August/September 2003 - Der Fels
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Die Liturgie mit festem Glauben<br />
und tiefer Ehrfurcht feiern<br />
Introibo ad altare Dei. So habe ich<br />
heute wieder einmal an den Stufen<br />
des Altares gebetet. Ich will<br />
hintreten zum Altare Gottes. Mit dem<br />
hl. Aloisius steigen wir heute die Stufen<br />
hinauf. Ihm selber war es freilich<br />
nicht (mehr) möglich. Er kam nicht<br />
an das große Ziel seines Lebens,<br />
zum Priestertum, für das er wirklich<br />
alles, sein ganzes Erbe, seine glänzende<br />
Karriere, aufgegeben hatte.<br />
Die Pest war schneller. Sie raffte den<br />
Dreiundzwanzigjährigen am 21.<br />
Juni 1591 dahin. So macht es Gott<br />
manchmal mit seinen Heiligen. Und<br />
Aloisius hatte ja das Ziel des Priesters<br />
bereits erreicht, er hatte sich hingegeben<br />
im Dienst an den Pestkranken.<br />
Das Ziel, die Aufgabe des<br />
Priesters besteht einzig in der Hingabe.<br />
–<br />
Die Messe ist einzig Hingabe. <strong>Der</strong><br />
einzige Erlöser der Welt gibt sein Leben<br />
hin – pro mundi vita. Und unsere<br />
wirkliche participatio actuosa besteht<br />
genau darin, „dass wir selber<br />
zu einer lebendigen Opfergabe werden,<br />
die für immer dir gehört“, wie<br />
die Kirche oft betet.<br />
Liebe Brüder und Schwestern,<br />
was tun wir jetzt? Nach den Reaktionen<br />
auf die Ankündigung dieses<br />
Gottesdienstes „in der alten Tridentinischen<br />
Liturgie“ scheint es etwas<br />
Zwielichtiges zu sein: Nicht ganz<br />
verboten und nicht recht erlaubt, so<br />
als sei es nicht ganz sicher, ob hier<br />
etwas Gutes geschieht. Ein Rück-<br />
Von Erzbischof Georg Eder<br />
Wir dokumentieren hier<br />
die Predigt, die Erzbischof<br />
Dr. Georg Eder anlässlich<br />
der Wallfahrt von<br />
„Pro Sancta Ecclesia“ am 21.<br />
Juni <strong>2003</strong> in Altötting gehalten<br />
hat.<br />
schritt auf alle Fälle. Schlagartig<br />
macht die Ächtung der tridentinischen<br />
Liturgie das Drama unserer<br />
heutigen Liturgie offenbar.<br />
1. Das Drama der römischen Liturgie<br />
heute<br />
„Es geht nicht darum, dass es in<br />
der einen Kirche verschiedene Riten<br />
gibt. <strong>Der</strong> „lateinische“, der byzantinische,<br />
die Riten der altorientalischen<br />
Kirchen der Syrer, der Chaldäer,<br />
der Kopten ... Darin liegt gerade<br />
der Reichtum der Kirche, ihrer<br />
kostbaren Traditionen. Die Tragik<br />
liegt darin, dass einer dieser Riten,<br />
der römische, ehemals lateinische,<br />
der am weitesten in der Welt verbreitete,<br />
in Auflösung begriffen ist. (-)<br />
„Glaubt nicht, dass ich dafür das<br />
II. Vatikanum mit seiner Liturgiekonstitution<br />
„Sacrosanctum Concilium“<br />
allein verantwortlich mache,<br />
obwohl dort sozusagen der Sprengkopf<br />
zu finden ist. So leicht dürfen<br />
wir uns das nicht machen. Vielleicht<br />
wollte das Konzil den dahinsterbenden<br />
Glauben retten – mit einer<br />
dramatischen Operation?<br />
Es ist die Situation einer Kirche,<br />
hinter deren prunkvoller Fassade<br />
ein großer Hohlraum gähnt. diese<br />
Fassade wird dafür immer wieder<br />
vergoldet. Hinter den herrlichen<br />
Gottesdiensten in prunkvollen Paramenten<br />
und mit schönster Musik,<br />
hinter der kostbaren Ikonostase der<br />
lateinischen Liturgiesprache verkrustete<br />
der Glaube. Aber die Tradition<br />
war stark und hielt viel länger.<br />
Doch glauben wir ja nicht, dass<br />
dies nur in der sogen. „vorkonziliaren“<br />
Zeit geschah, nein das geschieht<br />
genau so heute: Die Feste<br />
werden immer noch schöner gefeiert<br />
... aber was man da eigentlich<br />
tut, was da geschieht, das wissen<br />
viele nicht mehr. <strong>Der</strong> Rahmen des<br />
Bildes wird immer schöner – und<br />
das Bild selbst verblasst bis zur Unkenntlichkeit.<br />
Ich wuchs in jener Zeit auf. Ja, das<br />
Tischgebet wurde (fast) überall noch<br />
gebetet – aber wie? Und der Rosenkranz<br />
wurde noch gebetet – aber<br />
wie! Bei manchen Knechten hatte er<br />
den Namen die „Sonntagsgeißel“.<br />
Man ging in die Kirche, weil sich das<br />
gehörte. Was aber geschah dort?<br />
Über den Glauben wurde auch in<br />
den „katholischen“ Familien kaum<br />
gesprochen; meist war das einzige<br />
Argument des Glaubens die Feststellung:<br />
„Das gehört sich so.“<br />
Und wir Priester? Ja, die Messen<br />
wurden der Reihe nach „gelesen“ –<br />
aber nicht selten auch sehr schlampig.<br />
Und wie Schlangen standen die<br />
Gläubigen an den Beichtstühlen und<br />
wurden oft maschinell abgefertigt.<br />
Wussten die Hirten davon nicht ...?<br />
2. Die Liturgieerneuerung<br />
Sie kam nicht zu früh, sondern zu<br />
spät und wurde dadurch eher zu einer<br />
Revolution der Liturgie, zu einer<br />
Revolution in der Kirche. Es war<br />
wie das Niederreißen der Ikonostase:<br />
alles ist offen, sichtbar. Das Mysterium<br />
ist gelüftet. Die Grenze zwischen<br />
dem Heiligen und dem Profanen<br />
gibt es nicht mehr. <strong>Der</strong> Vorhang<br />
im Tempel ist endgültig zerrissen. wir<br />
sehen in das Allerheiligste hinein und<br />
siehe – es ist leer.<br />
So ist es auch dem Priester, dem<br />
Priestertum ergangen. Man hat ihn/<br />
Zelebrant, Prediger und Referent<br />
Erzbischof Dr. Georg Eder bei der<br />
Theologischen Sommerakademie in<br />
Dießen 2002<br />
DER FELS 8-9/<strong>2003</strong> 239