20.06.2013 Aufrufe

August/September 2003 - Der Fels

August/September 2003 - Der Fels

August/September 2003 - Der Fels

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Eltern werden – und älter werden.<br />

Freilich ist diese Logik durch die<br />

Rentenversicherung durchkreuzt<br />

worden, denn die Kinder zahlen<br />

ihre Beiträge nicht für die eigenen<br />

Eltern, sondern für fremde, oft kinderlose<br />

Leute. Auch die Eltern, die<br />

sich um das Wohl ihrer Kinder kümmern<br />

und deswegen teilweise oder<br />

ganz auf eine außerfamiliäre Berufstätigkeit<br />

verzichten, erhalten dafür<br />

keinen hinreichenden Ausgleich.<br />

Diese Disparität zu revidieren<br />

müßte Aufgabe einer künftigen<br />

Rentenreform sein. Ebenfalls gilt es,<br />

die Familie als zeitweisen Arbeitsplatz<br />

auch finanziell attraktiver zu<br />

machen.<br />

Traurig ist es, aber auch ernüchternd,<br />

dass Kinder, die sonst immer<br />

als der wahre Wohlstand und das<br />

Glück eines Volkes galten, derart in<br />

das ökonomische Kosten-Nutzen-<br />

Kalkül hineingeraten sind: So dass<br />

Eltern, die zeit- und kostenaufwendig<br />

ihre Kinder erziehen, als die<br />

ökonomisch Dummen dastehen,<br />

und sich von den Trittbrettfahrern<br />

auch noch den spöttischen Vorwurf<br />

gefallen lassen müssen, sie seien<br />

„asozial“.<br />

Mit dieser Einstellung ist natürlich<br />

kein Sozialstaat mehr zu machen,<br />

jedenfalls nicht nach herkömmlichem<br />

Muster. Es wird schon<br />

schwierig genug sein, wenigstens<br />

die steuer- und sozialpolitischen<br />

Ungerechtigkeiten zu beseitigen,<br />

denen die kinderreichen Familien<br />

ausgesetzt sind. Nicht weniger<br />

schwierig ist die notwendige Neudefinition<br />

dessen, was als soziale<br />

Hilfsbedürftigkeit anzuerkennen ist.<br />

Besonders bedürftig sind normalerweise<br />

nicht diejenigen, die kraft<br />

machtvoller Organisation am lautesten<br />

schreien und ihr Leistungsverweigerungspotential<br />

am wirkungsvollsten<br />

(etwa durch Streik)<br />

ausspielen können. Eher „arm“ zu<br />

nennen sind diejenigen, die sich<br />

nicht selber helfen können. Vor allem<br />

jene kinderreiche Familien, die<br />

inzwischen auf Sozialhilfe angewiesen<br />

sind: 1,1 Millionen Kinder leben<br />

bei uns von Sozialhilfe, dreimal<br />

soviel wie vor 20 Jahren.<br />

Es ist das Subsidiaritätsprinzip<br />

der „Hilfe zur Selbsthilfe“, wonach<br />

sich die Revision des Sozialstaats<br />

vollziehen muß. <strong>Der</strong> Aufbau kleinerer,<br />

flexiblerer Netze liegt in der<br />

Logik der Subsidiarität. Ehe und Fa-<br />

milie sind das kleinste, aber feinste<br />

soziale Netz, das es zu erhalten und<br />

zu fördern gilt. <strong>Der</strong> Aufbau auch<br />

der weiteren Netze setzt jedoch die<br />

persönliche und gruppenhafte Bereitschaft<br />

zur Selbsthilfe voraus.<br />

Was aber kann man dem Individuum<br />

und den kleineren Gruppen an<br />

Selbsthilfe zumuten? Was kann der<br />

Einzelne bzw. seine Gruppe leisten,<br />

und was muß man ihm abverlangen?<br />

Diese Frage der Zumutbarkeit wird<br />

für die künftige Sozialpolitik entscheidend<br />

sein.<br />

Eine familienfreundliche Sozialpolitik<br />

hat es jedoch nicht leicht,<br />

sich innerhalb einer demokratischen<br />

Ordnung zu behaupten, die von der<br />

kurzfristigen Popularitätshascherei<br />

jener Politiker dominiert wird, deren<br />

Verantwortung kaum über den<br />

nächsten Wahltermin hinausgeht.<br />

Die Verantwortung für die Zukunft<br />

wird zwar allenthalben beschworen,<br />

aber das gegenwärtige Leben auf<br />

Pump scheint auf die Vision hinauszulaufen:<br />

„Nach uns die Sintflut!“.<br />

Auch das Prinzip der Nachhaltigkeit<br />

wird ständig proklamiert, jedoch<br />

nur für den Umwelt- und Naturschutz<br />

in Anspruch genommen.<br />

Dabei wäre es für die human-<br />

ökologische Nachhaltigkeit notwendiger<br />

und anspruchsvoller, endlich<br />

die Familie unter Naturschutz<br />

zu stellen.<br />

Die negative Bevölkerungsentwicklung<br />

wird sich wohl nur<br />

langfristig durch Familienpolitik<br />

steuern lassen, wie auch die lang anhaltenden<br />

familienpolitischen Versäumnisse<br />

den mangelnden Kindersegen<br />

begünstigt haben.<br />

Die Familie ist die Urzelle<br />

des gesellschaftlichen Lebens.<br />

Sie ist die natürliche Gemeinschaft,<br />

in der Mann und<br />

Frau zur Hingabe der Liebe<br />

und zur Weitergabe des Lebens<br />

berufen sind. Die Autorität,<br />

die Beständigkeit und das<br />

Gemeinschaftsleben innerhalb<br />

der Familie bilden die Grundlage<br />

von Freiheit, Sicherheit<br />

und Brüderlichkeit innerhalb<br />

der Gesellschaft. Die Familie<br />

ist die Gemeinschaft, in der<br />

man von Kind auf lernen kann,<br />

die sittlichen Werte zu achten,<br />

Gott zu ehren und die Freiheit<br />

richtig zu gebrauchen. Das<br />

Familienleben ist eine Einübung<br />

in das gesellschaftliche<br />

Leben.<br />

Katechismus der kath. Kirche<br />

Ziffer 2207<br />

DER FELS 8-9/<strong>2003</strong> 251

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!