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August/September 2003 - Der Fels

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sierungs- und Sympathiewelle in<br />

der katholischen Presse und in allen<br />

katholischen Ständen (katholischen<br />

Bürgerverein, katholischen<br />

Casino usw.). Die romtreuen Alsaten<br />

in Münster (CV) waren sich der<br />

schlimmen Zeitverhältnisse, die die<br />

Kirche bedrängten und ihre Verbindung<br />

bedrohten, bewusst. Dennoch<br />

hatten sich die Alsaten durch<br />

häufige gut organisierte Feiern für<br />

den „Heldenpapst“ im katholischen<br />

Bügertum einen Namen gemacht<br />

(katholischen Bürgergesellschaft<br />

„Eintracht“; Zentrum<br />

usw.). Es war eine schwere heilige<br />

Pflicht kindlicher Dankbarkeit für<br />

den seligen Pius IX. Die staatsfeindlichen<br />

Demonstrationen aus<br />

der Sicht des Senats stellten neben<br />

der Papst- und Bischofsverehrung<br />

Toaste auf das Zentrum und auf<br />

den Zentrumsführer Schorlemer-<br />

Alst, der verehrtes Ehrenmitglied<br />

geworden war, dar, dann dessen<br />

Rede vor der Alsatia und die Verehrung<br />

Mallinckrodts (Teilnahme am<br />

Begräbnis, Gedenken). Bismarck<br />

und die nationalliberalen Behörden<br />

sahen im Zentrum ja den Reichsfeind.<br />

Alsatia, Germania und Unitas<br />

waren in Münster gemäß Ministererlass<br />

vom 15.7.1874 der totalen<br />

Kontrolle religiöser Vereine nach<br />

der 1850er Verordnung unterstellt,<br />

weil katholischen Korporationen<br />

angeblich „eine Einwirkung auf öffentliche<br />

Angelegenheiten auszuüben<br />

suchen.“ Im Sinne dieses Erlasses<br />

hat „der Curator unter dem<br />

8. Januar 1875 im Auftrage Ew.<br />

Excellenz (Kultusminister A. Falk)<br />

eine sorgfältige Überwachung der<br />

hiesigen ultramontanen Studentenverbindungen<br />

angeordnet.“ Senat<br />

und Polizei hatten nun Einfluss auf<br />

Veranstaltungen katholischen Korporationen,<br />

die genehmigt werden,<br />

notfalls bei einem Zentrumshoch z.<br />

B. aufgelöst werden mussten. Das<br />

behördliche Verbot der Teilnahme<br />

von Chargierten an den Großen<br />

Prozessionen in den siebziger Jahren<br />

konnte von den Münsteranern<br />

zu den örtlichen Kulturkampfmaßnahmen,<br />

die sie am meisten erbitterte,<br />

gerechnet werden. Die<br />

Zwangsauflösung der Alsatia<br />

durch den Senat 1878 wegen Abhängigkeit<br />

von ultramontanen, damit<br />

angeblich staatsfeindlichen<br />

Parteimännern wurde durch ein<br />

Wie ein beherzter Arzt die Stadt<br />

Halle rettete<br />

Im April 1945 waren amerikanische<br />

Truppen mit vielen<br />

Panzern und Geschützen bis<br />

nach Halle an der Saale vorgerückt.<br />

In Außenbezirke der Stadt waren sie<br />

schon eingedrungen. Am 16. April<br />

warfen amerikanische Flugzeuge<br />

Flugblätter über den noch deutschen<br />

Teilen der Stadt ab, auf denen<br />

die bedingungslose Übergabe<br />

der Stadt gefordert wurde. Wörtlich<br />

heißt es in dem Flugblatt: „Vollkommene<br />

Vernichtung droht eurer Stadt.<br />

Entweder Halle wird bedingungslos<br />

übergeben oder vernichtet.“<br />

Mehrere Persönlichkeiten in Halle<br />

waren bei dem Kampfgruppenkommandanten<br />

von Halle Generalleutnant<br />

Rathke vorstellig geworden<br />

mit der Bitte, auf das Ultimatum der<br />

Amerikaner einzugehen. Am 16.<br />

April zog ein Demonstrationszug<br />

mehrerer hundert Frauen zum Teil<br />

mit Kleinkindern zum Marktplatz.<br />

Von Karl Maria Heidecker<br />

<strong>Der</strong> Generalleutnant lehnte ein Gespräch<br />

mit ihnen ab. Mein Vater, Dr.<br />

med. Hanns Heidecker, war zu dieser<br />

Zeit als Stabsarzt im Reservelazarett<br />

5 in der Thomasius-Schule<br />

eingesetzt. Er wurde am 16 April zu<br />

Generalleutnant Rathke gerufen,<br />

der meinen Vater um eine ärztliche<br />

Untersuchung und ärztlichen Rat<br />

bat. Nach dieser Untersuchung und<br />

der ärztlichen Hilfe sagte Rathke zu<br />

meinem Vater, „Nachdem Sie mir so<br />

gut geholfen haben, möchte ich nun<br />

etwas zum Dank für Sie tun.“ Mein<br />

Vater antwortete, dass er nur seine<br />

Pflicht als Arzt erfüllt habe. Aber<br />

wenn er etwas von ihm erbitten dürfe,<br />

so bitte er um einen ungeschminkten<br />

Bericht zur militärischen<br />

Lage von Halle. <strong>Der</strong> Generalleutnant<br />

erklärte nun an Hand seiner<br />

Karten die ungleichen Kräfteverhältnisse<br />

der weit überlegenen<br />

Amerikaner gegenüber den wenigen<br />

kampffähigen Deutschen, unter<br />

denen sich auch Kinder,<br />

Verwundete und alte<br />

Landsturmleute befanden.<br />

Mein Vater fragte den Generalleutnant<br />

„Was weilen Sie<br />

tun?“ Rathke entgegnete<br />

ihm .Ich habe den Befehl,<br />

Halle bis zum letzten Blutstropfen<br />

zu verteidigen!“ Auf<br />

Zentrumstoast veranlasst. Dr. Karl Maria Heidecker<br />

262 DER FELS 8-9/<strong>2003</strong>

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