Bericht - Eawag
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Europas Flüsse unter Druck<br />
Allein die Donau entwässert Gebiete von 18 Ländern und ist damit weltweit der internationalste<br />
Fluss. Für die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist die hydrogeografische,<br />
ökologische und kulturelle Vielfalt Europas eine besondere Herausforderung. Das Projekt «Rivers<br />
of Europe» liefert die Grundlagen, damit die für alle Einzugsgebiete verlangten Managementpläne<br />
erstellt werden können. Klement Tockner 1 , Urs Uehlinger, Christopher Robinson, Diego Tonolla, Rosi Siber, Fabian Peter<br />
im Rahmen des Projektes «Rivers<br />
of Europe» wird unter Federführung<br />
der <strong>Eawag</strong> erstmals der ökologische<br />
Zustand von 165 europäischen Einzugsgebieten<br />
beschrieben. Diese<br />
entwässern knapp 8 Mio. km 2 , mehr<br />
als 70 % der Gesamtfläche Europas.<br />
7 der 10 grössten Flussgebiete liegen<br />
in Osteuropa, darunter die Pechora<br />
oder der Dnieper, Ströme, die für<br />
viele noch weitgehend unbekannt<br />
sind. Anhand dieser Datenbank kann<br />
erstmals ein europaweiter Vergleich<br />
von Zustand und Gefährdung der biologischen<br />
Vielfalt vorgenommen werden.<br />
Diese informationen bilden eine<br />
wesentliche Grundlage zur Planung<br />
von Schutz- und Managementstrategien,<br />
wie sie von der europäischen<br />
Wasserrahmenrichtlinie gefordert<br />
werden.<br />
Nur noch wenige Referenzen<br />
Europaweit weisen nur noch wenige<br />
Flüsse einen relativ natürlichen<br />
Charakter auf. Neben Flüssen im<br />
Atlantic Ocean<br />
Introduced species (%)<br />
No data<br />
0<br />
1 – 5<br />
6 – 15<br />
16 – 25<br />
26 – 35<br />
> 35<br />
North Sea<br />
Mediterranean Sea<br />
äussersten Norden zählen dazu die<br />
Frome in England, der Tagliamento in<br />
italien oder der Ural im Grenzbereich<br />
von Russland und Kasachstan. Diese<br />
Flüsse sind somit Referenzökosysteme<br />
von kontinentaler Bedeutung. Die<br />
meisten Einzugsgebiete sind jedoch<br />
anthropogen massiv beeinträchtigt.<br />
Mehr als 6000 grosse Dämme unterbrechen<br />
den Lauf der europäischen<br />
Flüsse. Die prognostizierte Zunahme<br />
von Abflussextremen und der steigende<br />
Wasserbedarf für die Landwirtschaft<br />
verstärken den Druck auf<br />
die Gewässer. Bis 2070 wird sich<br />
die Einzugsgebietsfläche, die ein<br />
massives Wasserdefizit aufweist,<br />
von derzeit 1,3 Millionen km 2 (18 %<br />
der berücksichtigten Gesamtfläche)<br />
auf voraussichtlich mehr als 2,5 Millionen<br />
km 2 verdoppeln.<br />
Vereinheitlichung nimmt zu<br />
Der Anteil exotischer Arten ist teils<br />
heute bereits sehr hoch. So sind bis<br />
zu 50 % der Fischarten im Ebro, der<br />
Black Sea<br />
Der relative Anteil exotischer Fischarten in den Einzugsgebieten Europas.<br />
Caspian Sea<br />
Kartografie F. Peter, D. Tonolla<br />
Seine oder dem Shannon (irland)<br />
nicht heimischen Ursprungs (siehe<br />
Karte). Zugleich sind bis zu 40 % der<br />
ursprünglich heimischen Fischarten,<br />
wie etwa in Flüssen der iberischen<br />
Halbinsel, verschwun-<br />
den. Betroffen sind vor<br />
allem Arten, die über<br />
lange Distanzen wandern,<br />
wie Störe oder<br />
der Atlantische Lachs.<br />
Bei Flusskrebsen sieht<br />
das Bild noch dramatischer<br />
aus. Neben sechs heimischen<br />
Arten kommen heutzutage sieben<br />
weitere Arten in Europa vor. Viele<br />
Einzugsgebiete, die natürlicherweise<br />
krebsfrei waren, werden nun von<br />
Exoten dominiert. insgesamt ist es in<br />
Europa zu einer massiven Vereinheitlichung<br />
der natürlichen Süsswasserfauna<br />
gekommen.<br />
Die europäische Süsswasserfauna<br />
steht unter Druck. Am stärksten beeinträchtigt<br />
ist die biologische Viel-<br />
falt der mediterranen Einzugsgebiete<br />
(iberische Halbinsel, italien, Balkan<br />
und Türkei), wo ursprünglich eine besonders<br />
reiche und schützenswerte<br />
Fauna und Flora heimisch waren. So<br />
sind 45 % der Fische und knapp 30 %<br />
der Amphibien der iberischen Halbinsel<br />
endemisch, das heisst, sie kommen<br />
ausschliesslich dort vor. Gleichzeitig<br />
sind diese Gebiete besonders<br />
betroffen von Veränderungen im Zuge<br />
des Klimawandels, wie Abnahme<br />
des Abflusses, änderung der Landnutzung<br />
und Ausbreitung exotischer<br />
Arten. Es sind diese Flüsse, die daher<br />
oberste Priorität besitzen in der Entwicklung<br />
paneuropäischer Schutz-<br />
und Revitalisierungsprojekte. i i i<br />
1 <strong>Eawag</strong> und Leibniz-institut für Gewässerökologie<br />
und Binnenfischerei (iGB), Berlin<br />
Tockner K., Robinson C.T. Uehlinger U.<br />
(2008): Rivers of Europe. Elsevier.<br />
AQUATiSCHE ÖKOSYSTEME 31<br />
In Iberiens Flüssen<br />
sind 40 Prozent<br />
der einheimischen<br />
Fischarten<br />
verschwunden.