August/September 2003 - Der Fels
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heit hat ihr reiches christliches Erbe<br />
nicht immer gut verwaltet, hat es<br />
mitunter schmählich verraten. So<br />
kam es im Gefolge der Reformation<br />
zur Kirchenspaltung. Sie war ein<br />
Unglück für Europa und für die<br />
Welt. Denn wir Europäer haben unsere<br />
Zerstrittenheit in die Welt hinaus<br />
getragen. In der Folge kam es<br />
zur Säkularisation, in der viele Bistümer<br />
und Klöster aufgehoben wurden.<br />
<strong>Der</strong> Säkularismus, die Verweltlichung,<br />
ist im 19. und im 20. Jahrhundert<br />
weitergegangen. Zwar ist<br />
das Tausendjährige Reich des Nationalsozialismus<br />
schon nach zwölf<br />
Jahren wieder verschwunden. Es<br />
hat aber eine Trümmerlandschaft<br />
hinterlassen.<br />
Schlimm sind die moralischen<br />
und geistlichen Trümmer, der Verlust<br />
grundlegender menschlicher<br />
und christlicher Werte. Es gibt nicht<br />
nur die äußere Umweltverschmutzung;<br />
es gibt auch eine moralische<br />
und geistliche Umweltvergiftung.<br />
Täuschen wir uns nicht! Die Feinde<br />
des Christentums und der Kirche<br />
sind auch heute am Werk. Sie<br />
tun ihr Werk nicht mehr so plump,<br />
sondern viel raffinierter als es im<br />
Dritten Reich geschah.<br />
Dazu kommt die fatale religiöse<br />
Gleichgültigkeit so vieler, auch vieler<br />
Christen. Die herrlichen Kirchen<br />
und Klöster, die wir haben, sind leerer<br />
geworden. Für viele sind sie nur<br />
noch Museen einer längst<br />
vergangenen Zeit. Viele stellen sich<br />
die Frage: Wie wird es weitergehen<br />
mit der Kirche, mit dem Glauben in<br />
unserem Land und in Europa?<br />
Was können wir tun?<br />
Was kann jede und jeder<br />
Einzelne von uns tun?<br />
Ich will drei kurze Antworten geben:<br />
Die erste ist verbunden mit der<br />
Botschaft von Fatima, die im Grunde<br />
keine neue, sondern die uralte<br />
Botschaft der Propheten und Jesu<br />
selber ist: „Kehret um! Bekehrt<br />
euch!“ Die Bekehrung fängt nicht<br />
bei den anderen an, sie fängt bei uns<br />
und bei jedem von uns an und gipfelt<br />
im Sakrament der Versöhnung.<br />
Umkehren heißt, die Richtung<br />
des Denkens, des Urteilens, des<br />
Handelns und des ganzen Lebens<br />
ändern, heißt sich zu besinnen auf<br />
das, was wirklich trägt und hält, was<br />
Bestand und deshalb auch Zukunft<br />
hat in all den Wechselfällen und im<br />
Unbestand dieser Zeit: Wir müssen<br />
uns auf Gott als den Haltepunkt unseres<br />
Lebens und auf seine Gebote<br />
als Wegweiser zum wahren Leben<br />
besinnen.<br />
Die Zehn Gebote gelten auch<br />
heute und sie helfen auch heute,<br />
dass das Leben gelingt. Nicht mit<br />
egoistischer Selbstverwirklichung,<br />
nicht mit Bankkonten und Aktienpaketen<br />
oder Macht und Gewalt<br />
werden wir überleben. Die selbstlose<br />
Liebe bleibt – wie der Apostel<br />
sagt – immer, sie hört niemals auf<br />
(1 Kor 13, 8).<br />
Am Ende können wir nichts mitnehmen,<br />
allein die Werke der Liebe<br />
werden Bestand haben. Wir werden<br />
sie vorzeigen können,<br />
wenn es zum Letzten<br />
kommt und wir zum Gericht<br />
vor Gottes Thron<br />
erscheinen werden.<br />
Wir brauchen unbedingt<br />
eine neue<br />
Zivilisation der<br />
Liebe in unserem Land, damit der<br />
eine Mensch dem anderen nicht<br />
Wolf wird, damit wir nicht in struktureller<br />
Gewalt ertrinken.<br />
Ein zweiter Punkt: Das Sakrament<br />
der Liebe, die Eucharistie.<br />
Sie ist Zusammenfassung und<br />
Vergegenwärtigung aller Heilswerke<br />
Gottes, der Mittelpunkt und<br />
Höhepunkt unseres kirchlichen Lebens.<br />
Im Sakramentslied singen wir:<br />
„Tantum ergo sacramentum“, „Sakrament<br />
der Liebe Gottes“. „Weil<br />
Jesus die Seinen liebte, liebte er sie<br />
bis zur Vollendung“ (Jo 13, 1). Weil<br />
er uns liebt, wollte er mit seinem für<br />
uns hingegebenen Leib und seinem<br />
für uns vergossenen Blut (Mk 14,<br />
24) immer unter uns sein. Er ist auch<br />
hier und heute bei uns. Er ist hier<br />
als das Herz der Welt.<br />
Machen wir die Eucharistie<br />
wieder mehr zum Zentrum unseres<br />
Lebens und machen wir sie vor allem<br />
wieder mehr zum Ort der Anbetung.<br />
Sie ist, das kann<br />
und will ich nicht übersehen,<br />
in den letzten Jahrzehnten<br />
im Zusammenhangliturgischer<br />
Erneuerung<br />
zu kurz gekommen.<br />
Die Feier<br />
228 DER FELS 8-9/<strong>2003</strong>