Bernhard Blanke: Aktivierender Staat - aktive Bürgergesellschaft ...
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<strong>Bernhard</strong> <strong>Blanke</strong>: <strong>Aktivierender</strong> <strong>Staat</strong> – <strong>aktive</strong> <strong>Bürgergesellschaft</strong><br />
„teuer, ungerecht, ineffizient und intransparent. Keine andere europäische Nation gibt<br />
so viel Geld für Gesundheitsleistungen aus wie die Deutschen und wird gleichzeitig so<br />
schlecht versorgt“, so die Wochenzeitung DIE ZEIT im Sommer 2001 in einem<br />
Leitartikel. Auch der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen hat in seinem jüngsten<br />
Gutachten deutliche Worte gefunden und den Akteuren in das Stammbuch geschrieben,<br />
dass das deutsche Gesundheitswesen zu wenig qualitäts- und präventionsgeleitet sei,<br />
den Patienten zu wenig einbeziehe und eine konsequente Ausrichtung auf<br />
Gesundheitsziele vermissen lasse. Den hohen Ausgaben für Gesundheit (in Relation<br />
zum Bruttosozialprodukt), die der Bundesrepublik in Europa eine Spitzenstellung<br />
bescheren, stehen nach Ansicht des Expertengremiums nur mittelmäßige Ergebnisse<br />
hinsichtlich des gesundheitlichen Status der Bevölkerung gegenüber. Gleichzeitig wird<br />
betont, dass nach wie vor große Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsreserven brachliegen<br />
(Fehlversorgung, Unter- und Überversorgung, Rationalisierung der Abläufe, qualitative<br />
Optimierung der Leistungen etc.).<br />
Blickt man nicht nur auf die aktuelle Beitragssatzentwicklung, sondern prospektiv<br />
auf die sich kontinuierlich verschärfenden Einnahme- und Ausgabeprobleme der GKV<br />
(demographische Entwicklung etc.), dann wird der besorgte Ruf nach zupackender<br />
staatlicher Gegensteuerung nur zu verständlich. Allerdings zeigt der Blick auf drei<br />
Jahrzehnte Dauerreform, dass das ‚Bazillus Kostenausweitung’ immun gegenüber<br />
traditioneller Kostendämpfungspolitik zu sein scheint. Das Gesundheitswesen hat<br />
scheinbar mühelos die Interventionskaskaden des Gesetzgebers über sich ergehen<br />
lassen. Das System mit seinen vielfältigen Verhandlungsbeziehungen arbeitet weiterhin<br />
in seinen eingespielten Bahnen und zieht stetig mehr Geld an sich. Der<br />
Gesundheitsmarkt – und dies ist die Kehrseite – boomt und ist in Deutschland wie<br />
Europa ein Wachstums- und Beschäftigungsmotor ohnegleichen.<br />
Was können nun neue Konzepte und neue Ideen sein, mit denen auf die alten<br />
Probleme des Krankenversicherungssystems reagiert werden kann? Wie kann bei der<br />
Beantwortung dieser Frage gleichzeitig den Ergebnissen des Sachverständigenrates<br />
Rechnung getragen werden? Nimmt man eine wesentliche Perspektive des<br />
Aktivierenden <strong>Staat</strong>es hinzu, nämlich die nachhaltige Selbstaktivierung des<br />
Institutionensystems, dann ist die Grundfrage: Wie können die komplexen,<br />
verhandlungsbasierten, wissens- und interessenbeladenen institutionellen Arrangements<br />
so gestaltet werden, dass sie die Effektivität (zielgerichteter Ressourceneinsatz) und<br />
Effizienz (Kostenminimierung) erhöhen sowie am sozialen Konsens<br />
bundesrepublikanischer Gesundheitspolitik (hohes Maß an Sozialschutz und<br />
Verteilungsgerechtigkeit) nichts verändern (Produktivitätssteigerung)? Man muss sich<br />
bei dieser Frage vor Augen führen, dass die gesundheitspolitische Reformdebatte durch<br />
den Mangel gekennzeichnet ist, dass man entweder sehr dezidiert auf einer Makroebene<br />
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