VDWF im Dialog 1/2012
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58 <strong>VDWF</strong> <strong>im</strong> <strong>Dialog</strong> 1/<strong>2012</strong><br />
Serie Länderberichte:<br />
Die Kühlen <strong>im</strong> Norden<br />
von Andreas Burgmayer<br />
Hamburg<br />
Einwohner: 1794 453<br />
Fläche: 755 km²<br />
BIP: 88,31 Mrd. Euro (49 638 Euro pro Kopf)<br />
Schulden: 24,9 Mrd. Euro (13 900 Euro pro Kopf)<br />
St<strong>im</strong>men <strong>im</strong> Bundesrat: 3<br />
Arbeitslosenquote: 7,3 %<br />
Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD)<br />
MecklenburgVorpommern<br />
Einwohner: 1636 000<br />
Fläche: 23 180 km²<br />
BIP: 35,78 Mrd. Euro (21 730 Euro pro Kopf)<br />
Schulden: 9,8 Mrd. Euro (6000 Euro pro Kopf)<br />
St<strong>im</strong>men <strong>im</strong> Bundesrat: 3<br />
Arbeitslosenquote: 12,2 %<br />
Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD)<br />
SchleswigHolstein<br />
Einwohner: 2837 304<br />
Fläche: 15 799 km²<br />
BIP: 75,63 Mrd. Euro (26 712 Euro pro Kopf)<br />
Schulden: 27 Mrd. Euro (9500 Euro pro Kopf)<br />
St<strong>im</strong>men <strong>im</strong> Bundesrat: 4<br />
Arbeitslosenquote: 6,9 %<br />
Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU)<br />
NordOstseeKanal<br />
Dänemark Schweden<br />
Kiel<br />
SchleswigHolstein<br />
Hamburg<br />
Niedersachsen<br />
MecklenburgVorpommern<br />
Schwerin<br />
SachsenAnhalt<br />
Brandenburg<br />
Polen<br />
Die Hansestadt mit ihrem Tor zur Welt, das Land zwischen<br />
den Meeren und das Land der tausend Seen – die drei<br />
Nordstaaten Hamburg, SchleswigHolstein und MecklenburgVorpommern.<br />
Sie bilden die Spitze auf der deutschen<br />
Landkarte. Und nicht wenige fordern, dass sie auch endlich<br />
eine politische Einheit bilden sollten. Der Ruf nach dem<br />
Nordstaat. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist<br />
er <strong>im</strong>mer wieder zu vernehmen. Aktuell ist er <strong>im</strong> Landtagswahlkampf<br />
in SchleswigHolstein Thema.<br />
Statt sich ständig gegenseitig Konkurrenz um Firmenansiedlungen,<br />
Verkehrswege, Messen, Urlauber, Kreuzfahrtschiffe, die Häfen, Unis<br />
und Hochschulen zu machen, verspricht die Idee des Nordstaates<br />
Kooperation und die Besinnung auf eine gemeinsame Strategie in<br />
Deutschland, Europa und der Welt. Und – nicht ganz unwichtig –<br />
jede Menge Einsparpotential in der Verwaltung der Länder.<br />
Über die Bildung regionaler Bündnisse, etwa der Metropolregion<br />
Hamburg, oder der Verstärkung der Zusammenarbeit gemeinsamer<br />
Einrichtungen kam die NordstaatIdee noch nicht hinaus. Auch<br />
wenn sich Hamburgs ehemaliger Bürgermeister Ole von Beust<br />
(CDU) 2005 die Fusion Hamburgs, SchleswigHolsteins und MecklenburgVorpommerns<br />
bis 2017 wünschte. Nicht zuletzt scheitert<br />
der Nordstaat an den Befindlichkeiten. Seine Kritiker fürchten den<br />
mit der Fusion schwindenden Einfluss <strong>im</strong> deutschen Bundesrat,<br />
die finanziellen Nachteile be<strong>im</strong> Länderfinanzausgleich und<br />
den Verlust der landestypischen Identität. Es geht also auch<br />
um eine Menge Lokalpatriotismus. Denn trotz aller Gemeinsamkeiten<br />
ist jedes der drei Bundesländer auf seine Weise einzigartig:<br />
Hamburg<br />
Hamburg, die Hansestadt, die seit Jahrhunderten seine Handelsbeziehungen<br />
mit der ganzen Welt pflegt, heute insbesondere zu<br />
Asien. Der Schlüssel dazu ist der Hafen, der drittgrößte in Europa,<br />
der siebtgrößte der Welt. Über 121 Millionen Tonnen an Gütern<br />
wurden hier 2010 umgeschlagen – Tendenz steigend. Hamburg<br />
hat mit knapp 50 000 Euro das vierthöchste Bruttoinlandsprodukt<br />
in Europa und die höchste Kaufkraft in Deutschland. Dank seiner<br />
wirtschaftlichen Stärke hat sich die Stadt auch in innovativen<br />
Industrien einen Namen gemacht. So ist sie weltweit der drittgrößte<br />
Standort der zivilen Luftfahrtindustrie. Das Airbus Werk<br />
in HamburgFinkenwerder ist mit über 11000 Beschäftigten<br />
einer der größten Arbeitgeber der Metropolregion Hamburg. Für<br />
Medienschaffende aus Verlagen, der Werbung und <strong>im</strong> ITBereich<br />
ist die Stadt an der Elbe der führende deutsche Standort der<br />
Branche. «Der Spiegel», «Stern», «Die Zeit» – einige von Deutschlands<br />
wichtigsten Publikationen entstehen in Hamburg.<br />
Mehr als 70 Millionen Tagesbesucher, rund 4 Millionen Gäste<br />
und über 8 Millionen Übernachtungen jährlich dokumentieren<br />
die Anziehungskraft der Stadt <strong>im</strong> touristischen Bereich. Hamburg<br />
ist MusicalHauptstadt, hat die weltberühmte «sündige Meile»<br />
<strong>VDWF</strong> <strong>im</strong> <strong>Dialog</strong> 1/<strong>2012</strong> 59<br />
Prestigeprojekt mitten in der Stadt: Die Hamburger<br />
Hafencity ist eines der größten Bauprojekte<br />
Europas. Schon jetzt kommen viele Touristen auf<br />
das Areal der Speicherstadt, um die Fortschritte<br />
zu begutachten. Ein besonderer Anziehungspunkt<br />
ist dabei – nicht nur wegen steigender Baukosten<br />
– die Elbphilharmonie. Sie entsteht an einem<br />
historisch bedeutsamen Ort, hier stand nämlich<br />
früher der Kaiserspeicher, das Wahrzeichen des<br />
alten Hamburger Hafens, und seit 1966 der Kaispeicher<br />
A, ein eindrucksvolles Monument der<br />
Nachkriegsmoderne.<br />
Prestigeprojekt mitten durchs Land: Der Nord<br />
OstseeKanal verbindet die Elbmündung an der<br />
Nordsee mit der Kieler Förde an der Ostsee. Er ist<br />
die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der<br />
Welt. Der Kanal durchquert auf knapp 100 Kilometer<br />
SchleswigHolstein und erspart Schiffen<br />
den etwa 900 Kilometer längeren Weg um die<br />
Nordspitze Dänemarks. Der heutige Kanal wurde<br />
1895 als KaiserWilhelmKanal eröffnet. Er basiert<br />
in weiten Teilen auf der ersten künstlichen Wasserstraße<br />
zwischen Nord und Ostsee, dem 1784<br />
in Betrieb genommenen und 1853 in Eiderkanal<br />
umbenannten SchleswigHolsteinischen Canal.