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Forschungsberichte aus dem zsh 06-3 - Zentrum für Sozialforschung ...

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Christina Buchwald (Hg.)<br />

Das Telefoninterview – Instrument der Zukunft?<br />

<strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> <strong>06</strong>-3


<strong>Zentrum</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialforschung</strong> Halle e. V. an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />

Emil-Abderhalden-Str. 6<br />

<strong>06</strong>108 Halle<br />

Telefon: 0345 / 5526600<br />

Fax: 0345 / 5526601<br />

E-Mail: info@<strong>zsh</strong>.uni-halle.de<br />

Internet: http://www.<strong>zsh</strong>-online.de<br />

Druck: Druckerei der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />

Satz: Denise Demnitz und Steffi Enkelmann<br />

ISSN 1617-299X<br />

Alle Rechte vorbehalten


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltverzeichnis<br />

Christina Buchwald<br />

1 Das CATI-System 7<br />

1.1 Einführung in das CATI-System 7<br />

1.2 Technische Realisierung von CATI-Befragungen 9<br />

1.3 Kontaktaufnahme 10<br />

1.4 Struktur des Fragebogens 13<br />

1.4.1 „Guten Tag mein Name ist …“ 13<br />

1.4.2 Konstruktion von CATI-Fragebögen 16<br />

1.4.3 Die Formulierung der Fragen 18<br />

1.5 Pretest 18<br />

1.6 Interviewerschulung 19<br />

1.7 Abschließende Bemerkungen 21<br />

Christian Koll<br />

2 Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen 22<br />

2.1 Einleitung 22<br />

2.2 Die organisatorische Vorbereitung von CATI-Betriebsbefragungen 22<br />

2.2.1 Stichprobenziehungen 23<br />

2.2.2 Informationsversand 24<br />

2.2.3 Interviewerschulung 24<br />

2.3 Ausschöpfungsstatistik und Kontaktverhalten 26<br />

2.3.1 Beschreibung möglicher Einflussfaktoren 26<br />

2.3.2 Ausschöpfungsquoten des Kompetenzentwicklungs-Projektes 29<br />

2.3.3 Interviewzeiten, Kontaktaufnahme und Anrufversuche 30<br />

2.3.4 Durchschnittliche Interviewdauer 36<br />

2.4 Zusammenfassung und Fazit 39<br />

Christina Buchwald<br />

3 Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview 42<br />

3.1 Einleitung 42<br />

3.2 Ausschöpfung bei telefonischen Bevölkerungsbefragungen 43<br />

3.2.1 Ausschöpfung bei CATI-Befragungen Jugendlicher 45<br />

3.2.1.1 Jugend-Panel-Befragung in Ostdeutschland 45<br />

3.2.1.2 Jugendbefragungen zur Teilnahme an Maßnahmen 47<br />

3.2.2 Ausschöpfung bei Befragungen der erwachsenen Bevölkerung 48<br />

3.2.2.1 Bevölkerungsbefragung zur Politikwahrnehmung 48<br />

3.2.2.2 H<strong>aus</strong>haltsbefragung in ländlichen Regionen 50<br />

3.2.2.3 Befragung von Betroffenen der Flutkatastrophe 52<br />

3.2.2.4 Befragung von Migranten 52<br />

3.2.2.5 Befragung von Existenzgründern 53<br />

3.2.3 Ausschöpfungen der CATI-Bevölkerungsbefragungen im Vergleich zu<br />

Unternehmensbefragungen 54<br />

1


Inhaltsverzeichnis<br />

3.3 Einschätzungen zum Interview – Warum nimmt man an einer Telefonbefragung<br />

teil? 57<br />

3.3.1 Geschätzte Interviewdauer 59<br />

3.3.2 Einschätzungen der Befragten zum Interview 61<br />

3.3.2.1 Wichtigkeit der Befragung 61<br />

3.3.2.2 Empfundene Belastung des Interviews 62<br />

3.3.2.3 Verständlichkeit der Fragen 62<br />

3.3.2.4 Erinnerungsschwierigkeiten 63<br />

3.3.2.5 Teilnahme an Befragungen zu einem früheren Zeitpunkt 63<br />

3.3.2.6 Offene Kommentare zum Interview 63<br />

3.3.3 Einschätzungen des Interviews von Seiten der Interviewer 64<br />

3.3.3.1 Wie interessant war das Interview <strong>für</strong> den Interviewer? 64<br />

3.3.3.2 Hatte der Befragte Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Fragen? 65<br />

3.3.3.3 Erinnerungsschwierigkeiten des Befragten <strong>aus</strong> Sicht des Interviewers 65<br />

3.3.3.4 Wie anstrengend war das Interview <strong>für</strong> den Interviewer? 65<br />

3.3.3.5 Offene Kommentare der Interviewer zum Interview 66<br />

3.4 Fazit und Ausblick 66<br />

Katja Lukanow<br />

4 Interviewereffekte im Telefoninterview 68<br />

4.1 Einleitung 68<br />

4.2 Das computergestützte Telefoninterview 68<br />

4.2.1 Die Kommunikationssituation im Telefoninterview 70<br />

4.2.2 Interviewereffekte im telefonischen Interview 73<br />

4.2.3 Sozio<strong>dem</strong>ographische Merkmale 75<br />

4.2.4 Persönlichkeitseigenschaften 76<br />

4.2.4.1 Stimmeigenschaften 77<br />

4.2.4.2 Rhetorische Fähigkeiten 78<br />

4.2.5 Bewusstes und unbewusstes Fehlverhalten 80<br />

4.2.6 Einstellungen und Erwartungen des Interviewers 81<br />

4.3 Rekrutierung und Schulung der Interviewer 82<br />

4.3.1 Rekrutierung der Interviewer 82<br />

4.3.2 Schulung der Interviewer 84<br />

4.3.3 Exkurs: Beispiel <strong>aus</strong> der Praxis 86<br />

4.4 Resümee 89<br />

Ralf Schünemann<br />

5 Schreiben <strong>für</strong>s Sprechen/Sprechdenken vs. Hör-verstehen 90<br />

5.1 Ein sprechwissenschaftlicher Impuls <strong>für</strong> die Arbeit im CATI-Labor 90<br />

5.2 Fazit 95<br />

6 Literatur 96<br />

7 Die Autorinnen und Autoren 102<br />

8 Bisher veröffentlichte „<strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong>“ 103<br />

2


Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Fortführung eines bereits begonnenen Interviews 8<br />

Abbildung 2: Interviewerproduktivität 9<br />

Abbildung 3: Organisation eines CATI-Labors 10<br />

Abbildung 4: Eröffnungsbildschirm 11<br />

Abbildung 5: Kontaktaufnahme 11<br />

Abbildung 6: Terminvereinbarung zum Interview 12<br />

Abbildung 7: Beispiel <strong>für</strong> die Vergabe von Dispositionscodes 13<br />

Abbildung 8: Beispiel <strong>für</strong> die erste Frage eines CATI-Interviews 14<br />

Abbildung 9: Beispiel <strong>für</strong> eine offene Frage 15<br />

Abbildung 10: Strukturelle Merkmale der Betriebe 27<br />

Abbildung 11: Merkmale der Befragten 28<br />

Abbildung 12: Merkmale und Eigenschaften der Interviewer 29<br />

Abbildung 13: Verteilung der Interviews nach Uhrzeit 31<br />

Abbildung 14: Verteilung erfolgreicher Interviews nach Kontaktversuchen 32<br />

Abbildung 15: Verteilung erfolgreicher Interviews nach Kontaktversuchen und<br />

Betriebsgrößen 33<br />

Abbildung 16: Verteilung erfolgreicher Interviews nach Kontaktversuchen und<br />

Betriebsgrößen 34<br />

Abbildung 17: Wahrnehmung der Befragung des Erhebungsinstruments 36<br />

Abbildung 18: Interviews nach Kontaktversuchen bei der Jugend-Panel-Befragung 47<br />

Abbildung 19: Interviews nach Kontaktversuchen bei Jugend-Maßnahme-Befragungen 48<br />

Abbildung 20: Interviews und Verweigerungen nach Kontaktversuchen bei einer<br />

Bevölkerungsbefragung des SFB 580 50<br />

Abbildung 21: Interviews nach Kontaktversuchen einer H<strong>aus</strong>haltsbefragung in ländlichen<br />

Regionen 51<br />

Abbildung 22: Interviews nach Kontaktversuchen bei Bevölkerungsumfragen (Erwachsene) 54<br />

Abbildung 23: Interviews nach Kontaktversuchen bei Unternehmensbefragungen 56<br />

Abbildung 24: Interviews nach Kontaktversuchen bei Elitenbefragungen 57<br />

Abbildung 25: Tatsächliche und geschätzte Interviewdauer bei den Jugend-Maßnahme-<br />

Befragungen 60<br />

Abbildung 26: Tatsächliche und geschätzte Interviewdauer bei Bevölkerungsbefragungen 60<br />

Abbildung 27: Wichtigkeit der Befragung 61<br />

Abbildung 28: Interviewer-Befragten-Interaktion im computergestützten Interview 72<br />

Abbildung 29: Das Interview als sozialer Prozess 74<br />

Abbildung 30: Komponenten der Persönlichkeitsbeurteilung 76<br />

Abbildung 31: Rekrutierung und Schulung der Interviewer 87<br />

Abbildung 32: Die Qualitätskontrolle der Telefoninterviewer 88<br />

Abbildung 33: Einflussfaktoren auf die Hörverständlichkeit 91<br />

Abbildung 34: Spontanes vs. gelesenes Sprechen 95<br />

3


Tabellenverzeichnis<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Feldvorbereitungen <strong>für</strong> telefonische Bevölkerungs- und Betriebs-<br />

befragungen im Vergleich 25<br />

Tabelle 2: Ausschöpfungsstatistik der Telefonbefragung zur „Kompetenz-<br />

entwicklung in deutschen Unternehmen“ 30<br />

Tabelle 3: Multiple Regression – Anzahl der Kontakte nach Betriebsstruktur,<br />

Befragtenmerkmalen und Interviewereigenschaften 35<br />

Tabelle 4: Multiple Regression – Interviewdauer in Minuten nach Anzahl<br />

abgearbeiteter Items, Betriebsstruktur, Befragtenmerkmalen,<br />

Interviewereigenschaften sowie Fragebogen-/ Interviewwahrnehmung 37<br />

Tabelle 5: Erhebungsplan <strong>für</strong> die Jugend-Panel-Befragung 2001 bis 2004 46<br />

4


Vorwort<br />

Vorwort<br />

Die telefonische Befragung stellt ein kostenminimierendes und schnelles Erhebungsverfah-<br />

ren in allen Gesellschaften mit einem entwickelten Fernmeldesystem dar. Aufgrund einer<br />

überwiegend anwendungsorientierten Forschung entwickelte sich die Telefonbefragung zu<br />

einer fortschrittlichen Erhebungstechnik. In der Bundesrepublik Deutschland gelangten Te-<br />

lefoninterviews nach Erreichen einer akzeptablen Telefondichte zu Beginn der 80er Jahre<br />

zunächst in der Marktforschung zum Einsatz (vgl. Schenk 1990, S. 379 f.; Fuchs 1994,<br />

S. 55). Kurze Zeit später bediente sich auch die wissenschaftliche Forschung des computer-<br />

gestützten Telefoninterviews. Heutzutage sind CATI-Erhebungen 1 sowohl <strong>aus</strong> der kommer-<br />

ziellen Forschung wie auch <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> wissenschaftlichen Bereich nicht mehr wegzudenken.<br />

In Ostdeutschland war die Telefonanschlussdichte nach <strong>dem</strong> Systemumbruch sehr gering.<br />

Seit Mitte der 90er Jahre jedoch haben sich die Anschlusszahlen in Ostdeutschland denen<br />

im Westen Deutschlands angeglichen.<br />

Durch die Einbeziehung der Computertechnologie in den Interviewprozess eröffneten sich<br />

neue Dimensionen <strong>für</strong> die Datengewinnung. Die Diskussion über methodische Fragen der<br />

Datenerhebung mittels Telefon und die Entwicklung bzw. der Einsatz dieses Umfrageverfah-<br />

rens ist von einer Dynamik geprägt, die nicht nur umwälzende Entdeckungen technischer<br />

Möglichkeiten, sondern auch methodische Her<strong>aus</strong>forderungen im Hinblick auf grundlegende<br />

theoretische Probleme der Umfrageforschung beinhaltet.<br />

Im Eröffnungsbeitrag wird eine Einführung in das System computerassistierter Telefoninter-<br />

views (CATI) gegeben. Christina Buchwald zeigt Vorteile telefonischer Befragungen auf und<br />

erläutert <strong>aus</strong>führlich den Prozess des Interviewens mittels der CATI-Methode. Der zweite<br />

Teil des Beitrags enthält praktische Hinweise zur Konstruktion von Fragebögen <strong>für</strong> CATI-<br />

Befragungen und <strong>für</strong> den Einsatz bzw. die Schulung von Interviewern.<br />

Empirische <strong>Sozialforschung</strong> steht und fällt mit den von ihr erhobenen Daten. Die zunehmen-<br />

de Bedeutung von Telefoninterviews bei Betriebsbefragungen bewegte Christian Koll, einige<br />

organisatorische und methodische Problemfelder aufzuzeigen. Von der Stichprobenziehung<br />

über den Informationsversand, Interviewerschulung bis hin zur Ausschöpfungsquote werden<br />

einzelne Schritte einer Telefonbefragung kritisch nachvollzogen. Da die Ausschöpfungsquote<br />

als ein Gütekriterium <strong>für</strong> Befragungen gilt, widmet er möglichen Einflussfaktoren seitens der<br />

befragten Unternehmen, der jeweiligen Interviewpartner und der Interviewer 2 besondere<br />

Aufmerksamkeit.<br />

Als wichtiges Qualitätsmaß standardisierter Telefoninterviews in der sozialwissenschaftlichen<br />

Forschung gilt die Ausschöpfungsquote, welche am stärksten vom Response- bzw. Non-<br />

response-Verhalten der potentiellen Interviewpartner abhängig ist. Christina Buchwald setzt<br />

sich in ihrem Beitrag zum einen mit der Ausschöpfungsquote bei telefonischen Bevölke-<br />

rungsfragen <strong>aus</strong>einander und stellt die Auswirkungen verschiedener Einflüsse wie die<br />

Lebensaltersphase (Jugendliche/r, Erwachsene/r) der zu Befragenden, Region und Thema<br />

1 CATI: Computer Assisted Telephone Interviewing<br />

2 Der Lesbarkeit halber wird im Folgenden auf die Benutzung weiblicher und männlicher Formen verzichten und<br />

<strong>aus</strong>schließlich die männliche Form verwenden. Leserinnen mögen sich bitte immer mit angesprochen fühlen.<br />

5


Christina Buchwald<br />

der Befragung gegenüber. Zum anderen diskutiert sie das Verhältnis von Response und<br />

Nonresponse, also die Motivation der Angerufenen, an <strong>dem</strong> angebotenen Telefoninterview<br />

teilzunehmen oder die Teilnahme abzulehnen. Schließlich verweist sie auf verschiedene Ein-<br />

flussfaktoren und stellt deren Bedeutung rückblickend <strong>aus</strong> Sicht der Interviewer und der In-<br />

terviewten her<strong>aus</strong>.<br />

Das – standardisierte – Interview ist ein sozialwissenschaftliches Instrument, und wie bei<br />

allen Instrumenten wird vor<strong>aus</strong>gesetzt, dass es gleichartig misst, ungeachtet der Person, die<br />

es anwendet. Bei computerassistierten Telefoninterviews stellt die Interaktion mit <strong>dem</strong> Be-<br />

fragten und <strong>dem</strong> Computer, sowie die Beschränkung auf den akustischen Kommunikations-<br />

kanal eine Besonderheit dar. Der Wegfall aller äußerlichen Stimuli hat den Vorteil, dass<br />

äußere Merkmale der Interviewer <strong>aus</strong>geblendet werden. Allerdings ergibt sich auch eine<br />

Reihe von neuen Anforderungen an den Interviewer. Aus der Vielzahl von Ansprüchen an<br />

den Interviewer resultiert eine Reihe von Fehlerquellen. Wie er mit seinen Eigenschaften,<br />

Merkmalen und Verhaltensweisen auf die Interviewsituation und somit auf das Befragtenver-<br />

halten wirken kann, ist Inhalt des Beitrages von Katja Lukanow.<br />

Im letzten Beitrag dieses Heftes greift Ralf Schünemann die Frage auf: „Wie kann die<br />

Sprachgestaltung in Richtung einer natürlichen Mündlichkeit aufgelöst werden?“ In diesem<br />

Zusammenhang werden die sprechwissenschaftlichen Prozesse des Sprechdenkens und<br />

Hörverstehens und ihr konkreter Einfluss auf das Formulieren von Texten näher betrachtet.<br />

Das Ziel der Diskussion besteht darin, Hilfestellungen <strong>für</strong> die Visualisierung von Texten zu<br />

geben, um damit den Interviewern im Rahmen von Telefonbefragungen ihre Tätigkeit zu er-<br />

leichtern, insbesondere in klassischen ‚outbound-Situationen’ mit uninformierten Gesprächs-<br />

partnern.<br />

Halle, Oktober 20<strong>06</strong> Christina Buchwald<br />

6


Christina Buchwald<br />

1 Das CATI-System<br />

1.1 Einführung in das CATI-System<br />

Das CATI-System<br />

Durch den Einsatz von CATI eröffneten sich bei der telefonischen Befragung nicht nur neue<br />

Möglichkeiten sondern auch eine Vielzahl von Vorteilen (vgl. Porst 2000, S. 125;<br />

Frey/Kunz/Lüschen 1990, S. 181 ff.).<br />

1 CATI erlaubt Sozialforschern, sehr komplexe Umfragen durchzuführen. Der Vorteil<br />

eines computergesteuerten Fragebogens liegt in der automatisierten Filterführung.<br />

Durch differenzierte, automatisierte Filterführungen (beispielsweise muss ein Betrieb,<br />

der keine Azubis hat, nicht nach <strong>dem</strong> Erhalt von Fördermitteln <strong>für</strong> Auszubildende be-<br />

fragt werden) wird der Interviewer 3 und auch der Befragte von dieser Aufgabe ent-<br />

lastet. Zugleich ist die Möglichkeit eines individualisierten Befragungsablaufs gegeben.<br />

2 CATI ermöglicht die Steuerung von Fragefolgen. Auswahllisten und Fragerotation wer-<br />

den durch den Computer erledigt. Dies erspart <strong>dem</strong> Interviewer die Aufgabe der Aus-<br />

wahl eines Zufallsstarts oder die spezielle Beschäftigung mit verschiedenen Designs<br />

des Fragebogens.<br />

3 Der programmierte Fragebogen kann eine vorangehende Antwort oder Stichpunkte in<br />

eine spätere Frage wieder einbauen. Das heißt, CATI-Systeme sind in der Lage,<br />

Kommentare festzuhalten und diese mit bestimmten Fragen zu verbinden.<br />

4 Konsistenzprüfungen im Laufe des Interviews, die Antwortmuster oder Widersprüche<br />

in den Antworten festhalten, können programmiert werden.<br />

Ein Beispiel <strong>aus</strong> der „Befragung <strong>aus</strong>bildender<br />

Betriebe in Sachsen-Anhalt“:<br />

Frage 1: „Wie viele Lehrlinge bilden Sie <strong>aus</strong>?“<br />

1a: „Wie viele davon sind männlich?“<br />

und/oder<br />

1b: „Wie viele sind weiblich?“<br />

Die Summe der männlichen und weiblichen Lehrlin-<br />

ge muss mit der angegebenen Gesamtzahl überein-<br />

stimmen, sonst erhält der Interviewer ein Signal.<br />

5 Die Anruflisten werden durch das System auf den neuesten Stand gebracht und sind<br />

dadurch eine <strong>aus</strong>gezeichnete Unterstützung <strong>für</strong> die Verwaltung der Stichprobe und die<br />

Auswahl der Untersuchungsteilnehmer, welche nach Priorität vorgelegt werden. Das<br />

3 Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird auf die Benutzung weiblicher und männlicher Formen verzichtet und<br />

<strong>aus</strong>schließlich die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist immer mitgemeint.<br />

7


Christina Buchwald<br />

8<br />

heißt Rückrufe, erneute Anrufversuche und vereinbarte Termine werden automatisch<br />

mitgeteilt.<br />

6 CATI hilft <strong>dem</strong> Interviewer beim Teilnehmerrückruf. Die Interviewer brauchen sich<br />

nichts <strong>aus</strong> vorangegangenen Interviews zu merken, da der Computer die notwendigen<br />

Aufschlüsselungen und Fragefolgen berücksichtigt. Bei Fortführung eines Interviews<br />

startet er den Fragebogen an der Stelle, an der das Interview unterbrochen wurde (vgl.<br />

Abbildung 1).<br />

Abbildung 1: Fortführung eines bereits begonnenen Interviews<br />

7 Sofortige Rückkopplungen zur zeitbezogenen Realisierung von Stichproben sind durch<br />

die Überprüfung der Abschlussraten, der optimalen Zeit <strong>für</strong> Anrufe je nach Zielgruppe<br />

und der Rate von Abschlüssen je Interviewer möglich. Diese Informationen können <strong>für</strong><br />

eine effiziente Planung weiterer Anrufe benutzt werden.<br />

8 Die Daten werden unmittelbar nach der Erfassung gespeichert.<br />

9 Begrenzungen in der Stichprobengröße nach Reichweite und Umfang sind nicht<br />

notwendig.<br />

10 Mit CATI kann die Anonymität der Befragung bzw. der Befragungsperson gesichert<br />

werden.


Das CATI-System<br />

An die Nutzung des CATI-Systems sind bestimmte Vor<strong>aus</strong>setzungen gebunden. CATI-<br />

Programme verlangen eine hohe Funktionstüchtigkeit der Technik und stellen hohe<br />

Anforderungen an die Datensicherheit. Die Programmierung der Eingabemasken muss<br />

erlernt und ständig angewendet werden.<br />

1.2 Technische Realisierung von CATI-Befragungen<br />

Die Organisation eines CATI-Labors kann folgendermaßen veranschaulicht werden:<br />

Die Datenbank, welche die Telefonnummern, Namen u. a. enthält sowie der programmierte<br />

Fragebogen werden zentral und vom Supervisor-PC bereitgestellt. Das CATI-System er-<br />

möglicht eine zugriffsgesteuerte Verteilung von Interviews an die einzelnen Stationen. Je-<br />

<strong>dem</strong> Interviewer wird eine spezielle Interviewerkennung zugewiesen, so dass die Produkti-<br />

vität einzelner Interviewer kontrolliert werden kann (vgl. Abbildung 2).<br />

Abbildung 2: Interviewerproduktivität<br />

Nach Beendigung eines Interviews werden die gewonnenen Daten in einem zentralen Da-<br />

tensystem gesichert. Die Sicherung der Telefonstichproben und der erhobenen Daten erfolgt<br />

auf zwei verschiedenen Festplatten. Durch die unmittelbare Dateneingabe am Bildschirm<br />

verringert sich der Aufwand <strong>für</strong> die Datenaufbereitung, so dass Ergebnisse von Telefonum-<br />

fragen mit CATI schneller zur Verfügung stehen (vgl. Abbildung 3).<br />

Die Möglichkeit Zwischen<strong>aus</strong>wertungen vorzunehmen ist mittels CATI gegeben, da die Roh-<br />

daten direkt nach Abschluss des Interviews vorliegen. Die Exportfunktion des Programms<br />

ermöglicht eine leichte Integration in ein Statistikprogramm (bspw. SPSS). Im CATI-<br />

Programm selbst sind grundlegende Auswertungsmodule implementiert, so dass eine di-<br />

rekte Datenkontrolle möglich ist.<br />

9


Christina Buchwald<br />

Abbildung 3: Organisation eines CATI-Labors<br />

Quelle: Bayer (1998)<br />

1.3 Kontaktaufnahme<br />

Der Interviewer loggt sich mit seiner persönlichen Nummernkennung (ID) an seinem Ar-<br />

beitsplatz in die entsprechende Studie ein. Jeder Interviewerstation werden dann per Zu-<br />

fallsverfahren <strong>aus</strong> der Stichprobe Adressen bzw. Telefonnummern zugewiesen. Vor je<strong>dem</strong><br />

Interview zeigt CATI am Bildschirm die wichtigsten Informationen an, wie z. B. die zugewie-<br />

sene Record-Nummer, die Telefonnummer, die Firma bzw. den Namen der Zielperson. Aus<br />

dieser Tafel ist die bevorstehende Situation im Vorfeld ersichtlich, z. B. wie viele Kontaktver-<br />

suche bereits vorangegangen sind, wann diese erfolgten und mit welchem Ergebnis und ggf.<br />

eine notierte Nachricht.<br />

Über die ebenfalls angezeigte Interviewer-ID lassen sich die Interviewer den einzelnen Inter-<br />

views zuordnen. Somit erhält der Interviewer zu Beginn der Kontaktaufnahme alle relevan-<br />

ten Informationen. Startet der Interviewer den Fragebogen und wählt dann die angezeigte<br />

Telefonnummer, so hat er auf <strong>dem</strong> Eröffnungsbildschirm (vgl. Abbildung 4) neben <strong>dem</strong><br />

Einleitungsstatement die 3 möglichen Varianten (vgl. Abbildung 5):<br />

10<br />

Supervisor-PC<br />

Überwachung<br />

Datenpflege<br />

Polling<br />

Abfrage von Terminen<br />

Überprüfung von<br />

Interviewstatistiken<br />

1 Das Interview kommt zustande.<br />

2 Die Kontaktaufnahme soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen<br />

(Terminvereinbarung).<br />

3 Das Interview kommt nicht zustande.<br />

Zuordnung von<br />

Samples<br />

Verteilung von<br />

Termininterviews<br />

Daten-Server<br />

Datenspeicherung<br />

Samplespeicherung<br />

Hauptprogramme<br />

Stationsdaten<br />

ja<br />

nein<br />

Interview-Station<br />

Interview<br />

Dateneingabe<br />

Rückführung absolvierter<br />

Interviews<br />

Temporäres<br />

Zwischenlagern von<br />

Termininterviews<br />

später


Abbildung 4: Eröffnungsbildschirm<br />

Abbildung 5: Kontaktaufnahme<br />

Das CATI-System<br />

11


Christina Buchwald<br />

Kommt ein Interview zustande, so werden die Fragen in der vom Forscher gewünschten<br />

Reihenfolge einschließlich der automatisierten Filterführung am Bildschirm angezeigt. Der<br />

Interviewer gibt die Antworten in das Terminal ein. Die erhobenen Daten werden geprüft und<br />

Fehler (z. B. Eingabefehler) <strong>dem</strong> Interviewer signalisiert. Abgeschlossene Interviews werden<br />

vom Server gespeichert und stehen sofort zur Durchsicht und ersten Analysen zur Verfü-<br />

gung.<br />

Soll eine erneute Kontaktaufnahme zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen oder handelt es<br />

sich um eine Terminabsprache, öffnet sich ein entsprechendes Fenster (vgl. Abbildung 6), in<br />

das der vereinbarte Termin und evtl. eine Bemerkung eingetragen werden. Terminvereinba-<br />

rungen werden vom System zentral verwaltet und zur vereinbarten Zeit automatisch mit der<br />

entsprechenden Priorität an der Interviewerstation vorgelegt.<br />

Abbildung 6: Terminvereinbarung zum Interview<br />

Kommt das Interview nicht zustande, so erscheint nach Eingabe des da<strong>für</strong> vorgesehenen<br />

Antwortcodes auf <strong>dem</strong> nächsten Bildschirm eine Reihe von möglichen Gründen <strong>für</strong> das<br />

Nicht-Zustande-Kommen (z. B. „besetzt“ oder „Verweigerung“). Für diesen Zweck werden<br />

vor jeder Untersuchung sog. Dispositionscodes zur Verwaltung und Einordnung der Inter-<br />

views definiert (vgl. Abbildung 7). Diese entscheiden dann, ob ein Interview wieder vorgelegt<br />

wird (z. B. wenn besetzt war) oder nicht (z. B. bei Verweigerung).<br />

Der Supervisor hat die Möglichkeit, den Prozess der Feldphase in allen Punkten zu über-<br />

wachen und zu dokumentieren, d. h. konkret, dass die Nummerndatenbank (z. B. die Anzahl<br />

der Nummern im Sample, die Anzahl der Terminvereinbarungen usw.) jederzeit überprüft<br />

werden kann.<br />

12


Abbildung 7: Beispiel <strong>für</strong> die Vergabe von Dispositionscodes<br />

Code Disposition<br />

1 kein Anschluss<br />

2 besetzt<br />

3 kein Kontakt/Anrufbeantworter<br />

4 keine Firma oder kein Privath<strong>aus</strong>halt<br />

5 kein Interesse<br />

6 Fax<br />

7 Abbruch/Verweigerung<br />

15 Terminvereinbarung<br />

99 komplettes Interview<br />

1.4 Struktur des Fragebogens<br />

1.4.1 „Guten Tag mein Name ist …“<br />

Das CATI-System<br />

In der Einleitungsphase des Interviews ist es wichtig, das Vertrauen des Befragten zu gewin-<br />

nen und seine Teilnahmebereitschaft zu fördern, da ein Interviewabbruch erfahrungsgemäß<br />

zumeist nach der Einleitungsphase und vor der ersten Frage erfolgt. Der Erfolg einer telefo-<br />

nischen Erhebung hängt entscheidend von den ersten Minuten des Kontaktversuches ab.<br />

Eine erfolgreiche Kontaktphase liegt zwar in den Händen (oder besser in den Stimmen) der<br />

Interviewer, sie kann jedoch durch bestimmte Vorgaben erleichtert oder auch erschwert<br />

werden (vgl. Wüst 1998, S. 15; Friedrichs 1990b, S. 416 f.). Je nach Art der Stichprobe ist<br />

es möglich, den zu Befragenden vorab schriftlich über die geplante Umfrage in Kenntnis zu<br />

setzen. Die Bereitschaft, an der Erhebung teilzunehmen, steigt durch ein Anschreiben nach-<br />

weislich. Bei Zufallsstichproben auf der Grundlage von Telefonverzeichnissen ist eine öffent-<br />

liche Bekanntgabe der geplanten Untersuchung, z. B. durch die Presse, eine Möglichkeit der<br />

Information im Vorfeld.<br />

Das Einleitungsstatement sollte folgende Informationen enthalten:<br />

1 Den vollständigen Namen des Interviewers<br />

2 Die Quelle des Anrufes (Universität, Fakultät, Institut) und ggf. das Angebot eines<br />

Rückrufs zur Identifizierbarkeit<br />

3 Informationen über den Auftraggeber<br />

4 Das verwendete Auswahlverfahren<br />

5 Das Thema der Untersuchung<br />

6 Einen Verweis auf die Anonymitätszusicherung<br />

7 Einen Hinweis auf die Freiwilligkeit des Interviews<br />

8 Die Angabe über die vor<strong>aus</strong>sichtliche Länge des Interviews<br />

9 Die Möglichkeit, Fragen zu stellen<br />

13


Christina Buchwald<br />

Im Einleitungsstatement muss ggf. die H<strong>aus</strong>haltsgröße und die Zielperson ermittelt werden.<br />

Die Interviewer müssen auf Rückfragen der Zielperson vorbereitet sein. Den ersten Fragen<br />

eines beginnenden Telefoninterviews kommt eine entscheidende Bedeutung zu, da diese<br />

das geweckte Interesse des Befragten an der Themenstellung aufrechterhalten sollen.<br />

Folgende Strategie wird <strong>für</strong> die ersten Fragen vorgeschlagen (vgl. Dillmann 1978):<br />

Die erste Frage sollte:<br />

1 themenbezogen,<br />

2 interessant und<br />

3 als geschlossene Frage leicht zu beantworten sein, damit der Befragte mit der<br />

14<br />

Fragetechnik der vorgegebenen Antwortkategorien vertraut gemacht wird<br />

(vgl. Abbildung 8).<br />

Zu<strong>dem</strong> ist es wichtig einen inhaltlichen Bezug zum Thema der Befragung herzustellen (vgl.<br />

Schnell/Hill/Esser 1992, S. 382).<br />

Abbildung 8: Beispiel <strong>für</strong> die erste Frage eines CATI-Interviews


Das CATI-System<br />

Die zweite Frage hingegen sollte mit offenen Antwortmöglichkeiten formuliert werden, um<br />

den Befragten gleich zu Beginn des Interviews in eine natürliche Gesprächssituation einzu-<br />

binden und ihm somit die Möglichkeit zu geben, seine Meinung frei zu äußern<br />

(vgl. Abbildung 9).<br />

Abbildung 9: Beispiel <strong>für</strong> eine offene Frage<br />

Außer<strong>dem</strong> kann der Interviewpartner im Rahmen einer offenen Frage mit eigenen Worten<br />

ins Gespräch kommen und seine eigene „Telefonstimme“ finden (vgl. Frey/Kunz/Lüschen<br />

1990, S. 139). Die Platzierung der <strong>dem</strong>ographischen Fragen zu Beginn des Interviews führt<br />

erfahrungsgemäß zu einer erhöhten Abbruchwahrscheinlichkeit. Die sozialstatistischen Fra-<br />

gen sollten deshalb an das Ende des Fragebogens gelegt werden.<br />

15


Christina Buchwald<br />

1.4.2 Konstruktion von CATI-Fragebögen<br />

Bei der Konstruktion eines standardisierten Fragebogens <strong>für</strong> ein computergestütztes telefo-<br />

nisches Interview müssen folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden (vgl. Fuchs 1994,<br />

S. 63 f.):<br />

16<br />

1 Im Prozess der Operationalisierung müssen Forschungsfragen in kommunizierbare<br />

Erhebungsfragen <strong>für</strong> ein standardisiertes Interview übersetzt werden.<br />

2 Der Fragebogen muss die Bereitschaft des Befragten zur Teilnahme am<br />

Telefoninterview wecken. Im Interesse der Umfrage sollte der Untersuchungsteil-<br />

nehmer vor allem in zweierlei Hinsicht motiviert werden: teilzunehmen und „wahre“<br />

Antworten zu geben.<br />

3 Mit <strong>dem</strong> Fragebogen soll der Interviewer befähigt werden, die Aufmerksamkeit des<br />

Befragten <strong>für</strong> die Gesamtdauer des Interviews auf sich zu ziehen.<br />

4 Der Befragte soll <strong>dem</strong> gesamten Interview leicht folgen können.<br />

Die Planung und Konstruktion des CATI-Fragebogens stellt besondere Ansprüche an den<br />

Programmierer und den Interviewer. Insgesamt hängt die Antwortqualität weitgehend vom<br />

Vertrauen des Befragten gegenüber <strong>dem</strong> Umfrageinstitut, <strong>dem</strong> Befragungsthema, <strong>dem</strong> In-<br />

terviewer und auch der Art und Weise ab, wie die Fragen angeordnet und gestellt werden.<br />

Für das standardisierte Telefoninterview eignen sich in erster Linie geschlossene Fragen.<br />

Dabei ermöglicht die computergestützte Datenerfassung sowohl die vollkommen freie Erfas-<br />

sung gegebener Antworten als auch die Zuordnung der Antwort zu bereits festgelegten Ant-<br />

wortkategorien (Feldvercodung). Neben den Antwortkategorien „weiß nicht“ bzw. „keine An-<br />

gabe“ ist es mit CATI möglich, <strong>für</strong> die Kategorie „sonstiges“ oder „anderes“ ein sich öffnen-<br />

des Fenster zu programmieren, um kurze Antworten offen einzutragen. Ist es bei geschlos-<br />

senen Fragen nicht möglich, kurz und bündig zu formulieren, so werden zunächst alle Ele-<br />

mente der Frage im Detail dargestellt und in der eigentlichen Frage dann jedoch nur die<br />

Schlüsselbegriffe der einzelnen Teile aufgegriffen (vgl. Dillmann 1978, S. 2<strong>06</strong> f.). Häufig ist<br />

es von Vorteil, zweistufige oder mehrstufige Fragen zu formulieren (vgl. Wüst 1998, S. 23).<br />

Eine Beispielfrage <strong>aus</strong> einer „Befragung <strong>aus</strong>bildender Betriebe“ soll dies verdeutlichen. Die<br />

Frage: „Falls Ihr Betrieb Auszubildende hat, <strong>für</strong> wie viele Lehrlinge haben Sie Fördermittel<br />

beantragt und nach welchen Kriterien?“ lässt sich in folgender Stufenabfrage mittels CATI<br />

realisieren:


Das CATI-System<br />

Frage 1: Sind bei Ihnen derzeit Auszubildende im Betrieb, <strong>für</strong> die Sie Fördermittel<br />

beantragt haben?<br />

Sollen längere Antwortlisten abgefragt werden, so bietet sich eine Einzelabfrage der Items<br />

an. Die Struktur, in der geantwortet werden soll (z. B. fünf Antwortkategorien oder eine<br />

Skala) ist meistens nach <strong>dem</strong> zweiten Item eingeübt und kann bei einem anderen Frage-<br />

block wieder gut Verwendung finden.<br />

Bei der Verwendung von Antwortskalen ist zwar im Telefoninterview eine optische Unter-<br />

stützung nicht möglich, jedoch kann bei Einsatz einer überschaubaren Skala, bspw. der 5er<br />

Skala von „sehr gut“ bis „sehr schlecht“ oder einer Thermometerskala das gleiche Resultat<br />

wie bei der Verwendung von optisch unterstützten Antwortskalen im persönlich-mündlichen<br />

Interview erreicht werden.<br />

Auch Rankings sind einsetzbar. Dazu wird die Liste aller Items (in einer vom Rechner ge-<br />

steuerten Zufallsreihenfolge) vorgelegt und zunächst nach <strong>dem</strong> wichtigsten Item gefragt, in<br />

der Folge wird dann nach <strong>dem</strong> wichtigsten unter den jeweils verbliebenen Items gefragt.<br />

Offene Fragen können im Telefoninterview gestellt werden, jedoch sollte sich deren Anzahl<br />

in Grenzen halten. Es ist darauf zu achten, dass die Antworten telefonisch meist kürzer als<br />

im face-to-face-Interview sind.<br />

ja ................... 1<br />

nein ............... 2 (weiter mit Frage ....)<br />

weiß nicht ...... 3 (weiter mit Frage ....)<br />

k. A. .............. 4 (weiter mit Frage ....)<br />

Frage 2: Für wie viele Lehrlinge trifft dies zu? ...........<br />

Frage 3: Nach welchem Förderkriterium wurden diese Mittel beantragt? (Mehr-<br />

fachnennung möglich)<br />

❒ Erstmalige Ausbildung<br />

❒ Übernahme von Konkurslehrlingen<br />

❒ Übernahme <strong>aus</strong> einer überbetrieblichen Einrichtung<br />

❒ Förderung von Mädchen in männlich dominierten Berufen usw.<br />

Offene Fragen lassen sich mittels CATI gut praktizieren, wenn kurze und konkrete Antwor-<br />

ten erwünscht sind wie bspw. die Frage nach <strong>dem</strong> Beruf des Befragten oder nach den Aus-<br />

bildungsrichtungen eines Betriebes. Andernfalls sollten offene Fragen so angelegt sein,<br />

dass sich die Antworten in einen Schlüsselbegriff fassen lassen, der dann vom Interviewer<br />

eingetragen werden kann. Möglich ist auch, dass der Interviewer die offene Antwort selbst in<br />

ein bereits vorgegebenes Schema einordnet. Besteht die Notwendigkeit offene Fragen zu<br />

stellen, die einer <strong>aus</strong>führlicheren Antwort bedürfen, so sollte dies im Vorfeld abgesprochen<br />

17


Christina Buchwald<br />

werden, um evtl. ein Aufnahmegerät einzuschalten und längere Statements mitschneiden zu<br />

können. Dazu muss allerdings das Einverständnis des Befragten eingeholt werden.<br />

Grundsätzlich ist es von Vorteil, im inhaltlichen Teil die wichtigsten Fragen im zweiten Drittel<br />

des Fragebogens zu platzieren, während die sozialstatistischen Fragen an den Schluss ge-<br />

hören.<br />

Neben vielen erfahrungsdeterminierten Regeln existiert eine Reihe offener Fragen, welche<br />

Raum <strong>für</strong> die Entwicklung von weiteren verlässlichen Routinen gibt.<br />

1.4.3 Die Formulierung der Fragen<br />

Für die Formulierung von Fragen haben sich eine Reihe von Regeln als günstig erwiesen:<br />

18<br />

1 Die Fragen sollten nach Möglichkeit kurz und einfach formuliert sein.<br />

2 Die Fragen sollten jeweils am Ende eine Aufzählung der zulässigen Antwortalterna-<br />

tiven enthalten, wobei die Möglichkeit der Antwortverweigerung oder „weiß nicht“<br />

bzw. „keine Meinung“ nicht vorgelesen werden.<br />

3 Wichtig ist, dass zu viele Antwortmöglichkeiten vermieden werden, da dies die<br />

Erinnerungsleistung des Befragten überfordern könnte und der Interviewte ver-<br />

stärkt dazu neigt, die erste oder letzte Kategorie zu nennen („Response-Order-Ef-<br />

fekt“).<br />

4 Die Verwendung von fünf Antwortkategorien sollte nicht überschritten werden.<br />

5 Numerische Skalen mit wechselnden, verbalisierten Extrempunkten und Zahlwer-<br />

ten innerhalb eines leicht überschaubaren Vorstellungsraumes wie ein Kontinuum<br />

von 0 bis 10, Thermometerfragen von –5 bis +5 oder Schulnoten sind einsetzbar.<br />

6 Ein häufiger Wechsel der Antwortformate eines Fragebogens kann zu Verwirrun-<br />

gen bei den Befragten führen und die Qualität der Daten senken.<br />

7 Aufgrund möglicher Ermüdungseffekte ist es ratsam, den Fragebogen<br />

abwechslungsreich zu gestalten.<br />

8 Fragen sollten inhaltlich gruppiert werden und die Fragekomplexe mit überleiten-<br />

den Formulierungen eingeleitet werden.<br />

1.5 Pretest<br />

Bevor der entwickelte Fragebogen ins Feld geht, bevor also die ersten telefonischen Inter-<br />

views mit Hilfe des Instruments durchgeführt werden, muss der Fragebogen (wie bei allen<br />

anderen Erhebungstypen auch) hinsichtlich seiner Funktionstüchtigkeit getestet werden.<br />

Beim Pretest finden zwei Aspekte Beachtung:


Das CATI-System<br />

1. Der Fragebogen muss auf seine Kommunizierbarkeit mittels CATI getestet<br />

werden.<br />

Folgende Aspekte sollten dabei Berücksichtigung finden (vgl. Fuchs 1994, S. 130):<br />

Der Fragebogen sollte von Seiten der Interviewer als ein flüssiges und nicht stockendes<br />

Erhebungsgespräch handhabbar sein, d. h. auf einen durchgängigen Fluss des Interviews<br />

ist zu achten, um P<strong>aus</strong>en, Brücken u. Ä. zu vermeiden, da diese Anlass <strong>für</strong> einen Abbruch<br />

des Interviews bieten könnten.<br />

Die Einzelfragen müssen <strong>für</strong> ein telefonisches Interview geeignet und insbesondere<br />

telefonisch kommunikabel sein und in der vom Forscher intendierten Weise vom Befragten<br />

verstanden werden (Bedeutungsäquivalenz) (vgl. Fuchs 1994, S. 125).<br />

2. Der Fragebogen muss auf seine Filterführung hin getestet werden.<br />

Die Filterführung und die Gabelstruktur des Fragebogens müssen geprüft werden, damit<br />

alle antizipierten Interviewvarianten vollständig erfasst sind.<br />

Im Pretest des Erhebungsbogens sollte die zeitliche Dauer abgeschätzt und ggf. der<br />

Fragebogen gekürzt werden. Die Angaben über die optimale Länge eines Te-<br />

lefoninterviews variieren in der Literatur – es finden sich Angaben von 20 bis 30 Minuten,<br />

aber auch bis zu 60 und mehr Minuten <strong>für</strong> Unternehmens- oder Expertenbefragungen.<br />

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein inhaltlich identisches Telefoninterview ein<br />

Zehntel bis ein Fünftel oder sogar noch kürzer <strong>aus</strong>fällt als das entsprechende face-to-face-<br />

Interview (vgl. Groves 1990, S. 234; Fuchs 1994, S. 56).<br />

Für die Fragebogenkonstruktion und den Pretest muss genügend Zeit veranschlagt werden,<br />

da im Fragebogen enthaltene Fehler nach Abschluss der Feldzeit nur schwer zu beheben<br />

sind.<br />

1.6 Interviewerschulung<br />

Der Erfolg einer Befragung ist neben der Konstruktion des Fragebogens, der Verlässlichkeit<br />

der Antworten, der Ausschöpfung der Stichprobe usw. auch von der Qualität der Intervie-<br />

werschulung abhängig. Beim Einsatz der Interviewer 4 soll nach Möglichkeit das inhaltliche<br />

Interesse <strong>für</strong> eine bestimmte Studie oder ein bestimmtes Thema und auch die Eignung <strong>für</strong><br />

bestimmte Umfragetypen berücksichtigt werden. Die Vorbereitung der Interviewer umfasst<br />

folgende zwei Bereiche:<br />

4 Das <strong>Zentrum</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialforschung</strong> Halle e.V. (<strong>zsh</strong>) arbeitet derzeit mit etwa 100 Studenten zusammen.<br />

19


Christina Buchwald<br />

1. Grundschulung, dazu gehört:<br />

20<br />

• Vermittlung von Grundlagen bezüglich der Rolle des Interviewers in der<br />

Erhebungssituation sowie Besonderheiten der telefonischen Befragung,<br />

• Sprechtechniken,<br />

• Umgang mit der Interviewersoftware,<br />

• Umgang mit der Telefonanlage,<br />

• Richtlinien bezüglich des Datenschutzes und des Persönlichkeitsrechts der Befrag-<br />

ten.<br />

2. Umfragespezifische Schulung:<br />

• Einführung in das Thema der Befragung,<br />

• Vorstellung des Fragebogens (inklusive der zur Anwendung kommenden Filterführung<br />

bzw. Besonderheiten) und<br />

• Übungsinterviews. 5<br />

Es gibt gute Gründe, einen permanenten Interviewerstamm aufzubauen und zu erhalten. Da<br />

die Interviewer bei längerer Tätigkeit im Telefonlabor bereits mit <strong>dem</strong> CATI-System vertraut<br />

sind, kann bei jeder neuen Studie auf die Grundschulung verzichtet werden. Es erfolgt nur<br />

noch die jeweilige umfragespezifische Schulung.<br />

Diese Schulung sollte nicht in einem zu kurzen Zeitraum vor der tatsächlichen Feldphase<br />

liegen, damit eine gründliche Einarbeitung in die jeweilige Thematik erfolgen kann. Die<br />

Übungsphase mit <strong>dem</strong> fertigen Fragebogen sollte nicht zu kurz gehalten werden, um Einar-<br />

beitungsverzerrungen während der ersten Feldtage zu vermeiden. Aufgrund ihres Erfah-<br />

rungsschatzes sollen nach Möglichkeit, Interviewer des Interviewerstammes an der Ausar-<br />

beitung eines Fragebogens beteiligt werden, da sie ihre <strong>aus</strong> vielen Untersuchungen gewon-<br />

nenen Erfahrungen konstruktiv einbringen können.<br />

Erfahrungen haben gezeigt, dass es erhebliche Varianzen in Bezug auf Qualität und Quan-<br />

tität der Arbeit gibt. Diesem Problem muss durch Schulungsanstrengungen begegnet wer-<br />

den. In der Literatur wird auch immer wieder davon berichtet, dass es eine spezifische Inter-<br />

viewerpersönlichkeit gibt, die auch nicht erlernt werden kann. Wiederum gibt es <strong>für</strong> je spezi-<br />

fische Umfragetypen (Managerbefragungen, Bevölkerungsbefragungen, Experteninterviews)<br />

unterschiedliche Befähigungen.<br />

Wie bei jeder anderen Befragungsform sind auch im Rahmen von Telefoninterviews Inter-<br />

viewereinflüsse zu verzeichnen. Allerdings können diese aufgrund des zentral geführten<br />

Interviewereinsatzes vom Supervisor besser kontrolliert werden. (vgl. Schenk 1990, S. 381).<br />

5 Mehr hierzu bei Lukanow Kapitel 4.3.2.


1.7 Abschließende Bemerkungen<br />

Das CATI-System<br />

Die Vorteile einer Erhebung mittels CATI können folgendermaßen stichpunktartig zusam-<br />

mengefasst werden (vgl. Schnell/Hill/Esser 1999, S. 353):<br />

Computergeleitete Befragung sind per Telefon auch <strong>für</strong> komplexere Fragebogendesigns<br />

mit komplizierten Filterführungen geeignet<br />

Kostenreduzierung<br />

Höhere Ausschöpfungsquoten als bei schriftlichen Befragungen<br />

Realisierung größerer Stichproben in kürzerer Zeit und mit weniger Interviewern<br />

Verkürzung der Feld- und Bearbeitungsphase<br />

Schnellere Datenerfassung<br />

Hohe Qualität der Daten bei gleichzeitig komplexeren Befragungsmöglichkeiten<br />

Verwaltung der Anrufwiederholungen bei Nicht-Erreichen eines Anschlusses<br />

Aktuelle Informationen über die Zahl abgeschlossener Interviews bzw. über Ab-<br />

schlussraten (sind laufend präsent)<br />

Computergestützte Kontrolle der Interviewer durch einen Supervisor (Dadurch ist ein<br />

reduzierter bzw. besser kontrollierter Interviewereinfluss gegeben.)<br />

Ständige Überwachung des gesamten Interviewprozesses<br />

Jederzeitige Erstellung von Zwischenergebnissen<br />

Im Bereich der kommerziellen Umfrageforschung wie auch in der Wissenschaft gewinnt die<br />

Telefonbefragung immer mehr an Bedeutung. Untersuchungen mittels CATI können <strong>für</strong> ver-<br />

schiedene Umfrageformen (z. B. Unternehmens- oder Bevölkerungsbefragungen) eingesetzt<br />

werden und sind besonders effektiv bei Befragungen mit großen Fallzahlen und standardi-<br />

sierten Fragestellungen.<br />

Telefoninterviews sind auch bei Wiederholungsbefragungen, z. B. in Panelstudien, entweder<br />

allein oder in Kombination mit anderen Erhebungsverfahren nützlich. Es besteht zu<strong>dem</strong> die<br />

Möglichkeit, im Rahmen repräsentativer Telefonumfragen besondere Zielgruppen her<strong>aus</strong>zu-<br />

filtern, die später nachbefragt werden (sog. „screening“). Wird die computergestützte Tele-<br />

fonbefragung mit anderen Alternativen verglichen, so muss gesagt werden, dass jede Um-<br />

frageform in jeweils spezifischen Feldern ihre Berechtigung besitzt. Jede Form der Umfrage<br />

weist Vor- und Nachteile auf, so dass die Wahl des Erhebungsinstrumentes situationsbezo-<br />

gen erfolgen sollte.<br />

21


Christian Koll<br />

Christian Koll<br />

2 Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei<br />

Betriebsbefragungen 6<br />

2.1 Einleitung<br />

Interviews gelten in der <strong>Sozialforschung</strong> als anerkanntes Instrument der Datenerhebung.<br />

Insbesondere computergestützte telefonische Befragungen (CATI) erleben seit längerer Zeit<br />

einen Aufschwung (Sahner 2002; Schneid 1991). Und obwohl ein häufig genannter Vorteil<br />

der CATI-Methode in der höheren bzw. verbesserten Erreichbarkeit von Repräsentanten<br />

spezieller Befragungsgruppen liegt (z.B. Schnell/Hill/Esser 1995, S. 351), werden sie doch<br />

überwiegend <strong>für</strong> die Durchführung von allgemeinen Bevölkerungs- und H<strong>aus</strong>haltsbefra-<br />

gungen genutzt. Aus diesem Grund liegen <strong>für</strong> diesen Bereich mittlerweile auch zahlreiche<br />

Erkenntnisse über die methodischen Spezifika von CATI-Interviews vor, die insgesamt recht<br />

gut dokumentiert sind. Die Fragestellungen ranken sich bspw. dabei um technische und or-<br />

ganisatorische Effizienz von CATI-Erhebungen, Stichprobenprobleme und Ausschöpfungen<br />

sowie Interviewereffekte.<br />

Dagegen sind <strong>für</strong> telefonische Betriebsbefragungen viele Fragen noch offen und bedürfen<br />

der weiteren Erforschung. Der Beitrag möchte an <strong>für</strong> Bevölkerungsbefragungen relevante<br />

Problemstellungen anknüpfen, weshalb sich die Gliederung an <strong>für</strong> telefonische Bevölke-<br />

rungsbefragungen typische Arbeitsfelder anlehnt. Ziel ist vor allem die Her<strong>aus</strong>stellung orga-<br />

nisatorischer Problemfelder, die mit der Durchführung von Betriebsbefragungen einherge-<br />

hen. Im ersten Teil soll es darum gehen, organisatorische Maßnahmen zu diskutieren, die<br />

zur Vorbereitung der Feldphase einer CATI-Befragung von Bedeutung sind. Im zweiten Teil<br />

werden neben den Ausschöpfungsquoten einige Befunde präsentiert, mit deren Hilfe die<br />

Phase der Kontaktaufnahme näher charakterisiert werden kann. Abschließend werden einige<br />

Fragen hinsichtlich der Interviewdauer sowie der Reaktions- bzw. Antwortzeiten zum Ge-<br />

genstand der Betrachtungen. Insbesondere in diesem Teil werden mittels multivariater Ana-<br />

lysen mögliche Einflüsse verschiedener als relevant zu erachtender Strukturmerkmale von<br />

Unternehmen, Befragten sowie Interviewern getestet und miteinander verglichen. Gleichzei-<br />

tig soll damit ein Bezug zu methodisch-inhaltlichen Fragestellungen und künftiger Forschung<br />

im Hinblick auf die Verbesserung der Qualität von Daten hergestellt werden.<br />

2.2 Die organisatorische Vorbereitung von CATI-Betriebsbefragungen<br />

Für Bevölkerungsbefragungen existiert eine Reihe von „Standardprozeduren“ zur effizienten<br />

Vorbereitung und Durchführung einer telefonischen Befragung. Als wesentliche Punkte sind<br />

hierbei die Ziehung geeigneter Stichproben sowie die Recherche von Telefonanschlüssen<br />

6 Dieser Text basiert auf <strong>dem</strong> Beitrag von Christian Koll „Überlegungen zur effizienten Durchführung von CATI-<br />

Betriebsbefragungen“ in <strong>dem</strong> Buch „Zehn <strong>aus</strong> Achtzig. Burkart Lutz zum 80.“ von Ingo Wiekert (Hg.).<br />

22


Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

und der Versand von Informations- bzw. Ankündigungsschreiben hervorzuheben. Parallel<br />

dazu spielt die Schulung von Interviewern eine wichtige Rolle. Nachfolgend werden deshalb<br />

diese Felder <strong>für</strong> Bevölkerungsbefragungen kurz beleuchtet, um anschließend einige Unter-<br />

schiede zu Befragungen von Unternehmen und Betrieben darzustellen.<br />

2.2.1 Stichprobenziehungen<br />

Vor einer telefonischen Befragung müssen Entscheidungen über die Auswahl der Stichprobe<br />

getroffen werden. Für repräsentative Bevölkerungsbefragungen werden in der methodischen<br />

Literatur zahlreiche Auswahlverfahren vorgeschlagen. Eine Methode besteht einerseits in der<br />

nach Quoten geschichteten Stichprobenziehung über Einwohnermelderegister. Allerdings<br />

können infolge einer zunehmend geringer werdenden Eintragsdichte in Telefonverzeichnisse<br />

bei der Recherche von Telefonanschlüssen systematische Verzerrungen auftreten (Schulte<br />

1997; von der Heyde 1997; Heckel 2002). Gut bewährt hat sich andererseits die Stichpro-<br />

benziehung nach <strong>dem</strong> sogenannten Häder-Gabler-Design, bei <strong>dem</strong> auch H<strong>aus</strong>halte in die<br />

Auswahl einbezogen werden, die nicht in offizielle Telefonverzeichnisse eingetragen sind<br />

(Häder/Gabler 1998). 7<br />

Für Unternehmensbefragungen erweisen sich diese Vorgehensweisen nur sehr einge-<br />

schränkt als sinnvoll und praktikabel. So existieren im Hinblick auf die Vorgehensweise <strong>für</strong><br />

die Bildung einer geeigneten Stichprobe unterschiedliche Möglichkeiten, die jeweils mit Vor-<br />

und Nachteilen behaftet sind. Eine gängige Variante ist die Stichprobenziehung mit Hilfe des<br />

Hoppenstedt-Verzeichnisses. Hier sind Adressen und Telefonnummern von Firmen sowie<br />

Informationen über zentrale strukturelle Merkmale von Betrieben enthalten. Der Eintrag <strong>für</strong><br />

die Unternehmen ist jedoch freiwillig und kostenpflichtig; zu<strong>dem</strong> liegt das primäre Ziel der<br />

Hoppenstedt-Datei in der Erstellung von Lieferverzeichnissen. Dies hat vor allem <strong>für</strong> kleine<br />

Firmen eine als zu gering zu erachtende Eintragungsdichte zur Folge. Aus diesem Grunde<br />

scheint es angemessener, nach relevanten Betriebsmerkmalen geschichtete Stichproben mit<br />

Hilfe der Betriebsnummerndatei der Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit zu ziehen und anschließend<br />

Telefonnummern nachzurecherchieren. Hier können dann sämtliche Informationsmedien –<br />

Hoppenstedt-Verzeichnis, Telefonbuch bzw. -CD-Rom sowie das Internet – herangezogen<br />

werden. 8<br />

7 Die beiden genannten Auswahlmethoden markieren das Spektrum einer Reihe weiterer, sich graduell<br />

voneinander unterscheidenden Verfahren der Zufalls<strong>aus</strong>wahl von Telefonstichproben. Einen kritischen Überblick<br />

geben Häder/Gabler (2000).<br />

8 Für eine detaillierte Analyse von Ausfallstatistiken wäre dann wichtig, Strukturmerkmale von Betrieben zu<br />

berücksichtigen, bei denen sich auf keinem Weg eine Telefonnummer ermitteln ließ.<br />

23


Christian Koll<br />

2.2.2 Informationsversand<br />

Hinsichtlich der Versendung von Anschreiben existieren Hinweise ebenfalls vor allem <strong>für</strong> den<br />

Bereich von Bevölkerungsumfragen. Gut belegt ist, dass die Versendung eines Anschrei-<br />

bens, in welchem die Befragung angekündigt und ihre Ziele sowie die verantwortliche Institu-<br />

tion genannt werden, die Teilnahmewilligkeit erhöht (Dillmann 1978, S. 245 ff.; Porst 1991;<br />

Hüfken 2000b). Insbesondere im Hinblick auf den Einsatz einer Zufallsstichprobe nach der<br />

Häder-Gabler-Methode kann alternativ über eine Ankündigung in der Presse nachgedacht<br />

werden, da in diesen Fällen nur wenige Adressdaten zur Verfügung stehen.<br />

Zwar kann auch <strong>für</strong> Betriebsbefragungen begründet vermutet werden, dass ein Anschreiben<br />

positive Effekte auf die Teilnahmebereitschaft <strong>aus</strong>übt, doch zeigt sich im Zuge der Feldarbeit<br />

von Unternehmensbefragungen, dass eine große Zahl der potenziellen Ansprechpartner die<br />

Anschreiben häufig nicht erhält oder zumindest nicht liest. Als sehr vorteilhaft erweist es sich<br />

in diesen Fällen, bei der ersten Kontaktaufnahme den Zielpersonen anzubieten, die<br />

Ankündigung der Befragung sowie die entsprechenden Informationen noch einmal<br />

postalisch, per E-Mail oder über das Fax-Gerät zu versenden (vgl. Sonderforschungsbereich<br />

580 (2004), S. 335 f.). Diese Maßnahmen erfordern zwar zunächst ein stark erhöhtes Maß<br />

an organisatorischem Aufwand. Da sie jedoch zu einem insgesamt wesentlich flüssigeren<br />

und effizienteren Studienverlauf beitragen, relativieren sich die zusätzlichen Kosten recht<br />

schnell. Ergänzend bietet es sich an, <strong>für</strong> die Ankündigung einer Studie und die Verbreitung<br />

von Informationen auf die Infrastrukturen von Verbänden oder Kammern zurückzugreifen<br />

und bspw. Mitgliederzeitschriften oder Informationsverteiler zu nutzen. Als problematisch<br />

kann sich jedoch die inhaltliche Gestaltung des Anschreibens erweisen, da einerseits die<br />

Informationen hinsichtlich der Studienziele und der die Befragung durchführenden Institution<br />

sowie zum Datenschutz möglichst umfassend <strong>aus</strong>fallen, andererseits aber auch kurz und<br />

übersichtlich gehalten sein sollten. 9<br />

2.2.3 Interviewerschulung<br />

Ein wesentlicher Bestandteil der Vorbereitung der Feldphase ist eine umfassende und an-<br />

gemessene Schulung der Interviewer. Die Schulungen <strong>für</strong> Betriebsbefragungen unterschei-<br />

den sich prinzipiell wenig von Schulungen <strong>für</strong> Bevölkerungsbefragungen. Dass sie im Allge-<br />

meinen trotz<strong>dem</strong> aufwendiger <strong>aus</strong>fallen, liegt an einigen zentralen Besonderheiten von Be-<br />

triebsbefragungen im Gegensatz zu H<strong>aus</strong>halts- oder Bevölkerungsumfragen. In erster Linie<br />

müssen die Interviewer wie sonst auch mit der Thematik einer Studie vertraut gemacht wer-<br />

den. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Erläuterung von Fachtermini und Begriffs-<br />

definitionen und die Erörterung einzelner Items im Kontext des Gesamtfragebogens. In die-<br />

sem Zusammenhang kommt es auch darauf an, die Interviewer auf relevante Filterführungen<br />

vorzubereiten. Ein zentraler Unterschied zu H<strong>aus</strong>halts- und Bevölkerungsbefragungen<br />

9 Infolge praktischer Erfahrungen bei Befragungen in Betrieben und bei Führungskräften von Unternehmen wird<br />

inzwischen auch darüber nachgedacht, auf den Versand von Informationen vor Beginn einer Erhebung völlig<br />

zu verzichten (vgl. Ritter 20<strong>06</strong>, S. 90).<br />

24


Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

besteht aber vor allem in der potentiellen Expertenrolle der Zielpersonen. Deshalb ist es<br />

nicht zuletzt auch notwendig, die Interviewer auf die mit den besonderen Stellungen im<br />

Betrieb verbundenen Funktionen sowie die dar<strong>aus</strong> resultierenden Probleme wie Zeitmangel<br />

und Unterbrechungen, aber auch gesteigertes Reflexionspotential der möglichen Inter-<br />

viewpartner vorzubereiten. Sinnvoll ist es, Schulungen in kleineren Gruppen und in mehreren<br />

Etappen durchzuführen, und vor allem an den späteren Schulungen bereits an einer Studie<br />

mitarbeitende Interviewer teilnehmen zu lassen. Damit wird zum einen Interviewern die<br />

Gelegenheit gegeben, praktische Eindrücke und Probleme im direkten Aust<strong>aus</strong>ch mit den<br />

Mitgliedern des Forscherteams zu diskutieren. Zum anderen erhalten die Forscher einen<br />

unvermittelten und anschaulichen Einblick in die Feldarbeit. Darüber hin<strong>aus</strong> kann gewähr-<br />

leistet werden, dass insbesondere Interviewer, die bislang keine Erfahrungen im Bereich<br />

Betriebs- oder Expertenbefragungen sammeln konnten, von einem höheren Wissens- und<br />

Erfahrungsstand <strong>aus</strong>gehend eingewiesen werden.<br />

Die wesentlichen Unterschiede zwischen telefonischen Betriebs- und Bevölkerungsbefragun-<br />

gen sind in Tabelle 1 in übersichtlicher Form zusammengefasst.<br />

Tabelle 1: Feldvorbereitungen <strong>für</strong> telefonische Bevölkerungs- und Betriebsbefragungen<br />

im Vergleich<br />

1. Stichprobenziehung Quotenverfahren mit Hilfe der<br />

Einwohnermelderegister mit<br />

anschließender Telefonnummernrecherche<br />

2. Ankündigungen und<br />

Informationen<br />

ODER<br />

Bevölkerungsbefragung Unternehmensbefragung<br />

Zufalls<strong>aus</strong>wahl nach Häder-<br />

Gabler-Design<br />

Versand nur bei bekannter<br />

Adresse möglich<br />

Ankündigungen in regionalen<br />

Medien<br />

3. Interviewerschulung Vorbereitung der Interviewer auf<br />

unterschiedliche kognitive und<br />

kommunikative Kompetenzen<br />

einzelner Zielpersonen<br />

Überlegene Position des Interviewers<br />

durch einseitig strukturierte<br />

Kommunikation<br />

Quotenverfahren nach IAB-<br />

Betriebsnummerndatei<br />

ODER<br />

Hoppenstedt-Datei<br />

(jeweils mit anschließender<br />

Telefonnummernrecherche)<br />

Versand bei bekannter<br />

Adresse (i. d. R. z. H. der<br />

Geschäftsleitung)<br />

Ankündigungen in Fachpresse<br />

oder über verbandliche<br />

Organisationen<br />

Vorbereitung auf unterschiedliche<br />

Positionen und<br />

Funktionen verschiedener<br />

Kontaktpersonen<br />

Abnehmende Überlegenheit<br />

der Interviewerposition mit<br />

zunehmenden Expertenstatus<br />

der Zielperson<br />

25


Christian Koll<br />

2.3 Ausschöpfungsstatistik und Kontaktverhalten<br />

Die Problematisierung von Ausschöpfungen ist insbesondere im Hinblick auf die Gewährleis-<br />

tung der Repräsentativität einer Befragung relevant. Deshalb konzentriert sich ein Schwer-<br />

punkt in der methodischen Diskussion von Bevölkerungsbefragungen auf die Problematik<br />

sinkender Ausschöpfungen und des Nonresponse (z. B. Schnell 1997). Hier werden unter<br />

anderem Fragen der Erreichbarkeit und der Teilnahmebereitschaft in den Blick genommen.<br />

Eine detaillierte Darstellung der Ausschöpfungsstatistik im Projekt zur „Kompetenzentwick-<br />

lung in deutschen Unternehmen: Formen, Vor<strong>aus</strong>setzungen und Veränderungsdynamik“ ist<br />

deshalb zunächst im Abschnitt 2.3.2 zu finden.<br />

Hinsichtlich der Kontaktaufnahme werden <strong>für</strong> Bevölkerungsbefragungen üblicherweise die<br />

Nachmittags- oder frühen Abendstunden empfohlen, um eine möglichst hohe und<br />

repräsentative Ausschöpfung vor allem unter der mobilen und erwerbstätigen Bevölkerung<br />

zu gewährleisten. Darüber hin<strong>aus</strong> werden <strong>für</strong> Bevölkerungsbefragungen durchschnittlich 8<br />

bis 10 Kontaktversuche als <strong>aus</strong>reichend angesehen. Dass diese Regeln <strong>für</strong> Betriebs- und<br />

Unternehmensbefragungen nicht in Anschlag gebracht werden können, wird unter Punkt<br />

2.3.3 gezeigt.<br />

Über die angemessene Dauer eines Telefoninterviews lassen sich in der methodischen<br />

Literatur keine einheitlichen Hinweise finden. Angemerkt wird zwar, dass mit zunehmender<br />

Interviewdauer die Fähigkeit zur Aufmerksamkeit und Konzentration eines Befragten<br />

strapaziert wird, doch muss durch die Möglichkeit zur Unterbrechung eines Interviews hierin<br />

nicht zwangsläufig eine Beschränkung gesehen werden (vgl. Brückner 1993, S. 152 ff.). 10<br />

Mögliche Einflüsse auf die Interviewdauer sowie Antwort- und Reaktionszeiten werden<br />

abschließend in Abschnitt 2.3.4 erörtert.<br />

2.3.1 Beschreibung möglicher Einflussfaktoren<br />

Bei der Erklärung von Erreichbarkeit und Teilnahmebereitschaft wird eine Vielzahl verschie-<br />

dener Einflussfaktoren <strong>für</strong> bedeutsam erachtet. So wird bspw. <strong>für</strong> telefonische Bevölkerungs-<br />

befragungen konstatiert, dass Interviewer einen nicht unerheblichen Einfluss auf das<br />

Kontakt- und Teilnahmeverhalten von Befragungspersonen haben können (z.B.<br />

Groves/Kahn 1979; Groves/Fultz 1985; Oksenberg/Cannell 1988, S. 257 ff.; Friedrichs<br />

1990b, S. 416 f.). Darüber hin<strong>aus</strong> werden neben sozio<strong>dem</strong>ographischen auch Persönlich-<br />

keits- sowie Stimmeigenschaften als <strong>aus</strong>schlaggebend erachtet (Frey/Kunz/Lüschen 1990,<br />

S. 184 ff.; Hüfken/Schäfer 2003). Ein weiterer Faktor <strong>für</strong> die Erklärung von Varianzen im<br />

Teilnahmeverhalten ist möglicherweise auch eine mit der Funktion des Interviewers<br />

verbundene Kompetenz zur Rollenübernahme. Wenn bspw. erfahrene Interviewer geringere<br />

Verweigerungsraten produzieren (Groves/Fultz 1985, S. 36), kann angenommen werden,<br />

dass mit der Interviewerrolle verbundene Anforderungen mit zunehmender Erfahrung des<br />

Interviewers besser bewältigt werden können.<br />

10 Allerdings scheint die Annahme pl<strong>aus</strong>ibel, dass <strong>für</strong> Befragungen, bei denen die Erhebung von Einstellungen<br />

oder Werten zu einem bestimmten Zeitpunkt im Vordergrund steht, eine Unterbrechung und Vertagung eines<br />

bereits begonnenen Interviews durch<strong>aus</strong> nachteilige Effekte auf das Antwortverhalten haben kann.<br />

26


Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

Es ist zwar nicht <strong>aus</strong>zuschließen, dass bei Unternehmensbefragungen die gleichen Einflüsse<br />

wirksam sein können wie bei Bevölkerungsumfragen. Dennoch bleibt unklar, in welcher<br />

Weise bei Expertenbefragungen dieselben Eigenschaften und Fähigkeiten von Interviewern<br />

relevant sind, oder ob nicht auch andere Einflussfaktoren von Bedeutung sein können. In<br />

Anlehnung an die frühen Untersuchungen Hymans zu Interviewereffekten (1954) und in<br />

Analogie zu <strong>dem</strong> <strong>für</strong> face-to-face-Befragungen entwickelten Modell der wechselseitigen Ein-<br />

flussnahme von Interviewern und Befragten (Cannell/Kahn 1968) ist nicht <strong>aus</strong>zuschließen,<br />

dass bei telefonischen Betriebsbefragungen zusätzlich sowohl von strukturellen Merkmalen<br />

der Unternehmen („Betriebs<strong>dem</strong>ographie“) als auch von strukturellen sowie persönlichen<br />

Eigenschaften der jeweiligen Positionsinhaber Effekte zu erwarten sind. Aus diesen Gründen<br />

werden in den nachfolgend dargestellten Analysen drei verschiedene Gruppen möglicher<br />

Einflussfaktoren berücksichtigt. Die anschließenden methodischen Vorgehensweisen haben<br />

teils hypothesentestenden Charakter; gleichzeitig wird eine eher explorative Strategie ver-<br />

folgt. 11<br />

(a) Strukturelle Merkmale der Betriebe<br />

Es ist zu vermuten, dass mehrere strukturelle Einflüsse von Unternehmen bei der Kontakt-<br />

aufnahme wirksam sind. Von besonderer Bedeutung kann diesbezüglich neben der Be-<br />

triebsgröße auch die Komplexität innerbetrieblicher Strukturen sein. Geklärt werden muss<br />

hierbei, in welche Richtung mögliche Effekte gehen. Einerseits kann sich mit zunehmender<br />

Betriebs- bzw. Unternehmensgröße die Suche nach einer geeigneten Zielperson (i .d. R.<br />

Geschäfts- oder Personalleitung) schwieriger gestalten; andererseits kann davon <strong>aus</strong>gegan-<br />

gen werden, dass größere Unternehmen eher über separate Bereiche oder Abteilungen<br />

verfügen, so dass die Suche nach einem Informanten zielgerichteter erfolgen kann. In den<br />

Modellen werden deshalb die innerbetrieblichen Strukturen sowohl mittels der Anzahl der<br />

Beschäftigten als auch der Anzahl der Abteilungen bzw. Bereiche des Unternehmens opera-<br />

tionalisiert. Darüber hin<strong>aus</strong> werden potentiell wirksame regionale Unterschiede und Einflüsse<br />

berücksichtigt.<br />

Abbildung 10: Strukturelle Merkmale der Betriebe<br />

Anzahl der Mitarbeiter absolute Anzahl bzw. gruppiert<br />

Anzahl unterschiedlicher Abteilungen/Bereiche absolute Anzahl bzw. gruppiert<br />

Region Ost vs. West<br />

(b) Merkmale der Befragten<br />

Analog zum Einfluss sozio<strong>dem</strong>ographischer Merkmale von Befragten in Bevölkerungsum-<br />

fragen kann vermutet werden, dass unmittelbar mit der betrieblichen Einbindung und<br />

Position des Befragten im Zusammenhang stehende Faktoren eine Wirkung entfalten.<br />

Deshalb werden neben <strong>dem</strong> Geschlecht und <strong>dem</strong> Bildungsstand der Befragten auch deren<br />

Position bzw. die Funktion im Betrieb sowie die Betriebszugehörigkeitsdauer in die Analyse<br />

einbezogen.<br />

11 Die Regressionsanalysen wurden mit der Methode des Einschlussverfahrens berechnet.<br />

27


Christian Koll<br />

Abbildung 11: Merkmale der Befragten<br />

28<br />

Geschlecht der Befragten männlich vs. weiblich<br />

Berufliches Qualifikationsniveau der Befragten ohne Abschluss<br />

Facharbeiterabschluss<br />

Fachschulabschluss<br />

Hochschulabschluss<br />

Position im Unternehmen (Dummy-Codierung) Geschäftsführer<br />

Personalleiter<br />

Assistent der Geschäftsführung bzw.<br />

Personalleitung<br />

sonstige<br />

Betriebszugehörigkeitsdauer in Jahren<br />

(c) Merkmale und Eigenschaften der Interviewer<br />

Eine Vielzahl möglicher Einflüsse der Interviewer auf das Teilnahme- und Antwortverhalten<br />

ist in verschiedenen Studien zu Interviewereffekten untersucht worden. Zum einen wird<br />

davon <strong>aus</strong>gegangen, dass sozio<strong>dem</strong>ographische Merkmale eine Rolle spielen, darüber<br />

hin<strong>aus</strong> werden aber auch Persönlichkeitseigenschaften als relevant erachtet. Deshalb<br />

wurden außer <strong>dem</strong> Interviewergeschlecht auch fünf primäre Persönlichkeitseigenschaften<br />

mit Hilfe des 16-Persönlichkeits-Faktoren-Tests erhoben, die geeignet schienen, neben<br />

allgemeinen Verhaltens- und Wesensmerkmalen die <strong>für</strong> Interaktions- und Kommuni-<br />

kationssituationen bedeutsamen sozialen Verhaltensstile, das Arbeitsverhalten sowie das<br />

Verhalten in Problemsituationen wiederzugeben. Für potentiell relevant können m. E.<br />

Verhaltensorientierungen auf den Dimensionen „Sach- vs. Kontaktorientierung“, „Emotinale<br />

Störbarkeit vs. Widerstandsfähigkeit“, „Zurückhaltung vs. Selbstsicherheit“, „Unbefangenheit<br />

vs. Überlegtheit“ sowie „Innere Ruhe vs. Gespanntheit“ (Schneewind et al. 1994) gehalten<br />

werden. 12 Als weitere Variable wurde zusätzlich die Interviewererfahrung – operationalisiert<br />

über die Dauer der Mitwirkung an der Studie – kontrolliert.<br />

12 Eine <strong>aus</strong>führliche Beschreibung der Primärfaktoren findet sich bei Schneewind et al. (1994, S. 30 ff.).


Abbildung 12: Merkmale und Eigenschaften der Interviewer<br />

Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

Geschlecht des Interviewers männlich vs. weiblich<br />

Interviewererfahrung Dauer der Mitarbeit an der Studie in Stunden<br />

Persönlichkeitseigenschaften Sach- vs. Kontaktorientierung<br />

emotionale Störbarkeit vs. Widerstandsfähigkeit<br />

Zurückhaltung vs. Selbstsicherheit<br />

Unbefangenheit vs. Überlegtheit<br />

innere Ruhe vs. Gespanntheit<br />

Die nachfolgend dargestellten Daten und Informationen resultieren <strong>aus</strong> einer im CATI-Labor<br />

des <strong>Zentrum</strong>s <strong>für</strong> <strong>Sozialforschung</strong> Halle e.V. durchgeführten telefonischen Befragung bei<br />

Personalverantwortlichen und Geschäftsführern von Unternehmen im Rahmen des Projektes<br />

„Kompetenzentwicklung in deutschen Unternehmen: Formen, Vor<strong>aus</strong>setzungen und Verän-<br />

derungsdynamik“. In dieser Befragung wurden in <strong>dem</strong> Zeitraum vom 1. August bis zum 13.<br />

Dezember 2002 auf der Grundlage von 9 997 Adressen 1 788 Interviews mit Geschäftsfüh-<br />

rern und Personalverantwortlichen von Unternehmen und Betrieben zur Problematik der<br />

Kompetenzentwicklung im jeweiligen Betrieb durchgeführt. Die Interviews dauerten im<br />

Durchschnitt 45 Minuten und lagen somit verhältnismäßig weit über <strong>dem</strong>, was als üblich und<br />

vertretbar erscheint. Der Fragebogen enthielt mehrere, über eine detaillierte Filterführung<br />

angesteuerte Themenkomplexe, von denen jeder geeignet schien, unter Berücksichtigung<br />

der Komplexität innerbetrieblicher Strukturen unterschiedliche Formen von Kompetenzent-<br />

wicklung in Unternehmen zu operationalisieren und somit zur Erhebung relevanter und ver-<br />

lässlicher Informationen beizutragen (vgl. Winge 2005).<br />

2.3.2 Ausschöpfungsquoten des Kompetenzentwicklungs-Projektes<br />

Im Hinblick auf die Ausschöpfungsquoten unterscheiden sich die Zahlen bei Betriebs-<br />

befragungen im Vergleich zu Bevölkerungsbefragungen sehr deutlich. Wird <strong>für</strong> Telefoninter-<br />

views bei der Bevölkerung oder bei H<strong>aus</strong>halten in der Regel eine Teilnahmebereitschaft von<br />

über 50 Prozent berichtet (z. B. Koll 2004; Hüfken 2000b; Schnell 1997; von <strong>dem</strong> Knese-<br />

beck/Lüschen 2000, S. 125; Reuband 2000, S. 204; Porst 1993, S. 27), beträgt die Netto-<br />

Ausschöpfung bei Unternehmens- und Betriebsbefragungen nur etwa 30 Prozent (vgl. z.B.<br />

Sonderforschungsbereich 580 2004, S. 337). 13 Die Ausschöpfungsquoten <strong>für</strong> die Befragung<br />

des Projektes „Kompetenzentwicklung in deutschen Unternehmen“ sind in Tabelle 2 dar-<br />

gestellt. Die Teilnahmequote liegt mit etwa 25 Prozent zwar unter, aber immer noch relativ<br />

nahe an den berichteten 30 Prozent. Gleichzeitig fällt auf, dass der Anteil expliziter<br />

13 Umgekehrt werden <strong>für</strong> Bevölkerungsbefragungen explizite Verweigerungsquoten Werte zwischen 20 und<br />

30 Prozent dokumentiert (Hüfken 2000, S. 12). Für telefonische Unternehmensbefragungen liegen dagegen<br />

nur wenige Werte vor, die bei knapp 70 Prozent liegen (vgl. Sonderforschungsbereich 580 2004, S. 337).<br />

29


Christian Koll<br />

Verweigerungen mit beinahe 75 Prozent erheblich stärker <strong>aus</strong>fällt als bei Bevölkerungsum-<br />

fragen.<br />

Tabelle 2: Ausschöpfungsstatistik der Telefonbefragung zur „Kompetenzentwicklung in<br />

deutschen Unternehmen“<br />

30<br />

Brutto 1:<br />

Adressstichprobe<br />

nicht recherchierbare<br />

Nummern 1.291 12,9<br />

Brutto 2:<br />

Telefonstichprobe<br />

Netto-Stichprobe<br />

Absolut Prozent Absolut Prozent Absolut Prozent<br />

kein Anschluss, falsche<br />

Tel.-Nr. 396 3,9 396 4,5<br />

nicht zur Zielgruppe<br />

gehörig 162 1,6 162 1,9<br />

nicht Erreichte (AB, FAX,<br />

besetzt, nicht<br />

abgearbeitete Termine) 1.135 11,4 1.135 13,0<br />

kein Interesse /<br />

Verweigerung 5.187 51,9 5.187 59,6 5.187 74,0<br />

Abbrüche im Interview 38 0,38 38 0,44 38 0,54<br />

realisierte Interviews 1.788 17,9 1.788 20,5 1.788 25,5<br />

Gesamtzahl 9.997 100,0 8.7<strong>06</strong> 100,0 7.013 100,0<br />

2.3.3 Interviewzeiten, Kontaktaufnahme und Anrufversuche<br />

Effiziente Anrufzeiten bei CATI-Bevölkerungsbefragungen liegen in den frühen<br />

Abendstunden (Frey/Kunz/Lüschen 1990, S. 192; Lavrakas 1987, S. 125 f.). Im Gegensatz<br />

dazu werden Telefoninterviews bei Unternehmensbefragungen im allgemeinen zu den<br />

üblichen Geschäfts- und Betriebszeiten von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr durchgeführt. Eher<br />

vereinzelt werden Interviews auch außerhalb dieser Zeitspanne realisiert (Abbildung 13).


Abbildung 13: Verteilung der Interviews nach Uhrzeit<br />

Prozent<br />

10<br />

Quelle: eigene Berechung<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

Es sind zwei Extrempunkte feststellbar. Nach einem steilen Anstieg ab etwa 8:00 Uhr wird<br />

ein erster Höhepunkt in <strong>dem</strong> Bereich von 10:00 Uhr bis 10:30 Uhr erreicht. Für die Zeit von<br />

etwa 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr – es handelt sich um eine typische Mittagsp<strong>aus</strong>enzeit – sinkt<br />

der Anteil der Interviews um mehr als die Hälfte ab, um anschließend wieder stark anzustei-<br />

gen, bis sich ein zweites, wenn auch schwächer <strong>aus</strong>geprägtes Maximum zwischen 14:30<br />

Uhr und 15:00 Uhr <strong>aus</strong>bildet. In der Folgezeit fällt die Anzahl der realisierten Interviews dann<br />

stetig ab und tendiert immer stärker gegen Null. Nichtsdestotrotz kommen auch in den frühen<br />

Abendstunden noch Interviews zustande, <strong>für</strong> die jedoch nur ein kleiner Bedarf an Intervie-<br />

wern vorgehalten werden braucht. Eine zusätzliche Kontrolle der Verteilung der Interview-<br />

zeiten nach Strukturmerkmalen der Betriebe sowie der Interviewpartner und der Interviewer<br />

brachte keine weiteren Erkenntnisse.<br />

07:00<br />

08:30<br />

10:00<br />

11:30<br />

13:00<br />

14:30<br />

16:00<br />

17:30<br />

19:00<br />

Zeitintervalle<br />

Interview zeit,<br />

gruppiert Prozent<br />

Neben den Ausschöpfungen und den Interviewzeiten folgen auch die Kontaktdaten einem<br />

völlig anderen Muster. Während Erhebungsverläufe <strong>für</strong> Bevölkerungsbefragungen einen<br />

starken Anstieg der realisierten Interviews bereits nach <strong>dem</strong> ersten Kontaktversuch<br />

verzeichnen (vgl. Drews/Götzinger 1998, S. 145), weist der Verlauf bei einer Betriebsbefra-<br />

gung eher ein wellenförmiges Muster auf (Abbildung 14). Insgesamt waren <strong>für</strong> die<br />

Durchführung der Interviews durchschnittlich 8 Kontaktversuche notwendig. Nur 4,5 Prozent<br />

aller Interviews wurden bereits beim ersten Kontaktversuch realisiert. Der größte Anteil von<br />

Interviews kam erst beim 3. Kontaktversuch zustande. Insgesamt streuen die Kontaktver-<br />

suche bei Unternehmensbefragungen sehr viel breiter, so dass bspw. das Maximum der<br />

Kontaktversuche bis zur endgültigen Realisierung eines Interviews bei 44 liegt.<br />

31


Christian Koll<br />

Abbildung 14: Verteilung erfolgreicher Interviews nach Kontaktversuchen<br />

Quelle: eigene Berechung<br />

Die vordergründigen Ursachen der im Vergleich zu Bevölkerungsbefragungen sehr viel<br />

höheren Anzahl notwendiger Kontaktversuche zur Realisierung einer akzeptablen Stichpro-<br />

ben<strong>aus</strong>schöpfung liegen insbesondere in der Suche nach einem geeigneten Ansprechpart-<br />

ner sowie in den aufgrund häufig geäußerten Zeitmangels auftretenden Schwierigkeiten bei<br />

der Terminabsprache. In vielen Fällen muss ein geeigneter Ansprechpartner erst im Zuge<br />

der Kontaktierung identifiziert werden, wobei der Interviewer oft ein „mehrstufiges Selektions-<br />

verfahren“ durchläuft: Häufig führt eine identifizierte Telefonnummer zunächst in eine Tele-<br />

fonzentrale eines Betriebes. Nach<strong>dem</strong> dort <strong>dem</strong> jeweiligen Gesprächspartner das Anliegen<br />

vorgetragen wurde, entscheidet dieser, ob und wohin ein Gespräch weitergeleitet wird. 14 Die<br />

weit<strong>aus</strong> größere Barriere stellen Sekretariate und Vorzimmer dar. Zum einen können die dort<br />

Beschäftigten weitgehend autonom und im Namen der Zielperson über die Wichtigkeit eines<br />

Anliegens entscheiden und haben somit Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit des Zustande-<br />

kommens eines Interviews. Zum anderen werden Verbindungen oft nicht sofort oder gar<br />

nicht hergestellt und statt dessen Termine vereinbart. Diese Bedingungen setzen ein<br />

beträchtliches Maß an Geduld, Flexibilität und Einfallsreichtum beim Interviewer vor<strong>aus</strong>. Zu-<br />

nächst muss er auf eine Vielzahl verschiedener Interaktionspartner auf unterschiedlichen Po-<br />

sitionen und mit jeweils unterschiedlichen kognitven Vor<strong>aus</strong>setzungen gefasst sein und an-<br />

gemessen (re-)agieren. Zu<strong>dem</strong> sind die Positionen in einem Betrieb häufig mit spezifischen<br />

Kompetenzen und Funktionen <strong>aus</strong>gestattet.<br />

Ein weiteres Problem resultiert dar<strong>aus</strong>, dass Betriebe mit eigenen Personalabteilungen zwar<br />

über spezielle Funktionsträger mit spezifischem Fachwissen im Bereich der innerbetrieb-<br />

lichen Personalarbeit und -entwicklung und somit über kompetente Informanten verfügen.<br />

Diese sind in der Regel aber nicht ohne weiteres ermächtigt, Auskünfte über innerbetrieb-<br />

14 In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich bereits zu Beginn einer Studie darüber klar zu werden, wer die<br />

relevante Zielperson bei der Kontaktaufahme ist. Gerade in größeren Unternehmen macht es <strong>für</strong> die telefonische<br />

Weitervermittlung einen Unterschied, ob eine Verbindung zur Geschäftsleitung oder zur Personalabteilung<br />

hergestellt werden soll.<br />

32<br />

Anteil der Interviews (Prozent)<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31<br />

Kontakte


Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

liche Strukturen und Prozesse zu geben, so dass es meist einer zusätzlichen Erlaubnis zum<br />

Interview durch die Geschäftsleitung bedarf. In ungünstigen Fällen wiederholen sich dann die<br />

Prozeduren der Kontaktaufnahme und Terminabsprache zunächst mit der Geschäftsleitung<br />

und im Anschluss daran mit <strong>dem</strong> jeweiligen Personalverantwortlichen. In den Abbildungen<br />

15 und 16 sind <strong>aus</strong> diesem Grund die nach Größen- bzw. Strukturmerkmalen der Unterneh-<br />

men differenzierten Kontaktverläufe dargestellt. 15<br />

Der wichtigste Unterschied zwischen Betrieben mit vielen Mitarbeitern in Relation zu<br />

kleineren Betrieben besteht darin, dass der Anteil der realisierten Interviews etwa bis zum 4.<br />

Kontaktversuch kleiner <strong>aus</strong>fällt. Darüber hin<strong>aus</strong> nimmt der Anteil <strong>für</strong> die Betriebe mit weniger<br />

als 200 Mitarbeitern bis zum 3. Kontaktversuch stetig zu und sinkt anschließend relativ<br />

langsam, aber konstant ab; dagegen bleiben die Anteile der realisierten Interviews <strong>für</strong> die<br />

größeren Betriebe mit durchschnittlich 8 Prozent vom 3. bis zum 6. Kontaktversuch nahezu<br />

gleich hoch. Erst etwa ab <strong>dem</strong> 6. Kontakt gleichen sich die Erfolgsquoten an, auch wenn sie<br />

<strong>für</strong> größere Unternehmen im Durchschnitt leicht höher <strong>aus</strong>fallen. 16<br />

Auffällig bei der nach der Anzahl der betrieblichen Bereiche gegliederten Darstellung sind die<br />

beiden wesentlich stärker <strong>aus</strong>geprägten lokalen Maxima <strong>für</strong> stärker binnendifferenzierte Be-<br />

triebe beim 4. und 8. Kontaktversuch. Dagegen haben weniger stark gegliederte Betriebe<br />

ihre einzige maximale Ausprägung bereits beim 3. Kontaktversuch. Danach fallen die reali-<br />

sierten Interviews wellenförmig, aber stetig ab. Ab <strong>dem</strong> 9. Versuch gleichen sich beide Ver-<br />

läufe wieder an.<br />

Abbildung 15: Verteilung erfolgreicher Interviews nach Kontaktversuchen und<br />

Betriebsgrößen<br />

Anteil der Interviews<br />

(Prozent)<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Quelle: eigene Berechnung<br />

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31<br />

Kontaktversuche<br />

bis 199<br />

Mitarbeiter<br />

ab 200<br />

Mitarbeiter<br />

15 Zur besseren Veranschaulichung wurden die Strukturmerkmale der Betriebe gruppiert. Vor allem größere<br />

Betriebe wiesen deutliche Unterschiede im Vergleich zum Rest der Stichprobe auf.<br />

16 Darin kommt gleichzeitig eine weitere Problematik bei der Durchführung von Telefoninterviews in Unternehmen<br />

zum Ausdruck. In der Kompetenzbefragung wurde zunächst nach der Geschäftsleitung oder einem Personalverantwortlichen<br />

gefragt. Insbesondere in größeren Unternehmen sind diese beiden Bereiche in unterschiedlichen<br />

Abteilungen angesiedelt. Aus diesem Grund wurde in einigen Fällen das Interview zunächst von<br />

der Geschäftsleitung in die Personalabteilung delegiert. Umgekehrt kam es vor, dass die Erlaubnis zur Durchführung<br />

eines Interviews erst von der Geschäftsleitung eingeholt werden musste.<br />

33


Christian Koll<br />

Abbildung 16: Verteilung erfolgreicher Interviews nach Kontaktversuchen und<br />

Betriebsgrößen<br />

Quelle: eigene Berechnung<br />

Die erkennbaren Unterschiede in den Mustern der Kontaktaufnahme scheinen die zuvor<br />

getroffenen Aussagen zu bestätigen, dass insbesondere <strong>für</strong> große Unternehmen mit mehr<br />

als 200 Mitarbeitern und mit einer relativ großen Anzahl unterschiedlicher betrieblicher<br />

Einheiten größere Schwierigkeiten bei der Suche eines geeigneten Ansprechpartners und<br />

bei den Terminabsprachen zutage treten. Die Unterschiede sind insbesondere zu Beginn der<br />

Kontaktaufnahme stark <strong>aus</strong>geprägt. Dennoch kann weitergehend vermutet werden, dass<br />

neben den beschriebenen Problemen noch weitere Einflussvariablen die Anzahl der Kon-<br />

takte, die zur Realisierung eines Interviews notwendig sind, beeinflussen können. Aus die-<br />

sem Grund wurde ergänzend zu der dargestellten bivariaten Auszählung eine multivariate<br />

Analyse durchgeführt. Entsprechend den genannten Gruppen von Einflussfaktoren wurden<br />

mehrere Variablen in das Modell aufgenommen und auf ihre Effekte hin überprüft. Die signi-<br />

fikanten Variablen sowie deren Effektstärken sind in Tabelle 3 dargestellt.<br />

Bei den Befragtenmerkmalen hat einerseits die Qualifikation einen leicht nachteiligen Ein-<br />

fluss auf die Anzahl notwendiger Kontakte. Mit steigen<strong>dem</strong> Qualifikationsniveau der Inter-<br />

viewpartner wird es folglich schwieriger, einen Interviewtermin zu vereinbaren, was vermut-<br />

lich im Zusammenhang steht mit der Position, die eine Zielperson in der hierarchischen<br />

Struktur eines Betriebs einnimmt. Parallel dazu wirkt es sich hinderlich auf die Kontaktauf-<br />

nahme bzw. Terminabsprache <strong>aus</strong>, wenn der relevante Interviewpartner die Position des<br />

Geschäftsführers im Betrieb bekleidet. Hier ist durchschnittlich mehr als ein zusätzlicher<br />

Kontaktversuch notwendig, bis ein Interview stattfinden kann.<br />

34<br />

Anteil der Interviews (Prozent)<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31<br />

Kontaktversuche<br />

bis zu 8<br />

Abteilungen<br />

9 Abteilungen<br />

und mehr


Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

Tabelle 3: Multiple Regression – Anzahl der Kontakte nach Betriebsstruktur, Befragtenmerkmalen<br />

und Interviewereigenschaften 17<br />

Modellgüte: R = .25; R² = .<strong>06</strong><br />

N=899 B Beta T / Signifikanz<br />

Konstante 6,080 4,14 / .000<br />

Strukturelle Merkmale der Betriebe:<br />

Anzahl der Beschäftigten * 10 0,<strong>06</strong>8 0,21 4,42 / .000<br />

Anzahl der Bereiche/Abteilungen 0,200 0,19 3,21 / .000<br />

Interaktion: Anzahl der Beschäftigten<br />

und Anzahl der Bereiche<br />

- 0,0<strong>06</strong> - 0,30 - 4,02 / .000<br />

Region: alte Bundesländer 1,090 0,09 2,57 / .010<br />

Befragtenmerkmale:<br />

Höchste Qualifikation des Befragten 0,430 0,07 2,18 / .029<br />

Position des Befragten: Geschäftsführer<br />

(Dummy)<br />

Interviewereigenschaften:<br />

1,490 0,11 3,20 / .001<br />

Interviewergeschlecht: männlich - 1,460 - 0,08 - 2,51 / .012<br />

Persönlichkeitsfaktor: Emotionale Störbarkeit<br />

vs. Emotionale Widerstandsfähigkeit<br />

- 0,260 - 0,08 - 2,41 / .016<br />

Da die Methode des Schrittweisen Ausschlussverfahrens gewählt wurde, sind Variablen ohne signifikante<br />

Effekte nicht aufgeführt.<br />

Quelle: eigene Berechnungen<br />

Im Variablenvergleich fallen die Effekte der Interviewermerkmale insgesamt am geringsten<br />

<strong>aus</strong>, so dass sie nahezu vernachlässigbar scheinen. Doch können zumindest der Tendenz<br />

nach zwei Variableneinflüsse konstatiert werden. Zum einen scheint es so, als würden<br />

männliche Interviewer gegenüber ihren weiblichen Kollegen schneller in der Lage sein, Inter-<br />

views durchzuführen. Möglicherweise steht dies im Zusammenhang mit der inhaltlichen The-<br />

matik der Studie sowie der speziellen Population der überwiegend männlichen Zielpersonen.<br />

Zum anderen wird die Kontaktaufnahme darüber hin<strong>aus</strong> lediglich von der Persönlichkeits-<br />

eigenschaft „Emotionale Widerstandsfähigkeit“ begünstigt. Interviewer, die sich von Stö-<br />

rungen im Arbeitsablauf weniger leicht beeindrucken lassen, und die sich in kritischen Situa-<br />

tionen <strong>aus</strong>dauernder verhalten, sind der Tendenz nach erfolgreicher bei der Kontaktauf-<br />

nahme. Verworfen werden muss dagegen die Annahme, dass sich mit zunehmender<br />

17 Da <strong>aus</strong> organisatorischen Gründen bei 53 % der Interviewer die Daten zu den Persönlichkeitseigenschaften<br />

nicht erhoben werden konnten, wurden die von diesen Interviewern durchgeführten Interviews <strong>aus</strong> den multivariaten<br />

Analysen <strong>aus</strong>geklammert. Aus diesem Grund reduziert sich die Gesamtzahl der in die Berechnungen<br />

eingehenden Fälle um 45 % auf N = 956. Dieser Ausschluss hatte weder eine substantielle Veränderung der<br />

univariaten Verteilungen noch der bivariaten Korrelationen der restlichen betrachteten Variablen zur Folge,<br />

weshalb die Gültigkeit der Zusammenhänge <strong>für</strong> die gesamte Stichprobe angenommen werden kann.<br />

35


Christian Koll<br />

Interviewererfahrung die Kontaktaufnahme einfacher gestaltet – es scheinen sich keine<br />

nachweisbaren Lernprozesse im Studienverlauf einzustellen.<br />

2.3.4 Durchschnittliche Interviewdauer<br />

Die durchschnittliche Interviewdauer <strong>für</strong> die Befragung des „Kompetenz”-Projektes lag bei<br />

knapp 45 Minuten, variierte jedoch. Bei einer Standardabweichung von 13,7 Minuten wurden<br />

<strong>für</strong> das kürzeste Interview nur 14 Minuten benötigt, das längste Interview dauerte dagegen<br />

128 Minuten. Diese Varianz kann zu einem erheblichen Anteil auf die Anzahl der insgesamt<br />

durchlaufenen Schleifen und abgearbeiteten Fragen zurückgeführt werden (bivariate<br />

Korrelation mit R = .47, p < .000).<br />

In der weiterführenden Analyse wurden wiederum Einflussstärken hinsichtlich relevanter<br />

Merkmale der Betriebe, der Befragten sowie der Interviewer geprüft. Zusätzlich wurde außer-<br />

<strong>dem</strong> eine vierte Gruppe von Einflussfaktoren in die Betrachtung einbezogen. Ausschlagge-<br />

bend hier<strong>für</strong> waren Überlegungen, wonach die Relevanz des Interviewgegenstandes sowie<br />

die durch das Erhebungsinstrument strukturierte Kommunikation nicht ohne Wirkungen auf<br />

die Wahrnehmungen und das Verhalten der Beteiligten in der Interaktionssituation bleiben<br />

(zum Einfluss der Strukturierung von CATI-Fragebögen bzw. Anordnung von Items vgl. z. B.<br />

Fuchs 2000; zum Einfluss der Bedeutung von Befragungsthemen auf die Kooperationsnei-<br />

gung vgl. z. B. Koll 2004). Folgende Variablen wurden deshalb zusätzlich in die multivariate<br />

Analyse einbezogen: die eingeschätzte Wichtigkeit und Bedeutsamkeit des Themas der Be-<br />

fragung sowie die über die Einschätzung der Angemessenheit und aufgetretene Schwierig-<br />

keiten im Frageverständnis operationalisierte Qualität des Erhebungsinstrumentes <strong>aus</strong> der<br />

Wahrnehmung der Interviewpartner.<br />

Abbildung 17: Wahrnehmung der Befragung des Erhebungsinstruments<br />

36<br />

Wichtigkeit des Befragungsthemas 1 sehr wichtig<br />

Angemessene Erfassung des Themas<br />

Kompetenzentwicklung durch die<br />

Fragen<br />

2 eher wichtig<br />

3 eher unwichtig<br />

4 (sehr) unwichtig<br />

1 sehr gut<br />

2 <strong>aus</strong>reichend gut<br />

3 unzureichend<br />

Frageverständnis 1 einfach<br />

2 eher einfach<br />

3 eher schwierig<br />

4 schwierig<br />

Eine Hypothese lautete in diesem Zusammenhang, dass mit zunehmender Bedeutsamkeit,<br />

die Befragte der Thematik zubilligen, ihr Interesse an einem bzw. Engagement <strong>für</strong> einen<br />

reibungslosen Interviewverlauf zunimmt. Die gesteigerte Kooperationsneigung könnte sich<br />

dann in einem durchschnittlich kürzeren Interview niederschlagen. 18 Gleichzeitig können aber<br />

18 Da die Einschätzungen erst im Anschluss an die Interviews erhoben wurden, ist ebenfalls anzunehmen, dass<br />

positive Einschätzungen auch Mechanismen der Reduktion von Dissonanzen geschuldet sind: eine eher negative<br />

Einschätzung impliziert dann die Negation des eigenen Verhaltens des Befragten.


Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

in der Wahrnehmung der Interviewpartner unsinnige oder unverständliche Fragen sowie fehlende<br />

Antwortvorgaben einen höheren Aufwand bei der Antwortgabe bewirken und insgesamt<br />

eine verlängernde Wirkung auf das Interview <strong>aus</strong>üben. 19 Das Ergebnis der multiplen<br />

Regression ist in Tabelle 4 dargestellt.<br />

Tabelle 4: Multiple Regression – Interviewdauer in Minuten nach Anzahl abgearbeiteter<br />

Items, Betriebsstruktur, Befragtenmerkmalen, Interviewereigenschaften sowie<br />

Fragebogen-/ Interviewwahrnehmung<br />

Modellgüte: R = .54; R² = .29<br />

N = 867 B Beta T / Signifikanz<br />

Konstante 8,63 1,91 / .057<br />

Anzahl abgearbeiteter Items 0,260 0,36 11,23 / .000<br />

Strukturelle Merkmale der Betriebe:<br />

Interaktion: Anzahl der Beschäftigten<br />

und Anzahl der Bereiche<br />

Interaktion: Anzahl der Beschäftigten<br />

und Anzahl abgearbeiteter Items<br />

Interaktion: Anzahl der Bereiche und<br />

Anzahl abgearbeiteter Items<br />

Befragtenmerkmale:<br />

- 0,0005 - 0,14 - 2,02 / .044<br />

0,000<strong>06</strong> 0,15 3,26 / .001<br />

0,002 0,16 2,81 / .005<br />

Position des Befragten: Geschäftsführer 2,370 0,08 2,85 / .005<br />

Interviewereigenschaften:<br />

Persönlichkeitsfaktor: Emotionale<br />

Störbarkeit vs. Emotionale Stabilität<br />

Persönlichkeitsfaktor: Zurückhaltung vs.<br />

Selbstsicherheit<br />

Persönlichkeitsfaktor: Unbefangenheit<br />

vs. Überlegtheit<br />

Interviewwahrnehmung bzw.<br />

Fragebogenbewertungen:<br />

Wichtigkeitseinschätzung des<br />

Befragungsthemas<br />

- 0,790 - 0,12 - 3,89 / .000<br />

- 0,590 - 0,<strong>06</strong> - 1,96 / .050<br />

0,840 0,10 3,28 / .001<br />

- 1,720 - 0,10 - 3,40 / .001<br />

Angemessenheit der Fragen 2,390 0,10 3,34 / .001<br />

Schwierigkeiten beim Frageverständnis 2,050 0,12 3,97 / .000<br />

Da die Methode des Schrittweisen Ausschlussverfahrens gewählt wurde, sind Variablen ohne signifikante<br />

Effekte nicht aufgeführt.<br />

Quelle: eigene Berechnungen<br />

Dass auch bei einer multiplen Gleichung der starke Effekt der Anzahl der abgearbeiteten<br />

Fragen erhalten bleibt, überrascht wenig, auch wenn er insgesamt etwas relativiert wird.<br />

Denn die Interaktionseffekte in der Gruppe der strukturellen Merkmale der Betriebe machen<br />

19 In Extremfällen kann eine solche Wahrnehmung zu Interviewabbrüchen führen.<br />

37


Christian Koll<br />

deutlich, dass der Einfluss der Fragebogenlänge auf die gesamte Interviewdauer in Ab-<br />

hängigkeit von den betrieblichen Strukturen schwankt. Demzufolge steigt das Einflussge-<br />

wicht der abzuarbeitenden Items an, wenn die Komplexität der Betriebsstrukturen und die<br />

Betriebsgröße zunehmen. Ausschlaggebend hier<strong>für</strong> sind vor allem inhaltliche, auf die Struk-<br />

tur des Fragebogens (Filterführung, Anschluss- und Nachfragen etc.), zurückführbare Grün-<br />

de. Zusätzlich wirken die betrieblichen Strukturen quasi eigenständig auf die Interviewlänge,<br />

auch wenn sie nur über einen Interaktionseffekt vermittelt sind. Interessant hierbei ist aber,<br />

dass die Wirkungen der beiden Strukturvariablen mit jeweils zunehmender Größe zuneh-<br />

mend negative Wirkungen im Hinblick auf die Interviewdauer entfalten.<br />

Von Bedeutung <strong>für</strong> die Interviewdauer sind neben der Fragebogenlänge und den damit im<br />

Zusammenhang stehenden strukturellen Merkmalen der Betriebe Eigenschaften und Merk-<br />

male der Befragten sowie der Interviewer. Bei den Befragtenmerkmalen ist wieder nur <strong>für</strong> die<br />

Position des Geschäftsführers ein signifikanter Einfluss feststellbar, auch wenn im Variablen-<br />

vergleich der Effekt insgesamt sehr niedrig ist. Nichtsdestotrotz dauern Interviews mit diesen<br />

Interviewpartnern im Durchschnitt knapp 2,5 Minuten länger als mit allen anderen<br />

Gesprächspartnern. Eine naheliegende Ursache hier<strong>für</strong> ist in der Vielzahl insbesondere<br />

organisatorischer Funktionen zu suchen, die in dieser Position gebündelt werden. 20 Dies<br />

kann einerseits zu einer relativ höheren Anzahl von, durch den Arbeitsalltag bedingten,<br />

Unterbrechungen der Interviews führen. Andererseits kann es sein, dass trotz ihrer formalen<br />

Ranghöhe diese Positionen mit einem geringeren Informations- und Kenntnisstand über<br />

betriebliche Prozesse und Mitarbeiterstrukturen im Detail verbunden sind. Infolgedessen<br />

mangelt es in der Interviewsituation zumindest punktuell an der Verfügbarkeit relevanter In-<br />

formationen, und die Beantwortung von Fragen dauert insgesamt länger.<br />

Abgesehen von einigen Persönlichkeitseigenschaften, erweisen sich Interviewermerkmale<br />

als vernachlässigbar. Für emotional widerstandsfähige und selbstsichere sowie <strong>für</strong> selbst-<br />

sicher agierende Interviewer ist eine kürzere Interviewdauer feststellbar. Diese Eigenschaf-<br />

ten charakterisieren Personen, die sich zum einen in sozialen Situationen insgesamt eher<br />

zielstrebig verhalten und weniger störungsanfällig sind, die sich zum anderen eher<br />

her<strong>aus</strong>fordernd und aktiv verhalten, mit Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Personen<br />

besser umgehen können. Dagegen benötigen eher „überlegt“ handelnde im Gegensatz zu<br />

eher „unbefangenen“ Interviewern mehr Zeit <strong>für</strong> die Durchführung ihrer Interviews. Mögli-<br />

cherweise kommt hierin eine besondere Spezifik von Betriebsbefragungen zum Ausdruck:<br />

die Durchführung eines Interviews erfordert neben einer fachlichen Kompetenz als Intervie-<br />

wer auch eine inhaltliche Affinität zum Interviewgegenstand sowie die Kenntnis von Fachter-<br />

mini. Diese tragen zu einer besseren Verständigung und zu einer flüssigen Kommunikation<br />

bei. Im Hinblick auf den identifizierten Effekt hieße dies vermutlich, dass unbefangene Inter-<br />

viewer besser mit der Thematik und der Zielgruppe zurechtkommen. Umgekehrt können<br />

aber Defizite und mangelndes Fachwissen durch „überlegtes“ Handeln kompensiert werden.<br />

Der höhere Abstimmungsbedarf verursacht dann jedoch Reibungsverluste und die Interviews<br />

20 Nach Leuschner (1991) realisieren sich Leitungs-Rollen im Schnittpunkt der Erwartungen von der Geschäftsleitung,<br />

von Mitarbeitern und Kunden sowie eigenen Erwartungen. Für die Position eines Geschäftsführers<br />

kann dann zumindest angenommen werden, dass die drei letztgenannten Bezüge ebenfalls wirksam sind.<br />

38


Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

dauern länger. In welcher Weise hiervon möglicherweise die Verlässlichkeit der Daten<br />

tangiert wird, kann allerdings an dieser Stelle allerdings nicht geklärt werden. 21<br />

Relativ starke (absolute) Zusammenhänge ergeben sich im Hinblick auf die Wahrnehmung<br />

und Bewertung des Erhebungsthemas und die Qualität des Erhebungsinstrumentes.<br />

Befragte, die <strong>dem</strong> Thema generell eine geringere Bedeutung zuerkennen, haben im Mittel<br />

eine kürzere Interviewdauer zu verzeichnen als Befragte, die das Thema <strong>für</strong> wichtiger halten.<br />

Dass Antworten in diesen Fällen schneller gegeben werden, deutet auf einen schnelleren<br />

Abbruch des Such- und Verständigungsprozesses über die Relevanz und Korrektheit einer<br />

gegebenen Information infolge der eher flüchtigen und weniger verbindlichen Kommunikation<br />

am Telefon und ein damit einhergehendes geringer <strong>aus</strong>geprägtes Verpflichtungsgefühl hin. 22<br />

Außer<strong>dem</strong> haben negative Wahrnehmungen des Erhebungsinstrumentes eine interviewver-<br />

längernde Wirkung zur Folge. Je weniger angemessen der Fragebogen in der Einschätzung<br />

des Befragten das Thema erfasst und je größer die Schwierigkeiten beim Frageverständnis<br />

<strong>aus</strong>fallen, desto höhere Interviewdauern werden produziert. Dies ist vor allem auf den Ab-<br />

stimmungsprozess zwischen Befragtem und Interviewer zurückzuführen, in welchem sich die<br />

Beteiligten darüber verständigen, welchen Gegenstand eine Frage hat, in welcher Weise<br />

eine Frage oder Antwort <strong>für</strong> diesen Gegenstand angemessen und relevant sein kann und<br />

wann eine entsprechende Information als sinnvoll zu bewerten ist und verkodet werden<br />

muss. Je schwieriger und komplizierter zusätzlich die Formulierung der Fragen und Items<br />

<strong>aus</strong> der Perspektive des Befragten erscheinen, desto aufwendiger und langwieriger gestaltet<br />

sich dann dieser Koordinationsaufwand.<br />

2.4 Zusammenfassung und Fazit<br />

Insgesamt ist meines Erachtens nicht nur deutlich geworden, dass, sondern auch warum die<br />

Kosten <strong>für</strong> CATI-Betriebsbefragungen relativ weit über denen <strong>für</strong> H<strong>aus</strong>halts- und<br />

Bevölkerungsbefragungen liegen. Dennoch existieren Anhaltspunkte da<strong>für</strong>, wie telefonische<br />

Betriebsbefragungen vor allem unter den Gesichtspunkten Aufwand und Kosten effizienter<br />

organisiert und durchgeführt werden können, wie der vorliegende Aufsatz aufzuzeigen<br />

versucht hat. Zwei wesentliche Ziele wurden verfolgt: Zunächst ging es darum, einige<br />

zentrale Besonderheiten im Hinblick auf die Vorbereitung, Durchführung und Feldsteuerung<br />

von CATI-Befragungen bei Betrieben und Unternehmen aufzuzeigen. Darüber hin<strong>aus</strong> wurde<br />

der Versuch unternommen, einige Punkte, die vor allem das Teilnahmeverhalten der<br />

befragten Experten betreffen, genauer zu erörtern.<br />

21 An dieser Stelle wäre die Kontrolle des Einflusses fachlicher und inhaltlicher Kompetenzen von Interviewern<br />

auf das Antwortverhalten und den Interviewverlauf notwendig. Der Versuch, diese Kenntnisse über die Studienrichtung<br />

und Studiendauer zu operationalisieren, scheiterte an der zu geringen Varianz: von 81 Interviewern<br />

verfügten im Vorfeld nur 3 über eine besondere Vorbildung in der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften.<br />

Die sich hier offenbarende Problematik der sozialen Homogenität von Interviewerstäben insbesondere im<br />

Bereich universitärer Umfragen stellt bereits seit längerer Zeit ein großes Problem dar (Reuband 1984). Weiterführende<br />

Analysen müssen daher anderen Studien überlassen bleiben.<br />

22 Für Bevölkerungsbefragungen konnte beobachtet werden, dass die flüchtigere Kommunikation am Telefon<br />

zu<strong>dem</strong> mit unterschiedlichem Antwortverhalten verbunden sein kann (z. B. Petersen 2000, S. 26; Reuband<br />

1990, S. 428 f.)<br />

39


Christian Koll<br />

Insbesondere <strong>für</strong> den Bereich der organisatorischen und vorbereitenden Maßnahmen<br />

wurden einige zentrale Unterschiede zu CATI-Bevölkerungsbefragungen deutlich. Dass es<br />

sich auch bei Betrieben als vorteilhaft erweist, eine Studie im Vorfeld anzukündigen, ist<br />

naheliegend. Hierbei muss zunächst das Dilemma der Kürze und der Informationsfülle gelöst<br />

werden. Ungleich schwieriger ist es aber, bereits im Vorfeld relevante Entscheider und<br />

Gesprächspartner im Unternehmen <strong>aus</strong>findig zu machen und einen gezielteren Informations-<br />

versand zu gewährleisten. Generell nehmen die Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme<br />

und der Terminabsprache mit der Größe sowie internen Komplexität und Differenzierung der<br />

Betriebe zu. Bei der Kontaktaufnahme mit einem kompetenten und <strong>aus</strong>kunftsfähigen<br />

Gesprächspartner bietet es sich daher an, vor allem bei Nicht-Vorliegen der Informationen<br />

zur Studie weitere Informationsmedien einzubeziehen bzw. auf diese zu verweisen. Infrage<br />

kommen neben <strong>dem</strong> Versand mittels Post oder Fax auch Informationsmedien wie E-Mail und<br />

das Internet. Somit werden mögliche Kosten unter Kontrolle gehalten. Hinsichtlich der<br />

Feldsteuerung und der Problematik der Kontaktaufnahme wurde darüber hin<strong>aus</strong> deutlich,<br />

dass im Gegensatz zu Bevölkerungsbefragungen die zentralen Interviewzeiten vor allem in<br />

den frühen Vor- und Nachmittagsstunden anzusiedeln sind. Unter Effizienzkriterien scheint<br />

es <strong>dem</strong>zufolge angebracht, die Hauptlast der Arbeitszeiten in diesen Zeiträumen zu konzen-<br />

trieren. Ergänzend hierzu ergaben sich Hinweise auf die Wirksamkeit von Interviewereigen-<br />

schaften bei der Kontaktaufnahme. Insbesondere männliche sowie <strong>aus</strong>dauernde und hart-<br />

näckigere Interviewer können <strong>dem</strong>zufolge die Kontaktaufnahme bei Betriebsbefragungen<br />

beschleunigen.<br />

Im Hinblick auf Probleme, die mit der Durchführung von Interviews im Zusammenhang ste-<br />

hen, wurden Interviewdauern thematisiert. Es wurde erkennbar, dass die eingangs genann-<br />

ten drei Gruppen von Einflussfaktoren – Betriebs<strong>dem</strong>ographie, Merkmale der Befragten so-<br />

wie Interviewereigenschaften – hierbei zumindest partiell eine Rolle spielen. Von den betrieb-<br />

lichen Strukturmerkmalen spielen insbesondere die Anzahl der Beschäftigten sowie die An-<br />

zahl betrieblicher Bereiche eine zentrale Rolle <strong>für</strong> das Antwortverhalten. Die Ergebnisse deu-<br />

ten darauf hin, dass mit zunehmender Komplexität innerbetrieblicher Strukturen die Anforde-<br />

rungen sowohl an die Befragten als auch an die Interviewer steigen. Der im Hinblick auf<br />

CATI-Interviews häufig genannte Vorteil der Entlastung der Beteiligten infolge einer<br />

komplexen und differenzierten Filterführung muss nach unserer Einschätzung relativiert wer-<br />

den, denn eine <strong>aus</strong>gefeilte Filterführung ist ihrerseits auf eine umfangreiche und detaillierte<br />

Kenntnis betrieblicher Zusammenhänge bereits im Vorfeld einer Befragung angewiesen. Be-<br />

sonderes Augenmerk ist deshalb auch auf die Qualität und inhaltliche Angemessenheit des<br />

Erhebungsinstrumentes im Hinblick auf Itemformulierungen und die Verwendung von Fach-<br />

termini zu legen. Des Weiteren wurde vermutet, dass wesentliche Merkmale der Befragten<br />

bei der Durchführung von Interviews eine besondere Rolle spielen. Doch konnten in allen an-<br />

gestellten Analysen lediglich <strong>für</strong> die Position der Geschäftsleiter signifikante Effekte iden-<br />

tifiziert werden. Die anderen Merkmale wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Quali-<br />

fikationsniveau sowie das Geschlecht der Interviewpartner wirkten sich in keiner Weise auf<br />

das Antwortverhalten <strong>aus</strong>. Auch auf Seiten der Interviewer wurden keine Merkmale wirksam.<br />

Dagegen scheinen aber einige zentrale Persönlichkeitseigenschaften das Geschehen im<br />

Interview zu beeinflussen. Die Resultate deuten darauf hin, dass insbesondere emotional<br />

stabile bzw. widerstandsfähige und selbstsichere Interviewer leichte Vorteile bei der<br />

40


Möglichkeiten und Grenzen der CATI-Methode bei Betriebsbefragungen<br />

Interviewdurchführung <strong>für</strong> sich verbuchen können. Ein weiterer Effekt ergab sich bei<br />

unbefangen bzw. überlegt handelnden Interviewern. Ob sich allerdings die höheren Inter-<br />

viewdauern und Antwortzeiten eher positiv auf die Qualität der verkodeten Antworten und<br />

Daten <strong>aus</strong>wirken, oder ob vielmehr Nachteile <strong>aus</strong> einer geringeren Affinität zum Befragungs-<br />

gegenstand resultieren, kann bis auf weiteres nicht geklärt werden.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Wirksamkeit einiger als zentral<br />

erachteter Einflussfaktoren bestätigt werden konnte. Es muss jedoch darauf hingewiesen<br />

werden, dass die beschriebenen Effekte insgesamt relativ gering <strong>aus</strong>fallen. Um detailliertere<br />

und vor allem verallgemeinernde Aussagen treffen zu können, werden daher auch in Zukunft<br />

noch weitere Forschungen und Analysen notwendig sein.<br />

41


Christina Buchwald<br />

Christina Buchwald<br />

3 Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview 23<br />

3.1 Einleitung<br />

Zu den wichtigsten praktischen Aufgaben im Rahmen standardisierter Datenerhebungen<br />

gehört das Problem der Ausschöpfungsquoten und der Nonresponse sozialwissenschaftli-<br />

cher Untersuchungen. Nonresponse bedeutet, dass nicht alle Personen, die laut Stichpro-<br />

benaufstellung zu befragen wären, auch tatsächlich an der Umfrage teilnehmen; es kommt<br />

zu Ausfällen. Besonders interessant unter den Nonresponse ist die explizite Verweigerung<br />

der Teilnahme am Interview durch die Zielperson. Für Deutschland werden Werte <strong>für</strong> Ver-<br />

weigerungen zur Befragung mit 20 bis 30 Prozent angegeben (Frey/Kunz/Lüschen 1990, S.<br />

40 sowie Hüfken 2000a, S. 12). Schnell (1997) hat festgestellt, dass der Anteil der Verweige-<br />

rungen in den untersuchten Surveys im Laufe der Zeit – seit Mitte der 70er-Jahre bis Mitte<br />

der 90er-Jahre – ansteigt (Schnell 1997, S. 91 f.).<br />

Ausschöpfung wird als das Gegenstück zu Nonresponse angesehen und über die Aus-<br />

schöpfungsrate oder Ausschöpfungsquote gemessen. Die Ausschöpfungsquote gilt als einer<br />

der wichtigsten Qualitätsmaßstäbe <strong>für</strong> Umfragen. Allgemein kann gesagt werden, dass sie<br />

den Grad der Realisierung einer Stichprobe beschreibt. Es gibt in der Literatur keine einheit-<br />

lichen Definitionen. So wie die Definitionen variieren auch die Operationalisierungen, d. h.<br />

„…bestimmte, <strong>für</strong> die Berechnung von Ausschöpfungsraten relevante Sachverhalte (wie z. B.<br />

die Frage, was denn alles ein stichprobenneutraler Ausfall sei) werden von unterschiedlichen<br />

Akteuren (Forschern, Instituten) unterschiedlich behandelt…“ (Porst 2000, S. 99). Allerdings<br />

haben sich gewisse Standards <strong>für</strong> die Berechnung von Ausschöpfungsquoten entwickelt.<br />

Danach wird die Ausschöpfung in Anlehnung an ZUMA 24 als das Verhältnis der Anzahl der<br />

<strong>aus</strong>gewerteten Interviews zur Größe der bereinigten Stichprobe definiert (Porst 1993, S. 5).<br />

Die Ausschöpfungsrate gilt als nur ein Merkmal <strong>für</strong> die Qualität einer Umfrage und somit<br />

auch ihrer Ergebnisse. In der Literatur werden <strong>für</strong> die Ausschöpfung bei face-to-face Befra-<br />

gungen Werte zwischen 50 Prozent bei sozialwissenschaftlichen Erhebungen und 70 Pro-<br />

zent in der Markt- und Meinungsforschung genannt. Telefoninterviews können annähernd<br />

gen<strong>aus</strong>o hohe Ausschöpfungsquoten wie face-to-face Befragungen haben, sie werden häu-<br />

fig mit 40 bis 60 Prozent angegeben (vgl. dazu Groves/Alexander 1988, Porst 1993, S.<br />

26 ff.). Für die USA wurden diese Werte bereits seit Ende der 70er Jahre konstatiert. In<br />

Deutschland wurde das Telefoninterview erst Anfang der 80er Jahre eingeführt, da bis zu<br />

diesem Zeitpunkt nicht alle H<strong>aus</strong>halte mit Telefonanschlüssen versorgt waren (vgl.<br />

Frey/Kunz/Lüschen 1990, Jung 1990). Seit Mitte der 80er Jahre hat die Erhebungsform des<br />

computergestützten Telefoninterviews (CATI) 25 immer mehr zugenommen (vgl. Jung 1990;<br />

23 Dieser Text basiert auf <strong>dem</strong> Beitrag von Christina Buchwald „Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview“<br />

in <strong>dem</strong> Buch „Zehn <strong>aus</strong> Achtzig. Burkart Lutz zum 80.“ von Ingo Wiekert (Hg.).<br />

24 ZUMA: <strong>Zentrum</strong> <strong>für</strong> Umfragen, Methoden und Analysen<br />

25 CATI: Computer Assisted Telephone Interviewing<br />

42


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Schneid 1991; Fuchs 1994). Auch in Ostdeutschland ist die Telefonanschlussdichte seit<br />

Mitte der 90er-Jahre der im Westen Deutschlands angeglichen, so dass CATI-Unter-<br />

suchungen immer mehr an Bedeutung gewinnen.<br />

Die Ausschöpfungsquote sozialwissenschaftlicher Untersuchungen ist u. a. abhängig von:<br />

(1) der Art der Stichprobenziehung,<br />

(2) der Art der Befragung sowie<br />

(3) von der Qualität der Interviewer 26 bzw. bestimmter Interviewermerkmale.<br />

Beachtet werden muss außer<strong>dem</strong> die Tatsache, dass Telefonstudien nicht immer auf das<br />

Erzielen hoher Ausschöpfungsquoten <strong>aus</strong>gelegt sind, sondern häufig das rasche Bearbeiten<br />

festgelegter Fallzahlen erfordern (vgl. dazu auch Porst 1993, S. 26).<br />

Da die Forschung zu Ausschöpfungsquoten bei CATI-Erhebungen in der Bundesrepublik<br />

Deutschland – anders als in den USA – noch nicht sehr weit vorangeschritten ist (vgl. Porst<br />

1993, S. 29), sollen die folgenden Ausführungen einen weiteren Beitrag in diese Richtung<br />

leisten. Zur Auswertung werden Ergebnisse der computergestützten Bevölkerungsbefragun-<br />

gen herangezogen, welche im CATI-Labor des <strong>Zentrum</strong>s <strong>für</strong> <strong>Sozialforschung</strong> Halle e. V.<br />

(<strong>zsh</strong>) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführt wurden. 27<br />

3.2 Ausschöpfung bei telefonischen Bevölkerungsbefragungen<br />

Bei den in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführten CATI-Erhebungen wird von sehr<br />

unterschiedlichen Ausschöpfungsquoten berichtet, wobei diese u. a. auch von der Art und<br />

Weise der Stichprobenziehung abhängig sind. Bei einer Stichprobenziehung <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> amt-<br />

lichen Telefonbuch z. B. werden Ausschöpfungsquoten zwischen 40 und 60 Prozent (vgl.<br />

Porst 1993, S. 27) angegeben, können aber auch deutlich darunter oder darüber liegen 28 .<br />

Für Studien, bei denen das Random-Last-Digit-Dialing-Verfahren 29 angewandt wurde, wird<br />

sogar von Quoten zwischen 60 und 70 Prozent berichtet (vgl. Blasius/Reuband 1995, S. 67).<br />

Ausschlaggebend <strong>für</strong> die Ausschöpfungsquote ist ebenfalls die Art der Kontaktaufnahme mit<br />

der Zielperson. Das Versenden eines Anschreibens 30 im Vorfeld der Untersuchung mit der<br />

Ankündigung der Befragung und anderen wichtigen Informationen oder die Bekanntgabe der<br />

26<br />

Aufgrund der besseren Lesbarkeit werde ich auf die Benutzung weiblicher und männlicher Formen verzichten<br />

und <strong>aus</strong>schließlich die männliche Form verwenden. Die weibliche Form ist immer mitgemeint.<br />

27<br />

Zu Forschungsergebnissen dieser Thematik im Rahmen von Unternehmensbefragungen vgl. den Beitrag von<br />

Christian Koll in diesem Band<br />

28<br />

Porst (1991) bspw. berichtet im Rahmen einer Befragung in Mannheim von Ausschöpfungsquoten zwischen<br />

26 und 39 Prozent. Dabei wurden sogar verschiedene Möglichkeiten vorheriger Kontaktaufnahme angewandt<br />

(kein Anschreiben, kurzes Anschreiben, langes Anschreiben).<br />

29<br />

Mit Hilfe dieses Verfahrens sollen auch diejenigen H<strong>aus</strong>halte in die Auswahl einer Telefonbefragung gelangen,<br />

die nicht im Telefonbuch verzeichnet sind. Dabei werden unabhängig vom Telefonbuch Ziffernfolgen zufällig<br />

derart generiert, dass sie der Struktur von Telefonnummern entsprechen (RDD-Verfahren) bzw. werden die<br />

letzten Ziffern einer <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Telefonbuch gezogenen Nummer modifiziert (RLD-Verfahren). Vgl. zu diesem<br />

Verfahren Häder 1994 und Gabler/Häder/Hoffmeyer-Zlotnik 1998, S. 58 ff.<br />

30<br />

Bei sozialwissenschaftlichen CATI-Untersuchungen von Betrieben bietet sich die Möglichkeit des Versendens<br />

eines Anschreibens an, schwieriger gestaltet es sich bei Bevölkerungsumfragen, deren Stichprobe <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />

amtlichen Telefonbuch oder Telefon-CD-Rom gezogen wird. In diesem Fall kann die Ankündigung der Befragung<br />

über Medien, wie Funk, Fernsehen oder Presse erfolgen.<br />

43


Christina Buchwald<br />

Studie in den Medien kann die Ausschöpfungsquote erheblich erhöhen (vgl. Porst 1991,<br />

S. 10 f. und Porst 1993, S. 27).<br />

Allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Ausschöpfungsquote nach unse-<br />

ren Erfahrungen bei sog. „kalten Kontakten“ ohne jede Vorankündigung auch akzeptable<br />

Werte aufweisen kann, wenn der Befragungsperson das Thema der Befragung interessant<br />

erscheint.<br />

Um die Teilnahmebereitschaft bei telefonischen Befragungen zu fördern ist es wichtig, das<br />

Vertrauen der Befragten in den ersten Minuten der Kontaktaufnahme zu gewinnen. Die Inter-<br />

viewer müssen in der Lage sein, in den verschiedenen Gesprächssituationen – besonders<br />

aber in der Einleitungsphase – angemessen zu reagieren. Aus diesem Grund wird im <strong>zsh</strong><br />

eine inhaltliche Schulung <strong>für</strong> Interviewer vor jeder beginnenden Studie durchgeführt.<br />

In dieser Einführung in die jeweils neue CATI-Studie erhalten die Interviewer Informationen<br />

zum Inhalt der Studie, Hinweise zu Besonderheiten der Befragung und es wird beim gemein-<br />

samen Durchgehen des Fragebogens auf fachspezifische Begriffe und Fragen der Intervie-<br />

wer eingegangen. Außer<strong>dem</strong> erhalten die Interviewer ein Informationsblatt mit wichtigen In-<br />

formationen zur CATI-Untersuchung. Mit dieser Vorbereitung auf eine CATI-Befragung kön-<br />

nen beim Erstkontakt Rückfragen der Befragungsperson zum Inhalt und Ziel der Befragung<br />

schneller geklärt werden. Neben den inhaltlichen Einführungen erhalten die Interviewer<br />

Schulungen zum Führen von Telefoninterviews <strong>aus</strong> sprechwissenschaftlicher Sicht 31 .<br />

Mit dieser Vorbereitung auf eine CATI-Erhebung wird erstens eine höhere Professionalität<br />

der Interviewer und zweitens eine Erhöhung der Motivation der Befragten, an der Befragung<br />

teilzunehmen, angestrebt, was sich wiederum auf die Ausschöpfung <strong>aus</strong>wirkt.<br />

Ein weiterer Vorteil computergestützter Befragungen liegt in der Möglichkeit der ständigen<br />

Kontrolle durch den Supervisor, was zur korrekten Arbeit und schnellen Lösung von auftre-<br />

tenden Problemen beiträgt.<br />

An die Nutzung des CATI-Systems sind auch bestimmte Vor<strong>aus</strong>setzungen gebunden. CATI-<br />

Programme verlangen eine hohe Funktionstüchtigkeit der Technik und stellen hohe Anforde-<br />

rungen an die Datensicherheit. Die Programmierung der Eingabemasken muss erlernt und<br />

ständig angewendet werden. Außer<strong>dem</strong> führt bei einer CATI-Befragung die Beschränkung<br />

auf die verbal-akustische Kommunikation dazu, dass eine visuelle Einschätzung der Wohn-<br />

und Familiensituation und der Einsatz visueller Hilfsmittel nicht möglich sind. An den Intervie-<br />

wer wird die Anforderung gestellt, das Gespräch und die Motivation des Befragten aufrecht<br />

zu erhalten und dabei die Fragen möglichst neutral zu präsentieren (vgl. Fuchs 1994, S. 31).<br />

In den folgenden Kapiteln sollen Ausschöpfungsquoten 32 von Studien vorgestellt werden, die<br />

im CATI-Labor des <strong>zsh</strong> durchgeführt wurden.<br />

31 Inhaltliche Schwerpunkte dieser Weiterbildung sind beispielsweise eine Einführung in die Anatomie und Physiologie<br />

der Stimme, Elemente des Sprech<strong>aus</strong>drucks und die Kommunikation am Telefon.<br />

32 An der Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass im Rahmen der Auswertungen der <strong>zsh</strong>-Studien folgende<br />

Dispositionen zu den stichprobenneutralen Ausfällen gerechnet werden: Falsche Telefonnummern bzw. gar<br />

kein Anschluss unter der angewählten Nummer, Faxanschluss oder andere technische Probleme. Außer<strong>dem</strong><br />

beinhalten die stichprobenneutralen Ausfälle auch Verständigungsprobleme, Besetztzeichen, kein Kontakt<br />

bzw. Anrufbeantworter, Terminvereinbarungen zu einem späteren Zeitpunkt bzw. nicht genutzte Termine und<br />

„sonstiges“ (verstorben, in Haft o. ä.). Zur Netto-Stichprobe zählen die Verweigerungen wie „kein Interesse“,<br />

„überhaupt keine Zeit“, „kein telefonisches Interview“ und „ohne Antwort aufgelegt“, die Abbrüche im Verlauf<br />

des Interviews und die erfolgreichen Interviews. Andere Auswertungen zu Ausschöpfungen können in den An-<br />

44


3.2.1 Ausschöpfung bei CATI-Befragungen Jugendlicher<br />

Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Bei Telefonumfragen, deren Zielgruppe Jugendliche sind, gibt es einige Unterschiede im<br />

Vergleich zu CATI-Befragungen der erwachsenen Bevölkerung. Jugendliche sind leichter als<br />

Erwachsene <strong>für</strong> eine Telefonbefragung zu gewinnen, was zu einem großen Teil daran liegen<br />

mag, dass diese Altersgruppe gern telefoniert. Ist das Thema der Befragung auch noch an-<br />

sprechend und interessant <strong>für</strong> die Jugendlichen – wie beispielsweise in einer Studie des <strong>zsh</strong>,<br />

in der es um den Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf von ostdeutschen Ju-<br />

gendlichen ging – können die jungen Leute sehr schnell <strong>für</strong> ein Interview gewonnen werden.<br />

Außer<strong>dem</strong> sind junge Teilnehmer noch nicht in <strong>dem</strong> Maße „befragungsmüde“ wie es bei der<br />

erwachsenen älteren Bevölkerung der Fall sein mag, zum großen Teil bedingt durch die vie-<br />

len Anrufe kommerzieller Institute (vgl. Porst 1993, S. 3 sowie Fuchs 1995, S. 284). Sind –<br />

wie bereits erwähnt – die Jugendlichen sehr schnell zu einem Interview bereit, so gilt es doch<br />

bei denen, die noch im Elternh<strong>aus</strong> wohnen, die Eltern davon zu überzeugen, das Gespräch<br />

an ihr Kind weiterzugeben.<br />

Eine weitere Besonderheit ist die Erreichbarkeit der Jugendlichen, welche zu einem immer<br />

größeren Teil über das Mobilfunknetz erfolgt. Abgesehen von den entstehenden Mehrkosten<br />

<strong>für</strong> die Telefongespräche sind Ausfälle durch den raschen Wechsel der Mobilfunkanbieter zu<br />

verzeichnen. Bedingt durch die Mobilität der Jugendlichen und damit verbundene Weg- und<br />

Umzüge gelten vorhandene Festnetz-Telefonnummern häufig schon nicht mehr zum Zeit-<br />

punkt des Anrufens.<br />

Die nachfolgenden Kapitel zeigen im <strong>zsh</strong> durchgeführte CATI-Befragungen von Jugendlichen<br />

mit den jeweiligen Zielen, Ausschöpfungsquoten und Besonderheiten auf.<br />

3.2.1.1 Jugend-Panel-Befragung in Ostdeutschland<br />

Eine im Rahmen einer Paneluntersuchung angelegten Längsschnittbefragung ostdeutscher<br />

Jugendlicher der Geburtsjahrgänge 1980 bis 1985 startete im CATI-Labor des <strong>zsh</strong> mit der<br />

Erstbefragung im Frühjahr 2002. Bei dieser Befragung wurden Bildungs- und Erwerbsverläu-<br />

fe ostdeutscher Jugendlicher in den ersten Jahren nach <strong>dem</strong> Schul- bzw. Ausbildungsab-<br />

schluss erhoben. Das Ziel des Projektes bestand im Aufbau eines Berichtssystems mit zeit-<br />

naher und differenzierter Erfassung und Beschreibung von Mobilitätsprozessen und -ver-<br />

läufen auf <strong>dem</strong> ostdeutschen Arbeitsmarkt inklusive deren geschlechtsspezifischer Unter-<br />

schiede.<br />

Die Stichprobe im Jahr 2002 umfasste dabei die zwischen 1980 und 1983 Geborenen; diese<br />

Jugendlichen wurden bis zum Jahr 2004 dreimal im Abstand von je einem Jahr befragt. Im<br />

Jahr 2003 wurden ostdeutsche Jugendliche der Geburtsjahrgänge 1984 und 1985 zum<br />

ersten Mal befragt und 2004 zum zweiten Mal (vgl. Tabelle 5).<br />

gaben der Quote variieren, wenn die Zuordnung der Dispositionen zu den stichprobenneutralen Ausfällen bzw.<br />

zur Netto-Stichprobe in anderer Form gewählt wurde.<br />

45


Christina Buchwald<br />

Tabelle 5: Erhebungsplan <strong>für</strong> die Jugend-Panel-Befragung 2001 bis 2004<br />

2001 Stichprobenziehung (1980 bis 1983)<br />

2002 1. Welle<br />

Jahrgänge 1980-1983<br />

2003 2. Welle<br />

Jahrgänge 1980-1983<br />

2004 3. Welle<br />

Jahrgänge 1980-1983<br />

46<br />

Stichprobenziehung (1984/1985)<br />

1. Welle<br />

Jahrgänge 1984/1985<br />

2. Welle<br />

Jahrgänge 1984/1985<br />

Die erste Befragungswelle der Geburtsjahrgänge 1980 bis 1983 erbrachte 4.990 <strong>aus</strong>wert-<br />

bare Interviews, die erste Befragungswelle der 1984 und 1985 Geborenen insgesamt 5.263<br />

Interviews. Somit standen 10.253 Erstinterviews zur Auswertung zur Verfügung. Im Rahmen<br />

der Zweitbefragung der zwischen 1980 und 1983 Geborenen konnte eine Erfolgsquote des<br />

Zweitinterviews von 64 Prozent erreicht werden, was als <strong>aus</strong>gesprochen gut angesehen<br />

werden kann.<br />

Die Verweigerungsquoten in den drei Wellen der Befragung sind sehr gering und nahmen<br />

von Jahr zu Jahr in den Wiederholungsbefragungen ab. Wurden in der ersten Welle 15 Pro-<br />

zent der Netto-Stichprobe als Verweigerer registriert, so waren es in der zweiten Welle 2003<br />

nur noch 10 Prozent und in der letzten Erhebungswelle ganz und gar nur 7 Prozent.<br />

Wertet man die geführten Interviews nach der Anzahl der benötigten Kontaktversuche 33 <strong>aus</strong>,<br />

so waren in den ersten beiden Befragungswellen im Jahr 2002 und 2003 jeweils nach durch-<br />

schnittlich vier Kontaktierungen 80 Prozent der Interviews geführt und nach sechs Kontakt-<br />

versuchen 90 Prozent der Interviews vollständig. In der letzten Befragungswelle im Jahr<br />

2004 waren vier bis fünf Kontaktversuche nötig, um 70 Prozent der Interviews als geführt zu<br />

bewerten und erst nach acht bis neun Kontaktversuchen waren 90 Prozent aller Interviews<br />

komplett (vgl. Abbildung 18). Ein Grund da<strong>für</strong> ist im Befragungszeitraum zu sehen, welcher<br />

bei den ersten beiden Befragungswellen vor der Ferienzeit und bei der letzten Welle im Jahr<br />

2004 teilweise auch in der Urlaubszeit lag 34 . Des Weiteren war in der dritten Welle eine<br />

Klientel enthalten, welches schwer erreichbar war. D. h. Jugendliche wurden wieder befragt,<br />

die zwar in der ersten Welle interviewt wurden, im Jahr darauf aber nicht erreichbar waren.<br />

33 Im Rahmen aller CATI-Befragungen, die am <strong>zsh</strong> durchgeführt wurden, zählen zu den Kontaktversuchen nicht<br />

nur diejenigen Kontaktierungen, bei denen mit einer Kontakt- bzw. mit der Zielperson gesprochen wurde, sondern<br />

auch alle Anwählversuche, bei denen der Angerufene den Hörer nicht abgenommen hat oder sich der<br />

Anrufbeantworter einschaltete oder besetzt war. Außer<strong>dem</strong> zählt jede Terminabsprache oder Terminverschiebung<br />

ebenfalls als ein Kontaktversuch. Aus diesem Grund kann bei den einzelnen Studien die Anzahl der<br />

Kontaktversuche relativ hoch sein (bis zu 15 und mehr Versuche).<br />

34 In der dritten Befragungswelle wurde bis Ende Juli interviewt.


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Abbildung 18: Interviews nach Kontaktversuchen bei der Jugend-Panel-Befragung<br />

Prozent (kumuliert)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15<br />

Kontaktversuche<br />

Jugend-Panel 2002<br />

Jugend-Panel 2003<br />

Jugend-Panel 2004<br />

Bezüglich der Verweigerungen ergibt sich bei der Jugend-Panel-Befragung folgendes Bild: In<br />

den Jahren 2002 und 2003 hatten 45 bzw. 43 Prozent der Jugendlichen, die nicht interviewt<br />

werden wollten, bereits nach <strong>dem</strong> zweiten Kontaktversuch verweigert. In diesen Jahren er-<br />

folgte jeweils eine Erstbefragung bestimmter Jahrgänge. In der dritten Befragungswelle im<br />

Jahr 2004, in der nur Wiederholungsbefragungen stattfanden, betrug die Zahl der Verweige-<br />

rer nach <strong>dem</strong> zweiten Kontaktversuch nicht einmal mehr ein Drittel und erst nach <strong>dem</strong> 14.<br />

Kontaktversuch wurden 95 Prozent der Verweigerungen registriert.<br />

3.2.1.2 Jugendbefragungen zur Teilnahme an Maßnahmen<br />

Etwas anders gelagert waren zwei bundesweite CATI-Befragungen Jugendlicher, die eben-<br />

falls am <strong>zsh</strong> durchgeführt wurden. Die Jugendlichen hatten an zwei verschiedenen Maßnah-<br />

men zur besseren Eingliederung in den Beruf teilgenommen. Im Rahmen dieser Maßnah-<br />

men wurden die Jugendlichen bereits zweimal schriftlich zu diesem Lehrgang befragt. Die<br />

dritte Befragungswelle erfolgte mittels CATI sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme<br />

mit <strong>dem</strong> Ziel, den Werdegang nach Abschluss der Maßnahme bis zum Befragungszeitpunkt<br />

zu erfassen. Die Maßnahmeteilnehmer hatten alle ihr Einverständnis gegeben und ihre Tele-<br />

fonnummer <strong>für</strong> diese CATI-Befragung zur Verfügung gestellt.<br />

Jedoch bedingt durch die Mobilität der jungen Menschen und durch einen häufigen Wechsel<br />

des Mobilfunkanbieters nach Ablauf des Handy-Vertrages wurde in der Jugend-Maßnahme-<br />

Befragung 1 ein Viertel der Befragten der Brutto-Stichprobe nicht mehr erreicht. In der Ju-<br />

gend-Maßnahme-Befragung 2 betrugen die neutralen Ausfälle sogar 55 Prozent. Die Aus-<br />

schöpfungsquoten der Netto-Stichproben der beiden Erhebungen sind mit 89 bzw. 87 Pro-<br />

zent sehr hoch. Die Verweigerungsraten der Befragungen liegen bei etwas über 10 Prozent,<br />

was als sehr gering angesehen werden kann. Die jeweils an 100 Prozent fehlenden Werte<br />

begründen sich durch Abbrüche in bereits begonnenen Interviews.<br />

47


Christina Buchwald<br />

Interessant ist an dieser Stelle die Anzahl der Kontaktversuche, die benötigt wurde, um ein<br />

Interview am Telefon zu führen. Fast identisch wie bei der Jugend-Panel-Befragung verhielt<br />

sich auch der Verlauf bei den beiden Befragungen der jugendlichen Maßnahmeteilnehmer.<br />

Nach vier Kontaktversuchen waren 70 Prozent der Interviews, nach acht Kontaktierungen<br />

90 Prozent der Interviews geführt. Ein Unterschied zwischen beiden Befragungen der Maß-<br />

nahmeteilnehmer ist in der Anzahl geführter Interviews nach <strong>dem</strong> ersten Kontaktversuch zu<br />

verzeichnen. Bei der Jugend-Maßnahme-Befragung 1 wurden bereits 40 Prozent der Inter-<br />

views beim ersten Anruf geführt, bei der Jugend-Maßnahme-Befragung 2 waren es ca. 20<br />

Prozent der Interviews (vgl. Abbildung 19). Ein Grund da<strong>für</strong> könnte im Befragungszeitraum<br />

gesehen werden. Die Jugend-Maßnahme Befragung 1 wurde von Januar bis April<br />

durchgeführt, die Jugendmaßnahme-Befragung 2 von August bis September – ein Zeitraum,<br />

in <strong>dem</strong> noch Sommerurlaubsreisen stattfinden.<br />

Etwa die Hälfte der Jugendlichen, die eine telefonische Befragung im Rahmen dieser beiden<br />

Projekte verweigert haben, tat dies bis zum vierten Kontaktversuch.<br />

Abbildung 19: Interviews nach Kontaktversuchen bei Jugend-Maßnahme-Befragungen<br />

48<br />

Prozent (kumuliert)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

Maßnahme 1<br />

Maßnahme 2<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />

Kontaktversuche<br />

3.2.2 Ausschöpfung bei Befragungen der erwachsenen Bevölkerung<br />

Im CATI-Labor des <strong>zsh</strong> wurden fünf unterschiedliche Bevölkerungsbefragungen durchge-<br />

führt, verschieden auch im Hinblick auf die Stichprobenziehung. Demnach sind auch die<br />

Ausschöpfungsquoten sehr divergent, wie im Folgenden <strong>aus</strong>geführt werden soll.<br />

3.2.2.1 Bevölkerungsbefragung zur Politikwahrnehmung<br />

Eine im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB) 580 angelegte CATI-Befragung der<br />

Bevölkerung in <strong>aus</strong>gewählten Orten 35 hatte als Thema die lokale Politik. Nach<strong>dem</strong> das<br />

35 In diesem Teilprojekt des SFB 580 wurden Personen der Städte Halle und Köln (je 450 Interviews), Dessau<br />

und Jülich (je 350 Interviews) und Personen des Saalkreises und des Oberbergischen Kreises (je 200 Interviews)<br />

befragt.


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Thema der Befragung im Einleitungstext genannt wurde, lehnte eine hohe Anzahl von Per-<br />

sonen die Teilnahme ab. So haben 64 Prozent der Personen, die nicht an der Befragung<br />

teilnehmen wollten, bereits beim ersten Kontaktversuch verweigert und 93 Prozent aller Ver-<br />

weigerungen waren bereits nach <strong>dem</strong> dritten Kontaktversuch zu verzeichnen (vgl. Abbildung<br />

20). Die Ursachen der Ablehnungen sind zum einen auch auf Erklärungen der Interviewer,<br />

dass es um Politikwahrnehmung im lokalen Bereich geht und zum anderen auf die<br />

Ankündigung der Dauer der Befragung mit 30 Minuten 36 zurückzuführen. Das Ziel des<br />

Projektes bestand darin, die Wahrnehmung der Bürger von und ihr Vertrauen in Demokratie<br />

und <strong>dem</strong>okratische Eliten in Bezug auf die Stabilität des politischen Systems zu erfragen.<br />

Durch die Generierung der Stichprobe nach einem modifizierten Gabler-Häder-Design führte<br />

das Anwählen einer Telefonnummer häufig zu „keinem Anschluss unter dieser Nummer“.<br />

Durch diese Art der Stichprobenziehung und die Anwendung der „last birthday method“ 37 war<br />

ein Versenden eines Anschreibens nicht möglich. Die Befragung wurde zwar durch eine<br />

Pressemitteilung publik gemacht, jedoch hatte ein Großteil der Kontakt- und Zielpersonen<br />

diese Mitteilung nicht wahrgenommen. Da jedoch die Stichprobengröße mehr als zehnmal so<br />

groß war 38 wie die angestrebte Anzahl der zu führenden Interviews konnte die Befragung mit<br />

der Realisierung der Anzahl angestrebter erfolgreicher Interviews weit vor <strong>dem</strong> völligen Aus-<br />

schöpfen der Stichprobe beendet werden.<br />

So ist eine Ausschöpfung der Netto-Stichprobe mit knapp 20 Prozent nicht verwunderlich,<br />

zumal mehr als 28 Prozent der in der Brutto-Stichprobe enthaltenen Fälle noch nicht ange-<br />

rufen oder noch nicht erreicht wurden bzw. Terminvereinbarungen noch offen standen.<br />

Eine Verweigerungsquote von knapp 79 Prozent erscheint relativ hoch, ist jedoch, wenn man<br />

die Art der Stichprobenziehung 39 und den „kalten Kontakt“ bedenkt, nicht ungewöhnlich.<br />

Der Erhebungsverlauf (vgl. Abbildung 20) zeigt sehr deutlich, dass bereits nach <strong>dem</strong> vierten<br />

Kontaktversuch etwa 90 Prozent aller Interviews durchgeführt wurden. Diese Erfahrungen<br />

und ähnliche Prozentzahlen (80 bis 90 Prozent) werden auch von anderen<br />

Bevölkerungsbefragungen berichtet.<br />

36 Die anderen Bevölkerungsbefragungen Jugendlicher und Erwachsener, die in diesem Rahmen zur Auswertung<br />

herangezogen wurden, dauerten im Durchschnitt 15 bis 20 Minuten, wohingegen die Befragung zur Politikwahrnehmung<br />

mit einer Dauer von 30 Minuten deutlich länger war.<br />

37 Bei dieser Methode soll diejenige Person im H<strong>aus</strong>halt, die als letztes Geburtstag hatte, befragt werden.<br />

38 Von Gabler und Häder selbst wird empfohlen, die Stichprobe zehnmal so groß zu halten wie die Anzahl der zu<br />

realisierenden Interviews, da bei ihrem Verfahren im Vorfeld mit sehr großen stichprobenneutralen Ausfällen<br />

zu rechnen ist.<br />

39 Durch die Anwendung des Gabler-Häder-Designs war in 35 Prozent der Fälle kein Anschluss unter der<br />

gewählten Nummer zu verzeichnen.<br />

49


Christina Buchwald<br />

Abbildung 20: Interviews und Verweigerungen nach Kontaktversuchen bei einer<br />

Bevölkerungsbefragung des SFB 580<br />

3.2.2.2 H<strong>aus</strong>haltsbefragung in ländlichen Regionen<br />

Eine ganz andersartig gelagerte H<strong>aus</strong>haltsbefragung wurde in drei ländlichen Regionen Ost-<br />

deutschlands von Februar bis Mai 2003 durchgeführt. Ziel des Projektes war es, Kenntnis<br />

über wichtige soziale Problemlagen einer ländlichen Krisenregion zu erlangen, die im Zuge<br />

der wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen der letzten Jahre (nach der Wende) ent-<br />

standen sind. Der Fragebogen richtete sich an alle H<strong>aus</strong>halte von drei Gemeinden und sollte<br />

ein möglichst genaues Abbild der Sozialstruktur der Gemeinde liefern. Befragt wurde ein<br />

volljähriges Mitglied jedes H<strong>aus</strong>haltes, sofern die Kontaktperson Auskunft geben konnte über<br />

alle weiteren im H<strong>aus</strong>halt lebenden Personen.<br />

Im Vorfeld der CATI-Befragung wurden – in Absprache mit den jeweiligen Bürgermeistern –<br />

Ankündigungen mit Informationen zur Untersuchung an markanten und viel besuchten Stel-<br />

len der Orte <strong>aus</strong>gehangen. Außer<strong>dem</strong> wurde die Wichtigkeit an der Teilnahme der Befra-<br />

gung in einem Artikel der Tagespresse unterstrichen.<br />

In der Gemeinde, deren Bewohner zuerst befragt wurden, befindet sich der Sitz des wissen-<br />

schaftlichen Forschungsinstitutes, welches das Projekt bearbeitete. Diese Tatsache trug<br />

wohl entscheidend dazu bei, dass hier die Beteiligung durch den Bekanntheitsgrad am<br />

höchsten war. Mit einer Ausschöpfung von 56 Prozent und einer Verweigerungsquote von 40<br />

Prozent war das Ergebnis im Bereich der Erwartungen.<br />

In der zweiten Gemeinde, die <strong>für</strong> die H<strong>aus</strong>haltsbefragung <strong>aus</strong>gewählt wurde, war die Beteili-<br />

gung mit einer Ausschöpfungsquote von 43 Prozent anfangs nicht so zufrieden stellend. Aus<br />

diesem Grund wurde in der Presse erneut ein Artikel veröffentlicht mit der dringenden Bitte<br />

zur Teilnahme an der CATI-Erhebung. Die 56 Prozent der Personen der Netto-Stichprobe,<br />

die im ersten Anlauf verweigert hatten an der Befragung teilzunehmen, wurden erneut kon-<br />

taktiert. 17 Prozent der Verweigerer entschlossen sich doch zur Teilnahme an einem Inter-<br />

view.<br />

50<br />

Prozent (kumuliert)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

Kontaktversuche<br />

Interviews<br />

Verweigerungen


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Ähnlich war die Situation in der dritten Gemeinde. Die Ausschöpfungsquote betrug dort nur<br />

27 Prozent, wobei erwähnt werden muss, dass dieser Ort als ein <strong>Zentrum</strong> sozialer Problem-<br />

fälle einzuordnen ist. Auch hier wurde ein zweites Mal an die Bevölkerung über die Medien<br />

und über Aushänge zur dringenden Teilnahme an der Studie appelliert. Von den 71 Prozent<br />

der Personen, die beim ersten Anruf verweigert hatten, konnten 16 Prozent nun doch <strong>für</strong> das<br />

telefonische Interview gewonnen werden.<br />

Wird die Ausschöpfung nach der Anzahl der Kontaktversuche betrachtet, so lässt sich <strong>für</strong><br />

alle drei Gemeinden feststellen, dass 90 Prozent aller Interviews nach <strong>dem</strong> achten Kon-<br />

taktversuch geführt wurden. Unterschiedlich ist jedoch die Anzahl der kompletten Interviews<br />

nach <strong>dem</strong> vierten Kontaktversuch. In der ersten Gemeinde, in der die Ausschöpfungsrate<br />

insgesamt am höchsten ist, wurden nach vier Kontaktversuchen etwa 60 Prozent der<br />

Telefongespräche geführt (vgl. Abbildung 21). In den beiden anderen Gemeinden, deren<br />

Ausschöpfungsquote zwar insgesamt schlechter <strong>aus</strong>fällt, waren jedoch nach <strong>dem</strong> vierten<br />

Kontaktversuch bereits ca. 80 Prozent aller Interviews zustande gekommen (vgl.<br />

Abbildung 21). 40<br />

Bezüglich der Verweigerungen ergibt sich folgendes Bild: In der ersten Gemeinde, in der sich<br />

auch das Forschungsinstitut, welches das Projekt bearbeitet, befindet, wurden nach <strong>dem</strong><br />

dritten Kontaktversuch knapp 50 Prozent der Personen, die nicht an der Befragung teilneh-<br />

men wollten, registriert. In den beiden anderen Gemeinden waren es bereits knapp 50 Pro-<br />

zent beim ersten Kontaktversuch.<br />

Abbildung 21: Interviews nach Kontaktversuchen einer H<strong>aus</strong>haltsbefragung in ländlichen<br />

Regionen<br />

Prozent (kumuliert)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />

Kontaktversuche<br />

Gemeinde 1<br />

Gemeinde 2<br />

Gemeinde 3<br />

40 Die Ausschöpfung nach der Anzahl der Kontaktversuche wurde nur <strong>für</strong> die 3 Gemeinden im Rahmen der Erstbefragung<br />

dargestellt. Die nochmalige Kontaktierung der Verweigerer in der zweiten und dritten Gemeinde<br />

und deren Ausschöpfung nach Kontaktversuchen wurde hier vernachlässigt.<br />

51


Christina Buchwald<br />

3.2.2.3 Befragung von Betroffenen der Flutkatastrophe<br />

Eine weitere Bevölkerungsbefragung richtete sich an die von der Flutkatastrophe betroffenen<br />

Personen in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die durch eine Zufallsstichprobe <strong>aus</strong> der<br />

Gesamtheit der von der Flut betroffenen Personen in Sachsen und Sachsen-Anhalt<br />

ermittelten Geschädigten erhielten im Vorfeld der Untersuchung ein Anschreiben, das den<br />

Zweck und das Ziel der Befragung beinhaltete und die Personen zur Teilnahme aufforderte.<br />

Die Betroffenen wurden danach befragt, wie sie die Flut erlebt haben, wie einschneidend<br />

sich ihr Leben dadurch änderte und wie sich die Situation zum Befragungszeitraum<br />

darstellte. Des Weiteren wurden die Befragten gebeten, die Arbeit der Hilfsorganisationen<br />

und die Hilfsprogramme einzuschätzen. Das Ziel der Erhebung bestand darin, anhand der<br />

Ergebnisse die Programme der Hilfsorganisation weiterzuentwickeln.<br />

Die Befragung gestaltete sich insofern nicht so einfach, als die betroffenen Personen zwar<br />

bereit waren ein Interview zu führen, die emotionale Belastung jedoch noch sehr hoch war.<br />

Das Versenden eines Anschreibens und die Einsicht der Befragten in die Zweckdienlichkeit<br />

der Teilnahme hinsichtlich der Optimierung von Hilfsprogrammen, bewegten die angerufenen<br />

Personen sehr schnell dazu, ein Interview zu führen.<br />

Die Ausschöpfung betrug 72 Prozent, allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass<br />

diese hätte noch gesteigert werden können, wenn die Befragung durch das Erreichen der<br />

angestrebten Fallzahl nicht beendet worden wäre.<br />

Mit knapp 27 Prozent ist die Verweigerungsquote zwar höher als bei den Jugendbefragun-<br />

gen, aber durch<strong>aus</strong> niedriger als beispielsweise bei den H<strong>aus</strong>haltsbefragungen in den drei<br />

ländlichen Regionen. Weit über die Hälfte (58 Prozent) der Personen, die ein Interview ver-<br />

weigert haben, tat dies bereits bis zum zweiten Kontaktversuch. Wird die Ausschöpfung nach<br />

Kontaktversuchen betrachtet, so kann konstatiert werden, dass 80 Prozent der angestrebten<br />

Fallzahl nach maximal vier Kontaktversuchen realisiert waren (vgl. Abbildung 22).<br />

3.2.2.4 Befragung von Migranten<br />

Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich bei einer im <strong>zsh</strong> im Frühjahr 2004 durchgeführten CATI-<br />

Befragung, die sich an Personen richtete, die <strong>aus</strong> Sachsen-Anhalt abgewandert waren. Die<br />

Adressdaten wurden über die Einwohnermeldeämter gezogen, ein Anschreiben bekamen die<br />

zu befragenden Personen nicht. Kriterien der Auswahl waren eine Abwanderung <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />

Bundesland Sachsen-Anhalt zwischen 1998 und 2002 und das Alter der befragten Personen,<br />

welches zwischen 18 und 35 Jahren sein sollte. Das Forschungsprojekt untersuchte die re-<br />

gionalökonomischen Konsequenzen der Abwanderung junger Leute <strong>aus</strong> Ostdeutschland.<br />

Das Ziel des Forschungsvorhabens bestand darin, die Muster und Prinzipien des Migrations-<br />

prozesses, die Handlungsdispositionen und Motivationen sowie die Arbeits- und Lebensbe-<br />

dingungen der Migranten und eventuelle Rückkehrbestrebungen zu analysieren.<br />

Durch die Mobilität der Migranten konnten 15 Prozent der Brutto-Stichprobe nicht mehr er-<br />

reicht werden. Die Ausschöpfungsquote der Netto-Stichprobe dieser Erhebung betrug 75<br />

Prozent – ein sehr guter Wert, wenn man bedenkt, dass die Stichprobe damit noch nicht völ-<br />

lig <strong>aus</strong>geschöpft war, jedoch die angestrebte Fallzahl erreicht wurde.<br />

52


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Auch bei dieser Befragung waren die kontaktierten Personen sehr schnell bereit, ein Inter-<br />

view zu führen. Sie empfanden es als sehr sinnvoll, dass die Forschung an diesem Punkt<br />

ansetzt, um die massive Abwanderung <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Osten „unter die Lupe zu nehmen“. Außer-<br />

<strong>dem</strong> bestand eine hohe Bereitschaft, ein Stück des Lebensweges und die damit verbunde-<br />

nen Erfahrungen weiterzugeben. Nicht zuletzt haben Interviewer des CATI-Labors mit Sitz in<br />

Halle die Migranten <strong>aus</strong> Gründen der bleibenden Verbundenheit mit der Heimat zu einem<br />

Gespräch gewinnen können. So waren maximal vier Kontaktversuche notwendig, um 80<br />

Prozent der angestrebten Fallzahl zu erreichen und nach sechs Kontaktversuchen – ähnlich<br />

wie bei der Jugend-Panel-Befragung in den Jahren 2002 und 2003 – waren 90 Prozent der<br />

Interviews geführt (vgl. Abbildung 22) 41 .<br />

Die Verweigerungsrate von knapp 24 Prozent ist ähnlich der Prozentzahl bei der Befragung<br />

der Flutgeschädigten und liegt somit in <strong>dem</strong> <strong>für</strong> Deutschland allgemein angegebenen Be-<br />

reich der Verweigerungsraten (20 bis 30 Prozent). Von den Personen, die ein Interview ver-<br />

weigerten, hatten knapp 50 Prozent dies bereits bis zum zweiten Kontaktversuch und etwas<br />

mehr als drei Viertel bis zum fünften Kontaktversuch kundgetan.<br />

3.2.2.5 Befragung von Existenzgründern<br />

Eine Studie, die sich zwischen Bevölkerungs- und Unternehmensbefragungen bewegt, war<br />

die Untersuchung von Existenzgründern, welche im Jahr 2003 durch die Arbeitsagentur Hal-<br />

berstadt gefördert wurden. Die zu befragenden Existenzgründer wurden durch zwei unter-<br />

schiedliche Förderarten unterstützt, einerseits durch das Überbrückungsgeld, andererseits<br />

durch den Existenzgründerzuschuss (ICH-AG). Ziel der Studie war es, neben grundsätz-<br />

lichen Informationen über die Teilnehmer der Förderprogramme und insbesondere deren<br />

Verbleib, erklärende Wirkungsmechanismen <strong>für</strong> Erfolg oder Misserfolg der Unternehmens-<br />

gründungen zu analysieren.<br />

Angestrebt waren 230 komplette Interviews mit einer Länge von 10 Minuten, welche inner-<br />

halb kürzester Zeit (6 Tage) im Sommer 2004 realisiert waren. Die Befragten waren an der<br />

Teilnahme sehr interessiert und beurteilten es positiv, dass eine Nachfrage und Bewertung<br />

der Existenzgründungen vorgenommen wird. So ist es auch nicht verwunderlich, dass 60<br />

Prozent der Interviews nach <strong>dem</strong> ersten Kontaktversuch und 90 Prozent nach <strong>dem</strong> zweiten<br />

Kontaktversuch zustande kamen (vgl. Abbildung 22).<br />

41 Die Auswertung der Ausschöpfung nach Kontaktversuchen ist bei dieser Studie fast identisch mit der<br />

Ausschöpfung der Befragung von Betroffenen der Flutkatastrophe.<br />

53


Christina Buchwald<br />

Abbildung 22: Interviews nach Kontaktversuchen bei Bevölkerungsumfragen (Erwachsene)<br />

Die Ausschöpfungsquote der Netto-Stichprobe von 88 Prozent ist als sehr hoch zu bewerten.<br />

Dazu muss bemerkt werden, dass die Untersuchung aufgrund der erreichten angestrebten<br />

Fallzahl beendet wurde und 50 Prozent der zu Befragenden (der Brutto-Stichprobe) noch<br />

nicht erreicht wurden bzw. eine Terminvereinbarung <strong>für</strong> einen späteren Zeitpunkt (nach<br />

Beendigung der Befragung) getroffen wurde.<br />

Nur die geringe Zahl von 10 Prozent der Personen der Netto-Stichprobe hat ein Interview<br />

verweigert, wobei die Hälfte dieser Personen gleich beim ersten Kontaktversuch ablehnte.<br />

3.2.3 Ausschöpfungen der CATI-Bevölkerungsbefragungen im Vergleich zu Unter-<br />

54<br />

Prozent (kumuliert)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

nehmensbefragungen<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit verallgemeinernden Aussagen zu Aus-<br />

schöpfungsquoten sehr vorsichtig umgegangen werden muss. Es gibt keine einheitliche De-<br />

finition und Vorgabe der zu den stichprobenneutralen Ausfällen bzw. zur Netto-Stichprobe<br />

zuzuordnenden Dispositionen.<br />

Ausschöpfungsquoten müssen differenziert betrachtet werden, da sie von verschiedenen<br />

Faktoren abhängig sind, wie zum Beispiel von:<br />

• der Art der Ziehung und der Größe der Stichprobe,<br />

• der zu befragenden Zielgruppe,<br />

• <strong>dem</strong> Thema,<br />

• der Befragungszeit,<br />

0<br />

• der persönlichen Betroffenheit,<br />

• der gesellschaftlichen Brisanz,<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />

• der gewünschten Anzahl der Interviews und <strong>dem</strong> (vorzeitigen) Beenden der Befra-<br />

gung nach <strong>dem</strong> Erreichen der geplanten Anzahl an Interviews,<br />

• Kalt- bzw. Warmkontaktierung sowie<br />

• der Tatsache, dass es sich um eine Panelbefragung mit Einverständnis zur<br />

Wiederholungsbefragung handelt.<br />

Kontaktversuche<br />

Flutgeschädigte<br />

Migranten<br />

Existenzgründer


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Die Heterogenität an Ausschöpfungsquoten bei CATI-Bevölkerungsbefragungen, die im<br />

CATI-Labor des <strong>zsh</strong> zu verzeichnen sind, gilt auch <strong>für</strong> die Unternehmensbefragungen. Hier<br />

sind Ausschöpfungen zwischen 25 und 75 Prozent zu verzeichnen. Aber auch bei dieser Art<br />

von telefonischer Erhebung muss bemerkt werden, dass die unterschiedlichen Quoten durch<br />

die Besonderheiten der einzelnen Untersuchungen bestimmt werden. Die Kontaktaufnahme<br />

gestaltet sich bei größeren Unternehmen weit<strong>aus</strong> schwieriger als bei Kleinbetrieben, da man<br />

zum Beispiel erst über eine Zentrale zur Kontaktperson verbunden wird. Das Zeitbudget der<br />

Mitarbeiter in Unternehmen ist in den meisten Fällen sehr knapp, wodurch Terminabspra-<br />

chen schwierig sind und Terminverschiebungen oft vorkommen. Wurde vor der Untersu-<br />

chung ein Anschreiben verschickt, so ist dieses häufig nicht bei der Zielperson angekom-<br />

men.<br />

Bei Unternehmensbefragungen empfiehlt es sich, bereits um 8.00 Uhr morgens mit <strong>dem</strong> Te-<br />

lefonieren zu beginnen. Im Gegensatz dazu ist die Ausschöpfung bei Bevölkerungsbefra-<br />

gungen und insbesondere auch bei Jugendbefragungen in den Nachmittags- und Abend-<br />

stunden am höchsten. In der Literatur wird die Zeit zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr als am<br />

günstigsten angegeben (vgl. Kreiselmaier/Porst 1989, S. 34), was sich mit unseren Erfah-<br />

rungen im CATI-Labor am <strong>zsh</strong> deckt.<br />

Sind bei den Bevölkerungsbefragungen (Jugend und Erwachsene) nach <strong>dem</strong> vierten Kon-<br />

taktversuch 70 bis 80 Prozent aller Interviews geführt worden und nach <strong>dem</strong> sechsten bis<br />

achten Anwählversuch zumeist 90 Prozent der Interviews komplett, so ergibt sich bei Unter-<br />

nehmensbefragungen doch ein ganz anderes Bild: Es sind deutlich mehr Anwählversuche<br />

bis zum Zustandekommen eines Interviews notwendig.<br />

Bei einer Befragung von Handwerksbetrieben ist es noch ähnlich wie bei den Bevölkerungs-<br />

befragungen: sechs Kontaktversuche waren notwendig, um 80 Prozent und 9 Versuche um<br />

90 Prozent der Interviews vollständig zu haben. Etwas schwieriger gestaltete es sich bei ei-<br />

ner Bildungsträgerbefragung in den ostdeutschen Bundesländern und Berlin: 9 Kontaktie-<br />

rungen wurden benötigt um 80 Prozent der Interviews zu erhalten und bis zu 12 Versuche <strong>für</strong><br />

90 Prozent. Im Rahmen einer bundesweiten Unternehmensbefragung von mittleren und<br />

Kleinbetrieben (KMU) waren erst nach 12 Kontaktversuchen 80 Prozent der Interviews ge-<br />

führt und nach weiteren drei Versuchen 90 Prozent (vgl. Abbildung 23). Der Grund da<strong>für</strong> ist<br />

in der komplizierten Erreichbarkeit der Gesprächspartner zu sehen.<br />

Die Ansprechpartner bei der Bildungsträger-Befragung und der Befragung in den kleinen und<br />

mittleren Unternehmen, die ein Interview verweigert hatten, taten dies in etwa der Hälfte der<br />

Fälle bis zum vierten Kontaktversuch. Bei der Befragung in den Handwerksbetrieben hatten<br />

bereits 70 Prozent der Verweigerer bis zum vierten Kontaktversuch ihre Nicht-Teilnahme<br />

angeführt.<br />

55


Christina Buchwald<br />

Abbildung 23: Interviews nach Kontaktversuchen bei Unternehmensbefragungen<br />

Wird bei der Durchführung von Telefonumfragen die Effizienz beurteilt, so kann im Rahmen<br />

der am <strong>zsh</strong> durchgeführten CATI-Bevölkerungsstudien bestätigt werden, was in der Literatur<br />

bereits zu lesen ist: Spätestens nach <strong>dem</strong> vierten Kontaktversuch ist der größte Teil der In-<br />

terviews durchgeführt und weitere Kontaktversuche könnten zu einer Ineffizienz führen. Zur<br />

Reduzierung objektiver Ausfälle sollten allerdings mehrere Kontaktversuche unternommen<br />

werden. Kreiselmaier/Porst (1989, S. 34) berichten, dass in Studien, in denen die Zahl der<br />

Kontaktversuche erhöht worden ist, die Nicht-Erreichbarenquote gesenkt werden konnte.<br />

Aus ökonomischen Gründen sollte dies aber nicht beliebig <strong>aus</strong>gedehnt werden (vgl.<br />

Brückner et al. 1982, S. 27). Brückner et al. (1982) verweisen darauf, dass nach <strong>dem</strong> vierten<br />

Kontaktversuch eine deutliche Ineffizienz feststellbar ist, andere Angaben in der Literatur<br />

deuten darauf hin, dass die Ausschöpfung bereits nach <strong>dem</strong> dritten Kontaktversuch sinkt.<br />

Jedoch wird die Abhängigkeit der Ausschöpfung von der Anzahl der Kontaktversuche bei<br />

einer Studie auch von den jeweiligen Kontexten beeinflusst. So stellen – im Gegensatz zu<br />

den oben vorgestellten Ergebnissen – z. B. Hormuth/Brückner (1985) fest, dass in einer<br />

Studie 45 Prozent der Telefonnummern nach <strong>dem</strong> ersten Versuch abgearbeitet waren und<br />

dass eine Erhöhung der Kontaktversuche weiteren Erfolg zeigt. Nach <strong>dem</strong> sechsten Kontakt-<br />

versuch waren in dieser Studie 95 Prozent der Telefonnummern bearbeitet. Eine größere<br />

Anzahl von Kontaktversuchen wird nur dann empfohlen, wenn man schwer erreichbare Per-<br />

sonen unbedingt erreichen will. Die Ergebnisse der CATI-Erhebungen des <strong>zsh</strong> bestätigen<br />

damit grundsätzlich die bereits in der Literatur beschriebenen Tendenzen, wobei die beson-<br />

deren Anforderungen im Rahmen jeder Studie nicht außer Acht gelassen werden dürfen.<br />

In diesem Zusammenhang soll kurz auf drei Eliten-Befragungen verwiesen werden, die im<br />

CATI-Labor des <strong>zsh</strong> durchgeführt wurden. Im Rahmen des SFB 580 wurden aktuelle Abge-<br />

ordnete von Landtagen, des Bundestages und des Europaparlamentes befragt sowie poli-<br />

tische und administrative Amtsinhaber auf lokaler Ebene. Da das Zeitbudget der aktuellen<br />

Abgeordneten besonders eng ist und sich die Erreichbarkeit aufgrund der erforderlichen Mo-<br />

bilität sehr schwierig gestaltet, musste die Anzahl der Kontaktversuche entsprechend erhöht<br />

56<br />

Prozent (kumuliert)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20<br />

Kontaktversuche<br />

Bildungsträger<br />

Handwerk<br />

KMU


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

werden. So waren bei der Befragung der aktuellen Abgeordneten erst nach 17 Versuchen<br />

80 Prozent der Interviews geführt und nach 27 Versuchen 90 Prozent der Interviews (vgl.<br />

Abbildung 24). Hier zeigt sich deutlich, dass eine wesentlich größere Anzahl von Kontaktver-<br />

suchen nötig und sinnvoll war, um die schwer erreichbaren Personen <strong>für</strong> ein Interview zu ge-<br />

winnen.<br />

Wesentlich einfacher gestalteten sich die Terminabsprache und das Zustandekommen eines<br />

Interviews bei den ehemaligen Abgeordneten, die zumeist über mehr Zeit verfügen und gern<br />

von ihren Erfahrungen während der Tätigkeit als Abgeordneter berichten. So konnten nach<br />

maximal vier Kontaktversuchen bereits 80 Prozent der Interviews geführt werden und nach<br />

fünf bis sechs Kontaktversuchen 90 Prozent der Telefoninterviews (vgl. Abbildung 24). Die<br />

politischen und administrativen Amtsinhaber der lokalen Politik liegen im Rahmen dieser<br />

Auswertung zwischen den beiden eben genannten Elitebefragungen. Nach maximal 6<br />

Kontaktierungen waren 80 Prozent der Interviews zustande gekommen und nach insgesamt<br />

10 Versuchen 90 Prozent (vgl. Abbildung 24).<br />

Abbildung 24: Interviews nach Kontaktversuchen bei Elitenbefragungen<br />

Prozent (kumuliert)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass je nach Zielgruppe und Schwierigkeitsgrad<br />

der Erreichbarkeit entschieden werden muss, wie viele Kontaktversuche erwünscht und zu-<br />

gelassen sind – im Hinblick auf die Effizienz der Ausschöpfung und natürlich auch <strong>aus</strong> öko-<br />

nomischen Gründen.<br />

0<br />

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29<br />

Kontaktversuche<br />

Ehemalige Abgeordnete<br />

Aktuelle Abgeordnete<br />

Lokalpolitiker<br />

3.3 Einschätzungen zum Interview – Warum nimmt man an einer Telefonbefragung<br />

teil?<br />

Immer wieder stellt sich die Frage, warum Personen zur Teilnahme an einer Befragung<br />

motiviert sind. Eine einheitliche Theorie des Interviews gibt es auch nach jahrelanger<br />

Methodenforschung noch nicht. Zur Erklärung des Teilnahmeverhaltens an Befragungen<br />

werden zunehmend Rational-Choice-Theorien herangezogen (vgl. u. a. Schnell/Hill/Esser<br />

57


Christina Buchwald<br />

1995, S. 328-332) 42 . Demnach wird das Verhalten des Befragten im Interview als Ergebnis<br />

einer nach Kosten-Nutzen-Erwägungen erfolgten Entscheidung zwischen Handlungs-<br />

alternativen beschrieben (vgl. z. B. Dillmann 1978, S. 12-16). „Personen wählen die ihnen<br />

vorstellbare Handlungsalternative, die am ehesten angesichts der vorfindbaren<br />

Situationsumstände bestimmte Ziele zu realisieren verspricht“ (Esser 1986, S. 321). Es<br />

handelt sich dabei immer um subjektiv vorstellbare Handlungsalternativen, um subjektiv<br />

jeweils definierte Handlungssituationen und Handlungsziele. Diese handlungstheoretische<br />

Erklärung basiert auf der Annahme, dass Personen in jeder Situation so reagieren, wie es<br />

ihnen am besten geeignet erscheint und die Situation wählen, die ihnen die stärkste<br />

Bedürfnisbefriedigung bringt (vgl. Schnell 1997). Die Entscheidung über die Teilnahme an<br />

einer Befragung kann als rationale Handlungswahl interpretiert werden. Die<br />

Teilnahmebereitschaft ist – neben personalen Eigenschaften – abhängig von der Einschät-<br />

zung der Wichtigkeit und der Höhe des persönlichen Nutzens <strong>für</strong> die befragte Person, z. B.<br />

die Aussicht auf Verbesserung einer Situation, die den Befragten betrifft (vgl. Kaase 1999,<br />

S. 38).<br />

Jede Befragung als Prozess der Aufnahme von Antworten auf gestellte Fragen stellt eine<br />

soziale Situation dar. Diese soziale Situation erhält – besonders bei Telefonumfragen – ihre<br />

Struktur über eine verbale Kommunikation. „Telefonieren bedeutet nicht alleine das sachge-<br />

mäße Bedienen einer technischen Apparatur, sondern auch und vor allem soziale Interak-<br />

tion, die bestimmten normativen Regeln unterliegt und auch selbst neue Kommunikations-<br />

normen produziert. Demzufolge ist das Telefoninterview nicht alleine unter technischen<br />

Aspekten zu betrachten, sondern als Teil eines kommunikations-normativen Systems, das<br />

<strong>dem</strong> Gespräch am Telefon allgemein zugrunde liegt, es beeinflusst und selbst wiederum von<br />

ihm beeinflusst wird.“ (Kreiselmaier/Porst 1989, S. 4)<br />

Die Situation bei einer Telefonbefragung ist somit ein mikrosoziales Interaktionssystem, im<br />

Rahmen dessen die Gültigkeit und Zuverlässigkeit der Antworten von bestimmten Effekten<br />

abhängig sind. Diese Effekte können durch die Fragen selbst erzeugt werden, sind des<br />

Weiteren abhängig vom Einfluss des Interviewers und von den Merkmalen der Befragten<br />

(vgl. dazu Schnell/Hill/Esser 1995, S. 299-303 sowie Schnell 1997).<br />

In den folgenden Abschnitten werden diesbezüglich Auswertungen von Einschätzungen zum<br />

Interview im Rahmen der bereits oben angeführten Bevölkerungsbefragungen des <strong>zsh</strong> vor-<br />

genommen. Im Anschluss an die jeweilige Befragung wurden einige Fragen zum Interview<br />

selbst an den Befragten und auch an den Interviewer gerichtet. Dabei spielt die Frage nach<br />

der Belastung des Befragten (d. h. die Kosten im Sinne der Rational-Choice-Theorie) durch<br />

das Interview eine besondere Rolle. Schnell (1997, S. 166) beschreibt drei wesentliche Ur-<br />

sachen <strong>für</strong> Belastungen:<br />

58<br />

• die mögliche Verletzung der Privatsphäre,<br />

• Be<strong>für</strong>chtungen über die Verwendung des Datenmaterials sowie<br />

• Belastungen durch den Befragungsvorgang selbst.<br />

42 Eine andere Theorie des Interviews zur Erklärung des Teilnahmeverhaltens beispielsweise basiert auf<br />

sozialpsychologischen Ansätzen.


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Zur Messung der Belastung wurden an den Interviewten Fragen gestellt, z. B. zur geschätz-<br />

ten Dauer der Befragung, zur empfundenen Anstrengung während des Interviews, zur Ver-<br />

ständlichkeit der Fragen und zu Erinnerungsschwierigkeiten, beispielsweise vergangene<br />

Lebensabschnitte betreffend.<br />

Der Interviewer hatte im Anschluss an das Gespräch ebenfalls Fragen zur geschätzten<br />

Länge des Interviews, zu Schwierigkeiten des Befragten bei der Beantwortung und zu Erin-<br />

nerungsschwierigkeiten zu beantworten. Außer<strong>dem</strong> sollte der Interviewer angeben, wie<br />

anstrengend das Interview <strong>für</strong> ihn war und hatte die Möglichkeit, offene Kommentare zu<br />

geben.<br />

Um den Nutzen der Befragung zu messen, wurden den Personen im Anschluss an das In-<br />

terview Fragen zur Einschätzung der Wichtigkeit der Befragung, zur Interessantheit der Fra-<br />

gen und des Themas gestellt und die Möglichkeit offeriert, offene Kommentare zum Interview<br />

zu geben. 43<br />

3.3.1 Geschätzte Interviewdauer<br />

Über die optimale und maximale Länge telefonischer Interviews gehen die Meinungen sehr<br />

weit <strong>aus</strong>einander. In der Literatur finden sich Angaben von 20 bis 30 Minuten, aber auch bis<br />

zu 60 Minuten und mehr (vgl. Fuchs 1994, S. 56). Nach den Erfahrungen fast aller im <strong>zsh</strong><br />

durchgeführten Studien hat die Dauer eines Interviews keinen direkten Einfluss auf das Teil-<br />

nahmeverhalten. Die Interviewdauer wird nach <strong>dem</strong> Telefongespräch sowohl von den Be-<br />

fragten als auch von den Interviewern in fast allen Studien, die im CATI-Labor des <strong>zsh</strong><br />

durchgeführt wurden, unterschätzt.<br />

Werden die Mittelwerte der Dauer der Befragungen differenziert nach Kohorten betrachtet,<br />

so ergibt sich folgendes Bild: In der Jugend-Maßnahme-Befragung 1 wurde die Dauer des<br />

Gesprächs durch die Befragten unterschätzt und bei der Jugend-Maßnahme-Befragung 2<br />

überschätzt. Ein möglicher Grund könnte darin gesehen werden, dass die befragten Jugend-<br />

lichen der Maßnahme 2 nicht so viel interessante Inhalte zu berichten hatten und deshalb die<br />

Fragen der Interviewer bzw. das Gespräch als langwieriger empfanden.<br />

Die Interviewer haben bei beiden Befragungen die Gesprächsdauer kürzer eingeschätzt als<br />

sie tatsächlich war (vgl. Abbildung 25). Bei der Jugend-Panel-Befragung im Jahr 2003 unter-<br />

schätzten die befragten Jugendlichen die Interviewdauer um etwa ein Drittel, bei den Inter-<br />

viewern war der Wert zwar geringer, jedoch wurde die Dauer auch kürzer, als es tatsächlich<br />

der Fall war, eingeschätzt. Gründe da<strong>für</strong> sind z. B. in der Interessantheit und Wichtigkeit des<br />

Befragungsthemas, in der angenehmen Interviewsituation und in der Beliebtheit des Telefo-<br />

nierens bei Jugendlichen zu sehen.<br />

43 Von den bereits oben aufgeführten Studien, die im CATI-Labor des <strong>zsh</strong> durchgeführt wurden, konnten bei<br />

folgenden Bevölkerungsbefragungen keine Fragen an den Befragten zum Interview angeschlossen werden:<br />

Bei der Befragung von Flutbetroffenen erschien es aufgrund der emotionalen Betroffenheit nicht möglich, Fragen<br />

zum Interview zu stellen. Bei der Befragung der Existenzgründer wurde wegen der Kürze des Interviews<br />

insgesamt darauf verzichtet, Fragen hinten anzustellen und bei der Bevölkerungsbefragung zur Politikwahrnehmung<br />

wurden <strong>aus</strong> projektinternen Gründen keine Fragen zum Interview gestellt. In der Jugend-Panel-Befragung<br />

im Jahr 2004 wurde nur den Interviewern die Möglichkeit gegeben, offene Kommentare einzutragen.<br />

Die in den Jahren 2002 und 2003 gestellten Fragen zum Interview wurden bereits an anderer Stelle gesondert<br />

<strong>aus</strong>gewertet. Insgesamt kann jedoch auch im Rahmen dieser Studie festgehalten werden, dass die Jugendlichen<br />

die Befragung und das Thema als wichtig erachteten und begrüßten.<br />

59


Christina Buchwald<br />

Abbildung 25: Tatsächliche und geschätzte Interviewdauer bei den Jugend-Maßnahme-<br />

Befragungen<br />

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch <strong>für</strong> die Untersuchungen der erwachsenen Bevölkerung.<br />

Die befragten Migranten haben die Interviewlänge ein wenig überschätzt. Jedoch war die<br />

Tendenz bezüglich der Bereitschaft, Fragen zu beantworten, sehr hoch und die Befragten<br />

gaben häufig über die gestellten Fragen hin<strong>aus</strong> Informationen zu der erfragten Situation.<br />

Möglicherweise ließ dieser Sachverhalt die geschätzte Interviewdauer bei den Teilnehmern<br />

etwas höher erscheinen. Die Befragten der H<strong>aus</strong>halte der ländlichen Regionen haben die In-<br />

terviewdauer wesentlich unterschätzt. 44 Die Interviewer gaben durchweg <strong>für</strong> alle Studien we-<br />

niger Zeit <strong>für</strong> ein geführtes Interview an, als real zu verzeichnen war (vgl. Abbildung 26).<br />

Abbildung 26: Tatsächliche und geschätzte Interviewdauer bei Bevölkerungsbefragungen<br />

44 Wie bereits erwähnt, wurden den Personen bei der Flutbefragung und der Befragung zur Existenzgründung<br />

60<br />

Minuten<br />

Minuten<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

keine Fragen zum Interview gestellt.<br />

Jugend-Maßnahme 1 Jugend-Maßnahme 2<br />

Tatsächliche Interviewdauer Durch Befragte geschätzte Interviewdauer<br />

Durch Interviewer geschätzte Interviewdauer<br />

Flutbefragung Existenzgründerbefragung Migrantenbefragung H<strong>aus</strong>haltsbefragung<br />

Tatsächliche Interviewdauer Durch Befragte geschätzte Interviewdauer<br />

Durch Interviewer geschätzte Interviewdauer


3.3.2 Einschätzungen der Befragten zum Interview<br />

3.3.2.1 Wichtigkeit der Befragung<br />

Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Sind die Gesprächspartner zu einem Interview bereit, so kann auch davon <strong>aus</strong>gegangen<br />

werden, dass die Studie als wichtig eingeschätzt wird.<br />

Auf die Frage „Für wie wichtig erachten Sie es, dass solche Befragungen zu diesem Thema<br />

durchgeführt werden?“ antwortete etwa ein Drittel der Befragten der einzelnen im <strong>zsh</strong> durch-<br />

geführten Bevölkerungsbefragungen, dass sie es <strong>für</strong> sehr wichtig erachten, Umfragen zu<br />

<strong>dem</strong> jeweiligen Thema durchzuführen. Und weiterhin knapp die Hälfte der Befragten befand<br />

die Durchführung von Befragungen eher wichtig. Insgesamt beurteilten somit über 80 Pro-<br />

zent der befragten Personen auf einer Skala von 1 bis 5 die Erhebung als sehr und eher<br />

wichtig. Lediglich zwischen 1 und 3 Prozent der Interviewten gaben an, dass derartige Befra-<br />

gungen äußerst unwichtig sind.<br />

Ein Unterschied zwischen jugendlichen Teilnehmern und Erwachsenen lässt sich bei dieser<br />

Fragestellung nicht feststellen, so dass davon <strong>aus</strong>gegangen werden kann, dass ein Großteil<br />

derjenigen, die an CATI-Befragungen des <strong>zsh</strong> teilgenommen haben, die Wichtigkeit der<br />

Durchführung von Telefonbefragungen im Rahmen wissenschaftlicher Studien bestätigen.<br />

Die befragten Personen gehen – wird zur Erklärung der Teilnahme an der Befragung die<br />

Rational-Choice-Theorie herangezogen – davon <strong>aus</strong>, dass sie mit ihrer Teilnahme einen<br />

wichtigen Beitrag <strong>für</strong> das Forschungsprojekt leisten und eine Veränderung in eine positive<br />

Richtung beeinflussen können.<br />

Abbildung 27 zeigt beispielhaft die Einschätzung der Wichtigkeit der Befragung der beiden<br />

Studien bezüglich der Maßnahmen <strong>für</strong> Jugendliche und der Befragung von Migranten.<br />

Abbildung 27: Wichtigkeit der Befragung<br />

Prozent<br />

55<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

sehr wichtig eher wichtig eher unwichtig äußerst<br />

unwichtig<br />

Jugend-Maßnahme 1<br />

Jugend-Maßnahme 2<br />

Migranten-Befragung<br />

weiß nicht keine Angabe<br />

61


Christina Buchwald<br />

3.3.2.2 Empfundene Belastung des Interviews<br />

Mit der Frage „Wie anstrengend war das Interview?“ sollten die befragten Personen auf einer<br />

Skala von 1 bis 5 45 einschätzen, wie anstrengend das Interview <strong>für</strong> sie war. Bei den Jugend-<br />

befragungen zu Maßnahmen beurteilten jeweils knapp zwei Drittel, dass das Interview über-<br />

haupt nicht anstrengend war und ein weiteres Viertel jeweils kaum bzw. wenig anstrengend.<br />

Die Prozentzahl der befragten Jugendlichen, die das Interview äußerst anstrengend empfan-<br />

den, lag bei beiden Erhebungen unter einem Prozent. Bei der Befragung der Migranten wa-<br />

ren es sogar knapp drei Viertel, die das Interview überhaupt nicht anstrengend fanden und<br />

etwa weitere 20 Prozent beurteilten es als kaum bzw. wenig anstrengend. Dass die prozen-<br />

tuale Einschätzung eines überhaupt nicht anstrengenden Interviews bei den Jugendbefra-<br />

gungen leicht unter den Zahlen der Befragung von Migranten liegt, hängt damit zusammen,<br />

dass die Jugendlichen ihre Erwerbsepisoden nacheinander zeitgemäß angeben sollten. Da-<br />

bei wurde von den Jugendlichen eine relativ große Erinnerungsleistung abverlangt, was die<br />

Anstrengung erhöhte.<br />

Etwas anders gestaltete sich der Grad der Anstrengung bei der H<strong>aus</strong>haltsbefragung in den<br />

drei ländlichen Regionen. Bei dieser Befragung sollten die Personen auf einer Skala von 0<br />

bis 10 einschätzen, wie anstrengend das Interview war, wobei 0 „überhaupt nicht anstren-<br />

gend“ und 10 „äußerst anstrengend“ bedeutete. In diesem Fall bewerteten 56 Prozent der<br />

Befragten den Grad der Anstrengung mit 0 (= überhaupt nicht anstrengend) und weitere 13<br />

Prozent mit 1. Der höchste angegebene Wert auf der Skala von 0 bis 10 war der Wert 5. Die<br />

Erklärung, dass im Vergleich zu den eben angeführten Studien weniger Befragte das Inter-<br />

view mit „überhaupt nicht anstrengend“ bewerteten ist auch in der inhaltlichen Gestaltung der<br />

Erhebung zu sehen. Die im jeweiligen H<strong>aus</strong>halt befragte Person sollte im Rahmen dieser<br />

Studie Auskunft über alle weiteren H<strong>aus</strong>haltsmitglieder und deren soziale Lage geben.<br />

3.3.2.3 Verständlichkeit der Fragen<br />

Die große Mehrheit der Befragten antwortete auf die Frage „Empfanden Sie es als einfach<br />

oder als schwierig, die Fragen zu verstehen?“ mit „einfach“ und „eher einfach“ 46 . Bei den<br />

Jugendbefragungen zu Maßnahmen waren es zwei Drittel der Befragten, welche die Fragen<br />

einfach verstanden haben und etwa ein weiteres Viertel gab an, dass die Fragen „eher ein-<br />

fach“ zu verstehen waren. Bei der Befragung der Migranten und der H<strong>aus</strong>haltsbefragung in<br />

ländlichen Regionen waren es sogar jeweils etwa 80 Prozent der Befragten, die die Ver-<br />

ständlichkeit der Fragen in die Kategorie „einfach“ einordneten. Im Rahmen dieser beiden<br />

Befragungen sind es immerhin fast 100 Prozent der Personen, welche die Verständlichkeit<br />

der Fragen „einfach“ oder „eher einfach“ beurteilten. Von den vier zur Auswahl stehenden<br />

Antworten bei dieser Fragestellung gab es in keiner Befragung eine einzige Person, die mit<br />

„sehr schwierig“ antwortete und ganz wenige Befragte, die „schwierig“ angaben.<br />

45 Auf der Skala von 1 bis 5 bedeutete 1 = überhaupt nicht anstrengend, 2 = kaum bzw. wenig anstrengend, 3 =<br />

teilweise anstrengend, 4 = überwiegend anstrengend und 5 = äußerst anstrengend.<br />

46 Zur Auswahl wurde eine Skala mit folgenden Kategorien angeboten: „einfach“, „eher einfach“, „eher schwie-<br />

62<br />

rig“, „sehr schwierig“.


3.3.2.4 Erinnerungsschwierigkeiten<br />

Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Bei den Jugendbefragungen zu Maßnahmen und bei der Befragung von Migranten wurden<br />

die Teilnehmer nach bestimmten Begebenheiten <strong>aus</strong> ihrem bisherigen Leben befragt. Auf die<br />

Frage „Hatten Sie Schwierigkeiten, sich an einzelne Episoden bzw. an einzelne Details zu<br />

erinnern?“ gab es <strong>für</strong> die Interviewteilnehmer folgende Antwortoptionen: „hatte (überhaupt)<br />

keine Schwierigkeiten“, „hatte manchmal Schwierigkeiten“ und „hatte häufig Schwierig-<br />

keiten“.<br />

Die Befragten der beiden Jugendstudien und die der Erhebung zur Migration gaben mit je-<br />

weils über 95 Prozent an, überhaupt keine oder nur manchmal Erinnerungsschwierigkeiten<br />

zu haben. Wenn auch die Anstrengung – wie bereits aufgezeigt – differenziert nach den Stu-<br />

dien unterschiedlich <strong>aus</strong>fällt, so gaben doch die meisten Personen, die im Rahmen dieser<br />

drei Studien befragt wurden, keine Erinnerungsschwierigkeiten an.<br />

3.3.2.5 Teilnahme an Befragungen zu einem früheren Zeitpunkt<br />

Als Belastung – und somit im Sinne der Rational-Choice-Theorie den Kosten zuzurechnen –<br />

wird von Personen die häufige Aufforderung zur Teilnahme an einer Befragung, besonders<br />

auch am Telefon, erlebt. Aus diesem Grund wurden die Interviewten der Studien des <strong>zsh</strong><br />

gefragt, ob sie bereits früher einmal an telefonischen, schriftlichen oder mündlichen Befra-<br />

gungen teilgenommen haben. Etwa die Hälfte der Interviewten, sowohl der Jugendbefragun-<br />

gen zu Maßnahmen als auch der Befragungen der erwachsenen Bevölkerung gab an, noch<br />

nie an Befragungen teilgenommen zu haben und lediglich bis zu jeweils 2 Prozent konnten<br />

sich nicht mehr erinnern oder wussten es nicht mehr genau. Von den 50 Prozent der Perso-<br />

nen, die bereits an Umfragen teilgenommen haben, gab der Großteil der Jugendlichen an, im<br />

Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen mitgewirkt zu haben, während der größere Teil<br />

der erwachsenen Bevölkerung eher <strong>für</strong> die Marktforschung an Umfragen teilnahm. Dieses<br />

Ergebnis könnte zu der Annahme führen, dass die Zielpersonen wissenschaftlicher Unter-<br />

suchungen besonders häufig Jugendliche bzw. junge Menschen sind, zum Beispiel in Ost-<br />

deutschland im Rahmen von Erhebungen in Bezug auf die erste bzw. zweite Schwelle.<br />

3.3.2.6 Offene Kommentare zum Interview<br />

Zum Ende des Interviews hatten die befragten Personen die Möglichkeit, ganz allgemein<br />

Kommentare oder Anmerkungen zum Interview oder zur Befragung zu geben. Im Rahmen<br />

der beiden Jugendbefragungen zu Maßnahmen haben 12 bzw. knapp 17 Prozent der Ju-<br />

gendlichen die Möglichkeit genutzt, eine oder mehrere Bemerkungen abzugeben. Dabei<br />

handelte es sich bei über drei Viertel der Kommentare um Aussagen zum Thema der Befra-<br />

gung bzw. zur Befragung an sich. Knapp 10 Prozent der Angaben enthielten Aussagen über<br />

die Interviewsituation und die restlichen Aussagen bezogen sich auf den Fragebogen bzw.<br />

auf sonstige Gegebenheiten. Bei den Jugendbefragungen begrüßten 35 bzw. 16 Prozent der<br />

Interviewten nochmals die Befragung. Einige Jugendliche nutzten an dieser Stelle die Gele-<br />

genheit, um die Maßnahme selbst zu beurteilen.<br />

Des Weiteren wurden allgemeine Erfahrungen der Teilnehmer während der Maßnahme<br />

weitergegeben und in einigen wenigen Anmerkungen Verbesserungsvorschläge <strong>für</strong> den<br />

63


Christina Buchwald<br />

Fragebogen. 14 bzw. 6 Prozent der Interviewten verwiesen auf eine angenehme Interview-<br />

situation und auf ein interessantes Gespräch. Auch Sympathiebekundungen <strong>für</strong> den<br />

Interviewer wurden in einigen Fällen als Kommentar hinterlegt.<br />

Bei der Erhebung zur Migration nahmen 17 Prozent der Befragten die Möglichkeit in<br />

Anspruch, einen oder mehrere Kommentare abzugeben. 35 Prozent derjenigen, die eine An-<br />

merkung gaben, begrüßten die Befragung und von nur 0,4 Prozent wurde diese trotz Teil-<br />

nahme abgelehnt. Knapp 30 Prozent hatten einen Nachtrag inhaltlicher Art festzuhalten. Er-<br />

freulich ist auch im Rahmen dieser Studie, dass mehr als 12 Prozent nochmals die angeneh-<br />

me Interviewsituation und das interessante Gespräch bemerkten. Auch Kritik und Anregun-<br />

gen bezüglich des Fragebogens wurden geäußert (6,5 Prozent).<br />

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der H<strong>aus</strong>haltsbefragung in den drei ländlichen Regionen. 19<br />

Prozent der Befragten gaben einen oder mehrere Kommentare zum Interview ab. Jeweils ein<br />

Viertel derer hatten einen Nachtrag inhaltlicher Art bzw. einen Kommentar zum Fragebogen.<br />

Wenn 16 Prozent der Teilnehmer, die einen offenen Kommentar abgaben, die Befragung be-<br />

grüßen und als sinnvoll ansehen, ist <strong>dem</strong>gegenüber die Anzahl von etwas über 2 Prozent,<br />

welche die Befragung ablehnen und als sinnlos einstufen, als gering einzuschätzen. Immer-<br />

hin 11 Prozent sind der Ansicht, dass die Befragung am Status quo nichts ändern wird, was<br />

den Pessimismus der Personen dieser Regionen und die zum Befragungszeitpunkt schlech-<br />

te Aussicht auf Verbesserung, z. B. in Bezug auf Arbeitsplätze, zum Ausdruck bringt.<br />

3.3.3 Einschätzungen des Interviews von Seiten der Interviewer<br />

3.3.3.1 Wie interessant war das Interview <strong>für</strong> den Interviewer?<br />

Über alle betrachteten Studien hinweg kann festgehalten werden, dass die Interviewer die<br />

Telefongespräche zu mehr als drei Viertel sehr und eher interessant 47 bewerten. Im Rahmen<br />

der Befragung zur Existenzgründung und zur Migration schätzten mehr als die Hälfte der<br />

Interviewer die Befragung mit „sehr interessant“ und etwa weitere 40 Prozent mit „eher in-<br />

teressant“ ein, so dass in diesen beiden Befragungen ein Wert von über 90 Prozent <strong>für</strong> beide<br />

Kategorien zu verzeichnen ist. Dieser Wert ist auch <strong>für</strong> die Befragung von Flutopfern zutref-<br />

fend, wobei etwas über 40 Prozent mit „sehr interessant“ bewerteten und knapp die Hälfte<br />

mit eher interessant. Bei den beiden Jugendbefragungen zu Maßnahmen und bei der H<strong>aus</strong>-<br />

haltsbefragung empfanden etwa 80 Prozent der Interviewer die Gespräche als sehr bzw.<br />

eher interessant.<br />

Lediglich bei der Flutopferbefragung wurden die Interviewer gebeten, die Wichtigkeit der<br />

Befragung auf einer Skala von 1 bis 4 einzuschätzen. 71 Prozent der Interviewer befanden<br />

die Befragung <strong>für</strong> sehr wichtig und 29 Prozent <strong>für</strong> eher wichtig. Zu den beiden entgegenge-<br />

setzten Kategorien gab es überhaupt keine Nennungen.<br />

47 Bei adäquaten Fragestellungen <strong>für</strong> Befragte und Interviewer gelten auch die gleichen Skaleneinteilungen.<br />

64


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

3.3.3.2 Hatte der Befragte Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Fragen?<br />

Bei den Bevölkerungsbefragungen der jugendlichen und erwachsenen Personen, die im<br />

CATI-Labor des <strong>zsh</strong> durchgeführt wurden, gab es laut Einschätzung der Interviewer bei min-<br />

destens drei Viertel der Befragten überhaupt keine Schwierigkeiten bei der Beantwortung der<br />

Fragen. Rechnet man dazu noch die Nennung „gelegentlich Schwierigkeiten“, so sind es in<br />

jeder Studie mindestens 94 Prozent, die keine oder nur gelegentlich Probleme bei der<br />

Beantwortung der Fragen hatten. Diese Angaben decken sich etwa mit den Selbstein-<br />

schätzungen der Befragten diesbezüglich.<br />

Nur ein geringer Prozentsatz (6 Prozent und weniger) der Interviewer gab an, dass Probleme<br />

auftraten. In diesem Fall wurden die Interviewer aufgefordert, in einer offenen Frage (im<br />

Rahmen der an die Interviewer im Anschluss an das Interview gestellten Fragen) an-<br />

zugeben, welcher Art die Schwierigkeiten waren. In fast allen Fällen handelte es sich dabei<br />

um Verständnis- und Verständigungsprobleme sowie Sprachprobleme. Einige der befragten<br />

Personen beispielsweise waren Ausländer und häufig der deutschen Sprache nicht in <strong>aus</strong>-<br />

reichen<strong>dem</strong> Maß mächtig bzw. die Interviewer konnten mit ihren Fremdsprachenkenntnissen<br />

nicht in je<strong>dem</strong> Fall ein Interview führen.<br />

3.3.3.3 Erinnerungsschwierigkeiten des Befragten <strong>aus</strong> Sicht des Interviewers<br />

Im Rahmen der beiden Jugendbefragungen zu Maßnahmen und bei der Befragung von<br />

Migranten wurden die Teilnehmer nach bestimmten Episoden oder Details <strong>aus</strong> ihrem bishe-<br />

rigen Leben befragt. Deshalb lautete eine Frage an die Interviewer: „Hatte der/die Befragte<br />

Schwierigkeiten, sich an einzelne Episoden oder Details zu erinnern?“. Die Interviewer soll-<br />

ten einschätzen, ob die Teilnehmer keine, gelegentlich oder häufig Erinnerungsschwierig-<br />

keiten hatten. Dabei wurden nach Einschätzung der Interviewer bei etwa jeweils drei Viertel<br />

der Befragten keine Erinnerungsschwierigkeiten verzeichnet. Nimmt man dazu noch die Ein-<br />

schätzung „gelegentlich Schwierigkeiten“ so waren es in allen drei genannten Studien knapp<br />

100 Prozent. D. h. der Prozentsatz derer, die häufiger Erinnerungsschwierigkeiten aufwie-<br />

sen, lag in je<strong>dem</strong> Fall unter 3 Prozent. Diese Einschätzungen der Interviewer decken sich<br />

auch bei dieser Frage mit den Selbsteinschätzungen der Befragten.<br />

3.3.3.4 Wie anstrengend war das Interview <strong>für</strong> den Interviewer?<br />

Am wenigsten anstrengend empfanden die Interviewer diejenigen Befragungen, die von den<br />

meisten auch als interessante Interviews beurteilt wurden. Bei der Existenzgründerbefragung<br />

und der Befragung von Migranten gaben jeweils etwa drei Viertel an, dass das Interview<br />

überhaupt nicht anstrengend war und weitere knapp 20 Prozent fanden es wenig oder kaum<br />

anstrengend. Werden diese beiden Kategorien zusammengefasst, so waren bei den Jugend-<br />

befragungen bzw. bei der Flutopferbefragung jeweils mindestens 80 Prozent der Meinung,<br />

das Interview war überhaupt nicht oder nur wenig anstrengend. Gründe <strong>für</strong> diese sehr positi-<br />

ven Einschätzungen sind in der langjährigen Erfahrung der meisten Interviewer des Intervie-<br />

werstammes des <strong>zsh</strong> zu suchen, in der Interessantheit des Themas, in der Einfachheit der<br />

Handhabung des computergestützten Fragebogens und in der Auskunftsbereitschaft der be-<br />

fragten Personen. Die Einschätzungen der Interviewer zur Anstrengung im Interview<br />

65


Christina Buchwald<br />

stimmen auch hier wieder fast überein mit den Angaben der befragten Personen zu dieser<br />

Fragestellung.<br />

Eine gesonderte Auswertung zu dieser Frage an die Interviewer ist bei der H<strong>aus</strong>haltsbefra-<br />

gung in ländlichen Regionen notwendig, da auch hier wieder – wie schon bei der Frage an<br />

die Teilnehmer – eine Skala von 0 bis 10 zur Einschätzung verwendet wurde. Etwas mehr<br />

als die Hälfte der Interviewer bewerteten die Anstrengung mit 0 und weitere knapp 10 Pro-<br />

zent mit 1. Dieses adäquate Ergebnis zu der gleichen Frage, die den Befragten gestellt<br />

wurde und die somit etwas höhere Einschätzung einer größeren Anstrengung ist – wie be-<br />

reits oben erwähnt – in der Thematik der Studie zu suchen.<br />

3.3.3.5 Offene Kommentare der Interviewer zum Interview<br />

Zwischen 15 und 25 Prozent der Interviewer machten an dieser Stelle von der Möglichkeit<br />

Gebrauch, offene Kommentare zum Schluss abzugeben. In den meisten Fällen handelt es<br />

sich dabei um einen inhaltlichen Nachtrag zum Interview, in einigen wenigen Fällen um einen<br />

technischen Nachtrag. Des Weiteren wurden Aussagen über Probleme anderer Art, die nicht<br />

in der <strong>für</strong> Schwierigkeiten vorgesehenen offenen Frage (siehe 3.3.3) erfasst wurden, fest-<br />

gehalten. In einigen wenigen Fällen wurden Kommentare zur (meistens sehr angenehmen)<br />

Gesprächssituation und zu <strong>dem</strong> Wunsch der Befragten, Ergebnisse zu erhalten, aufgenom-<br />

men.<br />

In allen Studien wurde die Mehrzahl der Interviews (60 bis 80 Prozent) von weiblichen Stu-<br />

denten des Interviewerstammes des <strong>zsh</strong> geführt. Dies ist natürlich <strong>dem</strong> Umstand geschuldet,<br />

dass mehr weibliche als männliche Interviewer im CATI-Labor tätig sind.<br />

3.4 Fazit und Ausblick<br />

Seit <strong>dem</strong> Beginn von Telefonumfragen war zu beobachten, dass CATI-Erhebungen immer<br />

mehr zugenommen haben und in der Forschung diskutiert werden. (vgl. Frey/Kunz/Lüschen<br />

1990, S. 198 f.).<br />

Im Rahmen der Methodenforschung existieren zum Thema „Telefon-Interview“ immer noch<br />

sehr divergierende empirische Ergebnisse. Mit <strong>dem</strong> Beitrag wurden folgende Themen an-<br />

hand von CATI-Befragungen, die am <strong>zsh</strong> durchgeführt wurden, untersucht:<br />

66<br />

• Wie beeinflusst die Art der Stichprobenziehung und eine Vorgabe <strong>für</strong> das Erzielen bestimmter<br />

Fallzahlen die Ausschöpfungsquote?<br />

• Wie wirkt sich das Versenden eines Anschreibens auf die Response bzw. Nonresponse<br />

<strong>aus</strong>?<br />

• Wie lang sollte ein Telefoninterview im optimalen Fall oder maximal sein?<br />

• Welche Unterschiede gibt es zwischen CATI-Befragungen von Jugendlichen im Vergleich<br />

zur erwachsenen Bevölkerung?<br />

• Wie viele Kontaktversuche sollten unternommen werden, bevor der Fall abgelegt<br />

wird?<br />

• Wie wirken sich die Eigenschaften des Interviewers auf das Verhalten des Befragten<br />

<strong>aus</strong>?<br />

• Wie schätzen die Befragten und die Interviewer die Befragung ein?


Telefoninterview ist nicht gleich Telefoninterview<br />

Die Ausschöpfungsquote gilt als ein wichtiger Qualitätsmaßstab <strong>für</strong> Umfragen. Allerdings<br />

müssen die Ausschöpfungsquoten von CATI-Erhebungen sehr differenziert betrachtet wer-<br />

den, da sie immer vom Kontext der jeweiligen Studie und den Vorgaben im Rahmen des<br />

Projektes abhängig sind. So konnten bei CATI-Befragungen im <strong>zsh</strong> zum großen Teil gute<br />

Ausschöpfungsquoten erreicht werden. Jedoch hätte die Ausschöpfungsquote in einigen<br />

Studien noch gesteigert werden können, wenn nicht durch das Erreichen der angestrebten<br />

Fallzahl die Befragung beendet werden musste. Im Hinblick auf die Effizienz der Ausschöp-<br />

fung lässt sich konstatieren, dass je nach Zielperson und Schwierigkeitsgrad der Erreichbar-<br />

keit entschieden werden muss, wie viele Kontaktversuche maximal erwünscht und zugelas-<br />

sen sind, bis ein Interview stattfindet. Im Rahmen von Bevölkerungsbefragungen sind durch-<br />

schnittlich weniger Anwählversuche da<strong>für</strong> notwendig als bei Unternehmensbefragungen. Die<br />

schwierige Erreichbarkeit der Zielpersonen in Unternehmen oder im Rahmen von<br />

Elitenbefragungen bedingt eine höhere Anzahl von Kontaktversuchen bis zur Durchführung<br />

eines Interviews.<br />

Weiterreichende Informationen über die Nonresponse bzw. die Verweigerer wurden in die-<br />

sem Rahmen nicht behandelt. Interessant wäre an dieser Stelle, warum Kontaktpersonen<br />

sich nicht an Befragungen beteiligen und welchen Einfluss die Interviewer in diesem Zu-<br />

sammenhang <strong>aus</strong>üben. Die Forschung hat noch viele offene Fragen zu beantworten, um<br />

<strong>dem</strong> CATI-Instrument die Zukunftsrichtung zu weisen!<br />

Anhand der Ergebnisse zu den Einschätzungen der befragten Personen zum Interview bei<br />

Erhebungen, die im CATI-Labor des <strong>zsh</strong> durchgeführt wurden, lässt sich ein fast durchweg<br />

positives Bild aufzeigen. Der überwiegende Teil der Befragten befindet die Forschungspro-<br />

jekte <strong>für</strong> wichtig. Schwierigkeiten beim Verstehen der Fragen und beim Antworten sind nur<br />

sehr wenig zu verzeichnen. Durch die Möglichkeit, offen Kommentare zum Interview oder zur<br />

Studie zu geben, können die Befragten Informationen <strong>für</strong> die Projektmitarbeiter anmerken,<br />

die sonst verloren gehen würden. Die Angaben der Befragten zum Interview stimmen weit-<br />

gehend überein mit den Einschätzungen und <strong>dem</strong> positiven Echo der Interviewer.<br />

Die Interviewer bewerten die Telefongespräche zum größten Teil als interessant. Die<br />

Anstrengung während der Befragung wird von Seiten der Interviewer als relativ gering einge-<br />

schätzt, da langjährige Erfahrungen der meisten Interviewer ein professionelles Arbeiten<br />

aufweisen. Auch wird von vielen Interviewern die Möglichkeit genutzt, in einer offenen Frage<br />

Kommentare zum Interview abzugeben, um Informationen weiterzuleiten, die außerhalb des<br />

standardisierten Interviews wichtig sein könnten.<br />

Die Forschungen zur Interviewsituation und den Effekten beim Telefoninterview sollen auch<br />

im CATI-Labor des <strong>zsh</strong> weiter verfolgt werden. So wurden bisher noch keine Auswirkungen<br />

der äußerlichen Merkmale des Interviewers (Geschlecht, Alter, Ethnizität, Erfahrungen und<br />

Dauer der Beschäftigung der Interviewer) und der nichtsichtbaren Merkmale (Beginn des<br />

Telefongesprächs, d. h. Kontaktaufnahme, Gesprächsführung) bezüglich des Interviews <strong>aus</strong>-<br />

gewertet. Gerade und besonders im Bereich des Telefoninterviews gibt es noch viele offene<br />

Forschungsfelder <strong>für</strong> die Zukunft.<br />

67


Katja Lukanow<br />

Katja Lukanow<br />

4 Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

4.1 Einleitung<br />

Markt-, Meinungs- und <strong>Sozialforschung</strong> ist in unserer Gesellschaft unverzichtbar geworden.<br />

Eine Vielzahl von Entscheidungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft werden heute durch<br />

Umfragedaten fundiert. In der Vergangenheit setzte man, neben postalischen Befragungen,<br />

vor allem das persönliche Interview, den „Königsweg“ der <strong>Sozialforschung</strong>, ein. Das Tele-<br />

foninterview stellt seit den siebziger Jahren eine neue Erhebungstechnik dar, die zunehmend<br />

öfter eingesetzt wird und zum Teil schon das face-to-face Interview ersetzt hat (Vgl.<br />

Frey/Kunz/Lüschen 1990, S. 7). So werden heute in der Marktforschung überwiegend telefo-<br />

nische Befragungen verwendet. Sie sind relativ kostengünstig, können schnell durchgeführt<br />

werden und erreichen den Befragten ohne größeren Aufwand.<br />

Neben solchen Aspekten sollten alle Erhebungstechniken sicherstellen, dass die Forschung<br />

valide ist. In diesem Zusammenhang ist die Befragungssituation von wesentlicher Bedeu-<br />

tung, die sich jedoch bei der telefonischen Befragung ganz neu gestaltet. Die Befragungssi-<br />

tuation, in welcher der Interviewer eine ganz zentrale Rolle spielt, wirft neue Fragen und<br />

Probleme auf. Der Interviewer wirkt, ob in persönlichen oder telefonischen Befragungen, auf<br />

die Antworten des Befragten ein. Inhalt dieser Arbeit soll es sein, diese Einwirkungen im te-<br />

lefonischen Interview zu erörtern.<br />

Zu Beginn des Beitrags wird das Telefoninterview in seinen Grundzügen dargestellt: seine<br />

Etablierung, die Verbindung des Telefoninterviews mit <strong>dem</strong> Computer sowie die Besonder-<br />

heiten der Kommunikationssituation.<br />

Im nachfolgenden Kapitel steht der Interviewer mit seinen Merkmalen, Eigenschaften und<br />

Verhaltensweisen, die zu Verzerrungen der Antworten des Befragten führen können, im Vor-<br />

dergrund. Da sich die beteiligten Akteure nur über das Telefon verständigen und somit <strong>aus</strong>-<br />

schließlich über die Stimme kommunizieren, werden die Stimmeigenschaften und rheto-<br />

rischen Fähigkeiten im Besonderen untersucht.<br />

Um Interviewereffekte auf ein geringes Maß reduzieren zu können, müssen sich die Inter-<br />

viewer einer Rekrutierung und Schulung unterziehen. Die Forscher und Projektleiter haben<br />

die Aufgabe, geeignete Bewerber her<strong>aus</strong>zufiltern und zu schulen. Wie diese Rekrutierungen<br />

und Schulungen in der Praxis gehandhabt werden und worauf dabei zu achten ist, wird im<br />

letzten Abschnitt erläutert.<br />

4.2 Das computergestützte Telefoninterview<br />

Das Telefoninterview hat sich in den letzten Jahren in der Markt-, Meinungs- und Sozialfor-<br />

schung rapide verbreitet und etabliert. Vor nicht so langer Zeit wurde diese Methode der<br />

Datenerhebung noch als „quick and dirty“ abgewertet. Anlass <strong>für</strong> dieses schlechte Image gab<br />

die Fehlprognose bezüglich des Ausgangs der amerikanischen Präsidentschaftswahl von<br />

68


Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

1936, <strong>aus</strong> der Theodor Roosevelt als Gewinner hervorging. Der Fehler lag in der Verzerrung<br />

der Stichprobenrealisierung (vgl. Frey/Kunz/Lüschen 1990, S. 24). Auch der frühe Einsatz<br />

von Telefonbefragungen zu Meinungsumfragen, welche bereits in den 40er Jahren in den<br />

USA stattfanden, förderte diesen schlechten Ruf. Zu dieser Zeit war diese neue<br />

Erhebungsmethode methodisch noch wenig fundiert und kam <strong>für</strong> die „seriöse“ Forschung<br />

nicht in Frage. Ein weiterer wesentlicher Einwand gegen das Einsetzen des Telefoninter-<br />

views zur Datenerhebung, war die Repräsentativität von Stichproben, solange die Telefon-<br />

versorgung in den privaten H<strong>aus</strong>halten als nicht <strong>aus</strong>reichend gelten konnte. In den USA kon-<br />

nte man bereits in den 70er Jahren von einer Vollversorgung der Privath<strong>aus</strong>halte mit Telefo-<br />

nen sprechen. Demzufolge konnte diese Form der Befragung dort schon viel früher einge-<br />

setzt werden. Gegen Ende der 70er Jahre wurden telefonische Befragungen in den USA,<br />

England und der Schweiz als ebenbürtig neben schriftlichen und face-to-face Interviews<br />

anerkannt (vgl. Hormuth/Brückner 1985, S. 527).<br />

In Deutschland erfolgten 1960 die ersten Erfahrungen mit telefonischen Interviews. Zunächst<br />

wurden fast <strong>aus</strong>schließlich Ärzte- und Betriebsbefragungen sowie Trendbeobachtungen in<br />

Vorwahlzeiten am Telefon durchgeführt (vgl. Anders 1990, S. 426). Die dennoch zögerliche<br />

Entwicklung in Deutschland ist, neben <strong>dem</strong> ehemals schlechten Ansehen telefonischer<br />

Umfragen, auch auf die bis in die 80er Jahre hinein mangelnde Vollversorgung der<br />

Privath<strong>aus</strong>halte mit Telefonanschlüssen zurückzuführen. Heute kann man in Ost- wie auch in<br />

Westdeutschland von einer Vollversorgung sprechen, die den Einsatz von Telefonumfragen<br />

als sinnvoll erscheinen lässt (vgl. Statistisches Bundesamt 2005, S. 139).<br />

Die Vollversorgung der privaten H<strong>aus</strong>halte mit Telefonen ist nur ein Grund <strong>für</strong> die Durch-<br />

setzung telefonischer Befragungen. Die steigenden Kosten und die sinkende Ausschöp-<br />

fungsquote bei persönlichen Interviews tragen ebenso einiges dazu bei. Aufgrund der Da-<br />

tenschutzdiskussionen in den letzten Jahren und der zunehmenden Mobilität spezieller<br />

Bevölkerungsgruppen (vor allem junger Menschen), resultieren Probleme bezüglich der Teil-<br />

nehmerquote und Erreichbarkeit dieser Befragungsart (vgl. Hippler/Schwarz 1990, S. 439).<br />

Durch die große Anzahl von Vorteilen, die das Telefoninterview bietet, wird es heute als<br />

gleichwertig gegenüber der schriftlichen und persönlichen Befragung angesehen.<br />

Zu den Vorzügen der telefonischen Befragung zählen (vgl. Fuchs, 1994, S. 32):<br />

Geographisch weitgestreute Stichproben können kostengünstiger realisiert werden.<br />

Personen, die <strong>für</strong> persönliche Interviews kaum kontaktiert werden können, sind leichter zu<br />

erreichen.<br />

Durch die zunehmend schwindende Akzeptanz von persönlichen und schriftlichen Be-<br />

fragungen (sinkende Teilnahmebereitschaft, ca. 1 Prozent pro Jahr) stellt die telefonische<br />

Befragung eine neue gleichwertige Variante dar, die solche Akzeptanzprobleme leichter<br />

überwindet.<br />

Die Erhebungszeit einer Umfrage wird erheblich verkürzt.<br />

Durch die Verbindung des Telefons mit <strong>dem</strong> Computer ergeben sich spezifische Vorteile<br />

<strong>für</strong> die Reduzierung von Fehlerquellen.<br />

Die meisten Vorteile dieser Befragungsart resultieren jedoch erst <strong>aus</strong> der Verbindung von<br />

Telefon und Computer.<br />

69


Katja Lukanow<br />

Telefonische Befragungen werden heute fast <strong>aus</strong>schließlich mit CATI-Systemen (Computer<br />

Assisted Telephone Interviewing) durchgeführt. Das telefonische Interview zeichnete sich<br />

erst durch die Verknüpfung von Telefon und Computer <strong>aus</strong> und ist heute vor allem ein<br />

computergestütztes Telefoninterview.<br />

Aus der Anwendung von CATI resultiert eine Reihe von Vorteilen <strong>für</strong> die Interviewer. Bei der<br />

Durchführung von face-to-face Interviews kommen eine Fülle von Aufgaben auf den In-<br />

terviewer zu. Er muss sich im Fragebogen und dessen Filterführungen zurechtfinden, anste-<br />

hende Fragen wörtlich rezitieren, Antworten richtig protokollieren, bei offenen Fragen sinn-<br />

gemäß mitschreiben und natürlich auch auf sein Interviewverhalten achten, um von ihm <strong>aus</strong>-<br />

gehende Effekte <strong>aus</strong>zuschalten. Bei der Bewältigung dieser Aufgaben kann <strong>dem</strong> Interviewer<br />

eine Vielzahl von Fehlern unterlaufen. Es besteht die Gefahr, dass er sich in der Filter-<br />

führung des Fragebogens „verirrt“, unabsichtlich Fragen <strong>aus</strong>lässt oder doppelt stellt, Anwei-<br />

sungen zur Rotation der Antwortvorgaben nicht befolgt oder Intervieweranweisungen miss-<br />

achtet (vgl. ebenda). Im computergestützten Interview kann die Arbeit des Interviewers<br />

erheblich erleichtert werden. 48<br />

4.2.1 Die Kommunikationssituation im Telefoninterview<br />

Eine Befragung, ob face-to-face oder telefonisch, stellt eine sehr spezifische Situation dar.<br />

Es handelt sich um eine soziale Situation, die durch eine streng formale Kommunikations-<br />

struktur gekennzeichnet ist. „Die Befragungssituation wird dabei als strukturierte Kommuni-<br />

kation zwischen <strong>dem</strong> Forscher und <strong>dem</strong> Befragten verstanden, die durch ein Erhebungs-<br />

instrument (Fragebogen) vorstrukturiert und durch einen Interviewer vermittelt und geleitet<br />

wird.“ (Fuchs 1994, S. 20)<br />

Die Kommunikation in einer Befragung läuft wie folgt ab:<br />

Der Forscher formuliert eine Erhebungsfrage.<br />

Der Interviewer liest <strong>dem</strong> Befragten die vom Forscher vorformulierte Frage wortgemäß vor.<br />

Der Befragte hört diese Frage und versucht die Bedeutung zu entschlüsseln.<br />

Der Befragte findet gedanklich eine Antwort.<br />

Er formuliert seine Antwort und ordnet sie in die gegebenen Antwortkategorien ein.<br />

Der Interviewer hört und verarbeitet die Antwort und protokolliert diese.<br />

Der Forscher interpretiert die Antwort.<br />

Der Interviewer ist während dieser Kommunikation nur verfügt, Fragen zu stellen und mög-<br />

lichst keine weiteren Erläuterungen zu geben. Vom Befragten wird verlangt, kurz und prä-<br />

zise, ohne Abschweifungen zu antworten. Zu<strong>dem</strong> handelt es sich bei einer standardisierten<br />

Befragung um „(...) eine stark reglementierte und asymmetrische Kommunikation zwischen<br />

zwei Personen.“ (Fuchs, 1994, S. 22) Von einer asymmetrischen Kommunikation muss ge-<br />

sprochen werden, weil <strong>dem</strong> Interviewer der Fragebogen und die Befragungssituation bereits<br />

vorher bekannt sind, der Befragte sich allerdings in einer fremden und ungewohnten<br />

Situation befindet.<br />

48 siehe den Beitrag von Christina Buchwald „Das CATI-System“ in diesem Heft<br />

70


Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

Bei <strong>dem</strong> Versuch diese formale und asymmetrische Kommunikationsstruktur in eine soziale<br />

Gesprächssituation einzubinden, kommt <strong>dem</strong> Interviewer eine Reihe von Aufgaben zu. Er<br />

hat den Auftrag, den Befragten in seine Rolle als Interviewpartner einzuführen sowie einen<br />

guten Rapport herzustellen und aufrechtzuerhalten. Da er selbst aber auch ein Teil der<br />

strukturierten Kommunikation ist, werden unterschiedliche Ansprüche an sein Verhalten ge-<br />

stellt. Das bedeutet, dass der Interviewer sich zum einen veranlasst fühlen sollte, ein positi-<br />

ves Gesprächsklima herzustellen, um somit den Befragten in seine Rolle einzuführen sowie<br />

seine Antwortbereitschaft und Motivation zu unterstützen. Zum anderen wird von ihm ver-<br />

langt, sich weitgehend neutral zu verhalten. Der Interviewer muss <strong>dem</strong>nach die vorgezeich-<br />

nete Kommunikation abarbeiten und darüber hin<strong>aus</strong> die soziale Situation organisieren. „Der<br />

Befragte darf nicht den Eindruck gewinnen, es handele sich um eine Prüfungssituation.“<br />

(Friedrichs, 1990a, S. 216)<br />

Eine Besonderheit der telefonischen Befragung ist die Beschränkung auf den akustischen<br />

Kommunikationskanal. In einer normalen Kommunikation zwischen Menschen, in der man<br />

sich persönlich von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht, werden Informationen nicht nur<br />

über Worte <strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht, sondern auch über nicht-verbale Kommunikation, also Gesten,<br />

Mimik und die Art des Auftretens. Während der Kommunikation über das Telefon findet die-<br />

ser Aust<strong>aus</strong>ch <strong>aus</strong>schließlich über die Stimme statt. „Das Telefongespräch vermittelt alle<br />

sozialen Beziehungen über den Draht zwischen zwei Anschlüssen und geht direkt vom Mund<br />

über die Sprechmuschel und den Hörer ins Ohr des anderen Telefonteilnehmers – und um-<br />

gekehrt.“ (Frey/Kunz/Lüschen 1990, S. 20) Aufgrund des Wegfallens aller äußerlichen<br />

Stimuli müssen sich Interviewer und Befragter mehr als in einer face-to-face Befragung<br />

aufeinander konzentrieren. Bei dieser Kommunikation fallen Gefahren der Ablenkung, die<br />

während einer normalen Interaktion gegeben sind, zum Beispiel das Hinzukommen eines<br />

Dritten, weg. „Störungen durch Geräuschkulissen, insbesondere durch die Einmischung<br />

anderer anwesender Personen, versuchen die Befragten oft spontan selbst abzustellen.“<br />

(Hormuth/Brückner 1985, S. 540)<br />

Im Telefoninterview entsteht zwar durch die Abwesenheit Dritter eine „Intimität der Ge-<br />

sprächssituation“ aber gleichzeitig auch eine „Distanz zur (...) relativ anonymen Person des<br />

Interviewers“ (ebenda, S. 540) Einerseits könnte sich der Befragte durch die räumliche und<br />

optische Distanz freier fühlen und <strong>dem</strong>nach unbeschwerter und ehrlicher antworten,<br />

andererseits wird die Interaktion über das Telefon dadurch belastet, dass Befragte die<br />

telefonische Variante anonymer und somit weniger angenehm empfinden. Da die<br />

Kommunikationssituation anonymer ist als in einem persönlichen Interview, ist es über das<br />

Telefon um einiges schwieriger, einen angemessenen Konversationston zu finden. Unter-<br />

suchungen haben ergeben, dass bei Telefoninterviews eine geringere Auskunftsbereitschaft<br />

bei Fragen nach sensiblen Themen besteht, als in face-to-face Befragungen. Es wurde eine<br />

höhere Anzahl der „keine Angabe“ und „weiß nicht“ Kategorien verzeichnet. Vor allem be-<br />

züglich der Einkommensangaben mussten höhere Verweigerungsraten in Kauf genommen<br />

werden. „Über ihr Geschlechtsleben, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse, etwaigen Missbrauch<br />

von Genuss- oder Betäubungsmitteln (...) äußern sich viele Menschen nur ungern. Ganz<br />

besonders ungern aber sprechen sie darüber.“ (Habermehl 1992, S. 163) Bei der schrift-<br />

lichen Befragung löst sich diese Schwierigkeit von selbst, in<strong>dem</strong> die entsprechende Antwort<br />

71


Katja Lukanow<br />

nicht mündlich wiedergegeben wird. Auch bei persönlichen Interviews kann man Hilfsmittel,<br />

wie beispielsweise Kartenspiele, verwenden.<br />

Bei der computergestützten telefonischen Befragung kommt hinzu, dass der Interviewer nicht<br />

nur mit <strong>dem</strong> Befragten interagieren muss, sondern auch mit <strong>dem</strong> Computer, wie in Abbildung<br />

28 erkennbar ist. Der Computer stellt einen zusätzlichen „Akteur“ in der Erhebungssituation<br />

dar, da er wesentlich an der Durchführung des Interviews beteiligt ist. Der Computer präsen-<br />

tiert Fragen und Antworten, speichert die eingegebenen Daten und gibt <strong>dem</strong> Interviewer An-<br />

weisungen. Dabei beeinflusst das Interface des Computers (z. B. Benutzeroberfläche, An-<br />

weisungen, Möglichkeiten der Dateneingabe) das Verhalten der beteiligten Akteure. „D. h.<br />

selbst bei gleichen Frageformulierungen und identischen Antwortvorgaben wirken unter-<br />

schiedliche Bildschirmdesigns differenziert auf das Verhalten des Interviewers <strong>dem</strong> Befrag-<br />

ten gegenüber und damit möglicherweise auf die Datenqualität.“ (Fuchs 2000, S. 72) Die<br />

Gestaltung des Bildschirms kann den Kommunikationsablauf beeinflussen, in<strong>dem</strong> sie es <strong>dem</strong><br />

Interviewer erschwert oder erleichtert, diesen Ablauf ohne Störungen zu befolgen.<br />

Abbildung 28: Interviewer-Befragten-Interaktion im computergestützten Interview<br />

Quelle: Fuchs (2000), S. 73.<br />

Fehler, die bei der Bildschirmgestaltung auftreten können sind unübersichtliche Bildschirm-<br />

designs, unklare Trennungen zwischen den Fragen, Antwortkategorien und Intervieweran-<br />

weisungen, notwendiges scrollen oder die Verteilung wichtiger Informationen auf mehreren<br />

Bildschirmen (ebenda, S. 74). Der Interviewer sollte eine Benutzeroberfläche vorfinden, die<br />

es ihm ermöglicht, Fragen optimal zu erfassen und wörtlich vorzulesen sowie die Interviewer-<br />

anweisungen (z. B. durch farbliches Abheben) wahrzunehmen. Sind diese Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

gegeben, kann der Interviewer seine Aufmerksamkeit auf den Kommunikationsablauf und<br />

somit auch auf den Befragten richten. Besteht diese Vor<strong>aus</strong>setzung nicht, gilt seine<br />

Konzentration zunehmend <strong>dem</strong> Fragebogen. Das Bildschirmdesign beeinflusst <strong>dem</strong>nach die<br />

Administration des Fragebogens durch den Interviewer und somit das Befragtenverhalten.<br />

72<br />

CAI-Instrument<br />

- Frage/Item - Frage/Item<br />

- Interface<br />

Interview<br />

Interviewer<br />

Befragter


Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

Die Interaktion mit <strong>dem</strong> Befragten und <strong>dem</strong> Computer sowie die Beschränkung auf den<br />

akustischen Kommunikationskanal, stellen eine Reihe von Anforderungen an den Intervie-<br />

wer. Gleichzeitig soll gewährleistet werden, dass sich jeder Befragte – unabhängig von der<br />

Person, welche die Befragung durchführt – in einer gleich gestalteten Interviewsituation be-<br />

findet.<br />

Aus dieser Vielzahl von Ansprüchen an den Interviewer resultiert eine Reihe von Fehler-<br />

quellen. Wie er mit seinen Eigenschaften, Merkmalen und Verhaltensweisen auf die Inter-<br />

viewsituation und somit auf das Befragtenverhalten wirken kann, soll Inhalt des folgenden<br />

Abschnitts sein.<br />

4.2.2 Interviewereffekte im telefonischen Interview<br />

„Das – standardisierte – Interview ist ein sozialwissenschaftliches Instrument, und wie bei<br />

allen Instrumenten wird vor<strong>aus</strong>gesetzt, dass es gleichartig misst, ungeachtet der Person, die<br />

es anwendet.“ (Friedrichs 1990b, S. 414) Diese Forderung entspricht jedoch einem Ideal,<br />

welches unerfüllbar ist. Antwortverzerrungen im Interview können viele unterschiedliche Ur-<br />

sachen haben. Der Fragebogen (Frageformulierung, Antwortkategorien, Fragereiheneffekte),<br />

der Befragte (soziale Erwünschtheit, Response-Set, Meinungslosigkeit), die Interviewsitua-<br />

tion (Anwesenheit Dritter) aber auch der Interviewer selbst sind Fehlerquellen <strong>für</strong> systemati-<br />

sche Antwortverzerrungen. Unerwünschte Einflüsse auf die Ergebnisse, die von den Intervie-<br />

wern <strong>aus</strong>gehen werden als Interviewereinflüsse oder Interviewereffekte bezeichnet (vgl.<br />

Reinecke 1991, S. 35). Vom Interviewer wird verlangt, seinen Einfluss auf die Antworten des<br />

Befragten möglichst <strong>aus</strong>zuschalten.<br />

In zahlreichen Untersuchungen bezüglich persönlicher Interviews wurde analysiert, dass der<br />

Interviewer durch Geschlecht, Alter, Statur, Kleidung aber auch durch Mimik, Gestik, Blick-<br />

kontakt, Paralinguistik sowie sein Verhalten auf den Befragten wirken kann.<br />

Das Modell von Cannell/Kahn (siehe Abbildung 29) zeigt deutlich, wie sich die Merkmale,<br />

Einstellungen, Erwartungen etc. des Interviewers auf die Interviewsituation <strong>aus</strong>wirken.<br />

Die Einflüsse sind den Forschern schon seit geraumer Zeit bekannt, doch das Ausmaß die-<br />

ser Einwirkungen konnte bei persönlichen Interviews nur schwer eingeschätzt werden, weil<br />

der Interviewer in der Regel allein mit <strong>dem</strong> Befragten ist. Bei der telefonischen Befragung –<br />

sofern sie in einem zentralen Telefonlabor stattfindet- sind die Interviewer der Kontrolle des<br />

Forschers oder des Supervisors <strong>aus</strong>gesetzt. Durch deren Anwesenheit sowie die Möglichkeit<br />

des Mitschneidens mittels eines Tonbandgerätes kann nun die Gesprächssituation unter-<br />

sucht werden. „Wir ahnen erst durch die telefonischen Interviews, wie stark Interviewer bis-<br />

her in face-to-face Interviews durch die Art ihrer Gesprächsführung das Instrument verän-<br />

dert, d. h. nicht neutral administriert haben.“ (Friedrichs 1990b, S. 414)<br />

Bei telefonischen Befragungen entfallen sichtbare Interviewermerkmale, wobei Sprache,<br />

Stimme, Geschlecht sowie verbal vermittelte Erwartungshaltungen und Einstellungen des In-<br />

terviewers die Antworten der Befragten ebenso verzerren können. „Die genaue Formulierung<br />

der Frage, der Tonfall, in <strong>dem</strong> sie gestellt wird, die P<strong>aus</strong>en (vor allem bei offenen Fragen),<br />

bestärkende Partikel wie ‚Hmm’ oder Stirnrunzeln verändern das Instrument.“ (ebenda,<br />

S. 414)<br />

73


Katja Lukanow<br />

Abbildung 29: Das Interview als sozialer Prozess<br />

Quelle: Friedrichs (1990a)<br />

Folgende Merkmale des Interviewers können als bedeutsam erachtet werden, da sie einen<br />

wesentlichen Einfluss auf die Administration des Fragebogens haben:<br />

Sozio<strong>dem</strong>ographische Merkmale des Interviewers (Alter, Geschlecht, Status, Erfahrung<br />

etc.),<br />

Persönlichkeitseigenschaften des Interviewers (z. B. Stimmeigenschaften, rhetorische<br />

Fähigkeiten, Selbstvertrauen, Empathie etc.),<br />

bewusstes und unbewusstes Fehlverhalten,<br />

Erwartungshaltungen des Interviewers an den Befragten und Einstellungen des Inter-<br />

viewers zum Gegenstand der Befragung.<br />

Durch Anleitung und Vorbereitung der Interviewer sowie durch die Standardisierung der Be-<br />

fragung wird versucht, die Einflüsse weitgehend zu neutralisieren. Die Wirkung bestimmter<br />

individueller Merkmale kann jedoch trotz hochgradiger Standardisierung des Fragebogens<br />

nicht verhindert werden.<br />

74<br />

Befragter Interviewer<br />

Demographische<br />

Merkmale<br />

Persönlichkeit<br />

Information/<br />

Erfahrung<br />

Einstellungen<br />

Erwartungen<br />

Motive<br />

Wahrnehmung<br />

Verhalten Verhalten<br />

Interview-<br />

Ergebnis<br />

Demographische<br />

Merkmale<br />

Persönlichkeit<br />

Information/<br />

Erfahrung<br />

Einstellungen<br />

Erwartungen<br />

Motive<br />

Wahrnehmung


4.2.3 Sozio<strong>dem</strong>ographische Merkmale<br />

Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

Das Geschlecht zählt wohl zu den offensichtlichsten Merkmalen eines Interviewers. Die<br />

Auswirkungen des Geschlechtseffektes auf die Befragungsergebnisse werden als relativ<br />

gering eingeschätzt. Dieser Effekt liegt meist nur dann vor, wenn geschlechtsspezifische<br />

Verhaltensweisen, wie beispielsweise Familienentwicklung oder Rollenverteilung im H<strong>aus</strong>-<br />

halt, Inhalt der Befragung sind (vgl. Reinecke 1991, S. 118). Hyman (1954) begründet diese<br />

Annahme damit, dass männliche Interviewer die weiblichen Befragten veranlassen, typisch<br />

männliche Antwortmuster zu geben und umgekehrt. Zu dieser Erkenntnis gelangte man<br />

allerdings in persönlichen Interviews.<br />

Bezüglich der Interviewerdauer konnte Nealon (1983) feststellen, dass männliche Interviewer<br />

im Durchschnitt mehr Zeit <strong>für</strong> ihre Befragungen benötigten, als ihre weiblichen Mitarbeiterin-<br />

nen (vgl. Nealon 1983). Diese Beobachtung kann durch erste Auswertungen der Be-<br />

fragungslänge in Abhängigkeit vom Interviewergeschlecht in verschiedenen telefonischen<br />

Befragungen des CATI-Labors des <strong>zsh</strong> nicht bestätigt werden. Hier zeigte sich bei einer<br />

ersten Analyse, dass eher die weiblichen Interviewer mehr Zeit <strong>für</strong> Ihre Interviews benötigen.<br />

Bezüglich der vom Interviewergeschlecht abhängigen Verweigerungsquote kam Habermehl<br />

(1992) zu <strong>dem</strong> Ergebnis, dass Frauen bei telefonischen Befragungen weniger Verweigerun-<br />

gen produzierten (vgl. Habermehl 1992). Bei geschlechtsspezifischen Untersuchungen muss<br />

allerdings berücksichtigt werden, dass die Interviewerstäbe meist nur eine geringe Anzahl<br />

männlicher Interviewer aufweisen.<br />

Die Stimme transportiert auch das Alter. Untersuchungen zum Einfluss des Intervieweralters<br />

sind sehr dürftig. Interviewer besitzen vorwiegend ein Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Von<br />

<strong>dem</strong> Alter des Interviewers wird meist auch auf seine Erfahrung geschlossen, da junge Inter-<br />

viewer größtenteils Studenten sind und somit als unerfahren und ältere, welche diese Tätig-<br />

keit meist professionell <strong>aus</strong>üben, als erfahren gelten. Es ist jedoch zu vermuten, dass ältere<br />

Interviewer weniger Antwortverzerrungen produzieren als jüngere (vgl. Reinecke 1991,<br />

S. 119).<br />

Bei Untersuchungen, in denen Interviewerfehler auf die soziale Herkunft der Interviewer<br />

zurückgeführt werden sollten, kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen (vgl.<br />

Frey/Kunz/Lüschen 1990, S. 184). Der Status eines Interviewers ist kein direkt wahrnehmba-<br />

res Merkmal und kann deshalb auch kaum nachgeprüft werden.<br />

Der Einfluss der Interviewererfahrung konnte in vergangenen Analysen ebenfalls nur schwer<br />

nachgewiesen werden. Eine Untersuchung von Bailar (1977) konnte einen Zusammenhang<br />

zwischen der Interviewererfahrung und der Angabe zum Einkommen feststellen (vgl.<br />

Bailar/Bailey/Stevens 1977). Dort zeigte sich, dass die Interviewer mit viel Erfahrung Angst<br />

davor hatten, die Frage nach <strong>dem</strong> Einkommen könne den Interviewablauf gefährden und<br />

erhielten infolgedessen meist keine Antwort. Aber auch hier konnte nicht genau festgestellt<br />

werden, inwieweit der Interviewer mit seiner Erfahrung die befragte Person beeinflusst hat.<br />

Es ist schwierig, den Effekt der Interviewererfahrung – losgelöst von anderen Merkmalen –<br />

zu untersuchen. Zum einen besteht eine hohe Korrelation zwischen <strong>dem</strong> Intervieweralter und<br />

seiner Erfahrung, und zum anderen wird dieser Effekt durch bestimmte Verhaltensweisen<br />

vermittelt (z. B. Gelassenheit) (vgl. Reinecke 1991, S. 126). Das sind jedoch Ergebnisse, die<br />

75


Katja Lukanow<br />

<strong>aus</strong> face-to-face Interviews gewonnen wurden und müssen deshalb in telefonischen<br />

Befragungen, bei denen das äußere Erscheinungsbild nicht wahrnehmbar ist, neu untersucht<br />

werden.<br />

4.2.4 Persönlichkeitseigenschaften<br />

Da im telefonischen Interview alle sichtbaren Persönlichkeitsmerkmale <strong>aus</strong>geschaltet wer-<br />

den, kommen vor allem die paralinguistischen Merkmale eines Interviewers wie Stimmhöhe,<br />

Modulation und Lautstärke der Stimme, Sprechgeschwindigkeit und P<strong>aus</strong>en, zum tragen<br />

(vgl. auch Kapitel 5 Schünemann in diesem Band). „Die Stimme ist eines der wesentlichen<br />

Merkmale des Interviewers im telefonischen Interview und sie hat ihre Auswirkungen auf das<br />

Messinstrument: den Fragebogen.“ (Fuchs 1994, S. 179)<br />

Stimme und Sprechweise sind <strong>aus</strong>schlaggebend beim Telefonieren, denn sie entscheiden<br />

über die Wirkung, Ausstrahlung, Überzeugungskraft und auch über die Glaubwürdigkeit des<br />

Interviewers. Die Stimme gibt <strong>dem</strong> Gesprächspartner nicht nur Auskunft darüber, ob er es<br />

mit einer Frau oder einem Mann zu tun hat, sondern lässt ihn auch Vermutungen über sein<br />

Alter oder seine geographische Herkunft anstellen. Ebenfalls können der Gefühlszustand<br />

oder die Persönlichkeit, wie beispielsweise Selbstbewusstsein oder Schüchternheit des<br />

Sprechers eingeschätzt werden. Wie stark manche Menschen von anderen bezüglich ihrer<br />

Persönlichkeit – neben der Optik und <strong>dem</strong> Sprachinhalt – durch ihre Stimme beurteilt<br />

werden, zeigt die Abbildung 30.<br />

Abbildung 30: Komponenten der Persönlichkeitsbeurteilung<br />

Quelle: Amon (2000), S.15.<br />

Hier wird sichtbar, welche Bedeutung die Stimme <strong>für</strong> die Einschätzung der Persönlichkeit<br />

eines Menschen hat. Allein das Gesicht und die Kleidung werden als wichtiger erachtet.<br />

Um die Bereitschaft <strong>für</strong> ein Interview zu erlangen, muss der Interviewer einen positiven Ein-<br />

druck bei <strong>dem</strong> Befragten erzeugen, der bei CATI-Befragungen <strong>aus</strong>schließlich über die Kom-<br />

munikation durch das Telefon hergestellt werden kann. „Als Zuhörer haben wir an den Spre-<br />

cher eine Reihe von Wünschen. Wir möchten ihn akustisch verstehen und seinen Worten<br />

folgen können. Dazu bedarf es einer deutlichen Artikulation, einer tragfähigen Stimme und<br />

76<br />

Komponenten einer positiven persönlichen Ausstrahlung<br />

38%<br />

55%<br />

7%<br />

Optik<br />

Sprachinhalt<br />

Stimme


Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

vor allem einer Gestaltungsweise, die mitreißt, (...), jedoch keinesfalls belastet.“<br />

(Coblenzer/Muhar 1989, S. 8)<br />

4.2.4.1 Stimmeigenschaften<br />

Die Stimme jedes Einzelnen zeichnet sich durch unterschiedliche Stimmeigenschaften <strong>aus</strong>,<br />

die vom Hörer registriert und als angenehm oder unangenehm empfunden werden.<br />

Stimmhöhe und Modulation:<br />

Jede Person hat einen individuell vorgegebenen Stimmumfang. Eine besonders günstige<br />

Tonhöhe, die am wenigsten anstrengt und der Konstitution des Sprechers entspricht, liegt im<br />

unteren Drittel des gesamten Stimmumfangs. Diesen Bereich nennt man Indifferenzlage.<br />

Vom Hörer wird diese Stimmhöhe als natürlich und angenehm empfunden. „Je weiter sich<br />

die Stimme gewohnheitsgemäß von der Indifferenzlage entfernt, als desto unnatürlicher wird<br />

sie vom Hörer empfunden und entsprechend negativ eingeschätzt.“ (Eckert/Laver 1994, S.<br />

39) Spricht man immer in dieser Indifferenzlage, würde man in einen Monotonismus verfal-<br />

len, der vom Hörer sehr negativ bewertet wird. Während monotones Sprechen sehr unnatür-<br />

lich und unpersönlich wirkt und zu<strong>dem</strong> kein Interesse erzeugt, ruft eine gute Modulation –<br />

das heißt deutliches Anheben und Senken der Stimme – Aufmerksamkeit hervor und wirkt<br />

lebendiger. Das Anheben und Absenken der Stimme sollte jedoch um die Indifferenzlage<br />

pendeln (vgl. Coblenzer/Muhar 1989, S. 12). Hörer bevorzugen meist eine etwas tiefere<br />

Stimmlage und schätzen Sprecher mit deutlichen Tonhöhenvariationen als kompetenter,<br />

selbstbewusster, kommunikationsfreudiger und wohlwollender ein (vgl. Eckert/Laver 1994, S.<br />

39). Auch situationsbedingte Stimmungen, wie Aufregung, Freude, Stress oder Frust, führen<br />

zur Veränderung der Indifferenzlage. Möchte der Sprecher beispielsweise sehr höflich<br />

klingen, tut er das oft mit erhöhter Stimmlage. Gebraucht der Sprecher jedoch permanent<br />

eine erhöhte oder viel zu tief gewählte Sprechlage, wird das vom Hörer als störend und<br />

unnatürlich empfunden und weckt sogar den Eindruck von Inkompetenz.<br />

Lautstärke:<br />

Welche Lautstärke der Sprecher zu wählen hat ist von der gegenwärtigen Situation abhän-<br />

gig. In einem Zwiegespräch mit einer geringen Distanz zwischen den Personen, wird man<br />

eher leise sprechen. In einer Rede oder einer Auseinandersetzung, in der man bestrebt ist<br />

seine individuelle Meinung zu vertreten, ist dagegen eine leise Stimme weniger angebracht.<br />

Eine unangemessene Lautstärke wird negativ beurteilt, da zu lautes Sprechen sehr hektisch<br />

und aufdringlich und unangemessenes leises Sprechen sehr unsicher sowie inkompetent<br />

wirken kann. „Eine kräftige, laute aber nicht zu laute Stimme wird meist als Zeichen von<br />

Vitalität, Dominanz und Extravertiertheit angesehen.“ (ebenda, S. 429) Während der telefoni-<br />

schen Befragung sollte der Interviewer <strong>dem</strong>nach laut und deutlich reden, um es <strong>dem</strong> Befrag-<br />

ten einerseits möglich zu machen die Fragestellungen akustisch gut zu verstehen und ande-<br />

rerseits, um einen kompetenten, interessierten und kontaktfreudigen Eindruck zu machen.<br />

Der Interviewer muss jedoch eine Lautstärke wählen, die es seinen Mitarbeitern ermöglicht,<br />

ungestört zu arbeiten.<br />

77


Katja Lukanow<br />

Sprechtempo:<br />

Vom Interviewer wird ebenfalls verlangt, eine angemessene Sprechgeschwindigkeit zu<br />

gebrauchen. Zu schnelles Sprechen führt zu Schwierigkeiten bezüglich der akustischen und<br />

inhaltlichen Verständlichkeit der Fragen und kann <strong>dem</strong>zufolge Missverständnisse zwischen<br />

Hörer und Sprecher verursachen. Zu langsames Reden hingegen wirkt oft gelangweilt und<br />

zu wenig engagiert und erzeugt häufig beim Zuhörer nur kurzfristig Aufmerksamkeit (vgl.<br />

Amon 2000, S. 113).<br />

Damit die als positiv eingeschätzten Stimmeigenschaften völlig zum Tragen kommen, hat der<br />

Sprecher beziehungsweise der Interviewer auf seine Körperhaltung zu achten. Der Ge-<br />

sprächspartner sieht den Interviewer zwar nicht, aber er hört dessen Körperhaltung, weil<br />

diese nachhaltig die Stimme beeinflusst. Sitzt ein Interviewer krumm oder gelangweilt in sei-<br />

nem Stuhl, wirkt die Stimme gepresst und angespannt. Sitzt er hingegen gerade und ent-<br />

spannt, klingt die Stimme voller und etwas tiefer.<br />

Die Wirkung der Stimme kann nicht nur durch die Körperhaltung, sondern auch durch das<br />

Telefon an sich negativ beeinflusst werden. Die Stimme am Telefon klingt „blechern“ und<br />

somit unfreundlicher und unpersönlicher. Man muss davon <strong>aus</strong>gehen, dass das Telefon „(...)<br />

zwei Drittel Ihrer Intensität wegfiltert.“ (ebd. S. 140) Das heißt <strong>für</strong> den Interviewer, stets zu<br />

lächeln und die Intensität seiner Stimme zu steigern, in<strong>dem</strong> er beispielsweise gestikuliert.<br />

Die Beurteilung der angeführten Stimmeigenschaften und Sprechweisen zeigen sich auch in<br />

den Analysen bezüglich telefonischer Interviews. Untersuchungen haben ergeben, dass zö-<br />

gerndes Sprechen und eine leise, drucklose Stimme eher zu Verweigerungen führen (vgl.<br />

Friedrichs 1990b, S. 416). Eine der wenigen Untersuchungen über den Einfluss paralinguisti-<br />

scher Merkmale des Interviewers auf den Verlauf des Erhebungsgesprächs, wurde von<br />

Oksenberg/Cannell (1988) durchgeführt. Sie fanden her<strong>aus</strong>, dass die Rate der Verwiegerun-<br />

gen sinkt, wenn der Interviewer mit einer relativ hohen Sprechgeschwindigkeit und einer an-<br />

genehmen Lautstärke spricht und seine Stimme hohes Vertrauen erweckt. Zu<strong>dem</strong> sinkt die<br />

Verweigerungsrate, wenn mit einer hohen Sprechgeschwindigkeit begonnen und mit einer<br />

geringeren geendet wurde und stieg im umgekehrten Fall. Bei Untersuchungen dieser Art<br />

wurde festgestellt, dass die positive und negative Beurteilung der Merkmale der Stimme sehr<br />

einheitlich erfolgte und nach relativ kurzer Zeit stattfanden. So konnte auch geklärt werden<br />

warum 40 Prozent der Verweigerungen bereits während der ersten Sätze, 50 Prozent vor der<br />

ersten Frage und nur 10 Prozent während des Interviews stattfanden (vgl. Friedrichs 1990b,<br />

S. 417). Hier wird deutlich, dass die paralinguistischen Merkmale des Interviewers die<br />

Befragung in besonderer Weise steuern. „Die Stimme wirkt in der Kommunikation wie ein<br />

Schlüsselreiz, der innerhalb von Sekunden darüber entscheidet, ob und wie wir beim<br />

anderen ankommen.“ (Amon 2000, S. 23)<br />

4.2.4.2 Rhetorische Fähigkeiten<br />

In der Präsentation der Fragestellung sind weitere, vom Interviewer <strong>aus</strong>gehende Fehler-<br />

quellen zu sehen. Von ihm wird erwartet, dass er die vom Forscher vorformulierten Fragen<br />

ohne Modifikationen rezitiert. Aufgrund dessen wird von ihm verlangt, die Fragenstellungen<br />

und auch Antwortkategorien wortwörtlich, flüssig und ohne größere P<strong>aus</strong>en vorzulesen. Da<br />

jedoch das Vorlesen weniger authentisch ist als das freie Sprechen, sollte der Interviewer<br />

78


Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

versuchen es so zu gestalten, dass es <strong>dem</strong> freien Sprechen sehr nahe kommt. Um diese<br />

Anforderung erfüllen zu können, ist darauf zu achten, die folgenden Probleme beim Vorlesen<br />

zu vermeiden (vgl. Wachtel 1998, S. 30 ff.):<br />

Häufige unbeabsichtigte Betonungen: Die Ursache da<strong>für</strong> ist meist die Betonung eines<br />

Satzes in sinnwidrigen Schritten. Es scheint als erkenne der Sprecher selbst den Sinn erst<br />

beim Vortragen.<br />

Unangemessenes überhöhtes Sprechtempo: Ein hohes Sprechtempo ist nur angemessen,<br />

wenn die Betonung und die P<strong>aus</strong>en exakt auf den Inhalt und Sinn der Frage oder des<br />

vorzutragenden Textes abgestimmt sind.<br />

Bewusstloses Vorlesen: Das erfolgt, wenn der Text heruntergelesen wird, ohne dass der<br />

Sprecher den Inhalt erfasst.<br />

Atemnot: Bei falscher Atmung werden die Sätze anfangs intensiv, laut und schnell vor-<br />

getragen und verlieren am Ende ihre Intensität.<br />

Gleich klingende Satzmelodie: Zu kurze Atemp<strong>aus</strong>en lassen die Tonhöhe der Stimme<br />

stetig absinken und bewirken eine permanent gleiche Melodiebewegung.<br />

Gleichartige Betonung: Hier erfolgt das Absenken und Anheben der Stimme grundsätzlich<br />

und nicht auf den Sinn bezogen.<br />

Fehlende P<strong>aus</strong>en: Die Aussparung von P<strong>aus</strong>en vernachlässigt die Gliederung zwischen<br />

den verschiedenen Sinnschritten eines Textinhaltes.<br />

Zu kurze P<strong>aus</strong>en: Dem Sprecher kommen seine P<strong>aus</strong>en meist länger vor als <strong>dem</strong> Hörer<br />

selbst und fallen <strong>dem</strong>nach sehr knapp <strong>aus</strong>. Zu kurze P<strong>aus</strong>en machen es <strong>dem</strong> Sprecher<br />

jedoch nicht möglich, sich auf den nächsten Satz vorzubereiten.<br />

Gutes Vorlesen beherrschen heißt in erster Linie darauf zu achten, immer <strong>dem</strong> Sinn ent-<br />

sprechend vorzutragen, um <strong>dem</strong> Befragten die Verständlichkeit der Frage zu erleichtern.<br />

Wichtig dabei ist die Fähigkeit, den Text in P<strong>aus</strong>en gliedern zu können. „Nur diese richtige<br />

Gliederung – nach je<strong>dem</strong> Sinnschritt eine P<strong>aus</strong>e – lässt den Hörer verstehen.“ (Wachtel<br />

1998, S. 51) Solche Sinnp<strong>aus</strong>en sind gleichzeitig auch Atemp<strong>aus</strong>en. Sind die formulierten<br />

Sätze jedoch sehr lang, kann der Sprecher auch während eines Sinnschrittes oder Satzes<br />

sehr kurze Atemp<strong>aus</strong>en einschieben, die aber nicht den Sinnschritt unterbrechen dürfen. Wie<br />

bereits erwähnt ist auch die Modulation der Stimme beim Vortragen der Fragen von wesentli-<br />

cher Bedeutung. Um durch übermäßige und falsche Betonung nicht in einen ‚Singsang’ zu<br />

verfallen, muss diese <strong>dem</strong> ursprünglich gemeinten Sinn entsprechen. Die Melodie sollte <strong>dem</strong><br />

Befragten dabei zeigen, ob es sich um eine Aussage oder eine Frage handelt.<br />

Es zeigt sich, dass die oberste Prämisse <strong>für</strong> gutes Vorlesen ein sinnerfassendes und somit<br />

vor<strong>aus</strong>schauendes Lesen ist. Das verlangt vom Interviewer ein genaues Studium des Frage-<br />

bogeninhaltes. Kann er die hier angegebenen Vor<strong>aus</strong>setzungen erfüllen, ist es ihm möglich,<br />

die Fragen optimal zu rezitieren und trotz des wortwörtlichen Vorlesens ein angenehmes und<br />

lockeres Gesprächsklima schaffen? Natürlich sollte auch der Forscher bei der Frageformulie-<br />

rung darauf achten, diese nicht allzu kompliziert zu gestalten, um eine Modifikation der Frage<br />

durch den Interviewer nicht her<strong>aus</strong>zufordern. „Es muss eine ‚gesprochene Sprache’ ver-<br />

79


Katja Lukanow<br />

wendet werden.“ (Anders 1990, S. 430) Werden die Fragen verständlich, kurz und präzise<br />

formuliert, erhöht sich die Chance auf ihre exakte Wiedergabe und kann <strong>dem</strong>zufolge<br />

Antwortverzerrungen, welche durch die Modifikation der Fragen entstehen, reduzieren. Den<br />

P<strong>aus</strong>en kommt im Telefoninterview eine besondere Bedeutung zu. Sie sollen nicht nur den<br />

Text in Sinnschritte gliedern, sondern auch <strong>dem</strong> Befragten die Möglichkeit zum Nachdenken<br />

geben. Längere P<strong>aus</strong>en im Telefoninterview, die beispielsweise offenen Fragen folgen,<br />

werden vom Interviewer meist zu kurz gehalten. Dem Befragten bleibt zu wenig Zeit, seine<br />

Antwort zu überdenken bzw. zu ergänzen. In der persönlichen Befragung ist es leichter,<br />

längere P<strong>aus</strong>en durch Mimik und Gestik zu überbrücken. Da dies im telefonischen Interview<br />

nicht möglich ist, weiß der Interviewer meist nicht, ob er abwarten oder nachfragen soll. Das<br />

hat zur Folge, dass bei Befragungen am Telefon die Anzahl der Angaben bei offenen Fragen<br />

geringer <strong>aus</strong>fällt (vgl. Friedrichs 1990b, S. 418).<br />

Zur richtigen Präsentation der Fragen gehört es jedoch auch, keine Fragen <strong>aus</strong>zulassen<br />

oder doppelt zu stellen. Diese Fehlerquelle wird bei <strong>dem</strong> computergestützten Telefoninter-<br />

view weitgehend minimiert. Auch während der Protokollierung der Antworten können die<br />

Interviewer wesentlich zu Verzerrungen der Antworten beitragen, wie im folgenden Abschnitt<br />

deutlich wird.<br />

4.2.5 Bewusstes und unbewusstes Fehlverhalten<br />

Der Interviewer kann bewusst oder unbeabsichtigt seine eigene Meinung auf den Befragten<br />

übertragen. „Unter bewusstem oder unbewusstem Fehlverhalten des Interviewers wird eine<br />

Handlung verstanden, die unabhängig von der Befragtenreaktion ist (...)“ (Reinecke 1991, S.<br />

126)<br />

Bewusstes Fehlverhalten<br />

Bewusstes Fehlverhalten eines Interviewers liegt vor, wenn die Antworten des Befragten<br />

absichtlich durch falsche Protokollierung, manipuliert werden. Die Gefahr <strong>für</strong> Fälschungen<br />

ganzer Interviews ist jedoch relativ selten. Häufiger sind Teilfälschungen, welche nur schwer<br />

kontrollierbar sind. Bei Teilfälschungen werden die Interviews abgekürzt, in<strong>dem</strong> der Inter-<br />

viewer <strong>dem</strong> Befragten nur einige Fragen stellt, um die verbleibenden Antworten selber zu<br />

vervollständigen. Dieser Interviewereffekt tritt in der Regel dann auf, wenn die Interviewer<br />

einen Akkordlohn <strong>für</strong> die Anzahl vollständiger Interviews erhalten. „Die Gefahr <strong>für</strong> derartige<br />

Fälschungen ist dann am größten, wenn die Aufgabenorientierung <strong>für</strong> den Interviewer gering<br />

ist aber die äußeren Reize (z. B. <strong>aus</strong> ökonomischen Gründen in möglichst kurzer Zeit<br />

möglichst viele Interviews zu erheben) die Feldarbeit bestimmen.“ (ebenda, S. 127)<br />

Durch Kontrollanrufe beim Befragten kann versucht werden, derartige Fälschungen nachzu-<br />

weisen, wobei Teilfälschungen nur schwer aufzudecken sind. Telefonischen Befragungen,<br />

die wie üblich in einem zentralen Telefonlabor unter Aufsichtsführenden durchgeführt wer-<br />

den, sind relativ sicher vor dieser Art des bewussten Fehlverhaltens. Zu<strong>dem</strong> kann eine Be-<br />

zahlung mittels Stundenlohn solchen Fälschungen vorbeugen.<br />

Unbewusstes Fehlverhalten<br />

Unbewusstes Fehlverhalten, wie beispielsweise die erwartungsgemäße Fehlvercodung (vgl.<br />

Hyman 1954) durch einen Interviewer liegt vor, wenn dieser unabhängig von der Antwort-<br />

80


Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

reaktion des Befragten die Antworten nach seinen persönlichen Erwartungen protokolliert.<br />

Während der Befragung macht sich der Interviewer ein Bild vom Befragten und entwickelt<br />

gewisse Vorstellungen über dessen Einstellungen und Verhaltensweisen und nimmt<br />

daraufhin unbewusst eine erwartungsgemäße Vercodung vor. Bekennt sich zum Beispiel ein<br />

Befragter während eines Interviews zur Fremdenfeindlichkeit, könnte diese Tatsache beim<br />

Interviewer die Annahme erwecken, dass der Befragte eine rechtsextremistische Meinung<br />

inne hat, welche er dann auch unbewusst in der Protokollierung festhält (z. B. bei Fragen zur<br />

Toleranz).<br />

4.2.6 Einstellungen und Erwartungen des Interviewers<br />

Jede Person und somit auch jeder Interviewer hat Einstellungen und Meinungen zu unter-<br />

schiedlichen Themen sowie gewisse Erwartungshaltungen. Vom Interviewer wird verlangt,<br />

diese während der Erhebung zu unterdrücken, um somit <strong>dem</strong> Befragten in seinen Antworten<br />

nicht zu beeinflussen. Es wird allerdings angenommen, dass der Interviewer seine eigenen<br />

Erwartungen und Einstellungen nicht immer <strong>aus</strong>reichend verbergen kann und dadurch den<br />

Befragten dazu verleitet, sich seiner Meinung durch Antwortübereinstimmung anzunähern.<br />

Es besteht <strong>dem</strong>nach die Möglichkeit, dass der Befragte die Überzeugungen und Erwartun-<br />

gen des Interviewers übernimmt und sich diese auch bei genauer Protokollierung im Ergeb-<br />

nis zeigen. Hyman (1954) unterscheidet verschiedene Erwartungshaltungen des Intervie-<br />

wers, welche diese Verzerrungen verursachen können.<br />

1. Rollenerwartungen (role expectations):<br />

Der Interviewer glaubt, dass sich Einstellungen und Verhalten der Befragten <strong>aus</strong> einer be-<br />

stimmten Gruppenzugehörigkeit entwickeln. Somit richtet der Interviewer seine Erwartungen<br />

nach der von ihm wahrgenommenen Gruppenzugehörigkeit des Befragten <strong>aus</strong>.<br />

2. Attitüdenstrukturierte Erwartungen (attitude-structure expectations):<br />

Der Interviewer geht davon <strong>aus</strong>, dass die späteren Antworten des Befragten im Verlauf des<br />

Interviews ähnlich den Vorhergehenden sind. Ausgangspunkt dieser Vorstellung ist die An-<br />

nahme „(...), dass die Einstellung eines Befragten einheitlich oder in einer organisierten<br />

Struktur zusammengefasst sind.“ (Reinecke 1991, S. 129)<br />

3. Wahrscheinlichkeitserwartungen (probability expectations):<br />

Diese Erwartungshaltungen hat der Interviewer bereits vor der Befragung inne, während sich<br />

die attitüdenstrukturierten Erwartungen im Verlauf der Befragung entwickeln. Er hat be-<br />

stimmte Vorstellungen darüber, wie die wahrscheinliche Antwort des Befragten lauten<br />

könnte. Verschiedene Studien, z. B. von Wyatt/Campbell 1950 und Clark 1949 belegten,<br />

dass die später erhobene Antwortverteilung mit den vorhergehenden Schätzungen der Inter-<br />

viewer bezüglich der Verteilung übereinstimmte.<br />

Während Einflüsse der Erwartungshaltungen der Interviewer nachgewiesen werden konnten,<br />

wurde die Wirkung der Einstellungen der Interviewer auf die Antwortreaktion des Befragten<br />

in der Vergangenheit überbewertet (vgl. Meulemann/Reuband 1984). Jüngere Untersuchun-<br />

gen zeigen einen geringeren Einfluss als ursprünglich angenommen wurde, wobei es meist<br />

vom Thema oder <strong>dem</strong> Inhalt der Befragung abhängt, wie stark dieser Einfluss zur Wirkung<br />

kommt. Die Gefahr der Antwortverzerrung durch die Einstellung des Interviewers besteht vor<br />

81


Katja Lukanow<br />

allem bei schwierigen offenen Fragen und unvorhergesehenen Situationen im Interview, bei<br />

denen der Interviewer zusätzliche Erläuterungen und Erklärungen abgeben muss. Ein stan-<br />

dardisierter Fragebogen sowie eine genaue Frageformulierung helfen das Ausmaß dieser Art<br />

von Interviewereffekten auf einem geringen Niveau zu halten. Um Effekte durch Erwartungs-<br />

haltungen zu minimieren, sollten <strong>dem</strong> Interviewer keine Vorinformationen über den Befragten<br />

zugänglich sein und die Abfolge der Fragen gründlich überdacht werden. „Die zu Beginn<br />

eines Fragebogens oder Fragebogenteils platzierten Fragen sollten bei der Fragebogenkon-<br />

zeption genauestens dahingehend überprüft werden, ob sie nicht geeignet sind, Erwartungen<br />

beim Interviewer zu induzieren (z. B. Filterfragen).“ (B<strong>aus</strong>ke 1984, S. 113) Zu<strong>dem</strong> müssen<br />

die Interviewer <strong>aus</strong>führlich geschult werden, um solchen Effekten entgegenzuwirken.<br />

4.3 Rekrutierung und Schulung der Interviewer<br />

Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt erläutert wurde, hat der Interviewer einen maß-<br />

geblichen Anteil am Antwortverhalten sowie der Kooperationsbereitschaft der Befragten. Um<br />

Interviewereffekte weitgehend zu neutralisieren und auf einem möglichst geringen Niveau zu<br />

halten, um somit eine hohe Datenqualität und Ausschöpfungsrate zu erlangen, werden die<br />

Interviewer von den Supervisoren und Projektleitern nach bestimmten Kriterien rekrutiert und<br />

geschult. Auch hier liegt ein wesentlicher Vorteil von Telefoninterviews und <strong>dem</strong> zentrali-<br />

sierten Interviewereinsatz. Die Rekrutierung und Schulung von Interviewern <strong>für</strong> telefonische<br />

Befragungen erweisen sich als wesentlich kostengünstiger und auch effektiver als <strong>für</strong> per-<br />

sönliche Interviews.<br />

4.3.1 Rekrutierung der Interviewer<br />

Kommerzielle Umfrageinstitute versuchen meist durch Zeitungsannoncen geeignete Bewer-<br />

ber zu finden. Die Inserate sollten psychologisch so verfasst sein, dass sie kontaktfreudige<br />

Menschen <strong>aus</strong> allen sozialen Schichten und Altersgruppen ansprechen (von Kirschhofer-<br />

Bozenhardt/Kaplitza 1991, S. 127). Das CATI-Labor des <strong>zsh</strong>, welches nahezu <strong>aus</strong>schließlich<br />

Studenten <strong>für</strong> Interviewertätigkeiten rekrutiert, versucht beispielsweise durch Aushänge in<br />

zentralen universitären Einrichtung sowie durch eine gezielte Kontaktaufnahme mit Teilneh-<br />

mern methodisch orientierter Veranstaltungen, Bewerber zu gewinnen. Die Mundpropaganda<br />

zwischen den Interviewern und anderen Studierenden spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.<br />

Die meisten der rekrutierten Interviewer sind Frauen. Das liegt unter anderem daran, dass ihr<br />

Interesse an flexiblen Arbeitszeiten und Teilzeitjobs sehr groß ist. Männer hingegen gehen<br />

meistens einer geregelten Arbeit nach, die es ihnen nicht möglich macht, tagsüber verfügbar<br />

zu sein. Auch im universitären Bereich, wo solche Gründe keine Rolle spielen, ist eine Domi-<br />

nanz der Frauen zu verzeichnen. Bei intensiver Beobachtung des Interviewerstamms im<br />

CATI-Labor des <strong>zsh</strong> kann allerdings beobachtet werden, dass der Anteil der männlichen In-<br />

terviewer in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. Pl<strong>aus</strong>ible Gründe <strong>für</strong> die Überreprä-<br />

sentativität der Frauen könnten zum einen in <strong>dem</strong> größeren Anteil weiblicher Studentinnen<br />

liegen oder zum anderen in der Annahme, dass Telefonieren im weitesten Sinn als Frauen-<br />

arbeit gilt.<br />

82


Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

Für die Projektleiter empfiehlt es sich, möglichst viele Interviewer zu rekrutieren, damit alle<br />

Erhebungszeiten auch tatsächlich abgedeckt werden können. Erfahrungen zeigen, dass die<br />

Interviewer aufgrund der abnehmenden Konzentration, nicht länger als vier Stunden hinter-<br />

einander arbeiten sollten. Das setzt natürlich einen großen Interviewerstab vor<strong>aus</strong>. Des Wei-<br />

teren ist dieser auch von Vorteil, um beispielsweise bei sehr anspruchsvollen Projekten, die<br />

Qualifiziertesten unter den Interviewern <strong>aus</strong>wählen zu können. In der Regel sollten min-<br />

destens zwei- bis dreimal soviel Interviewer zur Verfügung stehen, wie Telefonplätze im<br />

CATI-Labor eingerichtet sind (vgl. Frey/Kunz/Lüschen 1990).<br />

Bei der Auswahl der Interviewer haben die Projektleiter auf eine Reihe von Merkmalen zu<br />

achten. Um welche Merkmale es sich dabei handelt ist bisher noch umstritten. „Die Eigen-<br />

schaften eines wirklich guten Telefoninterviewers müssen noch entdeckt werden; (...)“<br />

(Frey/Kunz/Lüschen 1990, S. 185) Eine der wichtigsten Vor<strong>aus</strong>setzung <strong>für</strong> die Eignung als<br />

Interviewer ist jedoch die Stimme. „Der Ton einer Stimme sollte so sein, dass sie klar über<br />

das Telefon verständlich ist, selbst dann, wenn Nebengeräusche vorkommen, wie das vor<br />

allem bei Ferngesprächen der Fall ist.“ (ebenda, S. 185)<br />

Damit es <strong>dem</strong> Befragten möglich ist die Fragen akustisch gut zu verstehen und ihnen folgen<br />

zu können, muss der Bewerber während des Telefongesprächs in der Lage sein, laut und<br />

deutlich zu sprechen. Eine deutliche Aussprache, das Sprechtempo sowie Klang und Modu-<br />

lation der Stimme sind wesentliche Merkmale <strong>für</strong> die Eignung des Bewerbers bezüglich te-<br />

lefonischer Befragungen. Zu<strong>dem</strong> sollte es sich bei der Interviewerstimme um eine freund-<br />

liche und möglichst akzentfreie Stimme handeln. Die beste Möglichkeit, diese Anforderungen<br />

zu prüfen ist – neben einem persönlichen Vorstellungsgespräch – ein reales Telefon-<br />

gespräch durchzuführen. Anders (1990) schlägt vor, die Bewerbungen grundsätzlich telefo-<br />

nisch entgegenzunehmen, um sich einen ersten Eindruck machen zu können. Ein anderer<br />

Vorschlag von Dillman (1978) sieht vor, diese Anforderungen in einem Telefongespräch<br />

zwischen Interviewer und einer ihm unbekannten Person zu überprüfen, in<strong>dem</strong> anschließend<br />

die Stimme des Bewerbers <strong>aus</strong>gewertet wird. Während eines Probeinterviews kann unte-<br />

rsucht werden, ob der Bewerber in der Lage ist, Fragestellungen flüssig und ohne größere<br />

P<strong>aus</strong>en abzulesen, Antworten und wichtige Anmerkungen genau zu protokollieren sowie An-<br />

weisungen zu befolgen, ohne dass der Interviewverlauf dabei gestört wird. „Diese<br />

Probeinterviews haben Schulungs- und Testcharakter und sagen sehr viel über die Person<br />

des Bewerbers <strong>aus</strong>, ohne dass man ihn persönlich kennen muss.“ (von Kirschhofer-<br />

Bozenhardt/Kaplitza 1991, S. 131)<br />

Eine Persönlichkeitseigenschaft, die jeder Interviewer besitzen sollte, ist das Selbstbewusst-<br />

sein. Da sich dies – wie schon erwähnt – in der Stimme manifestiert, ist bei der Rekrutierung<br />

darauf zu achten, dass die Bewerber eine gewisse Selbstsicherheit besitzen. In Situationen,<br />

in denen Interviewer mit unerwarteten Fragen konfrontiert werden und dann sofort eine über-<br />

zeugende Antwort bereit haben müssen, ist das Selbstbewusstsein besonders wichtig. Zu-<br />

<strong>dem</strong> bereitet die Schulung vor der jeweiligen Erhebung darauf vor, in schwierigen Situatio-<br />

nen angemessenen reagieren zu können.<br />

Da Telefoninterviews zum größten Teil computergestützt ablaufen, müssen die Bewerber<br />

EDV-Grundkenntnisse besitzen. Es werden zwar in der Interviewerschulung Anweisungen<br />

<strong>für</strong> den Umgang mit <strong>dem</strong> CATI-Programm gegeben, dennoch sollten sie im Umgang mit der<br />

83


Katja Lukanow<br />

EDV erfahren sein. Nur unter dieser Vor<strong>aus</strong>setzung ist es möglich, sich allein auf das Inter-<br />

view konzentrieren zu können.<br />

Die tatsächliche Qualität des Interviewers lässt sich meist erst während der Erhebung ein-<br />

schätzen. Erst dann können sich die Supervisoren ein Bild über die Verlässlichkeit, Disziplin,<br />

Motivation und Produktivität des Interviewers machen. Es ist ihnen möglich, die jeweilige<br />

individuelle Ausschöpfungsquote des Interviewers, Freundlichkeit und Höflichkeit im Umgang<br />

mit <strong>dem</strong> Befragten, das Protokollieren von offenen Fragen usw. zu prüfen.<br />

4.3.2 Schulung der Interviewer<br />

Bewerber, welche die nötigen Anforderungen, die während der Rekrutierung geprüft wurden,<br />

erfüllen, erhalten eine Interviewerschulung. Diese erfüllt den Zweck, die Interviewer auf die<br />

Erhebungssituation vorzubereiten.<br />

Interviewerschulungen laufen zeitlich und inhaltlich sehr unterschiedlich ab. Werden Tele-<br />

foninterviews mit Hilfe des CATI-Systems durchgeführt, müssen die Interviewer zusätzlich<br />

mit den technischen Gegebenheiten sowie mit <strong>dem</strong> programmierten Fragebogen vertraut<br />

gemacht werden. Im CATI-Labor des <strong>zsh</strong> teilt sich die Schulung der Interviewer in zwei Ty-<br />

pen: Grundschulung und umfragespezifische Schulung. 49 Während die Grundschulung den<br />

Interviewern eine Einführung in die spezifische Arbeit im Rahmen von CATI-Befragungen<br />

gibt und einmalig stattfindet, wird die umfragespezifische Schulung vor jeder neuen Befra-<br />

gung durchgeführt. Hier führt der Forscher die Interviewer in das jeweilige Befragungsthema<br />

ein und vermittelt das nötige spezifische Hintergrundwissen.<br />

Nach einem Modell von Frey/Kunz/Lüschen (1990) verläuft die Interviewerschulung in drei<br />

Phasen.<br />

In der ersten Phase findet ein allgemeines Training statt. Darin werden zum einen ganz all-<br />

gemeine Probleme und Besonderheiten des telefonischen Interviews besprochen. Dazu ge-<br />

hört in erster Linie, den Interviewern deutlich zu machen, dass es sich bei dieser Art der Be-<br />

fragung um eine Situation handelt, die allein auf den Kommunikationskanal beschränkt ist.<br />

Andererseits ist eine Einweisung in die Interviewtechniken notwendig. Dazu werden bei-<br />

spielsweise das Beachten der Wortfolge einer Frage, die Fragewiederholung, die Aus-<br />

sprache und Präsentation der Fragen oder das Proben, d.h. die möglichst neutrale Bitte um<br />

mehr Informationen, trainiert. Die Interviewer müssen lernen, einen angemessenen Konver-<br />

sationston, balancierten Rapport, zu finden. „Es muss also eine Beziehung aufgebaut wer-<br />

den, die nicht zu unvollständigen oder verzerrten Antworten anreizt, weil auf der einen Seite<br />

zu guter Rapport oder auf der anderen Seite ‚mechanischer Interviewerstil’ praktiziert wer-<br />

den.“ (Frey/Kunz/Lüschen 1990, S. 209) In dieser Phase werden die Interviewer auf ihre<br />

Rolle, welche sie in der Erhebungssituation einnehmen, vorbereitet. „Der Interviewer ist ein<br />

neutrales Medium, durch das Fragen und Antworten übermittelt werden.“ (ebenda, S. 208)<br />

Diese erste Phase kann verkürzt oder abgesetzt werden, wenn es sich um erfahrene Inter-<br />

viewer handelt. Frey/Kunz/Lüschen (1990) geben mit den „Grundlagen <strong>für</strong> die Schulung der<br />

Interviewer“ Informationen und Hilfen <strong>für</strong> die Einarbeitung von Interviewern <strong>für</strong> diese und die<br />

folgende Phase.<br />

49 Mehr dazu bei Buchwald in Kapitel 1.6 in diesem Band.<br />

84


Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

In der zweiten Phase, <strong>dem</strong> studienspezifischen Training, werden die Interviewer in die anlie-<br />

gende Studie eingeweiht. Sie werden inhaltlich geschult und somit mit der Thematik vertraut<br />

gemacht. Schließlich müssen die Interviewer Grundkenntnisse zum jeweiligen Thema be-<br />

sitzen, um kompetent auf den Befragten wirken zu können. Vor allem in der Eröffnungs-<br />

phase, auch wenn diese zum größten Teil standardisiert ist, sollten die Interviewer den Be-<br />

fragten entsprechende zusätzliche Informationen geben können. Häufig wird zum Beispiel<br />

nachgefragt, wie die Telefonnummer des Befragten ermittelt wurde oder welchem Zweck die<br />

Untersuchung dient. Informationen zum Sinn und Zweck der Studie helfen <strong>dem</strong> Interviewer<br />

den Befragten von seiner Teilnahme zu überzeugen.<br />

Nach<strong>dem</strong> die inhaltlichen Aspekte der Untersuchung geklärt wurden, wird im zweiten Teil<br />

dieser Phase auf den Fragebogen selbst eingegangen. Dieser sollte möglichst der letzten<br />

Fassung entsprechen, bevor er <strong>für</strong> die Untersuchung freigegeben wird. Da<strong>für</strong> werden jede<br />

einzelne Frage und die dazugehörigen Antwortkategorien gelesen, besprochen und erläutert.<br />

Bei Telefoninterviews, die nicht computergestützt ablaufen, ist es besonders wichtig, dabei<br />

die Gabel- und Filterstrukturen des Erhebungsinstruments zu besprechen. Dies ist jedoch<br />

auch bei computergestützten Telefoninterviews nötig, damit die Interviewer einen Einblick in<br />

alle möglichen Fragenstellungen bekommen, um Unsicherheiten zu vermeiden.<br />

Nach<strong>dem</strong> der Fragebogen <strong>aus</strong>führlich besprochen und analysiert worden ist, kann er durch<br />

Rollenspiele zwischen Interviewern geprobt werden. Dazu spielt jeder Interviewer mit einem<br />

Partner den Fragebogen durch. Versucht der Interviewte dabei verschiedene Verhaltens-<br />

muster zu imitieren, beispielsweise jemanden der stets von den Fragen abweicht oder häufig<br />

einer zusätzlichen Erläuterung der Fragen bedarf, werden die Interviewer auf zukünftige<br />

Probleme während der Befragung vorbereitet. Dabei lernt der Interviewer flexibel und auf<br />

unerwartete Situationen zu reagieren. Während dieser Testphase kann das Interview <strong>für</strong><br />

auftretende Fragen unterbrochen werden und Problemen oder Verbesserungsvorschlägen<br />

nachgegangen werden.<br />

Im dritten und letzten Teil werden die Interviewer mit <strong>dem</strong> technischen Equipment vertraut<br />

gemacht. Der Umgang mit EDV und <strong>dem</strong> CATI-Programm steht dabei im Mittelpunkt. Außer-<br />

<strong>dem</strong> wird auf das allgemeine Verhalten im CATI-Labor eingegangen. Die Interviewer müssen<br />

ebenfalls wissen, an wen sie sich zu wenden haben, falls Probleme auftauchen oder wem<br />

sie Bericht erstatten müssen usw. Auch werden hier Anleitungen zum Protokollieren einzel-<br />

ner Anrufe gegeben. Das ist jedoch nur in Ausnahmefällen notwendig, wenn man mit <strong>dem</strong><br />

CATI-System arbeitet.<br />

Durch die zentrale Umfrageeinrichtung, die in der telefonischen Befragung gegeben ist, wird<br />

es möglich, die Qualität der Interviewer während der Erhebung zu kontrollieren. Stellt sich<br />

dabei her<strong>aus</strong>, dass bei einigen Interviewern Schwächen bezüglich der Ausschöpfung, Argu-<br />

mentation oder ihrem Verhalten gegenüber den Befragten auftreten, kann jederzeit eine<br />

Nachschulung stattfinden.<br />

85


Katja Lukanow<br />

4.3.3 Exkurs: Beispiel <strong>aus</strong> der Praxis<br />

Da es bisher keine festen Kriterien <strong>für</strong> die Rekrutierung und Vorgehensweisen <strong>für</strong> die Schu-<br />

lungen der Interviewer gibt, werden in der Praxis unterschiedliche Methoden angewandt.<br />

Anders (1990) schildert eine Schulungsmaßnahme, wie sie in der professionellen Markt- und<br />

Meinungsforschung durchgeführt wurde (vgl. Anders 1990).<br />

Eine erste Entscheidung bezüglich der Eignung eines Interviewers <strong>für</strong> telefonische Befra-<br />

gungen wird bei einer telefonischen Bewerbung getroffen. Während dieses Telefon-<br />

gesprächs wird bereits auf die Stimme, das Sprechtempo und einen eventuellen Dialekt<br />

geachtet. Schätzt man den Bewerber als geeignet ein, bekommt er einen Personalbogen zu-<br />

gesandt und wird zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Erweist er sich darin als<br />

kompetent, lässt ihm das Unternehmen schriftliche Schulungsunterlagen zukommen, welche<br />

in einer folgenden <strong>aus</strong>führlichen Grundschulung erläutert werden. Dort erhalten sie Informa-<br />

tionen über die erforderlichen Fähigkeiten und Tätigkeiten eines Interviewers. Vertieft werden<br />

die Inhalte durch Einweisungstagungen und praktische Beispiele, in denen Muster <strong>für</strong> richti-<br />

ges und falsches Vorgehen und deren Auswirkungen besprochen werden. Anhand von Test-<br />

fragebögen und Übungen an CATI-Interviews, werden die Kompetenzen der Interviewer<br />

nochmals geprüft. Erscheint der Interviewer auch hier als geeignet, folgt die Einweisung und<br />

inhaltliche Schulung <strong>für</strong> das jeweilige Projekt. Die Abbildung 31 veranschaulicht die Prozesse<br />

der Rekrutierung und Schulung von Telefoninterviewern, wie sie bei der Firma Infratest<br />

durchgeführt werden.<br />

86


Abbildung 31: Rekrutierung und Schulung der Interviewer<br />

laufende Kontrolle<br />

Fehler oder<br />

Schwächen?<br />

Bewerbungsablauf und Grundschulung von Telefoninterviewern<br />

Quelle: Anders (1990), S. 432.<br />

Ja<br />

Bewerbung am Telefon<br />

- Stimme<br />

- Sprechtempo<br />

- Dialekt<br />

Geeignet<br />

Ja<br />

Personalbogen<br />

Vorstellungsgespräch<br />

Geeignet<br />

Ja<br />

Schulungsunterlagen<br />

Grundschulungstagung<br />

Geeignet<br />

Ja<br />

Projekteinweisung<br />

Interview<br />

Nachschulung<br />

Nein<br />

Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

Nein<br />

Absage<br />

Absage-Brief<br />

Nein Absage-Brief<br />

87


Katja Lukanow<br />

Neben der Rekrutierung neuer Interviewer wird der bestehende Interviewerstab ständig wei-<br />

tergeschult. Um eine hohe Interviewerqualität und somit auch Datenqualität zu erzielen,<br />

werden die Interviewer während der Erhebung ständig kontrolliert. Dies erfolgt nach drei<br />

Kriterien:<br />

88<br />

1 nach der Effektivität anhand der Interviews pro Stunde,<br />

2 hinsichtlich der realisierten Ausschöpfung der ihnen zugewiesenen Interviews und<br />

3 durch eine Note von zwei Supervisoren <strong>für</strong> die Interviewqualität.<br />

Erfüllt ein Interviewer die vor<strong>aus</strong>gesetzten Anforderungen nicht bzw. liegt er unter <strong>dem</strong><br />

Durchschnitt des Interviewerstabes, wird eine Nachschulung angeordnet.<br />

Abbildung 32: Die Qualitätskontrolle der Telefoninterviewer<br />

Interviews<br />

Supervisor 1<br />

laufende Kontrolle<br />

Fehler oder<br />

Schwächen?<br />

Anzahl pro<br />

Stunde<br />

Ausschöp<br />

fung<br />

Supervisor 2<br />

laufende Kontrolle<br />

Qualität Qualität<br />

Ja<br />

Nachschulung<br />

Quelle: Anders (1990), S. 434.<br />

Nein<br />

Note<br />

Ausschöpfung<br />

Note<br />

Effektivität<br />

Note<br />

Interview-<br />

Qualität<br />

Ende<br />

Datenbank Telefon-Interviewer<br />

Bevölkerung Industrie Ärzte<br />

Note unter <strong>dem</strong><br />

Schnitt des Stabes


4.4 Resümee<br />

Interviewereffekte im Telefoninterview<br />

Das Telefoninterview hat sich in den letzten Jahren zu einer eigenständigen und gleichwerti-<br />

gen Erhebungsform neben persönlichen und schriftlichen Befragungen entwickelt und stellt<br />

als relativ neue Erhebungsart auch ganz neue Anforderungen an die Forscher und vor allem<br />

an die Interviewer. Anlass gibt unter anderen die Erhebungssituation, die sich durch die Be-<br />

schränkung auf den akustischen Kommunikationskanal charakterisiert. Die Kommunikation<br />

zwischen den am Interview beteiligten Akteuren, verläuft <strong>aus</strong>schließlich über die Stimme.<br />

Das Wegfallen aller äußerlichen Stimuli, bringt den Vorteil mit sich, dass äußere Intervie-<br />

wermerkmale, die in persönlichen Befragungen die Antworten der Befragten beeinflussen<br />

können, <strong>aus</strong>geblendet werden. Infolgedessen kommt der Stimme eine erhebliche Bedeutung<br />

zu. Sie gehört untrennbar zum Erscheinungsbild und zum Auftreten einer Person, denn die<br />

Stimme und die Sprache stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Persönlichkeit.<br />

Über die Stimme werden Persönlichkeitsmerkmale, wie Geschlecht und Alter, und vor allem<br />

auch Persönlichkeitseigenschaften, wie Selbstbewusstsein und Kompetenz, transportiert.<br />

Stimmeigenschaften und rhetorische Fähigkeiten können das Befragtenverhalten im starken<br />

Maße beeinflussen. Untersuchungen ergaben, dass eine entspannte Stimmlage, eine gute<br />

Modulation, eine relativ schnelle Sprechgeschwindigkeit sowie eine angemessene Laut-<br />

stärke einen positiven, kompetenten und vertrauenswürdigen Eindruck beim Befragten hin-<br />

terlassen. Die Stimme muss klar und verständlich sein und möglichst ohne Akzent. Diese<br />

Anforderungen sind Vor<strong>aus</strong>setzung <strong>für</strong> die Zustimmung des Befragten zur Teilnahme an der<br />

Befragung und zur Vermeidung von Verweigerungen sowie Abbrüchen im Verlauf eines<br />

Interviews.<br />

Während der computergestützten telefonischen Befragung werden <strong>dem</strong> Interviewer eine<br />

Reihe von Aufgaben abgenommen. Dadurch können vom Interviewer <strong>aus</strong>gehende Fehler bei<br />

der Administration des Fragebogens minimiert werden.<br />

Durch den zentralisierten Interviewereinsatz kann die Arbeit der Interviewer kontrolliert und<br />

die Effekte analysiert werden. Weitere Untersuchungen und Analysen solcher Intervieweref-<br />

fekte sind jedoch in Zukunft noch notwendig, um das Ausmaß dieser Einflüsse einschätzen<br />

zu können. Somit hätte man die Möglichkeit, bei der Rekrutierung und Schulung der Inter-<br />

viewer nach eindeutigeren Kriterien vorzugehen.<br />

89


Ralf Schünemann<br />

Ralf Schünemann<br />

5 Schreiben <strong>für</strong>s Sprechen/Sprechdenken vs. Hörverstehen<br />

5.1 Ein sprechwissenschaftlicher Impuls <strong>für</strong> die Arbeit im CATI-Labor<br />

Grundlage <strong>für</strong> diesen Artikel sind Vorträge am <strong>Zentrum</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialforschung</strong> Halle e.V. (<strong>zsh</strong>)<br />

sowie im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 580 der Universitäten Halle und Jena, in<br />

denen ich versucht habe, der Arbeit im CATI-Labor – insbesondere <strong>dem</strong> FORMULIEREN DER<br />

FRAGEBÖGEN <strong>für</strong> telefonische Befragungen – <strong>aus</strong> der Sicht der Sprechwissenschaft einen<br />

Impuls zu geben.<br />

Die Ergebnisse <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> jeweils angeschlossenen Meinungs<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch sowie die Erfah-<br />

rungsberichte der Supervisoren bzw. Interviewer werden in diesen Ausführungen berück-<br />

sichtigt, so dass nicht alle Vortragsinhalte einfließen. Auch über diesen Artikel hin<strong>aus</strong> hoffe<br />

ich auf eine rege Auseinandersetzung und Diskussion.<br />

Die wissenschaftliche Disziplin Sprechwissenschaft und Phonetik und ihre Auseinanderset-<br />

zung mit den Facetten der verbalen Kommunikation liefern immer wieder <strong>für</strong> die unterschied-<br />

lichsten Tätigkeitsfelder Anregungen. Die theoretische Basis <strong>für</strong> den Impuls an die Arbeit im<br />

CATI-Labor basiert auf der Grundlage einer SPRECHWISSENSCHAFTLICHEN (sog. ‚Höheren’)<br />

LESELEHRE – einer Theorie und Didaktik des Vorlesens. „Unter Vorlesen versteht man in der<br />

Sprechwissenschaft eine Form reproduzierenden Sprechdenkens: einen Prozess, bei <strong>dem</strong><br />

eine adäquate Schallform […] <strong>für</strong> eine gegebene Sprachgestalt […] entwickelt wird, so daß<br />

eine Sinnintention <strong>aus</strong>gedrückt werden kann, die <strong>für</strong> diese Textgestalt möglich ist“ (Guten-<br />

berg 2000a, S. 405).<br />

Die Tätigkeit eines Interviewers, der mit <strong>dem</strong> CATI-System arbeitet, beinhaltet zu einem<br />

großen Teil das Vorlesen. Im Rahmen dieses Artikels möchte ich in Anlehnung an die Er-<br />

kenntnisse <strong>aus</strong> der ‚Höheren Leselehre’ eine Hilfestellung aufzeigen, wie eine vorgegebene<br />

Sprachgestalt aufgelöst und somit vermündlicht werden könnte, um die Arbeit der Interviewer<br />

zu vereinfachen. Meine Intention ist in diesem Zusammenhang nicht die wissenschaftliche<br />

Diskussion der Thematik – Leselehre wird auch innerhalb der Sprechwissenschaft kontro-<br />

vers diskutiert (vgl. Apel 2005, S. 28 ff.) – sondern die Vorstellung eines präzisen Ansatzes,<br />

um den Eröffnungsbildschirm <strong>für</strong> ein Telefoninterview ‚aufzuräumen’. Die Beschränkung auf<br />

Textb<strong>aus</strong>teine der Eröffnungs- und Zwischensequenzen erscheint sinnvoll, da hier die we-<br />

sentlichen Schwierigkeiten des CATI-Interviews liegen. Der hauptsächliche Anteil, d. h. die<br />

Bildschirme mit Fragen und Antworten, lassen sich in ihrer Sprachgestalt auf Grund des An-<br />

spruchs der Vergleichbarkeit der einzelnen Interviews nicht auflösen.<br />

Meines Erachtens besteht die hauptsächliche Schwierigkeit eines CATI-Interviews in der<br />

Kontaktaufnahme mit ‚outbound-Charakter’, d.h. der Gesprächspartner ist nicht vorinformiert<br />

(sog. Kaltaquise). Das Ziel einer effektiven Kommunikation zu Beginn ist somit die schnellst-<br />

mögliche Klärung, ob der potentielle Gesprächspartner an der Befragung teilnehmen möchte<br />

90


Schreiben <strong>für</strong>s Sprechen/Sprechdenken vs. Hörverstehen<br />

oder nicht. Die Aufgabe des Interviewers ist es, ihn über die Befragung zu informieren, so<br />

dass der Gesprächspartner überzeugt – im Gegensatz zu überredet – teilnimmt.<br />

Insbesondere in Zeiten, da sich ‚Telefonmarketing’ allgemein keiner großen Beliebtheit er-<br />

freut, sollte sich der wissenschaftliche Anspruch bzw. die entsprechende Referenz schon in<br />

der Kontaktaufnahme niederschlagen. Ich meine damit, dass der Interviewer in der Lage ist,<br />

ruhig, souverän und kompetent über Art und Zielsetzung der Studie zu informieren und <strong>dem</strong><br />

Gesprächspartner eine mögliche Motivation zur Teilnahme an der Befragung zu liefern. In<br />

einem sprechwissenschaftlichen Verständnis von Sprech<strong>aus</strong>druck und den zugehörigen<br />

Rollen ist Sachlichkeit das vorrangige Ziel.<br />

Ein Weg, um dieses Ziel der Sachlichkeit und ein damit verbundenes höheres Maß an<br />

HÖRVERSTÄNDLICHKEIT zu erreichen besteht darin, an den Punkten Sprach- und Sprechge-<br />

stalt anzusetzen. Beide Aspekte – das Schreiben und das Sprechen – folgen festen Regeln<br />

(Text- bzw. Prosodieregeln), deren Ziele als Sprechbarkeit bzw. Leseverständlichkeit und<br />

Sinnvermittlung bzw. Hörverständlichkeit bezeichnet werden. Die folgende Abbildung ver-<br />

deutlicht die einzelnen Einflussfaktoren auf die Hörverständlichkeit (vgl. Bose 2003, S. 55 f.).<br />

Abbildung 33: Einflussfaktoren auf die Hörverständlichkeit<br />

HÖRVERSTÄNDLICHKEIT<br />

Folgende Fragen werde ich nun erörtern, um eine Lösungsmöglichkeit <strong>für</strong> die Problematik<br />

der ‚künstlichen Mündlichkeit’ 50 , zu zeigen:<br />

1. Wie sollte <strong>für</strong>s Sprechen geschrieben werden?<br />

2. Wie kann die entstandene Sprachgestalt aufgelöst werden?<br />

3. Wie spricht man <strong>für</strong>s Hören?<br />

Vielleicht ist das Phänomen bekannt, dass ein Text laut (vor)gelesen werden soll und der<br />

Inhalt am Ende nur unsicher wiedergeben werden kann. In diesem Moment wurde der Text<br />

vermutlich ‚nur reproduziert aber nicht mitgedacht’ – ein Defizit, das bei spontanen Äußerun-<br />

gen seltener zu beobachten ist. An dieser Stelle ist es nun notwendig, die Begriffe SPRECH-<br />

DENKEN UND HÖRVERSTEHEN kurz zu erläutern. „Forschungen zu Hörverstehen und<br />

50 d. h. ein vorgegebener Text wird lediglich verbal reproduziert<br />

TEXT<br />

SPRECHER<br />

HÖRER<br />

91


Ralf Schünemann<br />

Sprachplanung sind außerordentlich schwierig, weil diese Prozesse zwar real aber<br />

intrapsychisch ablaufen, also der Beobachtung nicht unmittelbar zugänglich sind“ (Bose<br />

2003, S. 59).<br />

Der Sprechwissenschaftler Norbert Gutenberg definiert im Metzler-Lexikon-Sprache diese<br />

Modellvorstellungen wie folgt: „SPRECHDENKEN: In der Sprechwissenschaft und der Sprech-<br />

erziehung übl. Bez. <strong>für</strong> die psych. Vor<strong>aus</strong>setzungen und Planungen von konkreten sprachl.<br />

Äußerungen. Diese Vor<strong>aus</strong>setzungen und Planungsprozesse sind direkter Beobachtung<br />

nicht zugängl.; der Ausdruck Sprechdenken bezeichnet folglich Modelle von bzw. Hypothe-<br />

sen über diese(n) Vorgänge(n). […] (Gutenberg 2000b, S. 680 f.)<br />

Der Komplementärprozeß zum Sprechdenken ist das HÖRVERSTEHEN, eine Einheit von audi-<br />

tiver Perzeption des geäußerten Sprechschalls, von Verstehen des Gesagten […] auf der<br />

Grundlage von Hörmustern und Verstehen des Gemeinten. […] Ihr Gelingen hängt im<br />

wesentl. davon ab, daß Sprech- und Hörmuster beider Kommunikationspartner komple-<br />

mentär sind. Sprechdenken und Hörverstehen sind Elementarprozesse, die sowohl als<br />

Sprechoperationen als auch als Sprechhandlungen vollzogen werden, also alle Stufen von<br />

perzeptivem Hören und reflektor. Sprechen bis zu Hörhandeln und Sprechdenkhandeln<br />

einnehmen können“ (Gutenberg 2000b, S. 680 f.).<br />

Zielsetzung ist es also, den Prozess des Sprechdenkens auch beim Vorlesen zu aktivieren<br />

und somit den parallelen Vorgang des Hörverstehens zu unterstützen.<br />

Beim Schreiben <strong>für</strong> das Sprechen ist die Satzlänge das zentrale Hindernis. Eine mögliche<br />

Regel könnte lauten: ‚Schreiben Sie kurze Sätze!’. Da unsere Spontansprache im Durch-<br />

schnitt <strong>aus</strong> sechs Wörtern pro Äußerung besteht und bis zu 13 Wörter pro Äußerung noch<br />

als leicht verständlich eingestuft werden, könnte die Regel – entsprechend erweitert – lauten:<br />

‚Schreiben Sie Sätze mit 6-13 Wörtern!’.<br />

Die Größe ‚Satz’ ist im Zusammenhang mit verbaler Kommunikation jedoch problematisch,<br />

da es sich bei unseren verbalen Äußerungen nicht immer um grammatikalisch vollständige<br />

Sätze handelt. Ebenso verdeutlicht das folgende Beispiel, dass die formulierten Regeln nicht<br />

weit genug greifen. Beide der folgenden Sätze bestehen <strong>aus</strong> acht Wörtern; lassen sich aller-<br />

dings unterschiedlich gut vorlesen:<br />

92<br />

Ich sah wie ein Blitz den Baum traf.<br />

Der Schnellzugzuschlagsverkauf im fahrenden Reisezug sollte unterbunden<br />

werden.


Schreiben <strong>für</strong>s Sprechen/Sprechdenken vs. Hörverstehen<br />

Die Schritte zur Auflösung bzw. Vermündlichung der Sprachgestalt möchte ich nun an einem<br />

konkreten Beispiel <strong>aus</strong> einer CATI-Befragung 51 erläutern. Dem Interviewer wurde im Eröff-<br />

nungsbildschirm u. a. folgender Textb<strong>aus</strong>tein angeboten:<br />

[…] Wir führen im Auftrag des Bundesministeriums <strong>für</strong> Bildung und For-<br />

schung eine wissenschaftliche Studie bei allen Bildungs- und Maßnahmeträ-<br />

gern in den neuen Bundesländern und Berlin zum Thema: „Ostdeutsche Ju-<br />

gendliche an der ersten und zweiten Schwelle“ durch.<br />

Umfang und Gliederung dieses Satzes würden in einem wissenschaftlichen Umfeld nicht<br />

beanstandet werden. Versucht man aber diesen Satz einmal laut (vor)zulesen, so sind die<br />

Schwierigkeiten offensichtlich. Es wird deutlich, dass dieser Satz im Grunde <strong>aus</strong> drei inhaltli-<br />

chen Mitteilungen besteht. Folgende Dreiteilung ist meines Erachtens ohne Informationsver-<br />

lust möglich:<br />

Im Auftrag des Bundesministeriums <strong>für</strong> Bildung und Forschung führen wir<br />

eine wissenschaftliche Studie durch.<br />

Befragt werden Bildungs- und Maßnahmeträger in den neuen<br />

Bundesländern und Berlin.<br />

Das Thema ist: ‚Ostdeutsche Jugendliche an der ersten und zweiten<br />

Schwelle’.<br />

Mit dieser Aufteilung hat nun eine erste Annäherung an eine ‚künstliche Mündlichkeit’ statt-<br />

gefunden und kann mit der weiteren Auflösung der Sprachgestalt noch fortgeführt werden.<br />

Das in meinen Vorträgen an dieser Stelle vorgestellte und auch in der sprechwissenschaftli-<br />

chen Leselehre diskutierte Prinzip der TREPPENMETHODE (vgl. Geißner 2000, S. 173 ff.) hat<br />

sich in der Praxis und speziell <strong>für</strong> die technischen Möglichkeiten in der CATI-Software nicht<br />

bewährt und soll daher hier nicht mit aufgegriffen werden. Allerdings ähnelt die ‚simple’<br />

AUFLÖSUNG DER AUSSAGEN NACH STICHPUNKTEN dieser Methode und scheint mir als Kom-<br />

promiss ebenso erfolgreich. Es unterstützt ebenfalls die Prozesse des Sprechdenkens und<br />

Hörverstehens.<br />

Mögliche STICHPUNKTE <strong>für</strong> das von mir <strong>aus</strong>gewählte Beispiel könnten folgende sein:<br />

- Auftrag: Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung und Forschung<br />

- Wer?: Bildungs- und Maßnahmeträger<br />

- Wo?: Neue Bundesländer und Berlin<br />

- Thema: ‚Ostdeutsche Jugendliche an der ersten und zweiten Schwelle’<br />

Es findet eine ‚Rücksichtnahme’ auf den Hörer und auf den Interviewer gleichermaßen statt.<br />

Der Interviewer ist aufgefordert ‚mitzudenken’ und aktiv Äußerungen zu formulieren, die <strong>für</strong><br />

den Gesprächspartner natürlicher klingen und leichter verständlich sind.<br />

51 Diese CATI-Befragung von Bildungs- und Maßnahmeträgern in den neuen Bundesländern und Berlin war<br />

Bestandteil eines Projektes im Auftrag des Bundesministeriums <strong>für</strong> Bildung und Forschung zum Thema: „Ostdeutsche<br />

Jugendliche an der ersten und zweiten Schwelle“.<br />

93


Ralf Schünemann<br />

Eine solche Präsentation bietet sich <strong>für</strong> alle Informationen an, die <strong>dem</strong> Interviewer im Eröff-<br />

nungsbildschirm oder in überleitenden Zwischenbildschirmen zur Verfügung gestellt werden<br />

müssen, damit dieser seinen Gesprächspartner überzeugen kann und <strong>aus</strong>reichende<br />

Argumentationshilfen hat. Der Interviewer kann sich Argumente bzw. Informationen <strong>aus</strong>-<br />

wählen, auf Höreräußerungen gezielt reagieren, mit seinen Denk- und Planungsp<strong>aus</strong>en den<br />

Prozess des Hörverstehen erleichtern und diese P<strong>aus</strong>en in Hinblick auf Stimmhygiene 52 als<br />

Atemp<strong>aus</strong>en nutzen. Letztlich schildern Erfahrungsberichte der Interviewer, die ich in <strong>dem</strong><br />

Seminar ‚Sprecherziehung <strong>für</strong> CATI-Interviewer’ gehäuft sammeln konnte, dass diese den<br />

vorgegebenen Text mit steigender Routine verlassen und unbewußt mit Stichpunkten<br />

arbeiten oder sich diese sogar extra notieren. Der Gesprächspartner auf der anderen Seite<br />

kann jederzeit ‚höflich’ Unterbrechen und ist nicht einem Monolog und der häufig damit<br />

verbundenen ‚typischen’ Melodieführung des Interviewers <strong>aus</strong>gesetzt.<br />

Ich möchte die Möglichkeit noch anhand der klassischen Gesprächseröffnung 53 illustrieren.<br />

Die bisherige Präsentation steht einer in ihrer Sprachgestalt aufgelösten gegenüber:<br />

94<br />

Guten Tag. Mein Name ist …vom <strong>Zentrum</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialforschung</strong> an der<br />

Martin-Luther-Universität Halle.<br />

- Tagesgruß<br />

- <strong>zsh</strong> - MLU<br />

- Vor-, Zuname<br />

Abschließend möchte ich nun noch kurz den sprecherischen Vorteil beim Umgang mit Stich-<br />

punkten erläutern. Eine Untersuchung von Gutenberg (1994, S. 26 ff.) hat die wesentlichen<br />

Unterschiede zwischen spontanem und gelesenem Sprechen verdeutlicht. Ein Anstieg der<br />

Betonungen ist signifikant und insbesondere beim Vorlesen von Märchen <strong>für</strong> Kinder gut zu<br />

beobachten (‚Märchenton’). Das spontane Sprechen lenkt durch reduzierte Betonungen die<br />

Aufmerksamkeit unbewusst auf das Wesentliche der Aussage (vgl. Abbildung 34).<br />

Die Tendenz zur Steigerung der Betonungen hat den ‚charakteristischen Call-Center-Klang’<br />

zur Folge und erschwert das Hörverstehen. Eine mögliche Diskussion könnte an dieser<br />

Stelle die Frage sein: Was schreckt am Telefon eher ab – der Inhalt oder die Form? Vermut-<br />

lich verhindert diese typische Form (‚Singsang’) das Einlassen auf den Inhalt. Auch in die-<br />

sem Aspekt bedingt die Darbietung der Informationen in Form von Stichpunkten ein höheres<br />

Maße an ‚spontaner Betonung’.<br />

52 Der Aspekt der Stimmhygiene am Telefon sei in diesem Zusammenhang nur am Rande erwähnt. Es wäre<br />

durch<strong>aus</strong> denkbar diesem Thema einen eigenständigen Artikel zu widmen.<br />

53 Wie schon der Aspekt der Stimmhygiene ist auch eine umfassendere Diskussion von Begrüßung bzw. Namensnennung<br />

– Vor- und Zuname, Nennung vor/nach der Institution – vorstellbar.


Abbildung 34: Spontanes vs. gelesenes Sprechen<br />

Spontan Gelesen<br />

Schreiben <strong>für</strong>s Sprechen/Sprechdenken vs. Hörverstehen<br />

- 250 Silben pro Minute - 295 Silben pro Minute<br />

- 6 Sekunden pro Satz - 20 Silben pro Satz<br />

- 1-2 Betonungen pro Satz - 6-13 Betonungen pro Satz<br />

Es wäre sogar denkbar, bei z. B. schwierigen Begriffen durch eine Notation eine Hilfestellung<br />

anzubieten. Das klassische Notationsprinzip der ‚Höheren Leselehre’ (vgl. Winkler 1973)<br />

oder das Notationssystem nach Eberhardt Stock (1998) erscheinen in diesem Zusammen-<br />

hang zu umfangreich. Meines Erachtens ist allein die Markierung der wesentlichen Inhalte<br />

<strong>aus</strong>reichend. Technisch ließe sich das mit der CATI-Software in Form von Unterstreichung<br />

oder Fettdruck umsetzen. Für die von mir angeführten Beispiele würde sich folgende Um-<br />

setzung ergeben:<br />

5.2 Fazit<br />

- Auftrag: Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung und Forschung<br />

- Wer?: Bildungs- und Maßnahmeträger<br />

- Wo?: Neue Bundesländer und Berlin<br />

- Thema: ‚Ostdeutsche Jugendliche an der ersten und zweiten Schwelle’<br />

- Tagesgruß<br />

- <strong>zsh</strong> - MLU<br />

- Vor-, Zuname<br />

Der vorliegende Artikel versucht zu zeigen, dass eine pragmatische Auflösung von<br />

komplexen Textb<strong>aus</strong>teinen in Stichpunkte ein höheres Maß an Sprechbarkeit und Verstehen<br />

auf der Seite des Gesprächspartners zur Folge haben kann. Die Erkenntnisse <strong>aus</strong> der<br />

sprechwissenschaftlichen Leselehre haben sich bisher hauptsächlich in der Produktion und<br />

Präsentation von Hörfunknachrichten niedergeschlagen. Vielleicht ermöglicht der Beitrag<br />

diesbezüglich auch einen Eingang in die <strong>Sozialforschung</strong>, speziell im Rahmen von<br />

computerassistierten Telefoninterviews.<br />

95


Literatur<br />

6 Literatur<br />

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101


Die Autorinnen und Autoren<br />

7 Die Autorinnen und Autoren<br />

Christina Buchwald, geb. 1964, Diplomsoziologin, Studium der Soziologie an der Martin-<br />

Luther-Universität Halle-Wittenberg. Seit 2001 wissenschaftliche Mitarbeiterin des <strong>zsh</strong>.<br />

Arbeitsschwerpunkte: wissenschaftliche und organisatorische Betreuung des CATI-Labors.<br />

Christian Koll, geb. 1972, Diplomsoziologe, Studium der Soziologie an der Martin-Luther-<br />

Universität Halle-Wittenberg. Von 2001 bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter des <strong>zsh</strong>.<br />

Arbeitsschwerpunkte: wissenschaftliche und organisatorische Betreuung des CATI-Labors,<br />

Seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Sonderforschungsbereiches 580 am Institut <strong>für</strong><br />

Soziologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Teilprojekt A4: „Lokale<br />

politisch-administrative Eliten - Lebensverläufe zwischen Kontinuität und Neupositionierung“.<br />

Katja Lukanow, geb. 1978, Diplomsoziologin, Studium der Soziologie an der Martin-Luther-<br />

Universität Halle-Wittenberg. Seit 2005 wissenschaftliche Mitarbeiterin des <strong>zsh</strong>. Arbeits-<br />

schwerpunkte: wissenschaftliche und organisatorische Betreuung des CATI-Labors.<br />

Ralf Schünemann, geb. 1973, Diplomsprechwissenschaftler, Studium der Sprechwissen-<br />

schaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Seit 2004 Tätigkeit als studentische<br />

Hilfskraft im CATI-Labor des <strong>zsh</strong>. Arbeitsschwerpunkte: organisatorische Betreuung des<br />

CATI-Labors und Schulung der Interviewer zum Thema: „Sprechwissenschaftliche Einfüh-<br />

rung <strong>für</strong> das Arbeiten im CATI-Labor“.<br />

102


Bisher veröffentlichte „<strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong>“<br />

8 Bisher veröffentlichte „<strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong>“<br />

Ketzmerick, Thomas (2001): Ostdeutsche Frauen mit instabilen Erwerbsverläufen am<br />

Beispiel Sachsen-Anhalt. <strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 01-1.<br />

Lutz, Burkart (2001): Im Osten ist die zweite Schwelle hoch. Fehlende Arbeitsplätze und<br />

Nachwuchsstau vor den Toren des Arbeitsmarktes. <strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>zsh</strong> 01-2.<br />

Böttcher, Sabine; Meier, Heike; Wiener, Bettina (2001): Alters- und Qualifikationsstruktur in<br />

der ostdeutschen Industrie am Beispiel der Chemie. <strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>zsh</strong> 01-3.<br />

Meier, Heike; Pauli, Hanns; Wiener, Bettina (2002): Der Nachwuchskräftepool als<br />

Sprungbrett in Beschäftigung. <strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 02-1.<br />

Neue Aufgaben an der Schnittstelle von Ingenieur- und Sozialwissenschaften -<br />

Dokumentation eines Dialogs - Redaktion: Burkart Lutz, Heike Meier, Bettina Wiener.<br />

<strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 02-2.<br />

Grünert, Holle; Lutz, Burkart; Wiekert, Ingo (2002): Betriebliche Erst<strong>aus</strong>bildung in Sachsen-<br />

Anhalt. <strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 02-3.<br />

Grünert, Holle; Steiner, Christine (2002): Geförderte Berufs<strong>aus</strong>bildung in Ostdeutschland –<br />

Materialien <strong>aus</strong> der Forschung. <strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 02-4.<br />

Meier, Heike; Weiß, Antje; Wiener, Bettina (Red.) (2002): Generationen<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch in<br />

industriellen Unternehmensstrukturen. Dokumentation zum Forschungs-Praxis-<br />

Kolloquium „Personal und Führung“ am 22. Oktober in Chemnitz. <strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 02-5.<br />

Lutz, Burkart; Meier, Heike, Wiener, Bettina (2003): Personalstrukturerhebung 2002.<br />

<strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 03-1.<br />

Steiner, Christine; Böttcher, Sabine; Prein, Gerald; Terpe, Sylvia (2004): Land unter.<br />

Ostdeutsche Jugendliche auf <strong>dem</strong> Weg ins Beschäftigungssystem. <strong>Forschungsberichte</strong><br />

<strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 04-1.<br />

Wiener, Bettina; unter Mitarbeit von Richter, Thomas; Teichert, Holger (2004): Abschätzung<br />

des Bedarfs landwirtschaftlicher Fachkräfte unter Berücksichtigung der <strong>dem</strong>ographischen<br />

Entwicklung (Schwerpunkt neue Bundesländer). <strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 04-2.<br />

Meier, Heike (Hg.) (2004): Kompetenzentwicklung in deutschen Unternehmen. Formen,<br />

Vor<strong>aus</strong>setzungen und Veränderungsdynamik – Dokumentation zur Fachtagung am 23.<br />

Juni 2004 in Halle. <strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 04-3.<br />

Kompetenzentwicklung in Unternehmen – Ergebnisse einer Betriebsbefragung.<br />

<strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 05-1.<br />

Lutz, Burkart; Wiener, Bettina (Red.) (2005): Ladenburger Diskurs. Personalmanagement<br />

und Innovationsfähigkeit in kleinen und mittelständischen Unternehmen.<br />

<strong>Forschungsberichte</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>zsh</strong> 05-2.<br />

103

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