Gille: Deutsche Rechtsprechung in völkerrechtlichen Fragen 2001
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1058 <strong>Deutsche</strong> <strong>Rechtsprechung</strong><br />
kommunistischen Herrschaftssystems gegebenenfalls mit,Nachteilen wegen ihrer<br />
deutschen Volkszugehörigkeit rechnen müsse. Das für die Rechtsstellung als Spätaussiedler<br />
nach § 4 BVFG maßgebliche Kriegsfolgenschicksal knüpfe aber nicht<br />
nur an die Benachteiligung als deutscher Volkszugehöriger oder deren Nachwirkungen<br />
an, sondern setze weiter e<strong>in</strong>en örtlichen und zeitlichen Bezug voraus und<br />
stelle damit wesentlich auf e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> den Aussiedlungsgebieten entstandene und fortdauernde<br />
Gefahrenlage ab. Fehle sie oder sei sie unterbrochen, so seien spätere Be-<br />
nachteiligungen aufgrund deutscher Volkszugehörigkeit ke<strong>in</strong> die Rechtsstellung als<br />
Spätaussiedler nach § 4 BVFG begründendes Kriegsfolgenschicksal. Entsprechend<br />
betreffe auch § 5 Nr. 2 lit. b BVFG Fälle, <strong>in</strong> denen die ursprünglich für den deutschen<br />
Volkszugehörigen bestehende Gefahrenlage durch die Ausübung bedeutender<br />
Funktionen und den damit verbundenen Schutz durch das System entfallen sei.<br />
Wenn dieser Volksdeutsche dann später doch Benachteiligungen unterliegen sollte,<br />
so sei doch die ursprüngliche, für die Rechtsstellung als Spätaussiedler maßgebliche,<br />
Gefahrenlage unterbrochen gewesen und vermöge e<strong>in</strong>e neu entstehende Gefahrenlage<br />
nicht mehr die Rechtsstellung als Spätaussiedler zu begründen.<br />
Die Frage, welche Funktionen i.S.d. 5 5 Nr. 2 lit. b BVFG gewöhnlich als bedeutsam<br />
gegolten hätten, sei nach den zur Zeit des kommunistischen Herrschafts-<br />
systems herrschenden politischen und rechtlichen Auffassungen im Aussiedlungsgebiet<br />
zu beantworten. Diese seien <strong>in</strong> der früheren Sowjetunion geprägt gewesen<br />
durch die führende Rolle der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU)<br />
<strong>in</strong> Staat und Gesellschaft. Folglich sei davon auszugehen, daß hauptamtlich tätige<br />
Parteifunktionäre der KPdSU e<strong>in</strong>e von §<br />
geübt hätten.<br />
Auch die Erweiterung<br />
5 Nr. 2 lit. b BVFG erfaßte Funktion aus-<br />
des Ausschlußtatbestandes von 5 Nr. 2 lit, b BVFG<br />
durch § 5 Nr. 2 lit. c BVFG auf Personen, die mit e<strong>in</strong>er nach § 5 Nr. 2 lit. b BVFG<br />
statusausgeschlosenen Person m<strong>in</strong>destens drei Jahre <strong>in</strong> häuslicher Geme<strong>in</strong>schaft gelebt<br />
haben, begegne ke<strong>in</strong>en Bedenken. Für diesen Personenkreis sei gleichermaßen,<br />
jedenfalls <strong>in</strong> der Zeit der häuslichen Geme<strong>in</strong>schaft mit der statusausgeschlossenen<br />
Person, das fortwirkende Kriegsfolgenschicksal unterbrochen gewesen. Verfas-<br />
sungsrechtliche Bedenken zu § 5 Nr. 2 lit. c BVFG ergäben<br />
sich auch nicht aus<br />
Art. 6 Abs. 1 GG als Benachteiligungsverbot. § 5 Nr. 2 lit. c BVFG knüpfe nicht<br />
an die verwandtschaftlichen oder familiären Beziehung der ausgeschlossenen Per-<br />
son zu dem Funktionsträger i.S.v. § 5 Nr. 2 lit. b BVFG an, sondern an das Zusammenleben<br />
mit diesem <strong>in</strong> häuslicher Geme<strong>in</strong>schaft. Auch e<strong>in</strong>e Verletzung von Art. 3<br />
Abs. 1 GG sei wegen des weiter bemessenen Gestaltungspielaums des Gesetzgebers<br />
bei Regelungen zur Beseitigung von Kriegsfolgelasten nicht ersichtlich.<br />
20. Mit Urteil vom 12.4.<strong>2001</strong> (5 C 19.00 -<br />
DVBL <strong>2001</strong>, 1527) stellte das BVerwG<br />
klar, daß die Statusausschlußvorschrift des § 5 Nr. 2 lit. b BV-FG e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>beziehung<br />
<strong>in</strong> den Aufnahmebescheid e<strong>in</strong>es Angehörigen gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2<br />
BVFG nicht entgegensteht. In § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG sei nicht vorgeschrieben,<br />
daß die den Ausschluß vom Erwerb des Spätaussiedlerstatus regelnde Vorschrift<br />
des § 5 BVFG entsprechend anzuwenden sei und deshalb bei Vorliegen e<strong>in</strong>es der<br />
dort genannten Ausschlußtatbestände <strong>in</strong> der Person des Ehegatten oder Abkömm-<br />
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© 2002, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht