrometer großen<br />
Kristalle ansetzen kann. Allerdings liefert<br />
das Verfahren weniger <strong>de</strong>taillierte Daten<br />
als die Computersimulation, für die das<br />
ICAMS unter an<strong>de</strong>rem einen mehrere<br />
Tonnen schweren Großrechner mit einigen<br />
tausend Prozessorkernen und fast<br />
vier Terabyte Arbeitsspeicher betreibt.<br />
METALL | 65. Jahrgang | 1-2/2011<br />
Ein weiteres Beispiel <strong>de</strong>r Arbeit am ICAMS<br />
betrifft die Diffusion von Wasserstoff in<br />
Eisen. Das chemische Element ist bei <strong>de</strong>r<br />
Stahlherstellung ausgesprochen ungern<br />
gesehen, weil es <strong>de</strong>n Werkstoff sprö<strong>de</strong><br />
und brüchig machen kann. Am ICAMS<br />
kann man unterschiedliche Positionen<br />
von Wasserstoffatomen im Kristallgitter<br />
durchspielen und dokumentieren, welche<br />
Energie sie an <strong>de</strong>n Positionen jeweils<br />
haben. Aus <strong>de</strong>n Ergebnissen lassen sich<br />
Erkenntnisse darüber ableiten, wie Legierungselemente<br />
das Verhalten von Wasserstoff<br />
beeinflussen o<strong>de</strong>r wie man <strong>de</strong>n<br />
Fertigungsprozess so steuern kann, dass<br />
kein Wasserstoff innerhalb <strong>de</strong>s Materials<br />
freigesetzt wird.<br />
Auch die Beschichtung von Stahl lässt<br />
sich simulieren, so dass sich unter an<strong>de</strong>rem<br />
vorhersagen lässt, wie rau eine<br />
Stahloberfläche sein muss, damit ein<br />
bestimmter Lack optimal haftet. Nicht<br />
auf atomarer, aber auf Mikrometer-Ebene<br />
simuliert das ICAMS, mit welcher<br />
Geschwindigkeit sich bestimmte Gefügebestandteile<br />
von Stahl unter Temperatureinfluss<br />
in an<strong>de</strong>re Gefügebestandteile<br />
umwan<strong>de</strong>ln. In <strong>de</strong>r herkömmlichen<br />
Stahlentwicklung müsste man hierfür<br />
einen hohen experimentellen Aufwand<br />
mit vielen Wie<strong>de</strong>rholungen und zahlreichen<br />
Proben treiben.<br />
Übersicht über laufen<strong>de</strong>/zukünftige Arbeiten im Bereich <strong>de</strong>r Werkstoffmo<strong>de</strong>llierung von<br />
Warmband<br />
Grün: Komplette metallkundliche Beschreibung möglich, Eigenschaftsmo<strong>de</strong>llierung<br />
Orange: Unterstützung <strong>de</strong>r Werkstoffentwicklung, Mo<strong>de</strong>lle in Entwicklung<br />
Blau: Berechnung einzelner Effekte<br />
Grafik: ThyssenKrupp Steel Europe/ICAMS<br />
Weniger Versuch und Irrtum<br />
METALL VOR ORT<br />
Oberfl ächenprüfung Lotus Effekt bei ThyssenKrupp<br />
Steel Europe. Am ICAMS lassen sich solche Tests<br />
am Computer simulieren.<br />
Präzisere Prognosen, weniger Versuch<br />
und Irrtum, so lässt sich das Ziel <strong>de</strong>r<br />
Arbeit am ICAMS zusammenfassen.<br />
Auch Stahlhersteller wie ThyssenKrupp<br />
Steel Europe setzen bei <strong>de</strong>r Werkstoffentwicklung<br />
auf Simulation, allerdings<br />
in ganz an<strong>de</strong>ren Größenskalen als das<br />
am ICAMS möglich ist. Hinzu kommen<br />
Laboruntersuchungen von Materialproben,<br />
Probedurchläufe in <strong>de</strong>r Pilotfertigung<br />
und schließlich Betriebsversuche<br />
auf <strong>de</strong>n Produktionslagen. Diese Entwicklungsstufen<br />
soll es auch weiterhin geben,<br />
<strong>de</strong>nn die Ergebnisse aus <strong>de</strong>m ICAMS<br />
müssen am realen Werkstoff und in <strong>de</strong>r<br />
Praxis verifiziert wer<strong>de</strong>n, bis hin zur Herstellung<br />
von Demonstratorbauteilen.<br />
Eine wesentliche Ergänzung ist die Arbeit<br />
am ICAMS, weil sie <strong>de</strong>n Aufwand für die<br />
Entwicklung neuer Werkstoffe nachhaltig<br />
verringert. Wenn man das Spektrum <strong>de</strong>r<br />
Möglichkeiten durch Mo<strong>de</strong>llierung und<br />
Simulation von vornherein auf die viel<br />
versprechendsten Varianten einengen<br />
kann, dann spart das Zeit und Geld für<br />
Messungen, für Experimente, für Proben<br />
und Probedurchläufe. ICAMS trägt dazu<br />
bei, möglichst rasch aus <strong>de</strong>r Vielzahl <strong>de</strong>r<br />
Möglichkeiten die richtige Wahl zu treffen:<br />
bei Stahl und an<strong>de</strong>ren <strong>Metall</strong>en.<br />
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Foto: ThyssenKrupp Steel Europe