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Das Lachen und das Komische I - bei LiTheS

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Beatrix Müller-Kampel: Komik <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>Komische</strong><br />

dingung für Komik, 103 <strong>und</strong> er nennt sie „Gefühllosigkeit“, „seelische Kälte“ oder<br />

„eine zeitweilige Anästhesie des Herzens“. 104<br />

Freud nahm <strong>das</strong> Unbewusste des Distanz haltenden <strong>Lachen</strong>den in ein psychoanalytisches<br />

Visier. Der Witz (womit Freud im Gr<strong>und</strong>e genommen jede Form des <strong>Lachen</strong>s<br />

über <strong>Komische</strong>s meinte, was auch so verstanden wurde) setze sich stets über ein<br />

Tabu hinweg <strong>und</strong> verschaffe damit dem darüber <strong>Lachen</strong>den momentane Entlastung<br />

<strong>und</strong> Befreiung von Verdrängungsdruck. Im <strong>Lachen</strong> über den Witz würden aggressive<br />

<strong>und</strong> sexuelle Wünsche imaginär ausgelebt – wie Humor ganz gr<strong>und</strong>sätzlich ein<br />

Lustgewinn aus erspartem Gefühlsaufwand sei, aus erspartem moralischen Einsatz<br />

für oder gegen eine Person, eine Gruppe, eine Sache. Vorwiegend lache man über<br />

jene, die ein Zuviel oder ein Zuwenig vorstellten oder leisteten – immer im Vergleich<br />

zu einem selber. Die „Lust des Witzes“ scheint ihm „aus erspartem Hemmungsaufwand<br />

hervorzugehen, die der Komik aus erspartem Vorstellungs(Besetzungs)aufwand<br />

<strong>und</strong> die des Humors aus erspartem Gefühlsaufwand.“ 105<br />

Ähnlich sahen <strong>und</strong> sehen die Zensoren dieser Welt dies wohl auch, doch ziehen sie<br />

daraus den Schluss, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> ‚Ersparte‘ nicht Ventil, sondern Ursache <strong>und</strong> Motor des<br />

Rebellischen sei. Wie anders als durch die Annahme, im <strong>Lachen</strong> werde potenziell<br />

die Moral / <strong>das</strong> Gesetz außer Kraft gesetzt, sind die Invektiven eines Gottsched oder<br />

Sonnenfels gegen die hanswurstische Körperkomik ihrer Zeit zu verstehen? (Zumindest<br />

wenn die Moralität des zuschauenden Bürgers Norm <strong>und</strong> Ziel der Poetik<br />

ist?)<br />

Kippen <strong>und</strong> Kapieren | Bisoziation <strong>und</strong> Pointe<br />

(Kognitionspsychologische Kontexte)<br />

Keine Komikdefinition kommt ohne die Reflexion der „Pointe“ aus. Doch schon<br />

ob sie generell notwendig sei zur Erzeugung des komischen <strong>Lachen</strong>s (<strong>und</strong> nicht nur<br />

für jenes über den Witz), pointenlose Komik gar nicht aufs <strong>Lachen</strong> abziele (sondern<br />

auf Assoziationen) 106 oder gar nicht mehr als solche anzusprechen sei, darauf<br />

geben Poetologie <strong>und</strong> Ästhetik nur spärliche Antworten. Und worin bestehen sie<br />

überhaupt, die aus der französischen ‚Spitze‘, lateinisch puncta: ‚Stich‘, kommen-<br />

103 Vgl. Bergson, <strong>Das</strong> <strong>Lachen</strong>, S. 7.<br />

104 Ebenda, S. 8.<br />

105 Sigm<strong>und</strong> Freud: Der Witz <strong>und</strong> seine Beziehung zum Unbewußten. In: S. F.: Studienausgabe.<br />

Herausgegeben von Alexander Mitscherlich, Angela Richards, James Strachey, Mitherausgeberin<br />

des Ergänzungsbandes Ilse Grubrich-Simitis. Bd. 4. 7. Aufl.. Frankfurt am<br />

Main: Fischer 1970, S. 9–220, hier S. 219.<br />

106 Vgl. Helga Kotthoff: Lachkulturen heute. Humor in Gesprächen. Online: Hochschule<br />

der Medien / Bibliothek (9.2. 2004): http://opus.bsz-bw.de/hdms/volltexte/2004/338/ S. 2<br />

[2011-11-24].<br />

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