August/September 2003 - Der Fels
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Im Anfangsgottesdienst zum<br />
dritten Kongress „Freude<br />
am Glauben“ hielt der<br />
Diözesanbischof von Fulda<br />
Heinz-Josef Algermissen am<br />
20. Juni <strong>2003</strong> die hier abgedruckte<br />
Predigt. Als biblischen<br />
Bezugstext nahm Bischof<br />
Algermissen Kapitel 16,6-10<br />
aus der Geheimen Offenbarung<br />
des heiligen Johannes.<br />
Im 16. Kapitel berichtet die Apostelgeschichte<br />
von der zweiten<br />
Missionsreise des Apostels<br />
Paulus. <strong>Der</strong> Apostel zog mit seinem<br />
Begleiter und Mitarbeiter Timotheus<br />
durch Kleinasien. Offenbar hatte er<br />
wenig Erfolg. Wir erfahren: <strong>Der</strong><br />
Heilige Geist verwehrte ihnen, das<br />
Wort in der Provinz Asien zu verkünden<br />
(vgl. Apg 16, 6); er hatte<br />
offensichtlich anderes mit ihnen<br />
vor.<br />
Da hatte Paulus in Troas während<br />
der Nacht eine Vision. Es erschien<br />
ihm ein Mazedonier, also einer, der<br />
von der anderen, der europäischen<br />
Seite der Meerenge stammte. Er sagte<br />
zu ihm: „Komm herüber und hilf<br />
uns!“ (Apg 16, 9). Paulus war sofort<br />
überzeugt, dass dies der Ruf Gottes<br />
war, in Europa das Evangelium zu<br />
verkünden. So kam er nach Philippi,<br />
Thessalonike, Athen, Korinth und<br />
schließlich nach Rom.<br />
Bildausschnitt aus dem Anfangsgottesdienst<br />
des Kongresses „Freude<br />
am Glauben“ im Dom zu Fulda<br />
Was jeder tun kann<br />
Von Bischof Heinz Josef Algermissen<br />
Liebe Schwestern und Brüder im<br />
Glauben!<br />
Was wir hier in der Apostelgeschichte<br />
lesen, ist der geistige Ursprung<br />
Europas. Denn Europa lässt<br />
sich nicht geographisch definieren;<br />
geographisch ist es ein Anhängsel<br />
an Asien. Europa lässt sich auch<br />
nicht durch eine einheitliche völkische<br />
Zusammengehörigkeit bestimmen,<br />
es ist vielmehr ein Gemisch<br />
unterschiedlichster Völkerschaften<br />
und Sprachen.<br />
Europa ist eine kulturelle Einheit,<br />
ursprünglich geschaffen durch das<br />
Christentum. In der Nachfolge des<br />
Völkerapostels haben später christliche<br />
Missionare wie der hl.<br />
Bonifatius, an dessen Grab wir uns<br />
hier versammelt haben, die Botschaft<br />
des Evangeliums nach Germanien,<br />
Skandinavien und Russland<br />
getragen. Das Kreuz ist zum<br />
Symbol und Einheitszeichen Europas<br />
geworden. Und Europa kann<br />
und wird nur Zukunft haben, wenn<br />
es sich dieser christlichen Wurzeln<br />
erinnert und sie lebendig erhält.<br />
Das sage ich hier in Fulda ganz<br />
bewusst, denn wir sind hier an einem<br />
der wichtigsten Stützpunkte<br />
der Missionierung Germaniens, in<br />
einem Zentrum hoher benediktinischer<br />
Kultur bereits am Übergang<br />
vom 8. zum 9. Jahrhundert. <strong>Der</strong><br />
Name Rabanus Maurus, fünfter Abt<br />
von Fulda, mag für diese Zeit stehen.<br />
Die großen Missionare wie<br />
Bonifatius, Kilian, Kolumban,<br />
Pirmin, Gallus mahnen und fragen<br />
uns auch: Was ist aus Europa, was<br />
aus Deutschland geworden? Was<br />
habt ihr daraus gemacht? Was ist übrig<br />
geblieben vom Geist der<br />
Missionierung?<br />
Wir wollen keine Pessimisten<br />
sein. Als Christinnen und Christen<br />
sind wir zum begründeten Optimismus<br />
berufen. Aber wir müssen unsere<br />
Situation doch realistisch betrachten.<br />
Die europäische Christen-<br />
DER FELS 8-9/<strong>2003</strong> 227