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Clevere<br />
Alltagsbegleiter<br />
In vielen Kartons, Folien und Bechern steckt inzwischen fast genauso viel<br />
Forschungsaufwand wie in den Lebensmitteln selbst: Verpackungen tragen zu<br />
Frische, Umweltverträglichkeit und Sicherheit von Lebensmitteln bei – dank<br />
ungeahnter Hightech-Talente.<br />
In der amerikanischen Stadt Austin/Texas gibt<br />
es einen Supermarkt, in den man nicht mit<br />
leeren Händen kommen sollte: Mitgebrachte<br />
Stoffbeutel sind hier die richtige Ausrüstung<br />
für den Wocheneinkauf – wer keine dabei hat,<br />
muss sich kompostierbare Behältnisse kaufen,<br />
um das vorwiegend regionale Obst und Gemüse<br />
mit nach Hause zu nehmen. In diesem Geschäft,<br />
dem ersten so genannten Precycling-Supermarkt<br />
der Vereinigten Staaten, gibt es nämlich keinerlei<br />
Verpackungen.<br />
Was im Kleinen funktionieren mag, ist im Großen<br />
undenkbar: Lebensmittelverpackungen sind<br />
heute zum unverzichtbaren Alltagsbegleiter geworden.<br />
„Die Verpackung ist entscheidend, wenn<br />
es darum geht, unsere Produkte zu schützen,<br />
unsere hohen Qualitätsstandards zu garantieren,<br />
Lebensmittelverschwendung zu verhindern und<br />
die Verbraucher zu informieren“, erklärt Dr. Anne<br />
Roulin, die den Bereich Verpackung und Design<br />
beim Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé leitet.<br />
Gründe für den wachsenden Bedarf an Lebensmittelverpackungen<br />
gibt es viele: Mehr als jeder zweite<br />
Mensch weltweit lebt heutzutage in der Stadt,<br />
wo es kaum Möglichkeiten gibt, Nahrungsmittel<br />
selbst anzubauen. Die rund 3,5 Milliarden Stadtbewohner<br />
weltweit kaufen ihre Produkte deswegen<br />
außer Haus – und die Verpackung meist gleich mit.<br />
Auch die steigende Zahl an Single-Haushalten,<br />
die kleinere Portionsgrößen bevorzugen, sowie<br />
der zunehmende Trend, Mahlzeiten unterwegs<br />
zwischen mehreren Terminen einzunehmen, lassen<br />
die Menge verpackter Lebensmittel wachsen.<br />
Links Verpackungsmaterialien leisten heutzutage<br />
viel mehr, als auf den ersten Blick erkennbar ist.<br />
Wie viel ausgeklügelte Technologie in den<br />
Hightech-Talenten steckt, ahnt der Verbraucher<br />
beim Einkauf kaum.<br />
Frische als zentrales Gebot<br />
Dementsprechend hoch sind die Ansprüche<br />
an Verpackungen. Vor allem die Frische- und<br />
Hygienegarantie ist eine Herausforderung – denn<br />
bis die Lebensmittel von ihrem Ursprungsort das<br />
Supermarkt-Regal erreichen, müssen sie oft viele<br />
Kilometer zurücklegen. Und es vergeht weitere Zeit,<br />
bevor sie im Einkaufskorb und schließlich auf dem<br />
Esstisch landen. Mit hoch entwickelten Technologien<br />
helfen Verpackungen dabei, dass bei Frische<br />
und Hygiene keine Abstriche gemacht werden<br />
müssen. Das zeigt ein Blick ins Kühlregal: Bei Käse-<br />
und Wurstverpackungen aus Kunststoff finden<br />
Materialien Verwendung, die aus vielen verschiedenen<br />
Werkstoffen bestehen. Die unterschiedlichen<br />
Eigenschaften dieser Verbundwerkstoffe werden<br />
so kombiniert, dass die Verpackung ideal zum<br />
Lebensmittel passt. So können etwa dem Boden<br />
der Verpackung andere Eigenschaften verliehen<br />
werden als dem Deckel oder der Umgebungsfolie.<br />
Die strapazierfähigen Verbundmaterialien aus<br />
verschiedenen Werkstoffen eignen sich außerdem<br />
sehr gut, um im so genannten Modified Atmosphere<br />
Packaging 1 – kurz MAP – eingesetzt zu<br />
werden. Bei dieser Technologie wird die Umgebungsluft<br />
durch eine auf das Lebensmittel abgestimmte<br />
Schutzatmosphäre ersetzt. Dafür kommt<br />
zum Beispiel ein Gemisch aus Stickstoff und Kohlendioxid<br />
zum Einsatz. Die reaktionsträgen Gase<br />
verdrängen den Sauerstoff und verlangsamen so<br />
das Wachstum von Keimen – und das ganz ohne<br />
Konservierungsmittel. Damit dies gelingt, muss<br />
das Verpackungsmaterial >><br />
1 Modified Atmosphere<br />
Packaging<br />
„Je nach Lebensmittel muss<br />
das Verpackungsmaterial fest,<br />
flexibel, transparent, bedruckbar<br />
oder undurchlässig für Aromen,<br />
Sauerstoff oder Kohlendioxid<br />
sein“, erklärt Dr. Rolf-Egbert<br />
Grützner von der <strong>BASF</strong>-<br />
Marktentwicklung Polyamide.<br />
Ein Universalmaterial, das alles<br />
kann, gibt es nicht. So besteht<br />
die Unterschale der Verpackung<br />
aus Kunststoff, zum Beispiel<br />
aus Polypropylen. Das sorgt<br />
für Flexibilität, schützt vor<br />
Feuchtigkeit und eignet sich zur<br />
Versiegelung der Packung. Der<br />
flexible, abziehbare und häufig<br />
wiederverschließbare Deckel<br />
besteht aus einer fünf- oder<br />
siebenlagigen Folie. Die oberste<br />
Schicht enthält Polyamid, zum<br />
Beispiel Ultramid ® von <strong>BASF</strong> –<br />
es ist besonders stabil und<br />
biegsam, hält Sauerstoff und<br />
Kohlendioxid fern und behält<br />
auch bei höheren Temperaturen<br />
seine Form. Der extrem reißfeste<br />
Deckel verhindert so, dass<br />
Sauerstoff eindringt und das<br />
Fett ranzig werden lässt oder<br />
das Wachstum von schädlichen<br />
Mikroorganismen beschleunigt.<br />
Creating Chemistry | 45