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Sozialbericht 2010 Armut im Kanton Bern Fakten, Zahlen und ...

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sich darin, dass die mit dem sozialen Existenzmin<strong>im</strong>um berechnete Quote in der ersten<br />

Hälfte des Jahrzehnts stärker ansteigt, während sie 2007 <strong>und</strong> 2008 abflacht.<br />

• Zweitens wurde die anhand des mittleren Einkommens definierte <strong>Armut</strong>sgefährdungsgrenze<br />

des Jahres 2001 verwendet <strong>und</strong> der jährlichen Teuerung angepasst.<br />

Das heisst: Die relativen Grenzen wurden nicht jährlich neu best<strong>im</strong>mt; vielmehr wurde<br />

geprüft, wie viele Haushalte sich unter dem <strong>im</strong> Jahr 2001 definierten <strong>und</strong> teuerungsbereinigten<br />

Lebensstandard befinden – die Schwellenwerte wurden gewissermassen<br />

<strong>im</strong> Jahr 2001 «verankert». Es zeigt sich, dass sie bis ins Jahr 2006 fast identisch<br />

mit den jährlich berechneten Grenzen verlaufen. In den Jahren 2007 <strong>und</strong> 2008 ändert<br />

sich dies: Verwendete man die teuerungsbereinigten Schwellenwerte des Jahres<br />

2001, würden die Quoten in diesen beiden Jahren nicht weiter ansteigen, sondern<br />

stagnieren. Der reale Anstieg des mittleren Einkommens in diesen beiden Jahren führt<br />

dazu, dass sich die relativen Schwellenwerte leicht erhöhen <strong>und</strong> damit neu auch eine<br />

gewisse Zahl von Haushalten als arm oder armutsgefährdet gelten, deren Lebensstandard<br />

sich – gemessen an den Schwellenwerten von 2001 – nicht verschlechtert<br />

hat.<br />

Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass das Ausmass der <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> der <strong>Armut</strong>sgefährdung<br />

<strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> zwischen 2001 <strong>und</strong> 2008 kontinuierlich zugenommen hat.<br />

Diese Feststellung gilt unabhängig davon, wie die entsprechenden Schwellenwerte <strong>im</strong><br />

Detail festgelegt werden. In allen geprüften Varianten hat sich diese Gr<strong>und</strong>tendenz bestätigt.<br />

Die unterschiedlichen Definitionen haben in erster Linie Auswirkungen auf das<br />

festgestellte Ausmass der <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> der <strong>Armut</strong>sgefährdung (Höhe der Quote) <strong>und</strong> darauf,<br />

in welchen Phasen die Kurven stärker oder schwächer ansteigen beziehungsweise<br />

stagnieren. In keiner Variante lässt sich <strong>im</strong> beobachteten Zeitraum ein Rückgang der<br />

Quoten feststellen, der über mehrere Jahre Bestand hat.<br />

Diese Entwicklung ist bemerkenswert <strong>und</strong> beunruhigend. Sie verweist darauf, dass<br />

die positiven Auswirkungen von konjunkturellen Aufschwüngen <strong>und</strong> Wirtschaftswachstum<br />

der letzten Jahre einen Teil der Bevölkerung nicht erreicht haben. Das Bruttoinlandprodukt<br />

37 ist <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> zwischen 2003 <strong>und</strong> 2008 kontinuierlich gestiegen,<br />

die Arbeitslosenquote war von 2004 bis 2008 rückläufig. 38 Gleichwohl sind <strong>im</strong>mer mehr<br />

Haushalte – ohne Berücksichtigung bedarfsabhängiger Sozialleistungen <strong>und</strong> allfälliger<br />

Unterstützungen durch Verwandte – von <strong>Armut</strong> betroffen oder armutsgefährdet. Dabei<br />

dürfte der Zugang zum Arbeitsmarkt eine entscheidende Rolle spielen: Angesichts des<br />

gr<strong>und</strong>legenden Wandels zu einer wissensbasierten, dienstleistungsorientierten Wirtschaft<br />

gelingt es gerade sozial benachteiligten Personen mit geringen Qualifikationen<br />

<strong>im</strong>mer seltener, überhaupt noch ein Erwerbseinkommen zu erzielen. In der Arbeitslosenquote<br />

spiegelt sich eine solche Entwicklung deshalb nicht, weil nicht alle Erwerbslosen<br />

Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung haben <strong>und</strong> weil für ausgesteuerte<br />

39 Arbeitslose keine Meldepflicht besteht. 40 Auch Unterbeschäftigung tritt in Arbeitslosen-<br />

oder Erwerbslosenquoten nicht zutage.<br />

Auf den ersten Blick mag auch der Vergleich mit der Sozialhilfequote 41 überraschen.<br />

Diese stieg zwar in den Jahren 2003 (3,3 %) bis 2006 (4,3 %), zwischen 2006 <strong>und</strong> 2008<br />

stagnierte sie jedoch oder war leicht rückläufig (2008: 3,9 %). 42 Da ist zu beachten,<br />

dass Haushalte, die aufgr<strong>und</strong> der Steuerdaten als arm oder armutsgefährdet gelten,<br />

nicht zwingend auf Sozialhilfe angewiesen sind. Dies unter anderem deshalb, weil der<br />

37 Siehe Glossar.<br />

38 beco 2009.<br />

39 Siehe Glossar.<br />

40 Zuverlässiger ist die auf Selbstangaben beruhende Erwerbslosenquote. Sie bewegte sich <strong>im</strong> Espace<br />

Mittelland (s. Glossar) von 2003 bis 2007 konstant auf einem Niveau von 3,8 %, 2008 sank sie auf 3,4 %<br />

(Jahresdurchschnitt). B<strong>und</strong>esamt für Statistik BFS: Erwerbslosenquote nach Geschlecht <strong>und</strong> Grossregionen.<br />

41 Siehe Glossar.<br />

42 BFS, Schweizerische Sozialhilfestatistik 2003 – 2008.<br />

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