Dr. Monika Emde Prof. Dr. Mintken Oldenburg 2010 P

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Prof. Dr. Mintken WS 09/10 Dr. Monika Emde Wissenschaftstheorie und Verwaltungswissenschaft Seite 10 1.2 Wissenschaftliche Teil-Bereiche Nach dem Wertfreiheitspostulat 21 muss in der Wissenschaft zwischen Sachaussagen und Wertungen getrennt werden, da ansonsten der unzutreffende Eindruck erweckt werden könnte, auch die persönlichen Bewertungen 22 eines Wissenschaftlers seien ein unmittelbares Ergebnis der wissenschaftlichen Tätigkeit. 23 Aus diesem Grund wird in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen explizit zwischen der Wissenschaft im engeren Sinne zur Beschreibung, Formulierung, Erklärung und Prognose von Sachverhalten und Gesetzmäßigkeiten (deskriptive und expla- natorische Aussagen) sowie der Philosophie der entsprechenden Disziplin (präskriptive Aussagen) und den für die Praxis aufbereiteten pragmatischen Handlungsvorschlägen („…lehre“, „Praktische …“) unterschieden. 24 Wird diese Unterscheidung nicht beachtet, könnten Deskription, Analyse und Theorie- bildung als typische Teilbereiche der Wissenschaft mit Argumentationen, Glaubenssät- zen, Urteilen und Vorurteilen vermischt werden. In „Wissenschaften mit Praxisbezug“ wie Medizin, Pädagogik, Betriebswirtschaft und Verwaltungswissenschaft werden prä- skriptive Aussagen andererseits als „unentbehrlich“ betrachtet und daher häufig mit deskriptiven und explanativen Aussagen verbunden. 25 Unabhängig von der Notwendig- keit präskriptiver Aussagen für den jeweiligen Praxisbereich ist aber aus wissenschaftstheoretischer Sicht eine Trennung der Aussageebenen wünschenswert. 21 22 23 24 25 Postulat (lat.) … unbedingte Forderung. Das Wertfreiheitspostulat wird z.B. von Max WEBER (1864 - 1920) und von Sir Karl POPPER (1902 - 1994) in unterschiedlichen Varianten vertreten; vgl. auch OPP 2005a, S. 222 - 231. Bewertungen sind Aussagen der Art, dass etwas der Fall sein soll oder muss bzw. nicht sein soll oder darf (präskriptive Aussagen). Eine derartige Trennung erfolgt in Forschungen nach der Lehre vom Marxismus-Leninismus oder ähnlichen Weltanschauungen nicht; mit Forderungen nach einer „Parteilichkeit zugunsten der Arbeiterklasse“ o.ä. wird explizit das Gegenteil zum Wertfreiheitspostulat propagiert. Z.B. Verwaltungswissenschaft, Philosophie der Verwaltung, Verwaltungslehre, vgl. EMDE 2006, S. 26; Die vergleichbare Unterteilung der Erziehungswissenschaft wurde von BREZINKA entwickelt, vgl. BREZINKA 1989, S. 73; eine entsprechende Einteilung der Betriebswirtschaft wurde von CHMIELEWICZ vorgeschlagen (1979, S. 9 – 15), vgl. FÜLBIER 2004. Vgl. BECKER 1989, S. 103. Projekt Verwaltungswissenschaft Universität Kassel Prof.Dr.Mintken@t-online.de
Prof. Dr. Mintken WS 09/10 Dr. Monika Emde Wissenschaftstheorie und Verwaltungswissenschaft Seite 11 Konstitutiv für diese Einteilung ist also die konsequente Unterscheidung von „Sein“ und „Sollen“. Der Bereich der wissenschaftlichen Aussagen wird auf deskriptive und expla- native Sätze beschränkt, während präskriptive Sätze Gegenstand der Philosophie sein können. Im Praxisbereich werden dagegen zum Zweck der Steuerung zweckmäßiger Handlungen Sätze aus beiden Satzsystemen situationsangemessen kombiniert. Zwar kann die Notwendigkeit der Festsetzung moralischer Normen (präskriptive Sätze) kaum bestritten werden, auch eine wertende Deutung der Welt und eine Aufstellung von Wertrangordnungen sowie weltanschaulich-moralischer Überzeugungen als Basis für das praktische Handeln können argumentativ gerechtfertigt werden, jedoch wird die vorgeschlagene Unterscheidung als notwendig angesehen, um die verschiedenen Pro- bleme jeweils in einem problemangemessenen Rahmen behandeln zu können. 26 26 Mit Bezug auf die Pädagogik vgl. BREZINKA 1989, S. 329. Projekt Verwaltungswissenschaft Universität Kassel Prof.Dr.Mintken@t-online.de
Seite 1 und 2: Autoren: Universität Kassel W i s
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