Nr. 5/2005 September & Oktober Ausgabe 21
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Markus Mager<br />
Er gilt als einer der besten deutschen Wellenreiter und lebt dort, wo andere Urlaub<br />
machen: auf Sylt. Wir trafen uns mit Markus an einem schönen Sommertag an seinem<br />
Arbeitsplatz am Strand. Ob sein Leben als Rettungsschwimmer wirklich so wie bei<br />
Baywatch ist und was Wellenreiten in seinen Augen bedeutet, erfährst du im Interview.<br />
FM: Das sieht ja nach einem verdammt harten Job aus, den du hier machst!?<br />
MM: Verdammt, es ist immer dieselbe Frage!<br />
FM: Man kommt hier an den Strand und du sitzt in Boardshorts in der Sonne und<br />
guckst aufs Wasser – herrlich!<br />
MM: Ganz so ist es ja nicht, da musst du mal drauf achten. Wenn ich hier mit Leuten sitze,<br />
bemerken sie oft, dass ich sie nicht anschaue, wenn ich mit ihnen rede, aber ich habe<br />
einen Job zu machen! Heute haben wir zum Beispiel keinen Ball oben. Ich muss 600 Meter<br />
in die eine und ‡me, ist immer noch etwas zu tun mit den beiden, auch wenn ich total<br />
kaputt von meiner Arbeit am Strand bin. Das kannst du natürlich keinem erzählen, der den<br />
ganzen Tag in der Werkstatt steht. Wenn zum Beispiel Wind ist und keiner ins Wasser<br />
geht, dürfen wir Windsurfen und Surfen gehen – dann bin ich erst recht geschafft. Aber<br />
mal im Ernst, ich bin ständig im Einsatz und muss gucken, was los ist. Wenn sich irgendwo<br />
eine Gruppe bildet, nehme ich gleich das<br />
Fernglas und schaue, ob da etwas passiert ist.<br />
Dann kommen Gäste zu mir hoch und wollen<br />
sabbeln – besonders das ist harte Arbeit! Ich<br />
habe hier schon Studenten gehabt, die dachten,<br />
sie könnten sich einen lauen Lenz machen und<br />
ein wenig am Strand abhängen. Sie merkten jedoch<br />
schnell, dass sie ganz schön am Laufen sind!<br />
FM: Wie oft passiert hier etwas?<br />
MM: Ich sage mal, das meiste machen wir prophylaktisch.<br />
Wenn jemand an einer Stelle ins<br />
Wasser geht, wo Strömungen sind, springst du<br />
hinterher und holst denjenigen raus. Das ist reine<br />
Vorsorge, damit nichts passiert. Wenn es keine<br />
Rettungsschwimmer gäbe, hätten wir bestimmt an<br />
die 30 bis 40 Todesfälle im Jahr. Die Touristen kommen<br />
an den Strand und denken sich – „Geil, Wellen,<br />
Wasser“ – und springen rein. Rotes Schild? Egal.<br />
Totenkopf? Handtuch drüber. Das ahnst du nicht!<br />
Selbst wenn du ihnen erklärst, dass sie bei einem<br />
roten Ball nicht ins Wasser dürfen, verstehen bzw.<br />
befolgen sie es nicht. Besonders schlimm sind die<br />
ganz Alten, die wir „die Gallier“ nennen. Seit sechs<br />
Jahren erklären wir ihnen, dass sie nicht ins Wasser<br />
dürfen, wenn es verboten ist, weil sonst Kinder<br />
hinterher springen, aber sie wollen es eben nicht<br />
begreifen. Tja und dann kann es passieren, dass du<br />
einen 75-jährigen Opa aus dem Wasser holst, der dir<br />
dann sagt: „Ich bade hier seit 35 Jahren und es ist<br />
noch nie was passiert“. Dann denkst du nur HALLO!?<br />
Zum Glück gibt es an unserem Strand Rettungsschwimmer,<br />
weil ohne sie richtig viel passieren würde.<br />
FM: Wie oft gehst du pro Saison ins Wasser<br />
und holst einen raus?<br />
Tom Körber Tom Körber<br />
MM: Selten, denn wir hupen die vorher an.<br />
FM: Das heißt, bei Baywatch sind alle schlecht vorbereitet, weil sie sich immer in<br />
die Fluten stürzen müssen?<br />
MM (lacht): Die gucken alle nicht richtig! Das sind schlechte Rettungsschwimmer! Du musst<br />
aber auch mal die Masse betrachten. Wenn du am Hauptstrand in Westerland bist, ist das<br />
wieder ein ganz anderer Schnack. In jedem Buhnenfeld sind andere Strömungen und es<br />
schwimmen Leute raus, ohne dass es sofort bemerkt wird. Die Leute, die sich wirklich in<br />
Gefahr begeben, sind meistens Fremde, die sich nicht mit den Strömungen auskennen. Oder<br />
nach mehreren Tagen mit ungefährlichen Bedingungen wie jetzt, absoluter Ententeich,<br />
kommt ein Wellentag, an dem die Leute die Gefahren nicht richtig einschätzen. Wir hupen<br />
viele Leute raus, die mit Schnittwunden und Quallenbissen davonkommen! Du glaubst nicht,<br />
was hier für Memmen ankommen und uns erzählen, dass sie von einer Qualle gebissen wurden.<br />
Gestandene Männer! Gut, wenn jemand allergisch reagiert oder Kindern betroffen<br />
sind, aber für Erwachsene habe ich kein Verständnis.<br />
FM: Wie ist das in deinem Job mit Sex? Bestätigt sich das Klischee?<br />
MM: Ja! Ich bin seit 17 Jahren mit meiner Freundin zusammen, aber hier am Strand bestätigt<br />
sich immer wieder das Klischee des Rettungsschwimmers. Da gibt es Frauen, die durchdrehen,<br />
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