Bericht - Eawag
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Die Umweltingenieurin Nathalie Vallotton (30) stammt<br />
aus Lausanne und ist verwandt mit dem Maler Felix Vallotton<br />
– danach wird sie nämlich oft gefragt. ihr Thema<br />
sind Risikoabschätzungen. Solche hat sie bereits in ihrer<br />
Diplomarbeit an der EPFL durchgeführt; damals ging es<br />
um das Sickerwasser aus einer Mülldeponie in Ho-Chi-<br />
Minh-Stadt (Vietnam). in der Abteilung Ökotoxikologie an<br />
der <strong>Eawag</strong> hat Nathalie<br />
Vallotton dann<br />
eine Doktorarbeit<br />
gemacht über die<br />
Effekte kurzzeitiger<br />
Konzentrationsspitzen<br />
von Herbiziden<br />
auf Algen (Seite 13).<br />
Ein Doktortitel war<br />
nicht von Anfang<br />
an ihr Ziel, aber sie<br />
habe gemerkt, dass<br />
die Dissertation<br />
die beste Art sei, sich in Ökotoxikologie weiterzubilden.<br />
Heute ist sie Spezialistin auf ihrem Gebiet und «ein Stück<br />
weiter, diese Effekte abschätzen zu können, um die<br />
beobachteten Effekte zu verstehen und die Qualität der<br />
Gewässer zu verbessern», wie sie es formuliert. Denn<br />
weil es schwierig ist, die kurzen Konzentrationsspitzen<br />
mit Probenahmen überhaupt zu erfassen, gab es bisher<br />
auch kaum verlässliche Aussagen über die Wirkung<br />
solcher Pulse, wie sie übrigens nicht nur aus der Landwirtschaft,<br />
sondern auch aus dem Verkehr oder der Siedlung<br />
auftreten. Die passionierte Reiterin begnügt sich<br />
indessen nicht mit dem blossen Erkenntnisgewinn: Dank<br />
der Zusammenarbeit der <strong>Eawag</strong> mit Behörden und landwirtschaftlichen<br />
Forschungsanstalten sind bereits Massnahmen<br />
ergriffen worden, die mithelfen, Gewässerbelastungen<br />
durch Agrochemikalien zu vermeiden – etwa<br />
eine verstärkte Ausbildung von Landwirten im Umgang<br />
mit diesen Stoffen. Ein praxisnahes Anliegen anderer Art<br />
erwähnt Vallotton zum Schluss: «Man sollte mehr Französisch<br />
sprechen an der <strong>Eawag</strong>.»<br />
Eine Prognose, wann wie viel Schmutzstoffe durch die<br />
Kanalisation rauschen, sei kaum möglich, hat man Christoph<br />
Ort mehrfach versichert. «Nicht einmal Tagesfrachten<br />
galten als vorhersagbar», sagt der 33-jährige<br />
Kulturingenieur. Durch die geschickte Verknüpfung von<br />
chemischer Analytik und einem stochastischen Modell<br />
hat Ort es in seiner Dissertation geschafft, dieses Manko<br />
zu beheben. «Die offenen Türen an der <strong>Eawag</strong> haben mir<br />
dabei sehr geholfen», erzählt er von seinem Anklopfen<br />
bei verschiedensten Abteilungen. Heute stimmen seine<br />
Prognosen gut mit<br />
den aufwändigen<br />
Einzelmessungen<br />
überein und können<br />
sogar Spitzen im<br />
Minutenbereich<br />
aufdecken. im Projekt<br />
MicroPoll des<br />
Bundesamtes für<br />
Umwelt (Bafu) hat<br />
Ort nun als <strong>Eawag</strong>-<br />
Postdoktorand die<br />
Chance erhalten, seinen<br />
disziplinenübergreifenden Ansatz gleich im grossen<br />
Massstab umzusetzen: in einem nationalen Stoffflussmodell<br />
(Seite 9) hat er für sämtliche Kläranlagen vorhergesagt,<br />
welche Schadstofffrachten zu erwarten sind und<br />
wo bei Trockenwetter die Einleitung des gereinigten<br />
Abwassers in Bäche kritisch sein könnte – über hundert<br />
Anlagen sind davon betroffen. Müssen diese nun alle mit<br />
noch mehr Technologie nachgerüstet werden? Ort zitiert<br />
den Grundsatz: «So einfach wie möglich, so komplex wie<br />
nötig.» Und parallel zu allen technischen Massnahmen<br />
sei auf jeden Fall ein bewussterer Umgang mit potenziell<br />
umweltgefährdenden Stoffen anzustreben. Dank des<br />
Pilotversuchs des Bafu in der Kläranlage Regensdorf<br />
steht Ort bereits mitten in einer Umsetzung. Gereinigtes<br />
Abwasser wird vor der Rückgabe in einen kleinen Bach<br />
ozoniert. «Es ist spannend, zu den Ersten zu gehören, die<br />
so etwas im Massstab 1:1 durchführen können», sagt er,<br />
und man spürt die Neugier des Wissenschafters, «ganz<br />
unabhängig davon, ob es später zur allgemeinen Praxis<br />
wird oder nicht.»