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Jahresbericht 2011 - Landvolk Niedersachsen

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Bildung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

50<br />

Mit großen Plakaten<br />

begrüßte der LHV die<br />

Gäste des Tages der<br />

<strong>Niedersachsen</strong> vom<br />

1. bis 3. Juli in Aurich.<br />

genutzt, vielfach an der Grenze der Seriosität. Bei Lebensmittelkrisen<br />

wie der EHEC-Problematik oder der<br />

Dioxinkrise wurden die Ursachen reflexartig bei der<br />

Massentierhaltung oder gar einer „agrarindustriellen<br />

Verschwörung“ gesucht. Kriminelle Handlungen wie<br />

Brandstiftungen und Verletzungen der Eigentumsrechte<br />

werden mit z.T. äußerst<br />

geschickten Formulierungen und<br />

Argumenten als „verständlich“<br />

relativiert.<br />

Die mediale Berichterstattung<br />

bewegt sich häufig weit weg<br />

von der Realität zwischen den Extremen<br />

„Bauer sucht Frau“ und<br />

üblen Bildern von leidenden Tieren<br />

und quälenden Menschen.<br />

Mit Eifer sind Fernsehteams auch öffentlich-rechtlicher<br />

Sender auf der Suche nach möglichst skandalösen Auswirkungen<br />

der heutigen landwirtschaftlichen Realität,<br />

leisten z.B. Einbrüchen in Ställe Vorschub, indem sie<br />

dabei entstandene Bilder verwerten, oder organisieren<br />

Speicheltests zum Nachweis von Keimbelastungen bei<br />

Tierhaltern. Ereignisse werden so geschaffen oder herbeigeführt,<br />

um dann darüber berichten zu können. Einige<br />

Journalisten sprechen inzwischen selbst(kritisch)<br />

von „Medienerregern“.<br />

Alles das bleibt nicht ohne Wirkung. In den Köpfen<br />

der Menschen verfestigt sich ein unrealistisches<br />

Bild von Landwirtschaft: einerseits die vermeintliche<br />

„Heile Welt“, andererseits die Vorstellung von horrenden<br />

„Missständen“ in der Landwirtschaft. Sie sind<br />

damit empfänglich für die romantisierende Propaganda<br />

vielfältiger Interessengruppen von einer kleinbäuerlich<br />

strukturierten Landwirtschaft, ohne sich über<br />

die Folgen auch für die eigene Lebenshaltung Gedanken<br />

zu machen.<br />

Auch die Politik reagiert. Baumaßnahmen und<br />

Genehmigungsverfahren in der Landwirtschaft werden<br />

zu Wahlkampfthemen, Auflagenverschärfungen<br />

und Gesetzesänderungen sind politischer Alltag,<br />

die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft<br />

ändern sich mit den politischen Mehrheiten, politische<br />

Weichenstellungen von der kommunalen über<br />

Landes- und Bundesebene bis zur europäischen Ebene<br />

sind nicht widerspruchsfrei. Aktuell stehen u.a. die<br />

Neuausrichtung der europäischen Agrarpolitik und in<br />

Deutschland die Änderung des BauGesetzbuches auf<br />

der politischen Tagesordnung. Damit wird deutlich,<br />

dass Produktionssysteme, die von der breiten Masse<br />

der Bevölkerung nicht ak-<br />

„Landwirtschaft muss auf die<br />

offenkundig vorhandenen<br />

Defizite bei der Akzeptanz<br />

moderner landwirtschaftlicher<br />

Methoden reagieren.“<br />

zeptiert werden, auf Dauer<br />

keinen Bestand haben.<br />

Andererseits werden auch<br />

landwirtschaftliche Betriebe,<br />

die im Wettbewerb<br />

nicht mithalten können,<br />

auf Dauer keinen Bestand<br />

haben.<br />

Die Landwirte befinden<br />

sich in einer schwierigen Lage. Die Europäische<br />

Agrarpolitik gibt die Leitlinie für die Betriebe<br />

vor, insgesamt ging die Richtung in den vergangenen<br />

Jahrzehnten hin zu Marktöffnung, Abbau von Marktordnungen,<br />

Deregulierung und Wettbewerbsfähigkeit<br />

im globalen Markt. Zwar gab es dabei auch bereits<br />

Umwelt- und Tierschutzvorgaben, aber mit den Vorschlägen<br />

für die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013<br />

scheint nach der Beschleunigung hin zur globalen<br />

Wettbewerbsfähigkeit wieder der Rückwärtsgang eingelegt<br />

zu werden. Weniger die Märkte, vielmehr das<br />

landwirtschaftliche Handeln und Wirtschaften sollen<br />

stärker denn je reguliert werden.<br />

Längst ist in Europa die Zeit vorbei, als die Anbieter<br />

landwirtschaftlicher Produkte gegenüber den<br />

Nachfragern im Vorteil waren. Heute können die<br />

Nachfrager weltweit zwischen den Anbietern wählen<br />

und entscheiden sich in der Regel für diejenigen mit<br />

den günstigsten Konditionen. Die Nachfrage wird von<br />

wenigen großen Handelskonzernen dominiert, die sich<br />

gegenseitig einen harten Verdrängungskampf liefern.<br />

Ihnen gegenüber stehen zahlreiche Unternehmen der<br />

Ernährungswirtschaft und eine noch weitaus größere<br />

Vielfalt landwirtschaftlicher Betriebe. Den Nutzen davon<br />

haben die Verbraucher, die von extrem niedrigen<br />

Ausgaben für ihre Ernährung profitieren. Sie haben<br />

sich inzwischen derart an das niedrige Preisniveau für<br />

Nahrungsmittel gewöhnt, dass selbst vergleichsweise<br />

geringfügige Preiserhöhungen aufgrund von Marktschwankungen<br />

größere öffentliche Erregungswellen<br />

auslösen. Rational nicht nachzuvollziehen ist dabei<br />

der Befund, dass die große Mehrzahl der Verbraucher<br />

durch ihr reales Kaufverhalten zwar die günstigsten<br />

Anbieter mit den niedrigsten Preisen bevorzugt und<br />

damit das niedrige Preisniveau stützt und herbeiführt,<br />

dass aber die gleiche Mehrzahl der Verbraucher nach<br />

Medienberichten angeblich eine andere Landwirtschaft<br />

will. Diese Vorstellungen werden sehr stark von<br />

Wunschdenken und Sozialromantik geprägt. Für den<br />

um Objektivität bemühten Betrachter wird immer<br />

deutlicher die wachsende Diskrepanz zwischen dem<br />

tatsächlichen „Bedarf“ und den geäußerten „Bedürfnissen“.<br />

Immer mehr Menschen benötigen ausreichende<br />

und erschwingliche Nahrungsmittel, fragen<br />

insbesondere Veredelungsprodukte nach, und wünschen<br />

angesichts der Endlichkeit fossiler Energieträger<br />

und des Atomausstiegs eine nachhaltige Energieversorgung.<br />

Gleichzeitig leistet sich die Gesellschaft eine<br />

gewaltige Verschwendung von landwirtschaftlichen<br />

Nutzflächen – 120 ha am Tag allein in Deutschland.<br />

Für die Landwirtschaft wird angesichts dieser<br />

Sachlage immer deutlicher, dass dauerhafter „Erfolg“<br />

nur durch „Leistung + Image“ zu garantieren ist. Sie<br />

muss auf die offenkundig vorhandenen Defizite bei<br />

der Akzeptanz moderner landwirtschaftlicher Methoden<br />

reagieren, auch wenn die veröffentlichte und<br />

zurzeit vorherrschende öffentliche Meinung nicht die<br />

Realität widerspiegelt, sondern Zerrbilder und Halbwahrheiten<br />

präsentiert. Akzeptanz-Defizite schaden<br />

über Entscheidungen in Politik und Verwaltung den<br />

Produzenten, z.B. durch Verbote, Auflagen, Kontrollen,<br />

Versagen von Genehmigungen. Sie schaden mittelfristig<br />

auch den Absatzchancen der Produkte einer<br />

modernen Landwirtschaft, und sie beeinträchtigen auf<br />

Dauer Selbstbewusstsein und Arbeitsmotivation der<br />

Menschen in der Landwirtschaft.<br />

Damit fällt der Blick auf die Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Sie will falsche Bilder in den Köpfen der Menschen<br />

korrigieren. Rund 140 Menschen ernährt heute ein<br />

Landwirt. Die Kehrseite dieser Erfolgsstory ist, dass<br />

heute nur noch ein Bruchteil der Menschen aus eigenem<br />

Erleben die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft<br />

und Ernährung kennt. Die Landwirtschaft<br />

ist hier ebenso gefordert wie die Wirtschaftszweige im<br />

vor- und nachgelagerten Bereich. Meinungsbildung<br />

darf nicht denen überlassen werden, die am meisten<br />

und am lautesten schreien und mit Verkürzungen und<br />

Halbwahrheiten Negativbegriffe in die Köpfe platzieren,<br />

weder im Internet, noch in den Schul- oder Kinderbüchern,<br />

weder in den Zeitungen noch im Rundfunk<br />

oder Fernsehen, weder in den Gemeinderäten,<br />

den Kirchengemeinden oder im Bekanntenkreis. Mit<br />

kleinen Schritten, aber flächendeckend muss ein re-<br />

alistisches Bild der Landwirtschaft vermittelt werden.<br />

Selbstbewusst und kontinuierlich muss mit klaren<br />

und deutlichen Positionen erläutert werden, warum<br />

die Landwirtschaft etwas tut und warum bestimmte<br />

Methoden genutzt werden, vor welchen Herausforderungen<br />

und Problemstellungen sich die Landwirtschaft<br />

selbst sieht, wie sie an Lösungen arbeitet.<br />

Die hervorragende wirtschaftliche Entwicklung<br />

unserer Regionen, der im weltweiten Maßstab sehr<br />

gute Zustand der Kulturlandschaft, der hohen Standards<br />

an Tierschutz, Arbeitsschutz, Hygiene und Lebensmittelsicherheit<br />

belegen, dass die Menschen<br />

in der Landwirtschaft selbstbewusst für ihre Arbeit<br />

eintreten können. Das <strong>Landvolk</strong> <strong>Niedersachsen</strong> hat<br />

mit den Kreisverbänden und dem Deutschen Bauernverband<br />

ein breites Instrumentarium für die Öffentlichkeitsarbeit<br />

entwickelt. Es reicht weit über die<br />

politische Lobbyarbeit hinaus und ist Reaktion auf<br />

die aufgezeigten Probleme. Die Palette umfasst die<br />

klassische Pressearbeit, politische Gespräche und<br />

Stellungnahmen, Internet und weitere Möglichkeiten<br />

der modernen Informations- und Kommunikationstechniken.<br />

Entwickelt wurden auch wiederkehrende<br />

Aktionen wie „Tag des Offenen Hofes“, „Bauernhof als<br />

Klassenzimmer“ und Unterstützungsprogramme wie<br />

„Ein-Sichten“ der i.m.a., mit dem interessierte Besucher<br />

Einblicke in moderne Ställe erhalten sollen. Sehr<br />

viele Direktvermarkter und die Anbieter von Urlaub<br />

auf dem Bauernhof leisten zusätzlich wertvolle Arbeit<br />

in diese Sinne.<br />

Die Formel „Erfolg = Leistung + Image“ gilt für<br />

jeden Betrieb und für jeden Kreisverband. Vor Ort<br />

müssen die Angebote mit Ideenreichtum, Kreativität<br />

und Engagement angepasst und zu den örtlichen Gegebenheiten<br />

passend weiter entwickelt werden. Wenn<br />

Menschen sich selbst ein Bild von der Landwirtschaft<br />

machen können, ist das der beste Schutz gegen falsche<br />

und verzerrte Bilder von Landwirtschaft.<br />

Mehr als 20 Kreisverbände unterstützen die Aktivitäten<br />

zum Lernort Bauernhof. Überall im Lande werden<br />

Gespräche mit Landwirten und Besuche von Multiplikatoren<br />

– u.a. lokale Medien, Kirchengemeinden,<br />

Kommunalpolitiker, Lehrer – in Ställen und auf den<br />

Nutzflächen organisiert, damit diese sich selbst ein<br />

Bild von den Realitäten, der Sorgfalt und dem Verantwortungsbewusstsein<br />

der Landwirte machen können.<br />

Zur Grünen Woche in<br />

Berlin ist <strong>Niedersachsen</strong><br />

traditionell mit einer<br />

eigenen Halle vertreten.<br />

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