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August/September 2003 - Der Fels

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Ein <strong>Fels</strong>, an dem sich Parolen die Wellen aus Berlin brachen<br />

W ie Johann Michael Sailer<br />

war auch Bischof Georg<br />

Michael Wittmann nach den<br />

Wirren von Aufklärung und<br />

Säkularisation im 19. Jahrhundert<br />

ein Träger geistlicher<br />

Erneuerung in der Diözese<br />

Regensburg. <strong>Der</strong> hier folgende<br />

Beitrag berichtet von seinem<br />

Wirken.<br />

„Wenn unter den Geistlichen auch<br />

einige nicht apostolische dastehen,<br />

so fügt es der Herr so, dass hie und<br />

da ein Licht in die Mitte gestellt<br />

wird. Die Leute sehen auf dieses<br />

Licht, erbauen sich und erstarken im<br />

katholischen Leben. So regiert der<br />

Herr seine Kirche wunderbar.“ 1<br />

Mit diesen Gedanken ermutigte<br />

der im Ruf der Heiligkeit am 8. März<br />

1833 zu Regensburg verstorbene<br />

langjährige Regens des Priesterseminars,<br />

Dompfarrer und Weihbischof<br />

Georg Michael Wittmann, ratsuchende<br />

Zeitgenossen in schwerer<br />

Zeit. Es waren vor allem antikirchliche<br />

und antiklerikale Strömungen<br />

der Aufklärung, die zu einer<br />

weit verbreiteten Verunsicherung,<br />

ja Erschütterung des religiösen<br />

Lebens führten. Sie ergriff in<br />

gleicher Weise Ordensangehörige<br />

und Weltklerus und leitete damit<br />

„das Ende der alten Ordnung“ 2 ein.<br />

Eine der weitreichendsten Folgen<br />

der Säkularisation bestand darin,<br />

dass durch sie der äußere Rahmen<br />

einer jahrhundertelangen Tradition<br />

des religiösen Lebens zerschlagen<br />

war. Die Kirche hatte zu einem großen<br />

Teil ihren Einfluss auf die Formung<br />

des gesellschaftlichen Lebens<br />

eingebüßt. Religiöses Schwärmertum,<br />

aber auch der zersetzende Einfluss<br />

des antikirchlichen Agnostizis-<br />

Von Jürgen Liminski<br />

Von Domvikar Georg Franz X. Schwager<br />

mus versuchten sich in der Bevölkerung<br />

breit zu machen. Die Auswirkungen<br />

waren verheerend. Die<br />

katholische Kirche wurde in eine<br />

ihrer schwersten Krisen geführt,<br />

von der sie sich nur langsam erholen<br />

konnte.<br />

Auf diesem Hintergrund sind die<br />

oben zitierten Worte Wittmanns zu<br />

lesen und zu werten. In religiöser<br />

und kirchlicher Hinsicht schien die<br />

Macht der Finsternis das Licht zu<br />

verdrängen. Wittmanns Gedanken<br />

kamen aus dem Herzen; sie waren<br />

gedeckt von persönlicher Glaubenserfahrung,<br />

aber auch tiefer religiöser<br />

Überzeugung und dem Zeugnis<br />

des eigenen Lebens.<br />

Die echt christlichem Geist in<br />

vielfacher Weise entgegengesetzten<br />

Gedanken der Aufklärung und in<br />

deren Gefolge die mit rücksichtsloser<br />

Gewalt durchgeführte Enteignung<br />

geistlicher Besitztümer bildeten<br />

die geistesgeschichtliche Grundströmung,<br />

welcher sich Georg<br />

Michael Wittmann ausgesetzt sah<br />

und von denen seine gesamte Lebenszeit<br />

überschattet war. Unvermeidlich<br />

musste der Diener Gottes<br />

in seinen vielfältigen Aufgaben und<br />

Ämtern als Regens, Dompfarrer,<br />

Weihbischof, Generalvikar und<br />

schließlich als präkonisierter Bischof<br />

von Regensburg für manche<br />

seiner Zeitgenossen ein „Zeichen<br />

des Widerspruches“ sein. Umso<br />

ehrender für ihn und umso aufschlussreicher<br />

für uns ist jene Würdigung<br />

und Charakterisierung einzuschätzen,<br />

welche der im März<br />

1813 in Viehhausen (Pfarrei Eilsbrunn/Diözese<br />

Regensburg) geborene<br />

Pfarrer und Historiker Georg<br />

Brunner für den Regensburger<br />

Domkapitular Weigl wenige Jahre<br />

nach dem seligen Tod des Dieners<br />

Gottes über diesen ausstellte:<br />

„Wittmann, dessen Name vom<br />

Volke so gerne ausgesprochen wird<br />

– war neben Sailer derjenige Mann,<br />

der die Kirche in Bayern glücklich<br />

durch das sumpfige Meer des<br />

Illuminatismus hindurchführte und<br />

namentlich die Sittlichkeit in der<br />

Diözese Regensburg, der er 40 Jahre<br />

ganz allein gehörte und lebte,<br />

rettete. Er stand da wie ein <strong>Fels</strong>en,<br />

an dem alle noch so sehr tobenden<br />

Wellen sich gebrochen; ein Mann,<br />

würdig der apostolischen Zeit, ein<br />

Mann, der seine Zeit verstanden<br />

und den erst die Jetztzeit vollkommen<br />

verstehen lernt. Wenn sich die<br />

Regensburger Diözese schon im<br />

Aeußern von benachbarten unterscheidet,<br />

so hat sie das nur einem<br />

Wittmann zu verdanken, der nicht<br />

genug, ungeachtet der Unbilden<br />

der Zeit, einen biederen Klerus gebildet<br />

zu haben, auch durch seinen<br />

Geist der ganzen Diözese etwas aufdrückte,<br />

was anderen Diözesen<br />

fehlt. Dies zeigt, welche Gnade Gott<br />

der Diözese Regensburg dadurch<br />

erwiesen, daß er zur gefährlichsten<br />

Zeit in Wittmann ihr einen Mann<br />

gegeben, der nicht bloß die Diözese<br />

Regensburg in sittlicher Hinsicht<br />

rettete, dessen Wirken ganz<br />

Deutschland umfaßte und dessen<br />

Segen auch jetzt noch in den Armen<br />

Schulschwestern fortwirkt. Da<br />

Wittmann allen gehörte, wird er<br />

auch von allen verstanden.“ 3<br />

1<br />

Gebet als tragende Grundlage<br />

christlicher Weltsicht<br />

Wie aber antwortete Wittmann auf<br />

die Herausforderungen seiner Zeit<br />

und welche Schwerpunkte setzte er,<br />

um den „Unbilden seiner Zeit“<br />

entgegen zu treten und das „sumpfige<br />

Meer“ des aufklärerischen Gedankengutes<br />

zu überwinden? Aus<br />

heutiger Sicht können wir sagen: Im<br />

Grunde war das ganze Leben<br />

Wittmanns eine Antwort darauf. Mit<br />

einer vom Geiste Gottes erleuchte-<br />

DER FELS 8-9/<strong>2003</strong> 231

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