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Nr. 5/2005 September & Oktober Ausgabe 21

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FM: Was glaubst du, wo wird die Entwicklung im Kiten noch hingehen?<br />

NH: Viele Leute sehen das immer als Scherz, aber ich sehe das als Zukunftsvision, wenn ich<br />

sage, dass ich uns alle als Multimillionäre sehe so wie die Skate-Profis. Beim Skateboarden<br />

wollte ich ja auch schon Profi werden. Das Lesen der Interviews dieser Pros hat mich immer<br />

so gefrustet, dass ich irgendwann die Sache selbst in die Hand genommen habe. Wenn ich<br />

mir die Entwicklung beim Snow- und Skateboarden anschaue, hat sich schon viel in den letzten<br />

Jahren getan. Beim Skateboarden machen die Jungs mittlerweile ihre zweifachen Kickflipps<br />

über 20 Treppenstufen runter und man fragt sich, wie sie das machen. Beim<br />

Snowboarden springen sie über 200 Meter weit. Aber diese Entwicklungen haben zehn Jahre<br />

gedauert. Beim Kitesurfen hat sich das noch schneller entwickelt. Noch vor drei, vier Jahren<br />

ist man nur gesprungen und hat eine Rotation geschafft. Heute macht man die krassesten<br />

Manöver wie Kiteloops, wo du hochspringst und den Kite unter dir durchreißt, sodass du von<br />

oben auf den Drachen schaust und selbst für eine Sekunde in der Luft klebst, bevor du wieder<br />

runterschießt. So ein Manöver gibt es in keiner anderen Sportart. Nirgendwo kann man<br />

mit den Fliehkräften so spielen und ihnen entkommen wie beim Kitesurfen. Die Freiheit ist<br />

mittlerweile unbegrenzt. Es gibt Skate-Kiter, Snow-Kiter, Wüsten-Kiter, Mountain-Kiter, Boot-<br />

Kiter, Riesentanker-Kiter oder Kinder-Kiter. Ich glaube, dass die Macht der Ausstrahlung beim<br />

Kiten größer ist als bei anderen Sportarten. Im letzten Präsidentschaftswahlkampf in den USA<br />

hat John Kerry auch gekitet und eine riesen Kite-Hysterie ausgelöst. Da sind die<br />

Verkaufszahlen in die Höhe geschnellt. Wenn Bush erstmal damit anfängt …<br />

FM: … gibt es in spätestens zwei Jahren die ersten Trägersysteme für Raketen an<br />

den Kites! Wie siehst du den Punkt der Gefahren des Kitesurfens, mal abgesehen<br />

von den Raketenkites eines George Bushs?<br />

NH: Kitesurfen ist nicht gefährlicher als andere Extrem-Sportarten. Unfälle gibt es beim<br />

Snowboarden und Skaten auch, wie man sieht. Bei anderen Sportarten werden solche<br />

Tom Körber<br />

Zahlen gar nicht mehr ausgepackt. Im Winter wird<br />

es wieder mehr Wintersportler erwischen als beim<br />

Kitesurfen in drei Jahren zusammen. Als Kitesurfer<br />

muss man halt vor allem das Wetter im<br />

Auge behalten. Ich habe schon oft meinen Kite<br />

runtergenommen, weil eine dicke Front im<br />

Anmarsch war. Viele andere haben kein Gefühl<br />

dafür. Das Wetter ist eine der Hauptgefahren.<br />

Wenn du aber immer schön nach Luv schaust und<br />

guckst, was da kommt, kann es dir nicht passieren,<br />

dass du in eine Sturmböe gerätst, die dich in<br />

die Luft wirbelt und du erst irgendwo wieder runterkommst.<br />

Aber das machen die wenigsten<br />

Anfänger. Ich bin einfach ganz anders geschult<br />

und habe ein ganz gutes Gefühl. Wenn ich ans<br />

Wasser komme und mich neben die Leute mit<br />

ihren Windmessern stelle, liege ich mit meiner<br />

Bauchdiagnose meistens bei einem Knoten richtig.<br />

Irgendwann hat man die Nase dafür entwikkelt.<br />

Wenn ich merke, da kommt was und ich bin<br />

noch auf dem Wasser, fliege ich meinen Kite auf<br />

Wasserhöhe, damit er mich über das Wasser zieht<br />

und nicht nach oben. Und die Sicherheitssysteme<br />

sollten immer funktionieren. Diese werden ja auch<br />

von Jahr zu Jahr immer professioneller und sicherer.<br />

FM: Was sind eigentlich deine Lieblingsbedingungen?<br />

NH: Dicke Wellen um die 5 bis 7 Meter und<br />

Wind ab 7 Beaufort, Kitegrößen zwischen 6 und<br />

8 Quadratmetern.<br />

FM: Sauber! Und wo bekommt man das? Da<br />

muss ich sofort hin!<br />

NH: Ich hatte diese Traumbedingungen Ende Juli<br />

auf Spiekeroog an der Nordsee. Fünfeinhalb<br />

Meter Wellen und elf Windstärken aus Nordwest!<br />

Als der Wind abends etwas auf neun bis zehn<br />

Beaufort abflaute, bin ich mit meinem Sechs-<br />

Quadratmeter-Kite, kleinem Brett und kurzen<br />

Leinen noch rausgegangen. Da musste ich erstmal<br />

20 Minuten fahren, bis ich am Line-up ankam.<br />

Davor war nur Weißwasser und die Sicht war echt<br />

beschissen. Das war schon ein sehr kritischer Tag.<br />

Aber das sind die Tage, die für mich voll zählen<br />

und an denen man einiges riskiert. Mir war klar,<br />

dass ich zwischen drei bis sieben Stunden hätte<br />

schwimmen müssen, wäre mir da draußen was<br />

passiert. Einmal habe ich meinen Kite ins Wasser<br />

gesemmelt und ich war wirklich heilfroh, als ich<br />

den wieder am Himmel hatte. Aber so einen Tag<br />

hatte ich auch noch nie auf der Nordsee erlebt.

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