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Gille: Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2001

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<strong>Deutsche</strong> <strong>Rechtsprechung</strong><br />

neue strategische Konzept 1999 sei gegenüber dem aus dem Jahre 1991, <strong>in</strong> dem<br />

noch Absichtserklärungen<br />

dom<strong>in</strong>iert hätten, gerade <strong>in</strong> den hier <strong>in</strong>teressierenden<br />

Teilen wesentlich verdichtet. Insbesondere die maßgeblichen Aussagen zu den<br />

nicht unter Art. 5 NATO-Vertrag fallenden Aufgaben würden nicht mehr nur als<br />

Teil der sicherheitspolitischen Analyse, sondern auch als Teil des Sicherheitsansat-<br />

des Krisenreaktionse<strong>in</strong>satzes sei tatbe-<br />

zes des Bündnisses behandelt. Der Begriff<br />

standlich ausgeformt <strong>in</strong> Teil III Nr. 31 ff. des Wash<strong>in</strong>gtoner Beschlusses13: Wenn<br />

sich e<strong>in</strong> Konflikt krisenhaft so zugespitzt habe, daß präventives Vorgehen nicht<br />

mehr erfolgversprechend ersche<strong>in</strong>e, könne der Rat gegebenenfalls <strong>in</strong> Kooperation<br />

mit den befaßten <strong>in</strong>ternationalen Organisationen tätig werden und hierfür auf e<strong>in</strong>e<br />

Reihe von Handlungs<strong>in</strong>strumenten zurückgreifen, welche die nicht unter Art. 5<br />

NATO-Vertrag fallenden Krisenreaktionse<strong>in</strong>sätze militärischer Natur e<strong>in</strong>schlössen.<br />

Der E<strong>in</strong>satz habe <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit dem jeweils anwendbaren Völkerrecht<br />

zu erfolgen. Hierdurch würden die seit 1994 entwickelten Verfahren verallge-<br />

me<strong>in</strong>ert. Der Bestimmung der Kernfunktion des Bündnisses schließe sich nicht,<br />

wie noch im Konzept 1991, e<strong>in</strong>e Klausel an, wonach die Mitgliedstaaten mit der<br />

Formulierung dieser Kernfunktion bestätigten, &quot;daß der Wirkungsbereich des<br />

Bündnisses, wie auch ihre Rechte und Pflichten aus dem NATO-Vertrag unverän-<br />

dert bleiben&quot;. Aus alledem könne jedoch nicht geschlossen werden, daß e<strong>in</strong>e objektive<br />

Änderung des NATO-Vertrags vorliege. Die getroffenen Inhaltsbestimmungen<br />

ließen sich noch als Fortentwicklung und Konkretisierung der offen formulierten<br />

Bestimmungen des NATO-Vertrags<br />

verstehen. Der Nordatlantikrat erkläre aus-<br />

drücklich, daß Zweck und Wesen des Bündnisses unverändert blieben. Die Dichte<br />

der vertraglichen Verpflichtungen sei im Bereich der Krisenreaktion ger<strong>in</strong>ger aus-<br />

geprägt. Die Mitgliedstaaten<br />

koord<strong>in</strong>ierten ihre Maßnahmen &quot;von Fall zu Fall&quot;<br />

aufgrund von Konsultationen nach Art. 4 NATO-Vertrag. E<strong>in</strong>e Pflicht zur kolle-ktiven<br />

Reaktion sei im Gegensatz zur kollektiven Verteidigung gemäß Art. 5<br />

NATO-Vertrag nicht vorgesehen. Der Primat der Politik sowie der Mechanismus<br />

konsensualer Willensbildung im Nordatlantikrat über die Feststellung der Voraus-,<br />

setzungen, die Festsetzung und den Vollzug e<strong>in</strong>er Maßnahme würden auch und gerade<br />

für diese neue Funktion der NATO gelten. Die Mitgliedstaaten handelten dabei<br />

auf der Grundlage des jeweiligen mitgliedstaatlichen Verfassungsrechts. Dem<br />

entspreche es, daß die Bundesregierung e<strong>in</strong>er Beteiligung Deutschlands an Krisenreaktionse<strong>in</strong>sätzen<br />

im Rat unter dem Vorbehalt vorheriger konstitutiver Zustimmung<br />

des Bundestages zustimme.<br />

Das Bündnis habe bereits mehrfach auf gravierende Änderungen der politischen<br />

Situation reagiert, ohne den Vertrag förmlich zu ändern. Der NATO-Vertrag sei<br />

<strong>in</strong>soweit entwicklungsoffen. E<strong>in</strong>e solche Elastizität im H<strong>in</strong>blick auf die Fortentwicklung<br />

des dem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit zugrundeliegenden<br />

Vertrags sei auch erforderlich, um das Bündnis se<strong>in</strong>en Zielen entsprechend leistungs-<br />

und anpassungsfähig zu halten. Die Auslegung des Art. 59 Abs. 2 Satz 1<br />

13 Siehe Anm. 9.<br />

http://www.zaoerv.de<br />

© 2002, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

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