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August/September 2003 - Der Fels

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Regelungen für eine mulitreligiöse Gesellschaft<br />

oder Synkretismus?<br />

Die Leitlinien für multikulturelle Feiern, kommentiert von Gerhard Stumpf<br />

Die in den Arbeitshilfen Nr.<br />

170 des Sekretariats der<br />

Deutschen Bischofskonferenz<br />

herausgegebenen Leitlinien für<br />

multireligiöse Feiern von Christen,<br />

Juden und Muslimen, eine Handreichung<br />

der deutschen Bischöfe vom<br />

25. Januar <strong>2003</strong> scheinen in mancherlei<br />

Hinsicht Anfragen, Verwirrung,<br />

Irreführung und Sorgen auszulösen.<br />

Vor allem werden die Bischöfe<br />

angegriffen, darunter<br />

besonders Kardinal Meisner, der für<br />

liturgische Fragen zuständig ist. Es<br />

erscheint notwendig, einige Aspekte<br />

der Leitlinien hervorzuheben:<br />

1<br />

In den Leitlinien werde nicht genügend<br />

zwischen dem Gott der<br />

Christen, dem Gott der Juden und<br />

dem Gott der Muslime unterschieden.<br />

Doch die Leitlinien treffen<br />

deutliche Unterschiede.<br />

Jedes Gebet schließt immer den<br />

Glauben an Gott ein. Dieser Glaube<br />

ist von der Religion vorgegeben.<br />

Deshalb können Christen nur im<br />

Glauben an den dreifaltigen Gott<br />

beten. Juden und Muslime beten im<br />

Glauben an ihren Gott. Dies machen<br />

die Leitlinien deutlich. Wenn ich einem<br />

Anderen beim Beten zuhöre,<br />

übernehme ich noch nicht seinen<br />

Glauben. Wer als gläubiger Christ<br />

neben einem gläubigen Moslem<br />

wohnt, weiß, dass sein Nachbar in<br />

einem anderen Glauben betet als er.<br />

Wenn in einem deutschen Ort zum<br />

Freitagsgebet in einer Moschee aufgerufen<br />

wird, dann weiß der in der<br />

Nachbarschaft lebende Christ, dass<br />

sich hier Menschen zu einem Gebet<br />

versammeln. Es ist ihm unbenommen<br />

in seinem Herzen ein christliches<br />

Gebet zu sprechen. Er kann<br />

auch zur gleichen Zeit in der Familie<br />

laut den Rosenkranz beten. Wenn<br />

der Christ in Jerusalem den Muezzin<br />

hört, muss er sich nicht die Ohren<br />

zuhalten. Wie das Beten des<br />

Christen von Andersgläubigen aufgenommen<br />

wird, ist nicht Sache des<br />

Beters. Die Leitlinien treffen deutliche<br />

Unterscheidungen.<br />

„Vom Standpunkt der römischkatholischen<br />

Kirche aus verehren –<br />

trotz aller Unterschiede im Gottesbild<br />

– Juden und Muslime einen einzigen<br />

Gott, wie ihn auch die Christen<br />

anbeten. Darum können katholische<br />

Christen das Beten von Juden<br />

und Muslimen als Hinwendung<br />

zu Gott, tatsächliche Anrufung und<br />

wahren Lobpreis respektieren. Für<br />

Christen allerdings bedeutet beten<br />

immer, zum dreieinen Gott zu beten.<br />

Sie beten im Bewusstsein, Geschöpfe<br />

des Vaters, Brüder und<br />

Schwestern Jesu Christi und darin<br />

vom Heiligen Geist erfüllt zu sein.<br />

Zugleich wissen sie um die Schwierigkeit,<br />

dass diese trinitarische Prägung<br />

ihres Gebets den Widerspruch<br />

von Juden und Muslimen hervorruft.<br />

Bei multireligiösen Feiern<br />

muss offen bleiben, wieweit Juden<br />

und Muslime wegen ihrer verschiedenen<br />

Gottesvorstellungen das<br />

christliche Gebet und das Gebet des<br />

jeweils anderen tatsächlich anerkennen.“<br />

2<br />

Was verstehen wir unter Gott?<br />

Wir Christen glauben an einen<br />

Gott in drei Personen. <strong>Der</strong> Vater ist<br />

Gott, der Sohn ist Gott, der Heilige<br />

Geist ist Gott. Auch bei den Juden<br />

und den Muslimen gibt es die göttlichen<br />

Eigenschaften. Dazu gehören<br />

wie bei uns Christen die Allmacht,<br />

die Heiligkeit, die Allwissenheit, die<br />

Barmherzigkeit. In der Begegnung<br />

mit diesem Gott kann sich der<br />

Mensch nicht mehr beliebig verhalten.<br />

Anbetung, Lobpreis, Dank und<br />

Bitte sind seine Reaktion. In der<br />

Anerkennung der Gottheit und wichtiger<br />

Aussagen über Gott begegnen<br />

sich die Gläubigen der monotheistischen<br />

Religionen.<br />

„Die drei monotheistischen Religionen<br />

teilen die Überzeugung, dass<br />

Gott einer und einzig, Schöpfer des<br />

Alls und des Lebens ist, der den Menschen<br />

zu ihrem Heil seinen Willen<br />

offenbart. <strong>Der</strong> eine Gott ist Quelle allen<br />

Segens und im Gottesdienst<br />

Adressat des Lobpreises, des Dankes<br />

und der Bitte. So können Begegnungen<br />

daran anknüpfen, dass die Partner<br />

ähnliche religiöse Erfahrungen<br />

haben und sich dadurch letztlich nicht<br />

fremd sind.“<br />

Die drei monotheistischen Religionen<br />

verwenden in vielerlei Hinsicht<br />

eine Begrifflichkeit, die sich auf die<br />

Eigenschaften Gottes bezieht. Daraus<br />

erklärt sich auch die Vergleichbarkeit<br />

mancher religiöser Haltungen. Im<br />

innergöttlichen Verhältnis und in der<br />

Erlösung der Menschen gibt es bleibende<br />

Unterschiede.<br />

3<br />

Multireligiöse Gottesdienste<br />

oder multireligiöse Feiern?<br />

Begriffe sind zur Darstellung bestimmter<br />

Dinge notwendig. Hier gilt<br />

es, die Verwirrung durch Begriffe zu<br />

verhindern. Deshalb wählen die Leitlinien<br />

den Begriff „Feier“ mit Bedacht.<br />

Denn Gottesdienst gibt es in<br />

jeder Religion, doch sind die Inhalte<br />

grundverschieden. Die Leitlinien:<br />

„Unter Berücksichtigung der bestehenden<br />

Schwierigkeiten ist es unumgänglich,<br />

diejenige Form der multireligiösen<br />

Feier zu wählen, bei der die<br />

Vertreter der verschiedenen Religionen<br />

nicht gemeinsam beten, sondern<br />

jeder für sich aus seiner eigenen Tradition<br />

heraus handelt. Diese Form<br />

entspricht dem beim Weltgebetstreffen<br />

in Assisi praktizierten Modell.<br />

Eine sogenannte interreligiöse Feier,<br />

in der sich alle gemeinsam mit von<br />

allen getragenen Worten und Zeichen<br />

an Gott wenden, ist abzulehnen, weil<br />

hier die Gefahr besteht, den anderen<br />

zu vereinnahmen und vorhandene<br />

Gegensätze zu verschleiern. Deshalb<br />

DER FELS 8-9/<strong>2003</strong> 241

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