Gille: Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2001
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<strong>Deutsche</strong> <strong>Rechtsprechung</strong><br />
zur E<strong>in</strong>reiseverweigerung sei danach auch gegenüber dem Kläger die maßgebliche<br />
Entscheidung gefallen. An der Klärung dieser Rechtsbeziehung habe der Kläger e<strong>in</strong><br />
berechtigtes Interesse.<br />
Ebenfalls sei das Vorliegen e<strong>in</strong>er Klagebefugnis nach % 43, 42 Abs. 2 VwG0 zu<br />
bejahen. jedenfalls im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klage<br />
sei davon<br />
auszugehen, daß der Kläger gemäß Art. 19 Abs. 3 GG Träger des Grundrechts der<br />
Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sei. Entgegen der Auffas-<br />
sung des Berufungsgerichts könne e<strong>in</strong> subjektives Recht des, Klägers allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht damit begründet werden, daß Art. 96 Abs. 2 SDÜ (Ausschreibungsgründe) -<br />
- zum<strong>in</strong>dest auch e<strong>in</strong>e Norm mit Schutzwirkung zugunsten Dritter darstelle, die <strong>in</strong><br />
Verb<strong>in</strong>dung mit der grundrechtlich geschützten Religionsfreiheit dem Klager e<strong>in</strong>e<br />
subjektive Rechtsposition vermittle. Angesichts der Konzeption des Schengener<br />
Übere<strong>in</strong>kommens spreche viel dafür, daß diese Bestimmung nur die Vertragsstaaten<br />
des Schengener Übere<strong>in</strong>kommens berechtige und verpflichte, aber ke<strong>in</strong>e unmittelbare<br />
Wirkung gegenüber den Betroffenen entfalte. E<strong>in</strong>e Berücksichtigungspflicht<br />
zugunsten e<strong>in</strong>es religiösen Vere<strong>in</strong>s bzgl. der E<strong>in</strong>reise se<strong>in</strong>es geistlichen Oberhauptes<br />
sei aber nicht von vornhere<strong>in</strong> ausgeschlossen. Zwar komme den ausländerrechtlichen<br />
Bestimmungen zu E<strong>in</strong>reise und Aufenthalt von Ausländern e<strong>in</strong>fachgesetz-<br />
Dritter zu. Falls aber das Gesetz<br />
lich <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong>e Schutzwirkung zugunsten<br />
wie hier der Behörde e<strong>in</strong>en Ermessensspielraum eröffne, seien bei der Ausübung<br />
dieses Ermessens auch verfassungsrechtliche Wertentscheidungen und Grundrechte<br />
Dritter zu berücksichtigen. Dieser Pflicht entspreche grundsätzlich auch e<strong>in</strong> sub-<br />
jektives Recht des betroffenen Grundrechtsträgers mit der Folge, daß die das Er-<br />
messen eröffnende Norm im Lichte der Grundrechte auch Schutzwirkung zu se<strong>in</strong>en<br />
Gunsten entfalte. Vorliegend sei der Schutzbereich dieses dem Kläger als Religionsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
zustehenden Grundrechts möglicherweise berührt, da es nicht<br />
von vornhere<strong>in</strong> auszuschließen sei, daß auch das Interesse an der persönlichen An-<br />
wesenheit des ausländischen Oberhaupts e<strong>in</strong>es religiösen Vere<strong>in</strong>s bei religiösen Ver-<br />
anstaltungen je nach dessen Stellung <strong>in</strong> der Vere<strong>in</strong>igung durch Art. 4 Abs. 1 und 2<br />
GG geschützt se<strong>in</strong> könne.<br />
25. In e<strong>in</strong>em Beschluß vom 21.2.<strong>2001</strong> (8 S 2/00 - NVwZ Beilage 111/<strong>2001</strong>, 116)<br />
stellte das OVG Berl<strong>in</strong> klar, daß der Aufenthalt <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Mitgliedstaat der Europäischen<br />
Union, der das SDÜ61 unterzeichnet hat, nicht als Inlandsaufenthalt i.S.d.<br />
§ 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AusIG gewertet werden kann. Das fiktive Aufenthalts-<br />
recht könne nach Wortlaut und S<strong>in</strong>n des Gesetzes nur entstehen, wenn der Auslän-<br />
der sich im Zeitpunkt der Antragstellung tatsächlich im Inland aufgehalten habe.<br />
Falls er sich im Ausland aufhalte, müsse er die Erteilung e<strong>in</strong>es Visums beantragen.<br />
Das SDÜ greife nicht zugunsten des Ausländers e<strong>in</strong>. Insbesondere gebiete es nicht,<br />
den Aufenthalt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Staat der Europäischen Union: wie e<strong>in</strong>en Inlandsaufenthalt<br />
zu bewerten mit der Folge, daß der Ausländer so zu behandeln wäre, als<br />
ob er se<strong>in</strong>en tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet beibehalten hätte. Drittaus-<br />
61 Übere<strong>in</strong>kommen zur Durchführung des Übere<strong>in</strong>kommens von Schengen (Anm. 37).<br />
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© 2002, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht