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Das Lachen und das Komische I - bei LiTheS

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Beatrix Müller-Kampel: Komik <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>Komische</strong><br />

„Ins Kröpfchen“ heißt es damit für rein logische, ontologisch-metaphysische, essentialistisch-substantialistische,<br />

aber auch für die meisten evolutionären <strong>und</strong> anthropologischen<br />

Erklärungsversuche; „ins Töpfchen“ (zumindest vorläufig) für<br />

semantische, epistemologische, explanatorische Definitionen <strong>und</strong> (ganz bestimmt)<br />

für kontextuell-funktionale <strong>und</strong> induktive, also im weitesten Sinn soziologisch-historische<br />

<strong>und</strong> sozialpsychologische Definitionen. Soviel sei vom Ergebnis vorweggenommen<br />

<strong>und</strong> zugleich mit Siegfried J. Schmid als These formuliert: „<strong>das</strong>s es Komik<br />

nicht gibt, sondern <strong>das</strong>s sie aus Anwendungen der Kulturtechnik Komik resultiert.<br />

Wenn niemand etwas komisch findet, findet Komik nicht statt.“ 8 Essentialistische<br />

Definitionsversuche des <strong>Komische</strong>n zeigten nach Schmidt „deutlich, daß es sich<br />

hier um ein prinzipiell zum Scheitern verurteiltes Unterfangen handelt. Ein kontextdeterminierter<br />

pragmatischer qualitativer Begriff wie ‚Komik‘ ist aus logischen<br />

Gründen nicht ahistorisch definierbar.“ 9<br />

In den Feldern der (Beschäftigung mit) Komik I | ‚Subversiv‘ <strong>und</strong> ‚affirmativ‘<br />

Nach wie vor begleiten sie jede historiographische <strong>und</strong> poetologische Bemühung um<br />

<strong>das</strong> <strong>Komische</strong>: Mutmaßungen darüber, ob <strong>das</strong> <strong>Komische</strong> wie auch <strong>das</strong> dazugehörige<br />

<strong>Lachen</strong> als affirmativ oder subversiv einzustufen seien – nämlich in Bezug auf ein<br />

Kollektiv, die Sozietät, den Staat. Als prinzipiell subversiv galt <strong>und</strong> gilt <strong>das</strong> <strong>Komische</strong><br />

wohl jenen, die sich mit dem Gegenstand <strong>und</strong> dieser These positionieren woll(t)en<br />

in einem bestimmten Teil des kulturellen Feldes, den man <strong>das</strong> intellektuelle nennt –<br />

wo man übrigens auch auf jene trifft, denen <strong>das</strong> <strong>Lachen</strong> über <strong>Komische</strong>s für wenig<br />

anderes gilt als ein Zeichen mangelnder Reflexion oder Kritik. Zu erklären ist die<br />

Verpflichtung des <strong>Komische</strong>n auf Fragen der (politischen) Moral aus der Geschichte<br />

der Komiktheorie, die primär normativ-typologisch verfuhr. Die ‚Sitten‘ rangierten<br />

da<strong>bei</strong> nicht selten vor der Funktion des <strong>Komische</strong>n, die Präskription nicht selten vor<br />

der Deskription.<br />

Man kennt diesen Konnex aus den Komikpoetiken gottschedianischer <strong>und</strong> mariatheresianisch-josefinischer<br />

Provenienz, aber auch aus den nach 1968 von Aufbruchsstimmung<br />

<strong>und</strong> rebellischem Impetus durchdrungenen Geisteswissenschaften. Im<br />

Selbstanspruch oft der Kritischen Theorie verpflichtet, erschloss man sich einerseits<br />

neue Forschungsfelder wie <strong>das</strong> Publikum, die Rezeption, die ‚Trivialliteratur‘, <strong>und</strong><br />

begründete andrerseits den alten Kanon neu. 10 Zu Letzterem zählt <strong>das</strong> an Adornos<br />

Ästhetischer Theorie, 1970 aus dem Nachlass herausgegeben <strong>und</strong> <strong>bei</strong>leibe keine Theo-<br />

8 Siegfried J. Schmidt: Inszenierungen der Beobachtung von Humor. In: Komik – Medien<br />

– Gender. Ergebnisse des Kasseler Komik-Kolloquiums. Herausgegeben von Friedrich<br />

W. Block. Bielefeld: Aisthesis 2006. (= Kulturen des <strong>Komische</strong>n. 3.) S. 19–51, hier S. 31.<br />

9 Siegfried J. Schmidt: Komik im Beschreibungsmodell kommunikativer Handlungsspiele.<br />

In: <strong>Das</strong> <strong>Komische</strong>. Herausgegeben von Wolfgang Preisendanz <strong>und</strong> Rainer Warning. München:<br />

Fink 1976. (= Poetik <strong>und</strong> Hermeneutik. VII.) S. 165–190, hier S. 169.<br />

10 Was auch mit weniger Ar<strong>bei</strong>tsaufwand verb<strong>und</strong>en war als <strong>bei</strong> der neuen Empirie.<br />

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