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Der Setting-Ansatz in der Gesundheitsförderung ... - Bibliothek - WZB

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3.5.2 <strong>Sett<strong>in</strong>g</strong>orientierte Prävention <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>depsychologie<br />

Als Gegenentwurf zur Kl<strong>in</strong>ischen Psychologie entstand <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten Staaten<br />

<strong>in</strong> den 1960er Jahren die Geme<strong>in</strong>depsychologie. 4 Die Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>depsychologie<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Grundlage für die späteren Gesundheitsför<strong>der</strong>ungskonzepte<br />

<strong>der</strong> WHO.<br />

Schmidt (2001) benennt e<strong>in</strong>ige <strong>Ansatz</strong>punkte <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>depsychologie: Die<br />

Analyse <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>destrukturen („Community assessment“) stelle <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

e<strong>in</strong>e wichtige Grundvoraussetzung für spätere Interventionen dar.<br />

E<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de ist e<strong>in</strong> sozialer Raum, <strong>in</strong> dem Individuen leben. Analog zu Barkers<br />

Behavior-<strong>Sett<strong>in</strong>g</strong>-Konzept würden zunächst die Strukturen beziehungsweise e<strong>in</strong>zelne<br />

<strong>Sett<strong>in</strong>g</strong>s identifiziert. Erst wenn die bestehenden Strukturen bekannt s<strong>in</strong>d,<br />

könnten sie auch präventiv – wie im Konzept <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>depsychologie vorgesehen<br />

– weiterentwickelt werden.<br />

Auch wenn Barkers Methode <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>depsychologie kaum Anwendung<br />

f<strong>in</strong>det, ist auch hier die Grundannahme <strong>der</strong> determ<strong>in</strong>ierenden Um- und<br />

Lebenswelt von em<strong>in</strong>enter Bedeutung. Ausgehend von diesen Grundannahmen<br />

wurde e<strong>in</strong> zweites Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>depsychologie, die Primärprävention, entwickelt.<br />

Caplan (1964) erarbeitete das Modell <strong>der</strong> primären Prävention im Rahmen geme<strong>in</strong>depsychologisch<br />

orientierter Interventionen. Er geht davon aus, dass gesundheitliche<br />

Bee<strong>in</strong>trächtigungen von Individuen und Populationen bereits während ihrer<br />

Genese o<strong>der</strong> davor sowie <strong>in</strong> <strong>der</strong> natürlichen Umgebung <strong>der</strong> Betroffenen vermieden<br />

werden sollten. Caplan und Grunebaum (1977):<br />

Primäre Prävention zielt darauf ab, die Inzidenz neuer Fälle von psychischen Störungen<br />

und Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Population zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Die Bemühungen<br />

konzentrieren sich auf die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Umgebung und zugleich auf die<br />

Stärkung <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Kapazität, mit Situationen fertig zu werden. (S. 51)<br />

Ernst (1977) arbeitete die Dimensionen <strong>der</strong> Prävention als Strukturpr<strong>in</strong>zipien<br />

heraus. Er unterscheidet zwischen System- und Personenorientierung. 5 Primäre<br />

Prävention könne demnach im System (natürliche Umwelt, Geme<strong>in</strong>de) o<strong>der</strong> am<br />

e<strong>in</strong>zelnen Individuum ansetzen. Die Entscheidung sei abhängig von den Attributen<br />

des Problems. Ist das Individuum für se<strong>in</strong> Problem verantwortlich o<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d es die<br />

gesellschaftlichen, umwelt-determ<strong>in</strong>ierten Verhaltensmuster, die e<strong>in</strong> Individuum <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Gesundheitsverhalten bee<strong>in</strong>flussen? Entscheidend ist, dass die Geme<strong>in</strong>depsychologie<br />

die Perspektive <strong>der</strong> system- o<strong>der</strong> verhältnisorientierten Prävention<br />

eröffnet, diskutiert und praktiziert.<br />

Caplan und Grunebaum (1977) halten Planung, Organisation und Koord<strong>in</strong>ation<br />

für die fundamentalen Elemente e<strong>in</strong>er wirkungsvollen präventiven Psychiatrie. Sie<br />

benennen damit wichtige Grundvoraussetzungen für e<strong>in</strong>e nachhaltige Strukturbildung<br />

und -entwicklung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de. <strong>Der</strong> wesentliche Unterschied zu Barkers<br />

Konzept besteht jedoch dar<strong>in</strong>, dass die Umwelt nunmehr aktiv gestaltbar ist. Dar-<br />

4 Zur Geschichte <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>depsychologie vergleiche Rappaport (1977).<br />

5 Vergleiche dazu neuere Studien von Jerusalem, Kle<strong>in</strong>-Heßl<strong>in</strong>g und Mittag (2003).<br />

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