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Bericht - Eawag

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Beispiel Klettgau<br />

in der Schaffhauser Weinbauregion Klettgau, an der Grenze zu Deutschland gelegen, ist<br />

die Abwasserreinigungsanlage nach über 30 Jahren am Ende ihrer Lebenszeit angekommen.<br />

Überlegungen zu Neubau oder Erneuerung der Anlage konnten den Bau- und Betriebsausschuss<br />

des Abwasserverbands nicht überzeugen. ihnen war nicht klar, ob eine Weiterführung<br />

des bisherigen Systems für die nächsten 30 Jahre die geeignete Lösung darstellt.<br />

Deshalb haben sie am RiF-Pilotprojekt teilgenommen, um in einem strategischen Planungsprozess<br />

die Herausforderungen der Zukunft an die Abwasserwirtschaft zu erkennen und ein<br />

breites Alternativenspektrum an Lösungen zu bewerten. Mit einem ganzheitlichen Blick auf<br />

die Abwasserwirtschaftsaufgaben des Abwasserverbands, der Gemeinden und des Kantons<br />

wurden weitere Optimierungspotenziale jenseits der Kläranlage untersucht. Für die zukünftige<br />

Strategie haben interessenvertreter der Region als Teilnehmer im RiF-Prozess Varianten<br />

empfohlen, die vorher kaum diskutiert worden waren: die Bildung eines integrierten infrastrukturunternehmens,<br />

das die Gemeinden weitgehend von ihren abwasserbezogenen<br />

Auf gaben entlastet und später weitere Aufgaben, z.B. die Trinkwasserversorgung, übernehmen<br />

kann. Alternativ sollen Möglichkeiten eines Anschlusses an eine Nachbar-ARA auf<br />

deutschem Gebiet geprüft werden. Letzteres galt im Vorfeld als politisch nicht durchsetzbar.<br />

Die offene, vorbehaltlose Diskussion und transparente Analyse von Vor- und Nachteilen verschiedener<br />

Lösungsvorschläge hat die Teilnehmer im RiF-Prozess überzeugt und zu einem<br />

klaren Votum über die zukünftige Ausrichtung der Abwasserwirtschaft geführt.<br />

Der «Regional Infrastructure<br />

Foresight»-Ansatz<br />

Der Planungsansatz «Regional infrastructure<br />

Foresight» enthält folgende<br />

vier Elemente:<br />

E Entwickeln von Szenarien der<br />

Region und des Umfelds der Siedlungswasserwirtschaft<br />

in 25 Jahren.<br />

Daraus lassen sich Unsicherheiten<br />

in der Umfeldentwicklung systematisch<br />

aufzeigen.<br />

E Auslegeordnung der Handlungsoptionen<br />

für die Abwasserwirtschaft<br />

in der Region. Die Lösungsansätze<br />

beinhalten technische und organisatorische<br />

Elemente (siehe Abbildung):<br />

Vergrösserung oder Verkleinerung<br />

des Einzugsgebiets? Abspecken<br />

oder Aufstocken bei den Aufgaben<br />

der Abwasserorganisation? Heutige<br />

Technik oder innovative Zukunftstechnologien?<br />

Zentrale oder dezentrale<br />

Entsorgung?<br />

E Umfassende Analyse der Zieldimensionen<br />

einer nachhaltigen Siedlungswasserwirtschaft<br />

in der Region.<br />

Das schafft Transparenz über besondere<br />

Herausforderungen in den einzelnen<br />

Szenarien.<br />

E Schliesslich werden die Optionen<br />

bewertet. Ausgehend von den<br />

künftigen Forderungen von Bürgern<br />

und Betrieben an die Siedlungswasserwirtschaft<br />

können die einzelnen<br />

Handlungsoptionen je nach Umfeldszenario<br />

priorisiert werden. Die<br />

Bewertungen werden verglichen,<br />

und schliesslich werden diejenigen<br />

Optio nen gewählt, die sich durch<br />

eine hohe Wünschbarkeit und ein geringes<br />

Konfliktpotenzial auszeichnen.<br />

Nutzung regionalen Wissens<br />

Bei konventionellen Planungen delegiert<br />

die Abwasserorganisation<br />

oft weitreichende strategische Festlegungen<br />

zur weiteren Entwicklung<br />

der Abwasserwirtschaft an planende<br />

ingenieurbüros. Die idee des RiF-<br />

Prozesses ist es dagegen, dass die<br />

grundlegende Strategie von lokalen<br />

Entscheidungsträgern eigenständig<br />

mitentwickelt wird. im Rahmen von<br />

zwei Workshops werden diese durch<br />

Vertreter regionaler interessengruppen<br />

ergänzt. So werden deren Zukunftserwartungen<br />

und interessen<br />

bei der Bewertung mitberücksichtigt.<br />

Resultat: Strategischer<br />

Massnahmenplan<br />

Das Ergebnis des RiF-Prozesses ist<br />

eine strategische Empfehlung für die<br />

langfristige Ausrichtung der Abwasserentsorgung<br />

in der Region, kombiniert<br />

mit einem Massnahmenplan für<br />

die nächsten Schritte des Planungsprozesses.<br />

Die Fallstudien kommen zu unterschiedlichen<br />

Ergebnissen. im Klettgau<br />

(siehe Box) resultierten zwei<br />

Alternativen als Empfehlung, die<br />

vorher nicht als akzeptabel erschienen<br />

oder über die kaum diskutiert<br />

wurde. im Kiesen- und Aaretal wur-<br />

den Möglichkeiten einer verstärkten<br />

Zusammenarbeit geprüft und der Zusammenschluss<br />

mehrerer Verbände<br />

als mittelfristige Vision formuliert.<br />

im wirtschaftlich hoch dynamischen<br />

Raum Dübendorf/Wangen-Brüttisellen/Dietlikon<br />

wurde vorgeschlagen,<br />

ein integriertes Abwasserunternehmen<br />

zu bilden, das weitere abwasserbezogene<br />

Dienstleistungen den<br />

Gemeinden anbietet.<br />

Zukunftsfähige Lösungen<br />

Die Anforderungen an die Abwasserwirtschaft<br />

steigen, die Mittel werden<br />

knapper. «Regional infrastructure<br />

Foresight» ermöglicht es den Entscheidungsträgern,<br />

die Abwasserwirtschaft<br />

als Ganzes zu betrachten<br />

– vom Hausanschluss bis zum Gewässer.<br />

Synergien mit Gemeinden<br />

und mit anderen Abwasserentsorgern<br />

in der Region können ausgelotet<br />

werden. RiF erfüllt den Bedarf<br />

nach einer breiten Abklärung strategischer<br />

Handlungsmöglichkeiten für<br />

eine zukunftsfähige Abwasserentsorgung.<br />

i i i<br />

SiEDLUNGSWASSERWiRTSCHAFT 51<br />

Das Planungsverfahren RiF fördert langfristige Strategien anstelle von<br />

kurzfristigen Rettungsversuchen.<br />

Das Projekt RiF wurde im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes<br />

54 «Nachhaltige Siedlungs- und infrastrukturentwicklung»<br />

gefördert: www.nfp54.ch; Projektpartner der <strong>Eawag</strong> sind:<br />

ETH Zürich, Universität Bern, Empa, Fraunhofer institut für System-<br />

und innovationsforschung (D).<br />

Störmer E., Ruef A., Truffer B. (2007): Regional infrastructure<br />

Foresight. EFMN Brief No. 116. www.efmn.eu<br />

Störmer E. (2007): Nachhaltige Strategieplanung für die kommunale<br />

Abwasserentsorgung. Umweltperspektiven Oktober<br />

2007.<br />

Dominguez D., Worch H., Markard J., Truffer B., Gujer W. (2008):<br />

Closing the Capability Gap: Strategic Planning for the infrastructure<br />

sector. California Management Review (submitted).

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