August/September 2003 - Der Fels
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19. Jhdt. die „nationalistische Richtung<br />
der Professoren“, immerhin<br />
eine Erscheinung der Französischen<br />
Revolution, ab. Hier (bei Laetitia<br />
Karlsruhe) wird noch erkannt, dass<br />
Nationalismus religiöse Indifferenz<br />
fördert. Nach 1871 war der CV<br />
weiterhin kulturell großdeutsch, der<br />
KV aber nunmehr kleindeutsch ausgerichtet;<br />
der Bruderkrieg von 1866<br />
und das Ausscheiden des katholischen<br />
Österreichs aus Deutschland<br />
wurden aber sehr schmerzlich empfunden.<br />
Alle katholischen Korporationsverbände<br />
haben aber die<br />
Reichserneuerung von 1871 trotz<br />
des protestantischen Kaisertums<br />
und des Kulturkampfs begrüßt. In<br />
den katholischen Korporationen<br />
galten die Kriege gegen Napoleon<br />
I. und III., die beide das Papsttum<br />
für ihre eigenen Interessen mißbrauchten,<br />
als gottgewollte Befreiungs-<br />
und Verteidigungskriege.<br />
Auch der Krieg gegen Dänemark<br />
von 1864 war populär, gerade weil<br />
die beiden deutschen Großmächte<br />
vereint kämpften.<br />
<strong>Der</strong> spätere Zentrumsfraktionsvorsitzende<br />
Felix Porsch kritisierte<br />
1872 als CV-Vertreter auf der<br />
Katholikenversammlung öffentlich<br />
die Kulturkampfgesetzgebung: <strong>Der</strong><br />
Christ werde, „weil es in dem Geist<br />
des Christentums liegt, wenn auch<br />
mit blutendem Herzen, selbst den<br />
Gesetzen sich beugen, die ihm<br />
nicht gefallen, die ihn vielleicht gar<br />
verfolgen, und er wird sich darin<br />
nicht irre machen lassen durch die<br />
maßlosen Verdächtigungen einer<br />
wetterwendischen Clique.“ Auch<br />
bei Porsch treibt die Vaterlandsliebe<br />
dazu an, Deutschland zu rechristianisieren<br />
und vom weltanschaulichen<br />
Liberalismus der<br />
Kulturkämpfer zu befreien. Die<br />
Aenanen sprachen sich offen aus<br />
gegen die materialistisch-positivistische<br />
Aufklärungsrichtung an den<br />
Universitäten, die ein „serviles<br />
Beamtentum“ hervorbringe, das<br />
bereit sei, „den liberalen Elementen<br />
des modernen Staates (...) die<br />
geistige Selbstständigkeit zu opfern.“<br />
Porsch hat zeitlebens an dieser<br />
obrigkeitsloyalen, aber nicht<br />
gesetzespositivistischen Position<br />
der katholischen Korporationen<br />
festgehalten: Als Ordner hat er<br />
1872/73 das universitätsgerichtliche<br />
Verbot der Alamannia Leipzig<br />
wegen der Vereinsaufgabe, „das<br />
Interesse für katholischen Leben zu<br />
fördern“ hingenommen. Die offizielle<br />
Präsenz katholischer Studentenkorporationen<br />
auf den<br />
Katholikenversammlungen stellte<br />
für das Universitätsgericht aber<br />
bereits eine Beschäftigung „mit<br />
öffentlichen Angelegenheiten“, die<br />
Studenten untersagt war, dar.<br />
Durch die Falschmeldung der<br />
„Neuen Würzburger Zeitung“ Nr.<br />
322 vom 22.11.1871, die Würzburger<br />
Markomannen (CV) seien<br />
von der Walhalla (KV) abgespaltene<br />
altkatholische Theologiestudenten,<br />
die auch von anderen liberalen<br />
Zeitungen begeistert gefeiert<br />
wurden, durch die Richtigstellungen<br />
in diesen und anderen Zeitungen<br />
durch CV-Verbindungen<br />
erwarb sich die Markomannia einen<br />
hohen Bekanntheitsgrad und<br />
in der katholischen Bevölkerung<br />
Sympathie und Rückhalt. Als die<br />
Aktiven der Markomannia dann<br />
wegen ihrer korporativen Teilnahme<br />
an der Fronleichnamsprozession<br />
in der liberalen Presse verpottet<br />
wurden, erlebten die Markomannen<br />
eine breite Solidari-<br />
links: Karikatur auf die Fronleichnamsprozessionsteilnahme der katholischen Studentenkorporationen<br />
Markomannia (CV), Walhalla (VdkStD) und Unitas Würzburg, Aquarell von Ferdinand Ludwig, 1872<br />
DER FELS 8-9/<strong>2003</strong> 261