26.04.2013 Aufrufe

Bernhard Blanke: Aktivierender Staat - aktive Bürgergesellschaft ...

Bernhard Blanke: Aktivierender Staat - aktive Bürgergesellschaft ...

Bernhard Blanke: Aktivierender Staat - aktive Bürgergesellschaft ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Bernhard</strong> <strong>Blanke</strong>: <strong>Aktivierender</strong> <strong>Staat</strong> – <strong>aktive</strong> <strong>Bürgergesellschaft</strong><br />

1. Politische Suchprozesse<br />

Es ist diese „Problemlösungsperspektive“, welche – bei aller Verschiedenheit – die<br />

„aktivierenden“ Versuche, das Verhältnis von <strong>Staat</strong> und Gesellschaft neu zu bestimmen<br />

(reinventing), verbindet. Die Kernfrage ist dabei, wie sich die Handlungsfähigkeit des<br />

<strong>Staat</strong>es im 21. Jahrhundert (Fritz W. Scharpf) im Interesse des Gemeinwohls seiner<br />

Bürger nicht nur erhalten, sondern auch in neuen Kooperationsformen jenseits<br />

eingefahrener ordnungspolitischer Modelle und durchaus in einer verwirrend<br />

erscheinenden Vielfalt von Experimenten steigern lässt. Dabei stehen zunächst – im<br />

Gegensatz zum dominanten Diskurs der 80er- und frühen 90er-Jahre – nicht Fragen der<br />

makroökonomischen Effizienz im Vordergrund, also Indikatoren wie die <strong>Staat</strong>s- und<br />

Sozialleistungsquote oder die Unterstellung, dass alle Aktivitäten letztlich<br />

„wirtschaftlich“ seien und deshalb soweit wie möglich zu privatisieren wären, sondern<br />

mehr und mehr rückt die Frage ins Zentrum, wie der gesellschaftliche Zusammenhalt<br />

der „postindustriellen“ Nationen und Regionen zu gewährleisten ist. Dies wird vor<br />

allem in nationalen Diskurskontexten thematisiert, die auf eine profunde Erfahrung mit<br />

dem „neoliberalen Experiment“ zurückgreifen können. Insoweit mag Anthony Giddens<br />

als Zeuge für diesen Ansatzpunkt dienen, wenn er immer wieder nicht die „social<br />

security“ ins Zentrum setzt, sondern das Gegensatzpaar von „inclusion“ und<br />

„exclusion“ und damit die „social coherence“ (siehe auch OECD 1997b).<br />

„Demokratischer Experimentalismus“ (Sabel 2001), gesellschaftliche Vielfalt und<br />

„active risk taking“ (Giddens 1998) scheinen somit komplementäre<br />

gesellschaftspolitische Strategien zu sein, die auf eine wahrgenommene Bedrohung von<br />

Steuerungskohärenz einerseits und der Gefährdung der gesellschaftlichen Kohärenz<br />

andererseits eine Antwort suchen. Dies erscheint auf den ersten Blick durchaus<br />

paradox; läge es doch nahe, in Zeiten der Unsicherheit eher auf Eindeutigkeit und auf<br />

das Vermeiden von Experimenten zu zielen. Dieses Paradox lässt sich nur auflösen,<br />

wenn der fast schon „philosophisch“ zu nennende Hintergrund dieses neuen<br />

Pragmatismus in Betracht gezogen wird. Der Optimismus der „aktivierenden“<br />

Modernisierungsstrategien nährt sich aus Annahmen über soziales Lernen und<br />

komplementär aus Konzepten der „Wissensgesellschaft“ (vgl. z. B. Paquet 2001). Es<br />

geht sowohl um eine Öffnung des „politischen Raumes“ als auch um „investment in<br />

human capital“ (Anthony Giddens), damit Zukunftsaufgaben sowohl erkannt, als auch<br />

schon heute durch „unternehmerisches Handeln“ und „investment“ die Voraussetzungen<br />

für deren Erfüllung erbracht werden können.<br />

Dies kann aber nicht durch staatliche Planung und staatliche Versorgung erfüllt<br />

werden, sondern durch einen großen gesellschaftlichen Suchprozess, in dem die<br />

beschränkte Rationalität (bounded rationality) des „organisatorischen Zentrums“ (<strong>Staat</strong>)<br />

ergänzt und erweitert wird durch die Wissenspotenziale der „vor Ort“ tätigen und<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!