Gille: Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2001
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1056 <strong>Deutsche</strong> <strong>Rechtsprechung</strong><br />
17. Mit Urteil vom 11.1.<strong>2001</strong> (8 K 5678/98 -<br />
InfAusIR <strong>2001</strong> '301) entschied das<br />
VG Düsseldorf, daß politische Betätigung ke<strong>in</strong> Grund für e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>bürgerung unter<br />
Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit nach § 87 Abs. 1 AusIG ist. Mehrstaatigkeit<br />
werde nur h<strong>in</strong>genommen, wenn der Ausländer se<strong>in</strong>e bisherige Staatsangehörigkeit<br />
nicht oder nur unter besonders schwierigen Bed<strong>in</strong>gungen aufgeben<br />
könne, etwa bei Drohen erheblicher Nachteile <strong>in</strong>sbesondere wirtschaftlicher oder<br />
vermögensrechtlicher Art. Gerade der Verlust staatsbürgerlicher Teilhaberechte,<br />
wie etwa das aktive und passive Wahlrecht auf allen Ebenen oder die Möglichkeit<br />
sonstiger an die Staatsangehörigkeit geknüpfter Mitwirkung<br />
bei der staatlichen<br />
Willensbildung, sei hiervon nicht erfaßt. Dies stelle lediglich die allgeme<strong>in</strong>e Folge<br />
der Entscheidung des E<strong>in</strong>bürgerungsbewerbers dar, sich unter H<strong>in</strong>nahme der<br />
rechtspolitischen Entscheidung der Vermeidung der Mehrstaatigkeit e<strong>in</strong>bürgern zu<br />
lassen und dadurch die staatsbürgerlichen Teilhaberechte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Herkunftsstaat<br />
zu verlieren. E<strong>in</strong>e doppelte Staatsangehörigkeit als Symbol der Verständigung und<br />
Vermittlung zwischen den Nationen sei ebenfalls ke<strong>in</strong> von § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5<br />
AusIG erfaßter, erheblicher Nachteil. Erfaßt würden nur objektive Nachteile, hier-<br />
zu gehöre nicht der Symbolwert e<strong>in</strong>er Doppelstaatigkeit als subjektive Bewertung<br />
des Klägers, die derjenigen des Gesetzgebers entgegengesetzt sei. Dieser habe sich<br />
bei der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts entsprechend se<strong>in</strong>en völkerrechtli-<br />
- etwa aus dem Mehrstaaterübere<strong>in</strong>kommen49 bewußt ge-<br />
chen Verpflichtungen -<br />
gen e<strong>in</strong>e weitergehende H<strong>in</strong>nahme der Mehrstaatigkeit ausgesprochen. Die Aufgabe<br />
oder der Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit sei auch <strong>in</strong> der am 1.1.2000<br />
<strong>in</strong> Kraft getretenen Fassung des Gesetzes (§ 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AusIG) weiter<br />
Voraussetzung für e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>bürgerung.<br />
4. Staatenle;sigkeit<br />
18. In e<strong>in</strong>em Urteil vom 1.3.<strong>2001</strong> (4 K 3022/99 -<br />
InfAusIR <strong>2001</strong>, 338) betonte<br />
das VG Aachen, daß auch mit der Entstehung der paläst<strong>in</strong>ensischen Selbstverwal-<br />
tungsgebiete ke<strong>in</strong>e paläst<strong>in</strong>ensische Staatsangehörigkeit<br />
erworben werden kann<br />
und daß Paläst<strong>in</strong>enser, die ke<strong>in</strong>e andere Staatsangehörigkeit erworben haben, Staa-<br />
tenlose i.S.d. Staatenlosenübere<strong>in</strong>kommens50 s<strong>in</strong>d.51 Auch mit der Schaffung der<br />
paläst<strong>in</strong>ensischen Autonomiegebiete durch das Kairoer Autonomieabkommer152<br />
bzw. dessen Umsetzung für den Gaza-Streifen am 13.5.1994 sowie die nachfolgenden<br />
Vere<strong>in</strong>barungen sei nicht die Entstehung e<strong>in</strong>es Zuordnungsobjektes für e<strong>in</strong>e<br />
neue paläst<strong>in</strong>ensische Staatsangehörigkeit bewirkt worden. E<strong>in</strong>e Staatsangehörig-<br />
49 Siehe Anm. 47.<br />
50 Übere<strong>in</strong>kommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28.9.1954, BGBl. 1976 11, 473,<br />
BGBl. 1977 11, 235.<br />
51 Zum Status jezidischer, aus Syrien ausgebürgerter Kurden nach dem St10 siehe OVG Nieder-<br />
sachsen, Urteil vom 27.3.<strong>2001</strong> (2 -<br />
L 2505/98<br />
Juris).<br />
52 Agreement on the Gaza Strip and the Jericho Area (with annexes) vom 4.5.1994, I.L.M. 33<br />
(1994),626.<br />
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© 2002, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht