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August/September 2003 - Der Fels

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sollten auch die Bezeichnungen<br />

‚Gottesdienst‘ und ‚Liturgie‘<br />

zugunsten der zurückhaltenden Bezeichnung<br />

‚multireligiöse Feier‘,<br />

eventuell auch ‚Gebetstreffen der<br />

Religionen‘, vermieden werden. Dies<br />

ist der Pluralität der Glaubensvorstellungen<br />

angemessen und weckt<br />

keine falschen Vorstellungen. Diese<br />

Leitlinien widmen sich gemeinsamen<br />

religiösen Feiern von Christen mit<br />

Juden und Muslimen, weil diese drei<br />

Glaubensgemeinschaften den Glauben<br />

an Gott und das Gebet zu ihm<br />

gemeinsam haben.“<br />

4<br />

Wann sind multireligiöse Feiern<br />

mit religiösen Elementen<br />

möglich, wozu dienen sie?<br />

Multireligiöse Feiern mit Gebet<br />

sind nur möglich, wenn das Beten des<br />

Nachbarn toleriert wird. Es geht zuerst<br />

darum, dem Anderen die Existenz,<br />

die immer mit der Religion verknüpft<br />

ist, nicht abzusprechen. Es ist erfreulich,<br />

dass Menschen unterschiedlichen<br />

Glaubens einander begegnen,<br />

erst recht, wenn der Andere durch<br />

sein Dabeisein kundtut: ich respektiere<br />

dich und deinen Glauben. So erst<br />

kann der Weg zum Gespräch und<br />

damit dazu bereitet werden, dass die<br />

Kenntnis des christlichen Glaubens<br />

auch für den Juden und Moslem<br />

wichtig wird. Toleranz war es, was<br />

Jesus Christus zunächst für sich und<br />

seine Lehre gefordert hat. Die Streitgespräche<br />

Jesu mit Pharisäern und<br />

Sadduzäern machen deutlich, dass<br />

diese nicht dazu bereit waren.<br />

Dann geht es darum, in der Welt<br />

für den Frieden einzutreten und gemeinsam<br />

an der Erhaltung und Wiedergewinnung<br />

des Friedens mitzuarbeiten.<br />

Dies kann nur in Gemeinsamkeit<br />

der Völker gelingen. Zum<br />

Selbstverständnis eines Volkes gehört<br />

aber auch seine Religion. Deshalb<br />

kann die Begegnung der Religionen<br />

nicht ausgeschlossen werden.<br />

„Die Begegnung zwischen Christen,<br />

Juden und Muslimen hat zum<br />

Ziel, ‚Juden, Christen und Muslime<br />

dahin zu führen, in ihrem jeweiligen<br />

Glauben und in der allgemeinen Brüderlichkeit,<br />

die alle Mitglieder der<br />

Menschheitsfamilie untereinander<br />

verbindet, den Anlass und das Beharrungsvermögen<br />

zu suchen, um für<br />

den Frieden und die Gerechtigkeit zu<br />

arbeiten‘. Im Rahmen dieses Dialogs,<br />

der durch die politische Situation im<br />

Nahen Osten und im Heiligen Land<br />

belastet und zugleich unverzichtbar<br />

ist, können multireligiöse Feiern der<br />

drei monotheistischen Religionen ein<br />

wichtiges Element des Friedens sein.<br />

Solche Feiern sind eine Chance, füreinander<br />

Zeugen Gottes zu sein und<br />

miteinander der Versöhnung und dem<br />

Frieden in der Welt zu dienen. In einer<br />

zerrissenen und von Konflikten<br />

geschüttelten Menschheit können diese<br />

von den drei Religionen getragenen<br />

multireligiösen Gebetstreffen<br />

Frieden schaffende Kraft ausstrahlen.“<br />

5<br />

Ersetzen neu eingeführte multireligiöse<br />

Feiern bestehende Gottesdienste?<br />

Wie in der katholischen Kirche die<br />

hl. Messe nicht durch eine Andacht<br />

ersetzt werden kann, sind multireligiöse<br />

Feiern nicht als Ersatz für<br />

Gottesdienste in der eigenen Religion<br />

gedacht. Die Leitlinien:<br />

„Anlässe zu multireligiösen Feiern<br />

ergeben sich immer häufiger, obwohl<br />

sie nach wie vor Ausnahmecharakter<br />

besitzen und das eigene kirchliche,<br />

also das konfessionelle und das ökumenische<br />

Gebet nicht ersetzen können.<br />

Verschiedene Termine haben<br />

sich bereits bewährt.<br />

Dazu gehören die ‚Woche der Brüderlichkeit‘,<br />

die ‚Woche des ausländischen<br />

Mitbürgers‘, der ‚Tag des<br />

Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus‘<br />

und der 1. Januar als<br />

Weltfriedenstag. Auch der 27. Oktober<br />

als Jahrestag des ersten multireligiösen<br />

Gebetstreffens von Assisi<br />

1986 eignet sich ... Sondersituationen<br />

wie Krisen- oder Kriegszeiten bieten<br />

Anlässe für multireligiöse Feiern, in<br />

denen die Religionen Zeichen für Versöhnung<br />

und Frieden setzen. Dazu<br />

gehören auch Fälle von Ausländerfeindlichkeit<br />

und Rassismus.<br />

Schließlich können Gedenk- und<br />

Trauerfeiern bei Katastrophen und<br />

Unfällen multireligiös gestaltet werden<br />

... Gesellschaftliche Ereignisse<br />

wie die Einweihung von Einrichtungen<br />

und Gebäuden sowie die Eröffnung<br />

von Veranstaltungen können<br />

Vertreter der verschiedenen Religionen<br />

zu multireligiösen Feiern zusammenzuführen.<br />

Weitere Gelegenheiten<br />

können sich in Justizvollzugsanstalten<br />

oder Krankenhäusern<br />

bieten, wenn dort eine größere<br />

Zahl von Mitgliedern verschiedener<br />

Religionen anwesend ist. Die<br />

Schule stellt in mancher Hinsicht ei-<br />

nen Sonderbereich dar, insofern das<br />

multikulturelle Zusammenleben und<br />

-arbeiten zum Alltag gehört, den es<br />

gemeinsam zu gestalten gilt. Daraus<br />

kann jedoch nicht folgen, dass dieses<br />

Bemühen automatisch zu ausschließlich<br />

multireligiösen Feiern<br />

führt, die lediglich als Werkzeug für<br />

innerschulische Integrationsbemühungen<br />

dienen.“<br />

6<br />

Wo und wann sollen multireligiöse<br />

Feiern stattfinden?<br />

Glaube und Gebet stellen den<br />

Menschen in die Gegenwart Gottes.<br />

Deshalb dürfen Glaube und Gebet<br />

nicht benutzt werden, Menschen zu<br />

ärgern. Also werden multireligiöse<br />

Feiern Ort- und Festzeiten der Religionen<br />

respektieren.<br />

„In der Regel sollten multireligiöse<br />

Feiern nicht in einem Sakralraum,<br />

sondern in neutralen Räumlichkeiten<br />

stattfinden. Dadurch kann Rücksicht<br />

auf das Bilderverbot genommen werden,<br />

das für Juden wie Muslime gilt<br />

... Auch die Auswahl des Tages und<br />

der Stunde der Feier bedarf der Sorgfalt.<br />

Dabei sind die jeweiligen Festund<br />

Feiertage, etwa der Sonntag, der<br />

Sabbat und der Freitag, sowie die<br />

Gebetszeiten zu respektieren.“<br />

7<br />

Welche Elemente der Gestaltung<br />

sollen in die Feier eingebracht<br />

werden?<br />

Die Leitlinien betonen wiederum,<br />

dass eine klare Unterscheidung möglich<br />

sein muss. Es darf keinen Synkretismus<br />

geben.<br />

„Als grundsätzliche Regel gilt,<br />

dass auf das gemeinsame Beten – sei<br />

es von frei verfassten oder sei es von<br />

aus der Tradition ausgewählten Texten<br />

– verzichtet wird, wie es auch in<br />

Assisi gehalten wurde. Es sollte auch<br />

darauf verzichtet werden, gemeinsam<br />

Lieder zu singen, die von den<br />

jeweiligen Glaubensvorstellungen<br />

und Gebetstraditionen geprägt sind.<br />

Eine weitere Regel ist, dass eine Religion<br />

bei solchen Feiern keine Texte<br />

oder Bräuche anderer Religionen<br />

in ihre Beiträge aufnimmt, die nicht<br />

gleichzeitig – wie im Fall des Alten<br />

Testamentes bei Christen – auch zur<br />

eigenen Überlieferung gehören.“<br />

8<br />

Welche Gebete dürfen gesprochen<br />

werden?<br />

Grundsätzlich sind alle Gebete<br />

möglich, weil die Gebete nicht gemeinsam<br />

gesprochen werden. Da die<br />

242 DER FELS 8-9/<strong>2003</strong>

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